Sassaniden

 

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Nathalie Klinck
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Sassaniden

Leitfragen:

1.) Was stellt das Relief dar?
2.) Wo befindet sich die Darstellung?
3.) Was ist der historische Kontext der Darstellung?

Kommentar:

Das hier gezeigte Relief befindet sich in Naqsch-i-Rustam, ein Ort in der Nähe der antiken Stadt Persepolis in der heute iranischen Provinz Fars. Es gehört zu einer Gruppe von acht weiteren bildlichen Darstellungen. Diese sind in die Felswände über den Gräbern der Achämeniden, den Königen des alten persischen Großreiches, welches ca. vom 6. – 4. Jh. v. Chr. bestanden hat, eingemeißelt.

Das Relief zeigt vier männliche Figuren, von denen die Einzeldarstellung auf der linken Seite nur teilweise erhaltenen ist. Im Mittelpunkt steht der sassanidische König Schapur I., der aufwendig gekleidet auf einem Pferd sitzend gezeigt wird. An seinem erhobenen Arm hält er demonstrativ die Fesseln eines Gefangenen. Bei diesem handelt es sich um den römischen Kaiser Valerian. Vor dem König fällt ein weiterer römischer Kaiser, Philippus Arabs, der vorher Frieden mit den Sassaniden geschlossen hatte, in bittender Geste auf die Knie.

Diese eindrucksvolle Szene wird dem Betrachter durch eine dazugehörige Inschrift, den sog. res gestae divi Saporis, auf drei Sprachen (Griechisch, Persisch und Parthisch) erläutert.

Der persische König Schapur I. (240-272 n. Chr.) versuchte in der Nachfolge seines Vaters Aradschir I. (224-240 n. Chr.), das von ihm gegründete Neupersische Reich der Sassaniden weiterzuführen und zu vergrößern.

Mit dieser Intention griff der Großkönig mehrfach römische Gebiete in den Provinzen Syrien und Mesopotamien an, bis schließlich durch Philippus Arabs 244 n. Chr. ein vorläufiges Friedensbündnis zwischen Rom und den Sassaniden geschlossen wurde und der Kaiser sich nach Rom zurückzog. Im Jahre 252 n. Chr. schließlich nutzte Schapur I. die innenpolitischen Wirren Roms geschickt aus, um erneut gegen das Reich in den Krieg zu ziehen. Er eroberte mehrere Städte in Syrien, darunter auch Hierapolis und Antiochia.

Valerian entschied sich hinsichtlich dieser bedrohlichen Lage dazu, selbst mit einem Heer nach Mesopotamien zu ziehen. 260 n. Chr. kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden Heeren zwischen Carrhae und Edessa und zu einer schweren Niederlage für das römische Heer.

Der Kaiser und einige weitere Gefangene wurden nach Persien verschleppt, wo sie schließlich auch umkamen. Einige Handwerker und Ingenieure wurden allerdings in den neugegründeten persischen Städten angesiedelt und brachten ein für die persische Infrastruktur wichtiges Wissen mit. Dieses – für Rom zutiefst beschämende Ereignis – stellte Schapur I. auf diesem Relief dar.

Im Nachgang zu diesem Sieg nahm Schapur I. weitere Teile des römischen Gebietes ein und plünderte Antiochia ein zweites Mal. Erst bei Korykos konnte er von römisch-palmyrischen Truppen zurückgeschlagen werden und büßte einige der eroberten Städte ein.

Obwohl es Schapur I. nicht gelang, den Anspruch einer universalen Herrschaft des Neupersischen Reiches durchzusetzen und damit das alte Achämenidenreich zu erneuern oder die Grenzen dauerhaft bis an den Euphrat auszudehnen, hatte er zumindest unter Beweis stellen können, dass die Sassaniden ernst zu nehmende Gegner für das mächtige Imperium Romanum darstellten und ihnen im Kampf mindestens ebenbürtig waren. Die schweren Niederlagen und die Verluste vieler Soldaten und sogar eines Kaisers waren tief in das Bewusstsein der Römer eingebrannt. Das Felsrelief von Naqsch-i-Rustam greift diesen glorreichen Sieg, als Teil weiterer Großtaten der sassanidischen Könige, noch einmal auf, mit dem Ziel, die Herrschaft der Sassaniden zu legitimieren, respektive diese in eine Reihe mit den längst vergangenen Zeiten des glorreichen Perserreiches in den ersten Jahrhunderten v. Chr. zu stellen.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Das 3. Jh. n. Chr.“ Um einen breiteren Einblick in die Kaiserzeit zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Römische Geschichte II – Kaiserzeit“.
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Niederlage der Burgunder gegen die Hunnen

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Autor_in: Prosper Tiro von Aquitanien
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Prosper. Chron.1320-22 – Original:

(1320) CCCCVIII: Theodosio XV et Valentiniano IV
(1321) pax facta cum Vandalis data eis ad habitandum Africae portione.
(1322) eodem tempore Gundicharium Burgundionum regem intra Gallias habitantem Aetius bello obrivit pacemque ei supplicant dedit, qua non diu potitus est, siquidem illum Chuni com populo suo ab stirpe deleverint ’

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Übersetzung: Nathalie Klinck
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Übersetzung:

(1320) Jahr 408: Theodosius [hatte] zum fünfzehnten und Valentinian zur vierten [Mal das Konsulat inne].
(1321) Mit den Vandalen wurde Frieden geschlossen und ihnen wurde ein Teil Afrikas zur Besiedelung überlassen.
(1322) Zur selben Zeit wiegelte Aetius den Burgundenkönig Gundahar, der in Gallien lebte, im Krieg auf und gewährte ihm auf seine Bitte hin Frieden. Gundahar hatte nicht lange Freude daran, weil die Hunnen ihn mit seinem Volk vollkommen vernichteten.

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Autor_in: Nathalie Klinck
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Prosper. Chron.1320-22

Leitfragen:

1.) Wie wird Aetius beschrieben?
2.) Was waren die Auslöser des Konflikts?
3.) Was waren die Folgen?

Kommentar:

Diese kurze Beschreibung stammt von dem spätantiken Schriftsteller Prosper Tiro von Aquitanien (ca. 390-455 n. Chr.).
Der gallische Gelehrte wirkte unter Papst Leo und setzte sich zudem in seinen diversen Schriften u.a. stark gegen den Pelagianismus ein. Seine Chronik entstand über einen längeren Zeitraum im 5. Jahrhundert und nimmt als historiographische Schrift eine Sonderrolle unter seinen sonst hauptsächlich theologischen Werken ein. Umstritten ist, ob es sich bei ihm um einen theologisch gebildeten Laien oder um einen Kleriker handelte.Die Chronik ist eine Weiterführung der bereits bekannten Chronik des Hieronymus, allerdings verknüpft Prosper Tiro in seinem Werk zusätzlich geschickt die Geschichte des Römischen Reichs mit der christlichen Heilsgeschichte.

Die hier beschriebene Niederlage der Burgunder gegen die hunnischen Truppen lässt sich in den größeren Zusammenhang der sog. „Völkerwanderung“ einordnen. Zudem bildet diese Auseinandersetzung auch die Grundlage des Nibelungenliedes. Wahrscheinlich ist, dass die Burgunder zusammen mit den Vandalen den Rhein überquerten und sich daraufhin weiter den Vandalen, Alanen und Sueben anschlossen, um das Gebiet südlich des Rheins zu plündern. Sie folgten ihnen allerdings nicht weiter nach Gallien, sondern beteiligten sich unter ihrem König Gundahar an der Usurpation von Jovinus, um danach 413 n. Chr. in ihrem Siedlungsgebiet am Rhein Foederaten des Kaisers Honorius zu werden. Dabei ist immer noch unklar, wo genau das eigentliche Siedlungsgebiet der Burgunder lag, Worms wird immer wieder angenommen – was vor allem an der um 1200 schriftlich festgehaltenen Nibelungensage liegt, die die Geschichte nach Worms verortet, lässt sich allerdings nicht ausreichend belegen. Prosper spricht lediglich davon, dass sich die Burgunder am Rhein ansiedelten.

