Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Quintus Aurelius Symmachus
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Symm.rel. 3,7-10 – Original:
7. Accipiat aeternitas vestra alia eiusdem principis facta, quae in usum dignius trahat. Nihil ille decerpsit sacrarum virginum privilegiis, decrevit nobilibus sacerdotia, Romanis caerimoniis non negavit inpensas et per omnes vias aeternae urbis laetum secutus senatum vidit placido ore delubra, legit inscripta fastigiis deorum nomina, percontatus templorum origines est, miratus est conditores cumque alias religiones ipse sequeretur, has servavit imperio.
8. Suus enim cuique mos, suus cuique ritus est. Varios custodes urbibus cultus mens divina distribuit. Ut animae nascentibus, ita populis fatales genii dividuntur. Accedit utilitas, quae maxime homini deos adserit. Nam cum ratio omnis in operto sit, unde rectius quam de memoria atque documentis rerum secundarum cognitio venit numinum? Iam si longa aetas auctoritatem religionibus faciat, servanda est tot saeculis fides et sequendi sunt nobis parentes, qui secuti sunt feliciter suos
9. Romam nunc putemus adsistere atque his vobiscum agere sermonibus: Optimi principum, patres patriae, reveremini annos meos, in quos me pius ritus adduxit! Utar caerimoniis avitis; neque enim paenitet. Vivam meo more, quia libera sum! Hic cultus in leges meas orbem redegit, haec sacra Hannibalem a moenibus, a Capitolio Senonas reppulerunt. Ad hoc ergo servata sum, ut longaeva reprehendar?
10. Videro, quale sit, quod instituendum putatur; sera tamen et contumeliosa emendatio senectutis. Ergo diis patriis, diis indigetibus pacem rogamus. Aequum est, quidquid omnes colunt, unum putari. Eadem spectamus astra, commune caelum est, idem nos mundus involvit. Quid interest, qua quisque prudentia verum requirat? Uno itinere non potest perveniri ad tam grande secretum. Sed haec otiosorum disputatio est. Nunc preces, non certamina offerimus.
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Philip Schaff
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Übersetzung:
7. But the divine Constantius is said to have done the same. Let us rather imitate the other actions of that Prince, who would have undertaken nothing of the kind, if any one else had committed such an error before him. For the fall of the earlier sets his successor right, and amendment results from the censure of a previous example. It was pardonable for your Grace’s ancestor in so novel a matter to fail in guarding against blame. Can the same excuse avail us if we imitate what we know to have been disapproved?
8. Will your Majesties listen to other actions of this same Prince, which you may more worthily imitate? He diminished none of the privileges of the sacred virgins, he filled the priestly offices with nobles, he did not refuse the cost of the Roman ceremonies, and following the rejoicing Senate through all the streets of the eternal city, he contentedly beheld the shrines with unmoved countenance, he read the names of the gods inscribed on the pediments, he enquired about the origin of the temples, and expressed admiration for their builders. Although he himself followed another religion, he maintained its own for the empire, for everyone has his own customs, everyone his own rites. The divine Mind has distributed different guardians and different cults to different cities. As souls are separately given to infants as they are born, so to peoples the genius of their destiny. Here comes in the proof from advantage, which most of all vouches to man for the gods. For, since our reason is wholly clouded, whence does the knowledge of the gods more rightly come to us, than from the memory and evidence of prosperity? Now if a long period gives authority to religious customs, we ought to keep faith with so many centuries, and to follow our ancestors, as they happily followed theirs.
9. Let us now suppose that Rome is present and addresses you in these words: “Excellent princes, fathers of your country, respect my years to which pious rites have brought me. Let me use the ancestral ceremonies, for I do not repent of them. Let me live after my own fashion, for I am free. This worship subdued the world to my laws, these sacred rites repelled Hannibal from the walls, and the Senones from the capitol. Have I been reserved for this, that in my old age I should be blamed? I will consider what it is thought should be set in order, but tardy and discreditable is the reformation of old age.”
10. We ask, then, for peace for the gods of our fathers and of our country. It is just that all worship should be considered as one. We look on the same stars, the sky is common, the same world surrounds us. What difference does it make by what pains each seeks the truth? We cannot attain to so great a secret by one road; but this discussion is rather for persons at ease, we offer now prayers, not conflict.
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Nathalie Klinck
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Symm.rel. 3,7-10
Leitfragen:
1) Was war die politische Ausgangslage für die Auseinandersetzung?
2) Mit welchen Punkten argumentiert Symmachus?
3) Welche Auswirkungen hatte die Auseinandersetzung?
Kommentar:
In einer Epoche, die wie kaum eine andere geprägt war von politischen und militärischen Konflikten, scheint auf den ersten Blick dem Streit um die Aufstellung des Viktorienaltars in der Curia Iulia eine relativ geringe Bedeutung zuzukommen. Und doch steht dieser Streit sinnbildlich für die Auseinandersetzung, die im Kontext des allgemeinen Erlöschens der altrömischen Traditionen zwischen den Anhängern des traditionellen römischen Staatskultes und den Christen geführt wurde. Der Altar der Siegesgöttin und ihr vergoldetes Abbild, welches einen Palmzweig und einen Lorbeerkranz in den Händen hielt, wurde bereits 29 v.Chr. von Kaiser Augustus anlässlich seines Sieges in Actium (31 v.Chr.) in der Curia geweiht. Von diesem Zeitpunkt an war es Brauch, dass die Senatoren vor jeder Sitzung im Senatsgebäude dem Standbild der geflügelten Göttin ein Opfer darbrachten. Der Altar stand damit nicht nur für den Sieg von Augustus über Antonius, sondern vielmehr allgemein für die militärische Stärke Roms und des Principats. Constantius II. ließ im Jahre 357 n.Chr. im Zuge des allgemeinen Opferverbotes als erster den Altar aus der Curia entfernen. Sein Nachfolger Julian – auch Apostata, der Abgefallene genannt – ließ den Altar 361/63 n.Chr. allerdings wieder aufstellen mit der Intention, die paganen Kulte wiederzubeleben – ein Versuch, der durch die umfassende Etablierung des Christentums zum Scheitern verurteilt war. Im Jahr 382/83 n.Chr. entfernte Gratian den Altar erneut und stellte zusätzlich dazu auch die staatliche Finanzierung des Vestakultes ein.
