Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Werner Rieß
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Griechische Geschichte I: Die Archaische Zeit
01 – Überblick
Ich möchte zu Beginn der Vorlesung Griechische Geschichte I: Von Mykene bis in die späte Archaik eine allgemeine Orientierung sowie eine zeitliche Einordung geben. Vorausschicken möchte ich, dass es sich bei dieser Vorlesung um den ersten Teil einer auf sechs Semester angelegten Überblicksvorlesung zur Alten Geschichte handelt, die in alle Epochen der Alten Geschichte einführen wird. Wir beginnen mit der Archaischen Periode Griechenlands, an die sich im nächsten Semester das sogenannte Klassische Griechenland anschließen wird, also das 5. und 4. Jh.. Das dritte Semester wird sich mit dem Hellenismus beschäftigen, also der Geschichte von Alexander dem Großen am Ende des 4. Jhs. bis zur Einverleibung des letzten Diadochenreiches, des Ptolemäerreiches in das Römische Reich durch Octavian nach der Schlacht von Actium 31 v. Chr.. Das vierte Semester wird sich dann der Geschichte der Römischen Republik widmen, das fünfte der Römischen Kaiserzeit. Die Spätantike mit ihrem Übergang ins frühe Mittelalter wird schließlich Gegenstand des sechsten Semesters sein.
Die archaische Zeit Griechenlands ist die erste, zentrale Epoche der Alten Geschichte, in der die Grundlagen für das spätere Griechenland mit seiner Hochkultur gelegt werden, die uns in vielfältiger Weise geprägt hat und auch heute noch betrifft. Dabei ist die archaische Periode eine Zeit stürmischen Wandels; Historiker sprechen oft von einer Zeit beschleunigten Wandels mit tiefgreifenden Transformationsprozessen. Nach dem Untergang der mykenischen Kultur mit ihrer Verwaltungsschrift, Linear-B, gerät die Schriftlichkeit erst einmal in Vergessenheit, sinkt auch die materielle Kultur auf ein niedriges Niveau ab. Diese sogenannten Dunklen Jahrhunderte von ca. 1200-800/750 v. Chr., die uns nur wenige Zeugnisse hinterlassen haben, sind aber gleichzeitig die Vorbereitung für das Erwachen der Griechen ab der Früharchaik. Mit der Übernahme der Schrift von den Phöniziern wird zu Beginn der Archaischen Zeit die Aufzeichnung von Dichtung möglich, wird die mündliche Epentradition, die man unter Homers Großepen Ilias und Odyssee zusammenfassst, schriftlich fixiert und der Grundstein gelegt für weitere Dichtungen und das erste Philosophieren der Vorsokratiker.
Durch das Bevölkerungswachstum kommt es zu krisenhaften Phänomenen, die die Griechen auf verschiedenste Art und Weise zu lösen versuchen. Ein Weg ist die Auswanderung aus dem Mutterland, die Große Kolonisation, die den Griechen nicht nur neue Küsten und Länder erschließt, sondern sie auch geistig befruchtet und ihren Horizont enorm erweitert. Ein anderes Konfliktlösungsmittel ist die Siedlung in größeren Gemeinschaften, sprich die Entstehung der Polis, die wiederum neue Errungenschaften hervorbringt.
Die Vorlesung gliedert sich in zwölf Abschnitte. Nach einer chronologischen Orientierung werden wir zunächst auf die Minoer eingehen, die erste Hochkultur auf griechischem Boden, die allerdings vor-indoeuropäisch und damit nicht-griechisch war. Die Mykener, die bereits Griechen sind, übernehmen viel von der minoischen Kultur und begründen eine minoisch-mykenische Mischkultur. Wenn es überhaupt einen Trojanischen Krieg gab, dann haben ihn der Sage nach Mykener geführt. Troja wird also in einem dritten Abschnitt unsere Aufmerksamkeit gelten. Dabei soll nicht nur nach der Historizität des Trojanischen Krieges gefragt werden, sondern es sollen auch die aktuellen Debatten, d.h. die neuen Kämpfe um Troja zur Sprache kommen, die v.a. um die Größe und Bedeutung der Stadt am Hellespont kreisen. Unsere Hauptquelle zum Trojanischen Krieg ist Homer, dem ein eigenes Großkapitel gewidmet sein wird. Auch hier werden wir wieder auf die jüngsten Debatten eingehen, v.a. auf Raoul Schrotts gewagte These, dass Homer nicht aus dem westlichen Kleinasien stamme, sondern aus dem anatolischen Kilikien, er also als Migrantenkind in der griechischen Diaspora aufgewachsen und Schreiber in assyrischen Diensten gewesen sei. Die beiden Abschnitte Troja und Homer werden die archäologischen Quellen und den literarischen Text aufeinander beziehen. Wir werden sehen, dass Homer primär Literatur ist, dass die Aussagen seiner großartigen Epen mit den archäologischen Befunden nicht in Einklang zu bringen sind und damit die Historizität eines Trojanischen Krieges nach wie vor nicht belegt werden kann.