Im Sinne dieser Foederatenbeziehung verhielten sich die Burgunder einige Jahre ruhig, bis sie – unter Umständen auch unter dem Druck weiterer germanischer Völker und angespornt durch innerrömischer Konflikte – versuchten, ihren Einflussbereich weiter nach Westen in die Provinz Belgica prima auszuweiten. Daraufhin zog 435 n. Chr. Aetius gegen das burgundische Heer. Aetius hatte sich bereits vorher durch einige wichtige militärische Siege hervorgetan. Auch Prosper Tiro betont die Erfolge des ehemaligen magister militum, der sich seit 435 n. Chr. als patricius et magister utriusque militae bezeichnen konnte und der faktische Machthaber des Römischen Reiches im Westen war. Allerdings zeichnet der Gelehrte an anderen Stellen ein eher ambivalentes Bild des Heermeisters; indem er seine militärischen Erfolge lobt, aber auch darauf hinweist, dass das Machtstreben des Aetius maßgeblich dazu beigetragen hat, das Reich, vor allem in den Außenprovinzen, zu destabilisieren.

Zuerst schloss Aetius mit Gundahar Frieden, griff ihn einige Zeit später unter Zuhilfenahme von hunnischen Hilfstruppen erneut an und fügte ihm eine schwere Niederlage zu. 443 n.Chr. wies Aetius den übrigen Burgundern Siedlungsgebiet in der Sapaudia (am Genfer See) zu, wo sie sich sesshaft niederließen. Schließlich beteiligten sie sich sogar im Jahr 451 n. Chr. auf römischer Seite an der für Aetius äußerst wichtigen Schlacht gegen die Hunnen auf den Katalaunischen Feldern. In den Folgejahren sollte es erst einmal ruhiger um die Burgunder werden bis sie sich nach mehreren Jahrzehnten wieder aktiv in das politische Geschehen Roms einbrachten.

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Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Der Untergang des Westreiches“. Um einen breiteren Einblick in die Spätantike zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Römische Geschichte III – Spätantike“.
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Grundstücksverzeichnis von Pylos

 

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Übersetzung der Linear B Tafel PY Er312 (Nr. 152), in: Documents in Mycenaean Greek: Three Hundred Selected Tablets from Knossos, Pylos and Mycenae, with Commentary and Vocabulary by Michael Ventris, John Chadwick. Cambridge University Press 1959, S. 266.

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Autor_in: Agnes von der Decken
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Grundstücksverzeichnis von Pylos

Leitfragen:

1) Worum handelt es sich bei diesem Quellentext?
2) Welche Bedeutung haben die einzelnen Wörter auf der Linear- B – Tafel?
3) Was kann uns die Linear-B Tafel über Personengruppen und Landanteile in Pylos sagen?

Kommentar:

Die hier vorliegenden Linear-B Tafel ist die Tafel Er 312 aus Pylos, die – wie viele Linear-B Tafeln – einen Verwaltungstext abbildet. Sie stammt aus der sogenannten E-Serie aus Pylos, die Landbesitz und Nießbrauch an Grundstücken des pylischen Reiches verzeichnet. Linear-B Tafeln sind dabei die wichtigsten Quellen für das Studium der Wirtschaftsgeschichte der mykenischen Gesellschaft. Da die Linear-B Tontafeln in der Ägäis aber nie absichtlich gebrannt wurden, sind die heute existierenden Tafeln allein durch Brände erhalten geblieben und datieren daher in die Zeit ihrer Zerstörung. Die meisten Linear-B Texte stammen aus dem späten 13. Jh. v. Chr., so wie auch die hier vorliegende Linear-B-Tafel aus Pylos. Seitdem Michael Ventris und John Chadwick die Schrift 1952 entschlüsselten, können Linear-B Texte übersetzt werden. Insofern ist es uns möglich, auch die vorliegende Linear-B Tafel ER 312 aus Pylos zu verstehen.

Einige Worte des Pylos-Täfelchens finden ihre Entsprechungen im Altgriechischen. So ist in der ersten Zeile des Textes die Rede vom wa-na-ka-te-ro/ wanaks, was dem homerischen und später auch griechischen Terminus ἄναξ – „Herr“ entspricht. In der Ilias (Hom. Il. 9, 98) wird der Anführer der griechischen Streitkräfte, Agamemnon, als ἄναξ bezeichnet. Insofern ist anzunehmen, dass es sich bei dem Wanax um einen Herrscher im mykenischen Staat handelte. Als nächstes ist das Wort te-me-no/temenos zu lesen, das seine Entsprechung im Altgriechischen τέμενος hat. Es bedeutet in etwa „das Grundstück, das vom übrigen Land abgesondert ist“. In der dritten Zeile steht ra-wa-ke-ta/lāwāgetās, was Altgriechisch λαγέτας, also etwa „Führer des Volkes“ bedeutet. In der Ilias bedeutet das Wort oft soviel wie „das zum Kampf geordnete Volk oder Kriegsheer“. Vielleicht war der mykenische Lāwāgetās insofern der Befehlshaber des Heeres. Bewiesen werden konnte dies bisher aber nicht. Jedenfalls war der Lāwāgetās aber wohl ein ranghoher Beamter. Zudem finden wir in Zeile 5 das Wort te-re-ta/telestai, auf welches die τελεστά, „die Amtsträger“, zurückgehen. Die genaue Stellung und Funktion der Telestai ist jedoch unklar. Wahrscheinlich handelte es sich um die Besitzer von großen Grundstücken, die auf lokaler Ebene eine gewisse Bedeutung hatten. Zwei Zeilen weiter lesen wir e-re-mo/erēmon, also ἔρημος, was in etwa mit „unbebautes Land“ übersetzt werden kann. Zusammengenommen geht es in diesem Linear-B Text also um die Grundstücke des Königs und des Lāwāgetās sowie um Grundstücke von drei Amtsträgern und um unbebautes Land. Die Größe der genannten Grundstücke wird dabei durch die Angabe der zum Anbau notwendigen Saatgutmenge (to-so pe-mo/ tos(s)on spermo, vgl. σπέρμα – „Samen“) in Getreide (GRA) aufgezeichnet.

Die vorliegende Pylos-Tafel kann uns sowohl über die jeweiligen Besitzungen, als auch im Umkehrschluss über das soziale Gefüge Auskunft geben. So zeigt der Text, dass es einen Wanax, König, gegeben hat. Der Titel wird hier – wie in anderen Linear-B Texten auch – nie genauer beschrieben oder spezifiziert. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass es in jedem Reich nur einen einzigen König gegeben hat. Der Besitz des Königs beträgt dabei das dreifache der Liegenschaften des Lāwāgetās. Hieran zeigt sich, dass der König allein aufgrund seiner Besitzungen eine privilegierte Person gewesen sein muss. Sicherlich hat er noch mehr Land besessen, denn das Täfelchen listet wahrscheinlich nur die Besitzungen an einem Ort auf. Der Lāwāgetās besaß hingegen nicht mehr an Grundbesitz als im Durchschnitt einer der drei Telestai. Dennoch kam der Lāwāgetās wahrscheinlich an zweiter Stelle hinter dem Wanax und war wohl der einzige in seiner Funktion. Das Land der Telestai entspricht an Umfang zusammengenommen dem des Königs. Dass dieses Täfelchen existiert, zeigt zudem, dass die Paläste wahrscheinlich die Kontrolle über weite Teile des Landes ausübten. Offenbar wurde über die entsprechenden Grundstücke des Reiches penibel Buch geführt. Die genaue Auflistung der Landbesitzverhältnisse diente dabei wohlmöglich dazu, die Höhe der Abgaben und Dienstleistungen festzusetzen. Und so liefert uns diese Linear-B Tafel aus Pylos – obwohl über die Eigentumsverhältnisse an Grund und Boden im mykenischen Griechenland weitgehend Unklarheit herrscht – einen kleinen Einblick in Personengruppen und Landanteile in Pylos.

