04 – Das Ausgreifen nach Osten, der Ausbruch der Krise, das Zeitalter der Gracchen

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Werner Rieß
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Römische Geschichte I: Die Republik

04 – Das Ausgreifen nach Osten, der Ausbruch der Krise, das Zeitalter der Gracchen

Im letzten Podcast haben wir von der Expansion Roms im Westen gehandelt. Wir wollen uns heute dem Ausgreifen Roms nach Osten zuwenden, aber auch die Folgen in den Blick nehmen. Es wird deutlich werden, dass die ständigen Kriege in West und Ost nicht ohne verheerende Wirkungen im Inneren waren. Es ist kein Zufall, dass im Jahre des Sieges über Numantia (133 v. Chr.) Tiberius Gracchus als Volkstribun energische Reformen fordert; die Krise der Römischen Republik ist damit für jeden offenkundig geworden. Aber der Reihe nach: Auch dem Eingreifen Roms im Osten lag kein bewusster Plan zugrunde. Wie so oft zuvor, ließ sich Rom in Verwicklungen hineinziehen. Um 200 befand sich das Ptolemäerreich in der Krise. Ptolemaios V. Epiphanes war noch minderjährig, innere Wirren beutelten Ägypten. Die Folge war, dass die beiden anderen hellenistischen Großreiche, die Seleukiden und die Antigoniden die Chance sofort erkannten und zugriffen. Vielleicht sprachen sich Antiochos III. und Philipp V. sogar in einem Geheimvertrag ab. Wie dem auch immer sei, sie fielen über die ptolemäischen Außenbesitzungen an den Dardanellen, in der Ägäis, in Kleinasien und Syrien hier. Leidtragende waren aber auch die Mittelstaaten Pergamon und Rhodos. Diese beiden Mächte fühlten sich zunehmend bedroht und informierten den Senat in Rom. Dieser befürchtete eine große Koalition gegen Rom, und gegenüber Philipp V. war man sowieso misstrauisch. Sein Verhalten im Zweiten Illyrischen und v.a. während des Zweiten Punischen Krieges hatte man niemals vergessen. Die genauen Ursachen für den Ausbruch des Zweiten Makedonischen Krieges (er brach im Jahre 200 aus), so kurz nach dem Ende des Hannibalkrieges, sind nach wie vor umstritten. Nach anfänglichen gescheiterten Aktionen gelang es Titus Quinctius Flamininus 197 v. Chr., in der Schlacht von Kynoskephalai Philipp zu besiegen.
Flamininus bediente sich der alten hellenistischen Propaganda und erklärte die griechischen Städte an den Isthmischen Spielen von 196 für frei, d.h. von der Oberhoheit der Makedonen befreit. Bis 194 ordnet Flaminius die griechischen Verhältnisse, dann zieht er sich zurück. Die Römer wollen die Dinge natürlich in ihrem Sinne beeinflussen, doch denken sie noch nicht daran, eine formelle Herrschaft im Osten zu errichten. Nicht alle Griechen waren mit dem Ergebnis zufrieden: Die Ätoler beispielsweise waren enttäuscht, dass Makedonien immer noch existierte. Sie wandten sich nun an den Seleukiden Antiochos III., damit er für die Freiheit der Griechen gegenüber Rom eintrete, und dadurch braute sich bereits der nächste Konflikt zusammen. Antiochos hatte ab 212 massiv im Osten expandiert. Er träumte von der Wiedererrichtung des Alexanderreiches. Als Makedonien im Zweiten Römisch-Makedonischen Krieg zusammenbrach, witterte er sofort die Chance, in dieses Machtvakuum hineinzustoßen.