Homer ist dennoch eine wichtige Quelle, jedoch eher für seine Zeit, den Ausgang der Dunklen Jahrhunderte als für das bronzezeitliche Mykene oder Troja. Wir versuchen in diesem Abschnitt mit Homer und auch mit archäologischen Befunden, wie dem Fürstengrab von Lefkandi und dem Schiffswrack von Uluburun, etwas Licht in die Dunklen Jahrhunderte zu bringen und die Gesellschaft zwischen 1200 und 800 v. Chr. in Umrissen zu skizzieren.
Mit dem Ausgang der Dunklen Jahrhunderte beginnt dann die eigentliche archaische Zeit Griechenlands von 800/750 v. Chr. bis ca. 500 v. Chr. Wir gehen hier auf zentrale Phänomene, wie die Krise der archaischen Zeit, die Entstehung der Polis, die Gesellschaft jener Zeit und die Kolonisation ein. Gerade die Geschichte der Kolonisation wird uns lehren, warum diese Epoche auch als orientalisierende Epoche bezeichnet wird. In einem bis dato nicht gekannten Ausmaß tritt die griechische Welt in einen fruchtbaren Austausch mit dem Orient ein, der auf vielen Gebieten wie eine Initialzündung wirkt, wobei wir sehen werden, dass die Griechen jeweils sehr eigenständig mit diesen Anregungen umgehen und ihnen immer eine genuin griechische Ausprägung geben. Die Entwicklung hin zum verfassten Stadtstaat, zur Polis, als politisch autonomem Gebilde, ist nicht ohne eine Betrachtung der Änderungen in der Kriegstechnik und der Verfassungsform der Tyrannis möglich. Gerade zur Innovation im militärischen Bereich, zum Aufkommen der Hopliten-Phalanx, gibt es Forschungskontroversen, die es hier nachzuzeichnen gilt.
Gegen Ende des Semesters müssen wir uns dann mit der Kultur der archaischen Zeit befassen, mit Religion und Sport, die in der griechischen Welt untrennbar zusammengehören, mit der Literatur, die in Form der archaischen Lyrik einen Gipfelpunkt der Weltliteratur markiert, mit der Kunst, die in der Vasenmalerei, im Tempelbau und in der Skulptur Unvergleichliches schuf, und mit einer spezifisch aristokratischen Form der Geselligkeit, dem Symposion, das gerade in der späteren philosophischen Literatur, denken wir an Platons Symposion, so wirkmächtig werden sollte. Zwei Städte sollen dann zum Ausklang sozusagen als case studies die Entwicklung nachzeichnen helfen, zum einen Sparta und zum anderen Athen, für das gerade ab dem 6. Jh. die Quellen sehr reichlich fließen. In Athen verdichten sich wie in einem Brennglas die krisenhaften Phänomene der archaischen Zeit. Solon versucht mit zahlreichen Reformen Abhilfe zu schaffen. Sein Werk hat keinen unmittelbaren Bestand, die Peisistratiden errichten eine Tyrannis in Athen, aber Solons Reformen entfalten doch eine gewisse Langzeitwirkung, zumindest flachten sich die scharfen sozialen Gegensätze ab, konnte sich Athen auch wirtschaftlich im 6. Jh. konsolidieren, erweiterte sich die Basis für die politische Partizipation beträchtlich. Ohne diese Langzeitwirkung wäre der Weg hin zur Demokratie am Ausgang des 6. Jhs. nicht zu verstehen.