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Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Die Mykener“. Um einen breiteren Einblick in die Archaik zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Griechische Geschichte I – Archaik“.
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Sehen Sie hierzu auch den Beitrag zum Megaron in Pylos.

Bibliothek von Alexandria

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Autor_in: Eusebius
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Eus. hist. ecl. 5.8.11 – Original:

[11] τούτοις ἐπιφέρει μετὰ 1 βραχέα λέγων: ‘πρὸ τοῦ γὰρ Ῥωμαίους κρατῦναι τὴν ἀρχὴν αὐτῶν, ἔτι τῶν Μακεδόνων τὴν Ἀσίαν κατεχόντων, Πτολεμαῖος ὁ Λάγου φιλοτιμούμενος τὴν ὑπ̓ αὐτοῦ κατεσκευασμένην βιβλιοθήκην ἐν Ἀλεξανδρείᾳ κοσμῆσαι τοῖς πάντων ἀνθρώπων συγγράμμασιν ὅσα γε σπουδαῖα ὑπῆρχεν, ᾐτήσατο παρὰ τῶν Ἱεροσολυμιτῶν εἰς τὴν Ἑλληνικὴν διάλεκτον σχεῖν αὐτῶν μεταβεβλημένας τὰς γραφάς. ’

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Übersetzung: P. Haeuser
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Übersetzung:

Bald darauf fährt Irenäus also fort: „Bevor nämlich die Römer ihre Herrschaft aufgerichtet und die Mazedonier noch die Herren von Asien waren, ließ Ptolemäus, der Sohn des Lagus, in dem ehrgeizigen Bestreben, die von ihm eingerichtete Bibliothek in Alexandrien mit den klassischen Schriften aller Menschen auszustatten, an die Bewohner von Jerusalem den Wunsch übermitteln, ihre Schriften, ins Griechische übertragen, zu besitzen.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Agnes von der Decken
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Eus. hist. ecl. 5.8.11

Leitfragen:

1) Geben Sie den Inhalt der Quelle wieder.
2) Was kann uns diese Quellenstelle über den historischen Kontext der Bibliotheksgründung verraten?
3) Welche Bedeutung hatte die Bibliothek für die Ptolemaier?

Kommentar:

Die vorliegende Quellenstelle aus der Kirchengeschichte des Eusebius ist unser einziges Zeugnis für die Gründung der Bibliothek in Alexandria durch Ptolemaios I. In dieser Quellenpassage wird der Kirchenvater Irenäus (Iren. 3, 21, 2) zitiert. Aus dem Zitat geht hervor, dass Ptolemaios eine Bibliothek in Alexandria eingerichtet hat und bestrebt war, diese Bibliothek mit allen Schriften der literarischen Vergangenheit auszustatten. Deswegen habe er die Bewohner Jerusalems darum gebeten, ihre Schriften ins Griechische zu übertragen, weil er diese ebenfalls besitzen wollte.

Aus der Quelle geht hervor, dass Ptolemaios, der Sohn des Lagos, eine Bibliothek in Alexandria einrichten ließ. Damit ist Ptolemaios I. Soter (etwa 367 – 283 v. Chr.) gemeint, der der Sohn eines makedonischen Adligen namens Lagos gewesen sein soll. Ptolemaios I. war es demnach, der die Bibliothek errichten ließ (vollendet wurde sie jedoch wohl erst von seinem Sohn Ptolemaios II. Philadelphos (238-246 v. Chr.)). Aus der Quelle geht zudem hervor, dass jener Ptolemaios ein „ehrgeiziges Bestreben“ (φιλοτιμούμενος) hatte, die Bibliothek mit den klassischen Schriften „aller Menschen“ (πάντων ἀνθρώπων) auszustatten. In den letzten Jahrzehnten des 4. Jh. v. Chr. galt es demnach, literarische Schätze zu sammeln und aufzubewahren und für alle Zeit sicherzustellen. Hier spiegelt sich also eine Zeit wieder, in der man bestrebt war, die ganze literarische Vergangenheit, das jahrhundertealte kulturelle Erbe, zu bewahren. Die Gründung der Bibliothek durch Ptolemaios I. steht damit in engstem Zusammenhang mit der Etablierung einer Schrift- und Buchkultur, einem der charakteristischsten Merkmale der hellenistischen Welt.

Ptolemaios I. schuf mit der Bibliothek in Alexandria ein Zentrum der griechischen Gelehrsamkeit, das weit in die hellenistische Welt hineinwirkte. Zahlreiche Intellektuelle kamen an den ptolemäischen Hof, wo Dichtung, Künste und Wissenschaften gefördert wurden. Die obige Quellenstelle lässt das ehrgeizige Bestreben Ptolemaiosʼ I. für das Sammeln von Büchern erkennen. Die Bibliothek von Alexandria sollte zur größten Bibliothek der damaligen Welt werden. Damit wollten die Ptolemaier einerseits ihr Prestige in der griechischen Welt steigern. Das Sammeln von Büchern wurde zum integralen Bestandteil königlicher Selbstdarstellung. Aus kulturhistorischer Sicht liegt andererseits das größte Verdienst der Ptolemaier im Aufbau und in der Förderung Alexandrias als geistigem Zentrum. Das griechische Erbe konnte auf diese Weise neu bearbeitet und vor allem für die Nachwelt sichergestellt werden.

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Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Die Seleukiden und die Ptolemäer“ Um einen breiteren Einblick in den Hellenismus zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Griechische Geschichte III – Hellenismus“.
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Münze Ptolemaios I. Soter

 

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Agnes von der Decken
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Münze Ptolemaios I. Soter

Leitfragen:

1) Was ist auf der Münze zu sehen?
2) Welche Bedeutung haben die Motive?
3) Was kann die Münze über das Selbstverständnis Ptolemaios I Soter sagen?

Kommentar:

Diese hellenistische Münze ist eine sogenannte Tetradrachme. Sie ist die Hauptmünze der griechischen Silberprägung und entspricht vier Drachmen. Diese Tetradrachme hat einen Durchmesser von 28 mm, wiegt etwa 17 Gramm und stammt aus Ägypten. Geprägt wurde sie von Ptolemaios I. Soter (=Retter), weswegen sie auf den Zeitraum 322-316 v. Chr. datiert werden kann. Auf die Vorderseite (avers) ließ Ptolemaios I. den Kopf Alexanders des Großen, nach rechts schauend, mit Mitra (Stirnbinde), dem Widdergehörn des Zeus-Ammon und einem darüber gelegten Elefantenskalp prägen. Auf der Rückseite (revers) befindet sich der auf einem Thron sitzende Zeus Aetophoros, nach links schauend. Unter dem Thron sind zwei griechische Buchstaben zu erkennen: ΡΥ. In seiner linken Hand hält Zeus ein Zepter, auf der rechten Hand sitzt ein Adler. Unterhalb des rechten Armes befindet sich ein Blitzbündel. Rechts neben der Figur steht der Schriftzug ΑΛΕΞΑΝΔΡΟΥ.