Die Einladung der Ätoler und anderer Griechen, sie gegen Rom zu unterstützen, kam ihm also sehr gelegen. 192 setzte er nach Griechenland über und löste so den Antiochos-Krieg aus, der also eine Folge des Krieges Roms gegen Makedonien war. Antiochos hatte sich verschätzt. Er hatte es den Römern wohl nicht zugetraut, länger im Osten agieren zu können. 190 überschritten die Römer zum ersten Mal den Hellespont und schlugen Antiochos vernichtend bei Magnesia am Mäander. Damit war Rom nun faktisch Herrin über die Ökumene, die damals bekannte Welt. Im Frieden von Apameia 188 wurde die Macht des Antiochos gebrochen, die Mittelstaaten Rhodos und Pergamon aufgebaut, um ein Gleichgewicht im Osten zu erhalten. Das Makedonen- und Seleukidenreich waren nun von Rom abhängig, das Ptolemäerreich war nach wie vor labil. Damit war die alte hellenistische Ordnung zerstört. Die neue Ordnung, die auf den Mittelstaaten als Parteigänger Roms beruhte, war künstlich.
Rom reagierte indirekt über Senatsgesandtschaften und Parteigänger in den Städten, das Denunziantentum blühte, ein Klima der Angst und der Unsicherheit griff um sich. Allmählich wurde den Griechen ihre Lage bewusst. Das Ansehen der Römer, denen sie vorher wohl zugetraut hatten, sie von den Makedonen zu befreien, sank; man empfand allmählich Mitleid mit den von Rom Geschlagenen. Als Perseus, der Sohn Philipps V., 179 die Thronfolge antrat, trug ihn eine Woge der Sympathie. Um eine gewisse anti-römische Stimmung zu erzeugen, erließ er eine Amnestie und einen Schuldenerlass. Delphi, die Seleukiden, ja sogar Rhodos und Pergamon brachten ihm Sympathie entgegen. 178 heiratete er Laodike, eine Tochter des Seleukos IV.. Auf die Römer wirkte diese Hochzeit wie ein Zusammengehen des besiegten Makedonen- mit dem besiegten Seleukidenreich. Obwohl Perseus nichts gegen Rom unternahm, nahmen die Römer Perseus als Bedrohung wahr.
Eumenes von Pergamon besann sich dann doch auf seine Verpflichtung gegenüber Rom und denunzierte Perseus. Obwohl also kein Kriegsgrund vorlag, kam es 171 zum Ausbruch des Dritten Makedonischen Krieges, den Lucius Aemilius Paullus 168 in der Schlacht von Pydna für Rom gewann. Rom war neurotisch geworden und fühlte sich von den unterworfenen Völkern immer mehr eingekreist und bedroht, obgleich dies ja nicht den Tatsachen entsprach. Nur so erklären sich die harten Maßnahmen der Römer bei Kriegsende. Makedonien wird in vier Teile zerschlagen, in Epirus werden 70 Städte geplündert. Das zeitweise perseusfreundliche Rhodos verliert Lykien und Karien und muss hinnehmen, dass Delos zum Freihandelshafen wird, ein Schlag, von dem sich die Handelsmacht Rhodos nie mehr erholen würde. Überall finden Säuberungsaktionen statt. Danach ist der griechisch-kleinasiatische Raum keine selbständige politische Größe mehr, es war offenbar Roms Ziel, die Verhältnisse dauerhaft zu destabilisieren.
146 verweigert der Achäische Bund Rom die Gefolgschaft, der Aufstand trägt auch eine soziale Note. Wieder reagiert Rom mit äußerster Härte und Brutalität: L. Mummius zerstört Korinth (im selben Jahr wird ja auch Karthago zerstört), Korinth wird geplündert, viele Kunstschätze nach Rom gebracht, der Achäische Bund wird aufgelöst, Griechenland wird nun vom Statthalter Makedoniens aus mitverwaltet. Mitte des zweiten Jahrhunderts ist Rom damit Herrin des gesamten Mittelmeerraumes.