Nun aber zur chronologischen Orientierung: In meiner Zeittafel versuche ich, politische Geschichte, geistige und materielle Kultur einander gegenüberzustellen und damit zu verknüpfen. Die Minoische Kultur gliedert sich in Palastzeiten. Die Vorpalastzeit reicht von 3000 – 2000 v. Chr.. Um 2000 setzen die Minoer mit dem Bau der ersten Paläste zum Sprung zur Hochkultur an, wir sprechen von der Älteren Palastzeit. Diese älteren Paläste werden um 1800 durch ein Erdbeben zerstört, aber sofort wieder aufgebaut. Es beginnt damit die Jüngere Palastzeit; ab dem 16. Jh. steht die minoische Kultur in voller Blüte. Um 1400 geht diese Kultur unter, die genauen Ursachen sind unklar, hängen jedoch nicht mit dem Vulkanausbruch von Thera zusammen. Nach der Theorie von W.-D. Niemeyer geht zunächst Knossos ca. 1450 aus innerkretischen Auseinandersetzungen als Sieger hervor. Zeugnis dafür könnte sein, dass alle Paläste außer dem von Knossos zerstört werden. Kurze Zeit später errichten die Mykener, wohl um 1375 v. Chr., ihre Herrschaft über Kreta. Die Schrift Linear-B, eine Frühform des Griechischen, löst die für uns nicht lesbare Linear-A Schrift der Minoer ab.
Die mykenische Kultur wird nach Stufen des Helladikums datiert. Parallel zur minoischen Vorplastzeit spricht man bzgl. der Mykener für den Zeitraum von 3000-2000 v. Chr. vom Frühhelladikum, das gleichzeitig auch die frühe Bronzezeit darstellt. Das Mittelhelladikum, also die mittlere Bronzezeit, bezeichnet den Zeitraum von 2000 – 1600 v. Chr. Das Späthelladikum ab 1600 v. Chr. ist dann die eigentliche mykenische Zeit. Die mykenische Palastzeit ab 1400 v. Chr. gliedert sich dann in drei Phasen des Späthelladikums III, also A, B und C. Wichtig ist, dass es um 2000 Bevölkerungsverschiebungen auf dem griechischen Festland gibt; hier nimmt man gemeinhin die Einwanderung indoeuropäischer Stämme an, die sich dann mit der indigenen Bevölkerung vermischen und in einem langen und komplexen Assimilationsprozess zu den späteren Mykenern entwickeln. Dieser Prozess setzt offenbar mit dem Mittelhelladikum ein, gerade als auf Kreta die Ältere Palastzeit beginnt. Um ca. 1200 erlebt die mykenische Kultur aus multikausalen Gründen einen Niedergang, der sich über mehrere Generationen erstreckt. Materiell schließt sich die submykenische Zeit an, die den Beginn der Dunklen Jahrhunderte markiert. Ab 1050 entstehen die ersten Vasen im protogeometrischen Stil, sie werden also mit geometrischen Mustern, wie Kreisen verziert. Der geometrische Stil umfasst dann die ganzen Dunklen Jahrhunderte. Oft spricht man auch von der geometrischen Zeit, ein Synonym für die Dunklen Jahrhunderte.
Auch beim Untergang der mykenischen Kultur sind Bevölkerungsbewegungen im Spiel, die jedoch auf keinen Fall die alleinige Ursache für den Niedergang darstellen. Die ältere Forschung sprach hier von der sog. „Dorischen Wanderung“, also der Ankunft der späteren Dorer. Obwohl es unbestritten ist, dass es Neuankömmlinge gab und sie wohl auch einige mykenische Festungen angriffen, geht man heute von einem komplizierten Prozess der Ethnogenese aus. Die griechischen Stämme haben sich wohl erst in den Dunklen Jahrhunderten auf griechischem Boden herausgebildet und sind nicht etwa, wie früher vermutet, als geschlossene Stämme eingewandert. Ab 1050 werden auch die ägäischen Inseln und die kleinasiatische Westküste besiedelt, einen Prozess, den man oft „Ionische Wanderung“ nennt, ein irreführender Begriff insofern, als nicht nur die spätere ionische Küste besiedelt wird, sondern auch die später dorischen Abschnitte im Süden und äolischen Abschnitte im Norden. Auch handelt es sich bei der Ostwärtsbewegung nicht nur und nicht ausschließlich um eine Fluchtbewegung vor den auf dem Festland vordringenden Dorern.