Auf der Vorderseite der Münze ist der Kopf Alexanders mit Widderhörnen, dem Attribut des Zeus Ammon, ausgestattet. Diese Darstellung Alexanders mit den Ammonshörnern basiert auf der Tatsache, dass Alexander sich einst vom Orakel der libyschen Oase Siwa als Sohn des ägyptischen Ammon bezeichnen ließ, der von den Griechen als Zeus identifiziert wurde. Der Alexander mit den Ammonshörnern ist also ein Verweis auf Alexanders Göttlichkeit. Die Ammonshörner wurden zu einem der wichtigsten Attribute Alexanders. Daneben trägt Alexander auf der Münze eine Elefantenhaut auf dem Kopf. Einer älteren These zu Folge könnte dies für die Heldentaten des Münzherren Ptolemaios I. stehen, der laut Diodor (18.23-26) bei einer Schlacht persönlich den Angriff der feindlichen Elefanten vereitelte und damit den Sieg herbeiführte. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass das Elefantenskalp ein von Ptolemaios geschaffenes Attribut für Alexander war, der in seiner letzten großen Schlacht in Indien König Poros und dessen Elefanten besiegte und damit sein Reich maximal ausdehnte. Die Kopfbedeckung symbolisierte somit wahrscheinlich das gesamte eroberte Reich bis ans Ende der damals bekannten Welt. Auf der Rückseite der Münze ist der thronende Zeus mit Zepter abgebildet. Durch die beigefügten Attribute Blitzbündel und Adler sowie seine thronende Pose lässt sich der Gott eindeutig als der olympische Zeus identifizieren. Daneben finden sich weitere hellenische Motive auf der Rückseite der Münze, wie die griechische Beschriftung ΑΛΕΞΑΝΔΡΟΥ (Alexandrou) oder die griechischen Buchstaben PY als Kürzel für den Prägeherren Ptolemaios.

Diese Münze Ptolemaios I. symbolisiert einerseits einen spezifisch ägyptisch-hellenistischen Synkretismus: Der göttliche Schmuck Alexanders vereint ägyptische und griechische Göttlichkeit. Aufgrund des Charakters des Ptolemäerreiches war Ptolemaios (wie seine Nachfolger auch) grundsätzlich gezwungen, die Interessen und Vorstellungen beider Bevölkerungsgruppen des Reiches, der griechischen wie der ägyptischen, zu befriedigen. Die Darstellung der Münze verweist hier auf diese Doppelrolle Ptolemaiosʼ I. als ägyptischer Pharao sowie makedonisch-griechischer Basileus. Mit seiner Münzprägung drückte Ptolemaios I. zudem seinen Anspruch auf die Nachfolge Alexanders des Großen aus. Anfangs ließ Ptolemaios, wie die anderen Diadochen auch, die Münzen der Zeit Alexanders weiter prägen. Um 320/319 v. Chr. änderte Ptolemaios I. dies jedoch, indem er anstelle des ursprünglich abgebildeten Herakles den Kopf Alexanders prägen ließ. Diesen versah er mit dem Widdergehörn des Zeus-Ammon und dem besagten Elefantenskalp. Damit schuf Ptolemaios eine neue symbolische Agenda, womit er sich von den anderen Diadochen absetzen konnte. Sein Ziel war es wohl, sich in die direkte Nachfolge Alexanders des Großen zu stellen (dafür war er schon in den Besitz der Leiche Alexanders gekommen) und sich als griechischer Herrscher in Ägypten zu legitimieren. Durch eine fiktive Genealogie, die ihn mit der Argeadendynastie (das makedonische Herrschergeschlecht, dem Alexander entstammte) verband, und die auf Herakles und Dionysos und damit auf den Göttervater Zeus selbst zurückführte, schuf Ptolemaios einen Anschluss an den vergöttlichten Alexander und legte sich gleichsam eine eigene göttliche Herkunft zu. Die Symbolik auf der Münze zeigt dabei das Zurückreichen der Herkunft bis auf Zeus. Der Adler des Zeus, d.h. das Tier des Urvaters der Ptolemäer, wurde das Wappentier der Dynastie.

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Ein Rechtsstreit zwischen einer Ägypterin und einem Griechen

 

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Ein Rechtsstreit zwischen einer Ägypterin und einem Griechen

Leitfragen:

1) Geben Sie den Inhalt der Quelle wieder.
2) Wie handelt Herakleides nachdem ihm Unrecht widerfahren ist?
3) Was zeigt die Quelle über die Gesellschaftsstruktur im Ptolemäerreich?

Kommentar:

Bei der vorliegenden Quelle handelt es sich um eine Klageschrift, die sich über Jahrtausende auf einem Papyrus im Wüstensand erhalten hat. In ihr beschwert sich der griechischer Soldat Herakleides bei König Ptolemaios über die Ägypterin Pesnobastis. Herakleides berichtet dem König, dass er im 5. Finanzjahr am 21. Pamenoth (das entspricht dem 05. Mai 218 v. Chr.) aus privaten Gründen in das Dorf Pysa, welches inmitten Ägyptens im Faijum, einer Oase in der libyschen Wüste, liegt, gegangen sei. Dort hätte eben jene Ägypterin, als er arglos durch die Straßen von Pysa lief, ihren Nachttopf über seinem Kopf ausgeleert, sodass Urin über seine Kleider geflossen sei. Als Herakleides die Frau daraufhin wütend beschimpfte, sei es zu einem Streit zwischen dem Griechen und der Ägypterin gekommen, im Zuge dessen Pesnobastis dem Herakleides das Gewand von der Brust gerissen und ihm ins Gesicht gespuckt haben soll. Die Ägypterin habe erst von ihrem Opfer abgelassen, als anwesende Zuschauer sie zu beschimpfen anfingen. Nachdem Herakleides all dies dem König – der Zeitangabe zu Folge muss es sich dabei um Ptolemaios IV. handeln – in seiner Klageschrift geschildert hat, geht er dazu über, Ptolemaios darum zu bitten, die entsprechenden rechtlichen Schritte einzuleiten, damit die Ägypterin ihre gerechte Strafe erhielte. Auf diese Weise würde er, Herakleides, durch den König Gerechtigkeit erlangen.

Herakleides bat den König darum, den Strategen Diophanes anzuweisen, dem Dorfvorsteher Sogenes zu schreiben, damit dieser die Ägypterin Psenobastis vorlade, um über den Fall zu entscheiden. Wie zur damaligen Zeit üblich, verfasste Herakleides hier aufgrund des Unrechts, das ihm widerfahren ist, eine Klageschrift und sandte sie direkt an den König des Landes. Statt ebenfalls Gewalt oder Selbstjustiz anzuwenden, beschritt Herakleides also den Rechtsweg und bat den König darum, seinen Fall untersuchen zu lassen. Der König musste seinen Untertanen also das Recht gewähren, musste sich selbst daran halten, und gewährleistete demnach die innere Stabilität und Rechtssicherheit des Reiches. Interessant ist dabei, dass Herakleides sein Anliegen nicht vor ein Gericht – von denen es sowohl ägyptische als auch griechische gab –, sondern einen höheren Beamten bringen wollte. Dies war ein übliches Vorgehen, das die ptolemäische Regierung nach ägyptischem Brauch anwendete. Wie wir der Quelle entnehmen können, soll der Fall dem Strategen Diophanes bzw. dem Dorfvorsteher Sogenes bekannt gemacht werden. Diese hatten also offenbar die Kompetenz, in Privatrechtsstreitigkeiten ein Prozessverfahren durchzuführen und eine Entscheidung zu fällen. Im Falle einer solchen Sondergerichtsbarkeit war es der Regierung vermutlich daran gelegen, eine schnelle Entscheidung herbeizuführen, die bei einem offiziellen Gerichtsprozess längere Zeit in Anspruch genommen hätte.