Als Reaktion der zum Großteil immer noch paganen Senatorenschaft Roms wurde Quintus Aurelius Symmachus in seiner Funktion als Stadtpräfekt beauftragt, sich mit einer Gesandtschaft an den Kaiser in Mailand zu wenden, um ihn davon zu überzeugen, den Altar wiederaufstellen sowie den Kulten wieder eine staatliche Förderung zukommen zulassen; zudem sollten den Priestern ihre Privilegien wieder eingeräumt werden. Der Entzug der staatlichen Grundlage der paganen Kulte, ohne die diese nicht mehr bestehen konnten, kann wohl als der wichtigste Auslöser für die Gesandtschaft gesehen werden. Der römische Senator qualifizierte sich für diese Aufgabe durch seinen hohen Bekanntheitsgrad als Redner, der ihm den Ruf eines zweiten Ciceros einbrachte. Allerdings wies ihn Gratian vor den Toren Mailands ab. Der vorliegende Quellenausschnitt stammt aus einer Bittschrift, der 3. Relatio, die er nach dem Tode Gratians verfasste und an den jungen Kaiser Valentinian richtete. In seinem Schreiben bittet Symmachus diesen darum, die Entscheidungen seines Vorgängers zurückzunehmen. Valentinian schien ihm, wohl auch aufgrund seines noch jungen Alters, beeinflussbarer als Gratian es gewesen war.
Das Schreiben ist stilistisch auf einem sehr hohen Niveau verfasst. Symmachus plädiert nicht nur für die Wichtigkeit der paganen Kulte, sondern untermauert seine Argumentation sorgfältig mit den Ideen des philosophischen Pluralismus im Sinne des Neuplatonismus und dem Konzept der inneren Gleichheit der verschiedenen Glaubensformen. Am Höhepunkt seiner Ausführungen lässt er eine Prosopopoiie der Ewigen Stadt das Wort ergreifen. Die personifizierte Roma sollte für eine Verbindung mit der glorreichen Vergangenheit des Imperiums und ein garantiert glückliches Weiterbestehen der Stadt stehen. Symmachus greift damit auf die Romidee zurück, die der Stadt eine universelle Vorrangstellung im politischen, kulturellen und religiösen Bereich zuspricht. Gleichzeitig erinnert er an die ruhmreiche Vergangenheit und greift Bilder von historisch wichtigen Erfolgen auf, die sich tief in das kollektive Gedächtnis der Römer eingebrannt hatten. Seinen Aussagen nach verdanke Rom seine ruhmreiche Vergangenheit und den Aufstieg zum caput mundi in erster Linie dem treuen Vollzug des Staatskultes und der Verehrung der traditionellen Götter.
Interessanterweise geht er nicht auf den Umkehrschluss ein, dass der „neue Glaube“ verantwortlich sei für die jüngsten Misserfolge Roms, wie dem Verlust der Schlacht bei Adrianopel – vielleicht auch, um den Kaiser nicht auf seine Niederlagen hinzuweisen. Lediglich indirekt fragt er, wer denn den Barbaren so freundlich gesinnt wäre, als dass er die Wiedererrichtung des Altars der Victoria nicht wünsche? Er macht deutlich, dass die geschichtlichen Erfahrungen und eine generelle Klugheit ein Festhalten an den traditionellen Staatskult gebieten würden. Die Bittschrift machte am Mailänder Hof durchaus Eindruck und wäre unter Umständen sogar erfolgreich gewesen, wenn sich nicht auch der Bischof von Mailand, Ambrosius, in den Streit eingemischt hätte. Seinen ersten Brief verfasste er, ohne die Bittschrift gelesen zu haben. Eindringlich warnt er den Kaiser davor, seine Pflicht als Christ und Verteidiger des Glaubens zu vernachlässigen und droht ihm indirekt sogar mit Exkommunikation.
Bei seinem zweiten Brief hingegen handelt es sich um eine argumentative Widerlegung der Bittschrift, in der er argumentiert, dass 387 v.Chr. Rom lediglich von einer Schar Gänse und nicht von dem Gott Jupiter befreit worden sei und Hannibal dieselben Götter angebetet hätte wie die Römer – die aus diesem Grund mal dem einen, mal dem anderen Vorzug gaben. Valentinian folgte schließlich der Argumentation des Erzbischofes. Im Jahr 393 n.Chr. wurden in Rom zum letzten Mal die traditionellen paganen Kultfeiern begangen. Ein Jahr später wurde der Altar schließlich endgültig aus der Curia entfernt. Das Entfernen des Altars bedeutete nicht nur eine wirkungsmächtige symbolische Niederlage für die Anhänger der paganen Kulte, sondern zeigte auch, dass in Rom ein neues Zeitalter angebrochen war, in dem die Kultausübung nicht mehr Sache des Kaisers war, er aber sehr wohl von der Kircher beeinflusst werden konnte.