Um 800 lässt man mit dem Aufkommen der Schrift die Archaik beginnen, wir fassen nun einen beschleunigten Wandel in allen Bereichen. Das starke demographische Wachstum zwingt viele Griechen zur Auswanderung. Die Große Kolonisation beginnt. Um 800 wird Al Mina als griechischer Handelsposten an der heutigen syrischen Küste angelegt, kurze Zeit später gründen Griechen aus Chalkis und Eretria Pithekoussai auf der Insel Ischia. In den nächsten zwei Jahrhunderten werden die Griechen Süditalien, Sizilien und das westliche Mittelmeer besiedeln, ebenso die Schwarzmeerküste. Zu Hause schreitet die Entwicklung ebenfalls in rasantem Tempo voran. Das Mehr an Bevölkerung zwingt die Menschen zusammenzuziehen, viele Siedlungen werden aufgelassen, die Polis entsteht. Es wird nun verstärkt über die Formen des Zusammenlebens diskutiert. Die Macht des Königs wird fast überall gebrochen, sie geht vielerorts auf einen Adelsrat über. Die Polis schafft sich die ersten Institutionen und dafür auch die entsprechenden Bauten, die ersten Tempel entstehen. Kurz nach Aufkommen der Schrift werden die bis dahin mündlich vorgetragenen und dabei immer neu improvisierten Heldenepen nun verschriftlicht, die Ilias wohl im 8. Jh.. Dies ist die traditionelle Datierung. Neuere Forschungen gehen von einem viel späteren Datum aus und datieren die Ilias nun um ca. 700 v. Chr. Dementsprechend verschiebt sich dann auch die jüngere Odyssee und das Erscheinen Hesiods, der von den homerischen Epen abhängig ist, zeitlich nach unten. Communis opinio ist heute, dass Homer v.a. eine Quelle für seine eigene Zeit ist, also ca. 750-650 v. Chr., vielleicht mit Reminiszenzen an die Dunklen Jahrhunderte und, ganz gelegentlich, an die mykenische Zeit. Um 700 lassen wir auch die archaische Kunst beginnen, die wir in früh-, mittel- und spätarchaisch einteilen, wobei gerade die früharchaische Periode von 700-620 v. Chr. den Höhepunkt der orientalisierenden Epoche darstellt. In der mittelarchaischen Periode werden dann nach ägyptischem Vorbild die ersten Jünglings- und Mädchenstatuen geschaffen, die sog. Kouroi und Korai.
Während der Großen Kolonisation unterwirft Sparta, das außer der Gründung von Tarent nicht kolonisiert, in mehreren Kriegen Messenien und helotisiert die dort lebende einheimische Bevölkerung, drückt sie also in einen Abhängigkeitsstatus hinab, macht diese Menschen zu Heloten. Schafft es die Kolonisation nicht, den Bevölkerungsdruck abzubauen, kommt es zu Grenzkriegen zwischen Städten. Der sogenannte Lelantinische Krieg zwischen Chalkis und Eretria auf Euboia, wohl auf ca. 730 v. Chr. zu datieren, wird oft auch als letzter Krieg angesehen, der noch nach der alten Manier, also zwischen adeligen Zweikämpfern ausgefochten wurde. Denn ab 700 v. Chr. breitet sich die neue Kampftechnik der Phalanx immer mehr aus, wobei das archaische Schlachtfeld nach wie vor von ganz unterschiedlichen Kampfweisen geprägt gewesen sein dürfte.