Diese kurze Klageschrift spiegelt die Veränderung der Gesellschaft Ägyptens wieder, die die Eroberung Alexanders des Großen und die anschließende Etablierung der Herrschaft makedonischer Könige mit sich brachte. Zahlreiche Fremde kamen als Soldaten, Händler, Verwaltungsexperten oder einfach Abenteurer in das Land am Nil, die in der zweiten Generation Einheimische wurden. Doch verstanden sie sich, wie die Klageschrift des griechischen Soldaten Herakleides zeigt, keinesfalls als Ägypter. Herakleides selbst bezeichnet sich in seiner Klageschrift als „Grieche und Fremder“ (Ἕλλην[α ὄν-] τα καὶ ξένον), was sein Fremdheitsgefühl verdeutlicht. Bestätigt wird dies auch dadurch, dass er den Namen der Ägypterin nicht korrekt wiedergibt: Psenobastis bedeutet „Sohn des Bastet“. Geheißen hat die Ägypterin jedoch wohl Thenobastis – die „Tochter des Bastet“. Offenbar sprach Herakleides so wenig Ägyptisch, dass er Psenobastis für einen Frauennamen hielt. Die griechischen Zuwanderer beharrten also in vielen Fällen auf ihre griechische Identität. Dies war nicht verwunderlich, da sie somit zur privilegierten Bevölkerungsschicht zählten, die wichtige Positionen in Heer und Verwaltung besetze und den Ägyptern häufig vorgezogen wurde. Aufgrund dieser sozioökonomischen Unterschiede kam es im Laufe der Zeit immer wieder zu Aufständen der Ägypter gegen die griechischen Zuwanderer, deren Herrschaft von der ägyptischen Bevölkerung nicht akzeptiert wurde. Die Streitigkeit zwischen dem griechischen Soldaten und der Ägypterin illustriert hier also im Kleinen die grundsätzlichen Probleme, die das Miteinander der einheimischen Ägypter und der zugewanderten Griechen und Makedonen im Viel-Völker-Staat Ägypten hervorgerufen hat.

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Das Ende des palmyrenischen Sonderreiches

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H. A. XXVI, 25,1-28,3 – Original:

25 1 Recepta Tyana Antiochiam proposita omnibus impunitate brevi apud Daphnem certamine obtinuit atque inde praeceptis, quantum probatur, venerabilis viri Apollonii parens humanior atque clementior fuit. 2 pugnatum est post haec de summa rerum contra Zenobiam et Zabam eius socium apud Emesam magno certamine. 3 cumque Aureliani equites fatigati iam paene discederent ac terga darent, subito vi numinis, quod postea est proditum, hortante quadam divina forma per pedites etiam equites restituti sunt. fugata est Zenobia cum Zaba, et plenissime parta victoria. 4 recepto igitur orientis statu Emesam victori Aurelianus ingressus est ac statim ad Templum Heliogabali tetendit, quasi communi officio vota soluturus. 5 verum illic eam formam numinis repperit quam in bello sibi faventem vidit. 6 quare et illic templa fundavit donariis ingentibus positis et Romae Soli templum posuit maiore honorificentia consecratum, ut suo dicemus loco.

26 1 Post haec Palmyram iter flexit, ut ea oppugnata laborum terminus fieret. sed in itinere a latronibus Syris male accepto frequenter exercitu multa perpessus est et in obsidione usque ad ictum sagittae periclitatus est. […] 6 Denique fatigatus ac pro malis fessus litteras ad Zenobiam misit deditionem illius petens, vitam promittens, quarum exemplum indidi: 7 „Aurelianus imperator Romani orbis et receptor orientis Zenobiae ceterisque quos societas tenet bellica. 8 sponte facere debuistis id quod meis litteris nunc iubetur. deditionem enim praecipio impunitate vitae proposita, ita ut illic, Zenobia, cum tuis agas vitam ubi te ex senatus amplissimi sententia conlocavero. 9 gemmas, aurum, argentum, sericum, equos, camelos in Romanum aerarium conferatis. Palmyrenis ius suum servabitur.“

27 Hac epistula accepta Zenobia superbius insolentiusque rescripsit quam eius fortuna poscebat, credo ad terrorem; nam eius quoque epistulae exemplum indidi: 2 „Zenobia regina orientis Aureliano Augusto. Nemo adhuc praeter te hoc quod poscis litteris petiit. virtute faciendum est quidquid in rebus bellicis est gerendum. 3 deditionem meam petis, quasi nescias Cleopatram reginam perire maluisse quam in qualibet vivere dignitate. 4 nobis Persarum auxilia non desunt, quae iam speramus, pro nobis sunt Saraceni, pro nobis Armenii. 5 latrones Syri exercitum tuum, Aureliane, vicerunt. quid si igitur illa venerit manus quae undique speratur, pones profecto supercilium, quo nunc mihi deditionem, quasi omnifariam victor, imperas.“ […]

28 His acceptis litteris Aurelianus non erubuit sed iratus statimque collecto exercitu ac ducibus suis undique Palmyram obsedit; neque quicquam vir fortis reliquit quod aut imperfectum videretur aut incuratum. 2 nam et auxilia, quae a Persis missa fuerant, intercepit et alas Saracenas Armeniasque corrupit atque ad se modo ferociter modo subtiliter transtulit. denique multa vi mulierem potentissimam vicit. 3 victa igitur Zenobia cum fugeret camelis, quos dromedas vocitant, atque ad Persas iter tenderet, equitibus missis est capta atque in Aureliani potestatem deducta.

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Übersetzung: David Magie
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Übersetzung:

25 1 After thus recovering Tyana, Aurelian, by means of a brief engagement near Daphne, gained possession of Antioch, having promised forgiveness to all; and thereupon, obeying, as far as is known, the injunctions of that venerated man, Apollonius, he acted with greater kindness and mercy. 2 After this, the whole issue of the war was decided near Emesa in a mighty battle fought against Zenobia and Zaba, her ally. 3 When Aurelian’s horsemen, now exhausted, were on the point of breaking their ranks and turning their backs, suddenly by the power of a supernatural agency, as was afterwards made known, a divine form spread encouragement throughout the foot-soldiers and rallied even the horsemen. Zenobia and Zaba were put to flight, and a victory was won in full. 4 And so, having reduced the East to its former state, Aurelian entered Emesa as a conqueror, and at once made his way to the Temple of Elagabalus, to pay his vows as if by a duty common to all. 5 But there he beheld that same divine form which he had seen supporting his cause in the battle. 6 Wherefore he not only established temples there, dedicating gifts of great value, but he also built a temple to the Sun at Rome, which he consecrated with still greater pomp, as we shall relate in the proper place.

26 1 After this he directed his march toward Palmyra, in order that, by storming it, he might put an end to his labours. But frequently on the march his army met with a hostile reception from the brigands of Syria, and after suffering many mishaps he incurred great danger during the siege, being even wounded by an arrow. […] 6 Finally, exhausted and worn out by reason of ill-success, he despatched a letter to Zenobia, asking her to surrender and promising to spare her life; of this letter I have inserted a copy:
7 „From Aurelian, Emperor of the Roman world and recoverer of the East, to Zenobia and all others who are bound to her by alliance in war. 8 You should have done of your own free will what I now command in my letter. For I bid you surrender, promising that your lives shall be spared, and with the condition that you, Zenobia, together with your children shall dwell wherever I, acting in accordance with the wish of the most noble senate, shall appoint a place. 9 Your jewels, your gold, your silver, your silks, your horses, your camels, you shall all hand over to the Roman treasury. As for the people of Palmyra, their rights shall be preserved.“

27 1 On receiving this letter Zenobia responded with more pride and insolence than befitted her fortunes, I suppose with a view to inspiring fear; for a copy of her letter, too, I have inserted:
2 „From Zenobia, Queen of the East, to Aurelian Augustus. None save yourself has ever demanded by letter what you now demand. Whatever must be accomplished in matters of war must be done by valour alone. 3 You demand my surrender as though you were not aware that Cleopatra preferred to die a Queen rather than remain alive, however high her rank. 4 We shall not lack reinforcements from Persia, which we are even now expecting. On our side are the Saracens, on our side, too, the Armenians. 5 The brigands of Syria have defeated your army, Aurelian. What more need be said? If those forces, then, which we are expecting from every side, shall arrive, you will, of a surety, lay aside that arrogance with which you now command my surrender, as though victorious on every side.“
[…]

28 1 On receiving this letter Aurelian felt no shame, but rather was angered, and at once he gathered together from every side his soldiers and leaders and laid siege to Palmyra; and that brave man gave his attention to everything that seemed incomplete or neglected. 2 For he cut off the reinforcements which the Persians had sent, and he tampered with the squadrons of Saracens and Armenians, bringing them over to his own side, some by forcible means and some by cunning. Finally, by a mighty effort he conquered that most powerful woman. 3 Zenobia, then, conquered, fled away on camels (which they call dromedaries), but while seeking to reach the Persians she was captured by the horseman sent after her, and thus she was brought into the power of Aurelian.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Falk Wackerow
Lizenz: CC-BY-NC-SA

H. A. XXVI, 25,1-28,3

Leitfragen:

1) Wie kam es zur Entstehung des Sonderreiches?

2) Wie gelang es Aurelian, die Usurpation zu beenden?

3) Ist die positive Bewertung Aurelians gerechtfertigt?

Kommentar:

Die altorientalische Stadt Palmyra (bzw. Tadmor in der Landessprache) in Syrien war immer wieder Zankapfel zwischen den großen Machtblöcken des Römischen und des Persischen Reichs. Den größten Teil der Kaiserzeit hindurch stand sie unter Kontrolle der Römer; während der sogenannten Reichskrise des 3. Jahrhunderts, als sich viele schwache Kaiser in schneller Folge ablösten und diese Instabilität das Reich schwächte, konnte Palmyra sich loslösen. Der bis dahin erfolgreiche Kaiser Valerian war den persischen Sassaniden 260 n. Chr. in der verlustreichen Schlacht bei Edessa/Carrhae unterlegen gewesen, war gefangen genommen und später hingerichtet worden – eine schwere Demütigung für die Römer. Der nun schutzlose Osten des Reiches wurde anschließend von den Sassaniden überrannt. Nur mit äußerster Mühe konnten die Römer den Rückzug der Feinde hinter den Euphrat erzwingen. Im entstandenen Machtvakuum erklärte sich der palmyrenische Fürst Septimius Odaenathus für unabhängig und führte Krieg gegen den römischen Usurpator Quietus wie gegen die Sassaniden. Über die Hintergründe seiner Ermordung ist nichts bekannt, allerdings führte seine Gattin Zenobia die Herrschaft als Vormund ihres Sohnes Vaballathus weiter. Zeitweise reichte das Herrschaftsgebiet Palmyras vom Südosten Kleinasiens bis Ägypten, von der Mittelmeerküste bis nach Mesopotamien. Die Römer unter ihrem neuen Kaiser Aurelian waren jedoch nicht bereit, die östlichen Provinzen einfach aufzugeben, und begannen einen Feldzug gegen die unliebsame Zenobia. In zwei Schlachten geschlagen, verschanzten die Palmyrener sich in ihrer Stadt. Aus der Aureliansvita der Historia Augusta ist die Schwere der Belagerung herauszulesen. So wurde der Kaiser, der seine Truppen persönlich anführte, während der Kämpfe von einem Pfeil getroffen. Das möglicherweise aufgrund der Verwundung unterbreitete Verhandlungsangebot schlug Zenobia aus, auch wenn der Inhalt der wiedergegebenen Briefe nicht verbürgt ist. Es gelang den Römern, die Entsetzung der Eingeschlossenen durch Perser und Armenier zu verhindern und schließlich die Belagerung zum Erfolg zu führen. Zenobias Flucht wurde vereitelt, sie wurde im Triumphzug durch Rom geführt. Über ihr weiteres Schicksal sind sich die Quellen uneins, das Ende des palmyrenischen Sonderreichs hingegen war besiegelt. Nach einem zweiten Versuch, die Unabhängigkeit zu erreichen, wurde die Stadt zerstört und erst unter Diokletian wieder aufgebaut. Kaiser Aurelian war es gelungen, die lange Krise des Reiches zu beenden und mithilfe der Palmyrener der sassanidischen Invasion und der Usurpation des Quietus standzuhalten. Ebenso gliederte er das gallische Sonderreich wieder in das Imperium Romanum ein, das ebenfalls einen Versuch der Loslösung unternommen hatte. Seine weiteren Erfolge gegen Germanen und Goten führten zur Stabilisierung der Nordgrenze. Ebenso ließ er die Aurelianische Stadtmauer anlegen, die Rom gegen weitere Einfälle der nördlichen Feinde schützen sollte. Die Räumung der zwar reichen, aber schwer zu verteidigenden Provinz Dacia und die Verlegung der Grenze hinter die Donaulinie war ein weiterer rationaler Schritt zu einer effektiven Reichsverteidigung. Die Aurelianische Münz- und Wirtschaftsreform ist in ihrer Wirkung umstritten. So erfolgreich die Herrschaft Aurelians auch war, konnte sie nicht verdecken, dass das System mit einem Kaiser an der Spitze, der über das gesamte Reich gebot, aufgrund der ständigen kriegerischen Konflikte und Usurpationen nicht mehr funktionierte. Bis zu den grundlegenden Reformen Diokletians griffen in nur neun Jahren elf Kaiser und Gegenkaiser nach der Krone.

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Die Goten

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Iordanes
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Iord. Get. XIV, 82-XV, 88 – Original:

82 Nunc autem ad id, unde digressum fecimus, redeamus doceamusque, quomodo ordo gentis, unde agimus, cursus sui metam explevit. Ablabius enim storicus refert, quia ibi super limbum Ponti, ubi eos diximus in Scythia commanere, ibi pars eorum, qui orientali plaga tenebat, eisque praeerat Ostrogotha, utrum ab ipsius nomine, an a loco, id est orientales, dicti sunt Ostrogothae, residui vero Vesegothae, id est a parte occidua.

XV. 83 Et quia iam superius diximus eos transito Danubio aliquantum temporis in Mysiam Thraciamque vixisse, ex eorum reliquiis fuit et Maximinus imp. post Alexandrum Mamaeae. Nam, ut dicit Symmachus in quinto suae historiae libro, Maximinus, inquiens, Caesar mortuo Alexandro ab exercitu effectus est imp., ex infimis parentibus in Thracia natus, a patre Gotho nomine Micca, matre Halana, quae Ababa dicebatur. Is triennio regnans, dum in Christianos arma commoveret, imperium simul et vitam amisit.

84 Nam hic Severo imp. regnante et natalis die filii celebrante, post prima aetate et rusticana vita de pascuis in militiam venit. Princeps si quidem militares dederat ludos; quod cernens Maximinus, quamvis semibarbarus aduliscens, propositis praemiis patria lingua petit ab imperatore, ut sibi luctandi cum expertis militibus licentiam daret.

85 Severus, ammodum miratus magnitudinem formae“ erat enim, ut fertur, statura eius procera ultra octo pedes – iussit eum lixis corporis nexu contendere, ne quid a rudi homine militaribus viris eveniret iniuriae. Tum Maximinus sedecim lixas tanta felicitate prostravit, ut vincendo singulos nullam sibi requiem per intercapidinem temporis daret. Hic captis praemiis iussus in militiam mitti, primaque ei stipendia equestria fuere. Tertia post haec die, cum imperator prodiret ad campum, vidit eum exultantem more barbarico iussitque tribuno, ut eum cohercitum ad Romanam inbueret disciplinam. Ille vero, ubi de se intellexit principem loqui, accessit ad eum equitantemque praeire pedibus coepit.

86 Tum imperator equo ad lentum cursum calcaribus incitato multos urbes huc atque illuc usque ad suam defatigationem variis deflexibus impedivit ac deinde ait illi: ‚Num quid vis post cursum, Thracisce, luctare?‘ Respondit: ‚Quantum libet, imperator‘. Ita Severus, ex equo desiliens, recentissimos militum cum eo decertari iussit. At ille septem valentissimos iuvenes ad terram elisit, ita ut antea nihil per intervalla respiraret, solusque a Caesare et argenteis praemiis et aureo torque donatus est; iussus deinde inter stipatores degere corporis principalis.