Um 700 nach konventioneller Datierung tritt der zweite große Ependichter auf, Hesiod, der, stilistisch noch von Homer abhängig, nun den Themenfokus der alten Epik stark ausweitet, soziale Missstände seiner Zeit anprangert und in seinen Werken eine neue Sozialethik in mythischem Gewande entwirft. Damit trifft er den Nerv der Zeit. Zunehmend stellen die Menschen das Monopol des Adels in der Rechtsprechung in Frage. Man will mehr Mitsprache und v.a. auch mehr Rechtssicherheit. Eine Welle der Rechtskodifikationen ist die Folge, die ganz Griechenland erfasst. Damit entstehen die ersten Prosatexte. Obgleich die Aufzeichnung des Gewohnheitsrechts, die immer auch eine Neuschöpfung des Gesetzes ist, mehr Rechtssicherheit schafft, errichten in einer dialektischen Entwicklung, sozusagen, an vielen Orten charismatische Führer ihre Alleinherrschaft, eine Tyrannis, oftmals mit dem Versprechen, die Krise zu lösen. Die Umstände variieren dabei regional stark, auch die Formen der Herrschaftssicherung.
Zeitgleich zur Hoplitenphalanx entsteht um 700 in Korinth die schwarzfigurige Keramik. Zunächst ist also Korinth in der Vasenproduktion führend. Nach den Epikern Homer und Hesiod finden nun viele Dichter ihren bleibenden literarischen Ausdruck in der Lyrik. Das Individuum wird sich sozusagen literarisch seiner selbst bewusst. Tyrtaios von Sparta, Theognis von Megara, Archilochos von Paros, Alkaios, Sappho von Lesbos, Anakreon, Alkman, Pindar und andere erreichen in mannigfachen lyrischen Gattungen nicht nur Formvollendung, sondern auch eine Tiefe des Gedankens, die ihresgleichen sucht. Das Themenspektrum reicht dabei von der kritischen Gesellschaftsanalyse zur kruden Sexualität, vom hymnischen Lobpreis der Sieger in sportlichen Wettkämpfen bis zur wüsten Beschimpfung und Schmähung des Widersachers, vom Hochgesang auf den Wein bis zur sensibelsten Gefühlsregung.
683 haben wir den ersten Archon in Athen belegt. 624 zeichnet Drakon kurz nach dem Kylonischen Frevel, einer Blutrache, die ausgeufert war, das athenische Totschlagsrecht auf und versucht damit erfolgreich, die Blutrache einzudämmen, indem er sie gewissermaßen unter „staatliche Kontrolle“ stellt. Die sozialen Probleme sind damit in Athen nicht gelöst. Zu Beginn des 6. Jhs. wird Solon Archon in Athen. Ihm wird die Tyrannis angetragen, doch er lehnt ab. Nach Implementierung seiner Wirtschafts- und Verfassungsreform, die eine Timokratie begründete, also eine Regierungsform, die politische Partizipation nach dem Eigentum bemaß, zog er sich bewusst ins Ausland zurück. Seine Reformen waren erst einmal nicht von Bestand, die Peisistratiden errichteten ab 546 eine Tyrannis, doch ermöglichte der soziale Ausgleich, den Solon durchaus erreichte, den späteren Aufstieg Athens.
Ab dem 6. Jh. begründen die Vorsokratiker an der kleinasiatischen Westküste die Philosophie sowie die Naturwissenschaften. Beide Bereiche sind dabei noch nicht getrennt. In Athen blüht ab 600 v. Chr. die schwarzfigurige Vasenmalerei; mit der rotfigurigen Keramik löst dann Athen ab 530 endgültig die Vormachtstellung Korinths in der Vasenproduktion ab. Ebenfalls um 600 beschleunigt das Aufkommen der Geldwirtschaft den sozialen Wandel weiter. Eine vorher ungeahnte soziale Mobilität war nun die Folge. So schnell wie man finanziell aufsteigen konnte, so schnell konnte man auch wieder absteigen, eine Entwicklung, die den Adel in seinen Grundfesten erschütterte, der nun versuchte, sich durch das Pochen auf eine vornehme Geburt, die man sich eben nicht kaufen konnte, nach unten abzuschließen. Als die Peisistratiden die Herrschaft in Athen an sich reißen, geraten die ionischen Städte unter persische Oberhoheit. Ca. 50 Jahre später werden sie im Ionischen Aufstand dagegen aufbegehren, ein Ereignis, das die Perserkriege auslösen wird. Damit und mit dem Sturz der Peisistratiden in Athen 510 und den Reformen des Kleisthenes 508/7 sind wir jedoch schon in der klassischen griechischen Geschichte angelangt.