87 Post haec sub Antonino Caracalla ordines duxit ac saepe famam factis extendens plures militiae grados centuriatumque strenuitatis suae praetium tulit. Macrino tamen postea in regno ingresso recusavit militiam pene triennio, tribunatusque habens honore numquam se oculis Macrini optulit, indignum ducens eius imperium, qui perpetrato facinus fuerat adquisitum. 88 Ad Eliogabalum dehinc quasi ad Antonini filium revertens tribunatum suum adiit et post hunc sub Alexandrum Mamaeae contra Parthos mirabiliter dimicavit. Eoque Mogontiaco militari tumulto occiso ipse exercitus electione absque senatus consultu effectus est imperator, qui cuncta bona sua in persecutione Christianorum malo voto foedavit, occisusque Aquileia a Puppione, regnum reliquid Philippo. Quod nos idcirco huic nostro opusculo de Symmachi hystoria mutuavimus, quatenus gentem, unde agimus, ostenderemus ad regni Romani fastigium usque venisse. Ceterum causa exegit, ad id, unde digressimus, ordine redeamus.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Charles C. Mierow
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung:

(82) But let us now return to the point whence we made our digression and tell how the stock of this people of whom I speak reached the end of its course. Now Ablabius the historian relates that in Scythia, where we have said that they were dwelling above an arm of the Pontic Sea, part of them who held the eastern region and whose king was Ostrogotha, were called Ostrogoths, that is, eastern Goths, either from his name or from the place. But the rest were called Visigoths, that is, the Goths of the western country.
XV (83) As already said, they crossed the Danube and dwelt a little while in Moesia and Thrace. From the remnant of these came Maximinus, the Emperor succeeding Alexander the son of Mama. For Symmachus relates it thus in the fifth book of his history, saying that upon the death of Caesar Alexander, Maximinus was made Emperor by the army; a man born in Thrace of most humble parentage, his father being a Goth named Micca, and his mother a woman of the Alani called Ababa. He reigned three years and lost alike his empire and his life while making war on the Christians. (84) Now after his first years spent in rustic life, he had come from his flocks to military service in the reign of the Emperor Severus and at the time when he was celebrating his son’s birthday. It happened that the Emperor was giving military games. When Maximinus saw this, although he was a semi-barbarian youth, he besought the Emperor in his native tongue to give him permission to wrestle with the trained soldiers for the prizes offered. (85) Severus marvelling much at his great size–for his stature, it is said, was more than eight feet,–bade him contend in wrestling with the camp followers, in order that no injury might befall his soldiers at the hands of this wild fellow. Thereupon Maximinus threw sixteen attendants with so great ease that he conquered them one by one without taking any rest by pausing between the bouts. So then, when he had won the prizes, it was ordered that he should be sent into the army and should take his first campaign with the cavalry. On the third day after this, when the Emperor went out to the field, he saw him coursing about in barbarian fashion and bade a tribune restrain him and teach him Roman discipline. But when he understood it was the Emperor who was speaking about him, he came forward and began to run ahead of him as he rode. (86) Then the Emperor spurred on his horse to a slow trot and wheeled in many a circle hither and thither with various turns, until he was weary. And then he said to him „Are you willing to wrestle now after your running, my little Thracian?“ „As much as you like, O Emperor,“ he answered. So Severus leaped from his horse and ordered the freshest soldiers to wrestle with him. But he threw to the ground seven very powerful youths, even as before, taking no breathing space between the bouts. So he alone was given prizes of silver and a golden necklace by Caesar. Then he was bidden to serve in the body guard of the Emperor. (87) After this he was an officer under Antoninus Caracalla, often increasing his fame by his deeds, and rose to many military grades and finally to the centurionship as the reward of his active service. Yet afterwards, when Macrinus became Emperor, he refused military service for almost three years, and though he held the office of tribune, he never came into the presence of Macrinus, thinking his rule shameful because he had won it by committing a crime. (88) Then he returned to Eliogabalus, believing him to be the son of Antoninus, and entered upon his tribuneship. After his reign, he fought with marvellous success against the Parthians, under Alexander the son of Mama. When he was slain in an uprising of the soldiers at Mogontiacum, Maximinus himself was made Emperor by a vote of the army, without a decree of the senate. But he marred all his good deeds by persecuting the Christians in accordance with an evil vow and, being slain by Pupienus at Aquileia, left the kingdom to Philip. These matters we have borrowed from the history of Symmachus for this our little book, in order to show that the race of which we speak attained to the very highest station in the Roman Empire. But our subject requires us to return in due order to the point whence we digressed.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Falk Wackerow
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Iord. Get. XIV, 82-XV, 88

Leitfragen:

1) Wer sind die Goten?

2) Wie kamen sie mit dem Römischen Reich in Konflikt?

3) Wie verlief die weitere Geschichte der Goten?

Kommentar:

Der Autor der Gotengeschichte, Iordanes, schrieb diese wahrscheinlich um die Mitte des sechsten Jhdts. n. Chr. hauptsächlich basierend auf der älteren und ausführlicheren Gotenbeschreibung des Oströmers Cassiodor. Nach der Darstellung des Iordanes hatten die Goten ursprünglich in Skandinavien gelebt, bis sie sich irgendwann unter ihrem Anführer Berig nach Gothiscandza (der heutigen polnischen Ostsseeküste) aufgemacht hätten. Jedoch sind weder die Person Berigs noch die Herkunft aus Skandinavien anderweitig belegt, sodass die heutige Forschung von der These der Herkunft aus Skandinavien, die von der älteren Forschung noch vertreten worden war, Abstand genommen hat. Man vermutet nun stattdessen eine Ethnogenese im Bereich der südlichen Ostseeküste. Es gilt als gesichert, dass es sich bei den Goten um einen östlichen Zweig der Germanen handelte, wofür vor allem sprachgeschichtlich argumentiert wird, und nicht um einen Ableger der Skythen bzw. Geten, wie Iordanes schreibt. Relativ unstrittig ist ebenso die erstmals von Iordanes erwähnte Südwanderung zur Schwarzmeerküste. Lediglich über den Zeitpunkt – entweder im dritten Jhdt. n. Chr. oder schon deutlich früher – gibt es geteilte Ansichten. Die erste gesicherte Begegnung mit den Römern fand 238 n. Chr. statt, als sie sich anschickten, die Donau zu überschreiten. Danach finden sich häufigere Verweise auf Kämpfe zwischen Römern und Goten, aber auch für das Dienen in römischen Auxiliareinheiten.Dennoch überwogen zunächst die Konflikte zwischen den neuen Nachbarn. Im Jahre 251 fiel gar der römische Kaiser Decius in den Kämpfen. Nach wechselhaften Auseinandersetzungen beruhigte sich die Lage erst wieder gegen Ende des Jahrhunderts unter Aurelian und Diokletian. Irgendwann in diesem Zeitraum muss die Teilung des Volkes in Ostro- und Visigoten stattgefunden haben (die häufig in Deutschland und den Niederlanden genutzten Bezeichnungen Ost- und Westgoten beruhen auf diesen Namen, sind aber inkorrekt). Durch den stetigen Kontakt mit den Römern übernahmen beide Teilstämme das Christentum arianischer Prägung. Unter anderem durch zunehmenden hunnischen Druck im Rahmen der Völkerwanderung gezwungen, die Siedlungsgebiete an der Donau zu verlassen, machten die Visigoten sich auf den Weg nach Westen, während die Ostrogoten sich zunächst zu behaupten versuchten, jedoch von den Hunnen unterworfen wurden. Erst nach dem Tode König Attilas gelang es ihnen, die Unabhängigkeit zurückzuerlangen und schließlich ein eigenes Herrschaftsgebiet in Italien zu erobern, wodurch sie wesentlich zum Untergang des Weströmischen Reiches beitrugen. Kein Jahrhundert später wurden sie allerdings erst von den Oströmern und anschließend von den Langobarden besiegt. Die weitere Geschichte der Visigoten verlief gänzlich anders: Nach gewonnenen Schlachten gegen die Weströmer und der berühmten Plünderung Roms unter Alarich I. gründeten sie im von der „Völkerwanderung“ bis dahin weitgehend verschont gebliebenen Hispanien das später nach der Hauptstadt benannte Toledanische Reich, das bis ins Frühmittelalter überdauerte.

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Die Constitutio Antoniniana

 

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Falk Wackerow
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Die Constitutio Antoniniana

Leitfragen:

1) Welche Situation bezüglich des Bürgerrechts herrschte zuvor im Reich?
2) Welchen Inhalts ist das Schriftstück?
3) Was bezweckte Caracalla mit dem Edikt?

Kommentar:

Der 1902 in Ägypten erworbene Papyrus Gissensis 40, der heute der Universitätsbibliothek Gießen gehört, enthält ein zentrales Edikt des dritten Jahrhunderts n. Chr. und gehört zum deutschen Weltdokumentenerbe der UNESCO. Auf der linken, stark zerstörten Hälfte des Papyrus ist ein Teil des Gesetzestextes erkennbar, der bis zu seiner Entdeckung nur indirekt durch eine Erwähnung bei Cassius Dio ( LXXVIII, 9,5) bekannt war. Mit der Publikation 212/3 n. Chr. wurde allen freien Einwohnern des Reiches das römische Bürgerrecht verliehen. Was zuvor ein – wenn auch im Vergleich zur republikanischen Zeit deutlich ausgeweitetes – Privileg der Italiker und besonders verdienter Fremder war, wurde nun Allgemeingut. Bisher hatten die Kaiser lediglich den Bewohnern einzelner Städte und jenen Hilfstruppensoldaten, die ihre 25-jährige Dienstzeit absolviert hatten, das römische Bürgerrecht als erbliche Auszeichnung verliehen. Mit der Statuserhöhung waren vor allem Steuervorteile verbunden gewesen, denn einen Großteil der Abgaben hatten die Fremden (peregrini) zahlen müssen. Vor dem Hintergrund der turbulenten Ereignisse seiner Zeit entschloss sich Caracalla jedoch, das Steuersystem grundlegend dahingehend zu verändern, dass nun alle römischen Bürger – und somit alle Bewohner des Reiches – voll steuerpflichtig wurden. Damit erhöhte er die Einnahmen, was wiederum der Reichsverteidigung ebenso wie dem Schutz seiner eigenen Person vor Verschwörungen der Soldaten zugute kam. Die Constitutio Antoniniana ist also als eine rationale Reaktion auf die Reichskrise zu verstehen. Cassius Dio als Senator war naturgemäß anderer Auffassung, er stellte den Kaiser als Tyrannen dar, der sich zwar gut um die Belange der Soldaten kümmere, die wichtigen Senatoren jedoch unterdrücke. Möglicherweise mag hinter der Schilderung Dios auch die Verbitterung darüber gestanden haben, dass die Senatorenschicht sich nun nur noch durch Reichtum und Familientradition von den restlichen Reichsbewohnern unterschied. Die Einführung zahlreicher ehedem Fremder in die römischen Kulte und Verwaltung mag den etablierten honestiores ein Dorn im Auge gewesen sein. Ein weiterer Grund für den Erlass könnte ebenfalls beim Militär liegen: Es standen nun mehr Männer für die Legionen bereit, denn das Bürgerrecht war Voraussetzung für den Dienst. Praktisch wurde somit die Unterscheidung zwischen Legionen und Hilfstruppen aufgehoben. Es ist jedoch nach wie vor umstritten, inwieweit von einer „Barbarisierung“ der römischen Armee schon zu dieser Zeit die Rede sein kann, die sich zu einem Problem der Spätantike entwickelt habe, wie gelegentlich in der Fachliteratur argumentiert wird.

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Eine achäische Bundesmünze

 

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Agnes von der Decken
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Eine achäische Bundesmünze

Leitfragen:

1) Was ist auf der Münze zu sehen?
2) Welche Bedeutung haben die Motive?
3) Was kann die Bundesmünze über den Achäischen Bund verraten?

Kommentar:

Bei der obigen Münze handelt es sich um eine Hemidrachme aus Silber. Eine Hemidrachme ist eine halbe Drachme. Der Durchmesser der Münze beträgt 15 mm und sie wiegt 2,47 Gramm. Diese Hemidrachme ist für den Zeitraum 222-146 v. Chr. datiert und stammt aus Griechenland. Auf der Vorderseite (avers) ist der Kopf des Zeus, nach rechts schauend, zu erkennen. Auf der Rückseite (revers) befinden sich ein Monogramm, das sich aus den Buchstaben A und X zusammensetzt, sowie die Buchstaben T und E, die sich rechts und links des Monogrammes befinden. Das Monogramm und die Buchstaben sind dabei von einem Lorbeerkranz umgeben.

Eine genauere Betrachtung der auf die Münze geprägten Motive kann Aufschluss über die Herkunft der Münze geben. Insbesondere die Rückseite der Münze ist dabei aufschlussreich. Zu sehen ist das Monogramm der Buchstaben A und X. Die Ligatur dieser beiden Buchstaben ist dabei eine Abkürzung für die Achaier. Es handelt sich bei der Münze demnach um eine Bundesmünze des Achäischen Bundes. Zudem sind die Buchstaben T (links) und E (rechts) in das von einem Lorbeerkranz umgebene Monogramm integriert. Diese beiden Buchstaben stehen wiederrum für die Münzprägestätte der Münze: Die Stadt Tegea auf der Peloponnes. Durch das Monogramm kann demnach sowohl die Zugehörigkeit zum Achäischen Bund als auch die jeweilige dem Bund angehörende Stadt bestimmt werden. Auch die Vorderseite verweist auf den Achäischen Bund, denn auf ihr ist der nach rechts blickende Zeus Homagyrios zu sehen, um dessen Kult sich der Bund im 5. Jh. v. Chr. zentrierte. Zeus Homagyrios gilt als Schutzgott des Achäischen Bundes. Sein Tempel stand, ebenso wie der der Schutzgöttin Demeter Panachaia, in Aegion, wo lange Zeit die Bundesversammlung der Achäer tagte.

Diese Achäische Bundesmünze zeigt, dass sich innerhalb des Bundes ein eigenes Münzwesen etablierte, wo vormals lediglich lokale Münzprägung gängig war. Es ist möglich, dass der Bund auch eine eigene Bundeskasse besaß. Spätestens seit der Neuorganisation des Bundes 280 v. Chr. hat die Vielfalt der Münzprägung begonnen. Durch den Zuwachs an Städten im föderalen System des Bundes wuchs auch die Anzahl föderaler Münzen. Die Bundesmünze aus Tegea trägt dabei sowohl das Symbol des Bundes als auch einen Verweis auf die eigene Stadt. Im Achäischen Bund ist den Mitgliedspoleis die Prägung eigener Münzen demnach nicht verwehrt worden, sondern wurde durch die einzelnen Gliedstaaten vorgenommen. Die Münzen sind dann im gesamten Bundesgebiet zirkuliert. Bei einem Vergleich unterschiedlicher Bundesmünzen zeigt sich, dass die Prägung dieser Münzen einheitlich war. Bei Polybios (2.37) erfahren wir diesbezüglich auch, dass alle Mitgliedsstaaten des Bundes die gleichen Gesetze, Gewichte, Maße und eben auch Münzen verwendeten. Bei der Aufnahme in den Bund muss sich jeder neue Staat also dazu bereit erklärt haben, eine einheitliche Prägung anzunehmen. Die achäische Bundesmünze aus Tegea spiegelt damit das föderalistische Prinzip von Eigenständigkeit der Einzelstaaten und gleichzeitiger Eingliederung in den politischen Zusammenschluss des Bundes wieder.

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Vergleichen Sie zu hierzu auch den Beitrag zu Polybios über den Achäischen Bund.