Doch was war gewonnen? Die Rückwirkungen auf die Mehrzahl der Bevölkerung waren alles andere als positiv. Die dauernden Kriege hatten tiefe Wunden geschlagen. Das römische Heer war ein Milizheer. Die Bauern, die jahrelang in der Armee dienten, konnten nach ihrer Heimkehr, sofern sie überhaupt überlebten, ihre Felder kaum mehr bestellen. Reiche Senatoren wurden immer reicher und kauften den Kleinbauern ihre Höfe oft zu einem Spottpreis ab. Die Folge war die Proletarisierung der Bauern auf der einen Seite und die Herausbildung großer Latifundien auf der anderen Seite, die die Großgrundbesitzer von Heerscharen von Sklaven bewirtschaften ließen. Durch die unablässigen Eroberungskriege standen Sklaven v.a. aus dem Osten massenhaft zur Verfügung. Ihre billige Arbeitskraft verdrängte die Bauern oftmals sogar als Tagelöhner. Die vielen Bauern, die alles verloren hatten, strömten nach Rom und bildeten dort ein Unruhepotential. Sie waren immer weniger bereit, auf den weit entfernten Schlachtfeldern für Rom zu bluten. Im Kontext der enormen Schwierigkeiten, mit denen Rom vor Numantia zu kämpfen hatte, hören wir von Rekrutierungsschwierigkeiten. Die ersten Intellektuellen wurden nachdenklich. Um die Armee aufrechterhalten zu können, bedurfte es eines kräftigen Bauernstandes. Er musste also wieder gefördert werden, sofern man nicht auf ein anders militärisches System umsteigen wollte.
Die folgenden Jahrzehnte wurden von der politischen Auseinandersetzung darüber beherrscht, ob man den Bauern nun entgegenkommen sollte oder nicht. Gerade die konservativen Hardliner waren strikt dagegen, machten aber auch keine Alternativvorschläge, wie die militärische Schlagkraft Roms ohne grundlegende Reformen erhalten bleiben könnte. Rom war politisch in eine Sackgasse geraten. Es hatten sich fünf Hauptkonfliktfelder herausgebildet, die zum Teil parallel liefen, sich aber natürlich gegenseitig verstärkten:
Durch die zunehmenden Erfolge einzelner herausragender Familien, wie der Scipionen, knirschte es innerhalb der Nobilität. Es kam zu Macht- und Verteilungskämpfen. Zweitens versuchte sich die Nobilität gegenüber Aufsteigern im Senat, den sogenannten homines novi, abzugrenzen. Generell gilt, dass sich die Krise durch mangelnde soziale Mobilität verschärfte. Ein drittes Konfliktfeld zeichnete sich ab zwischen der alten Oligarchie und Neureichen aus dem Ritterstand, die sich in der Gracchenzeit immer mehr politisierten. Zwischen den Herrschenden in Rom und den italischen Verbündeten taten sich Abgründe auf. Die Forderungen der Bündner nach mehr Teilhabe prallten jahrzehntelang an der Mehrzahl der Senatoren ab, was zu enormer Frustration auf Seiten der socii führte. Und schließlich war das Verhältnis zwischen Herren und Sklaven niemals vorher und später so schlecht wie während der Hohen Republik, eben weil Sklaven aufgrund ihres billigen Preises schamlos ausgebeutet werden konnten.
Die Verelendung des römischen Bauerntums und die Unterdrückung der Bevölkerung in den Provinzen waren zusätzlicher Konfliktstoff. Die Krise verschärfte sich durch weitere destabilisierende Faktoren: Die mangelnde soziale Mobilität wurde bereits erwähnt. Es gab ein Stadt-Land-Gefälle. Die Mängel im Herrschaftssystem, das für einen Stadtstaat entworfen worden war, waren nicht mehr zu übersehen. Die Römer hatten nun ein Weltreich ohne Verwaltung!
Der griechische Einfluss auf persönlicher und gesamtgesellschaftlicher Ebene unterminierte das alte Normen- und Wertesystem. Die Krise wurde von den Zeitgenossen nicht primär als eine politische angesehen, wie wir das heute tun, sondern in den Deutungsparametern der moralisierenden Geschichtsschreibung als Dekadenz, als moralischer Verfall gedeutet. Die Kurzsichtigkeit vieler Politiker tat ein Übriges, um die Krise immer wieder eskalieren zu lassen. Aus der Furcht vor Reformen klammerten sie sich an eine unproduktive Obstruktionspolitik, die nur die eigenen Pfründe zu bewahren helfen sollte. Alte Gesetze, wie die gegen den Luxus oder das Gesetz zum Mindestalter bei Ämtern, wurden nicht mehr beachtet. Am Ende wurde in blutigen Bürgerkriegen der Monarchie der Weg geebnet, der Rahmen der Republik, der dem Reich offenbar nicht mehr angemessen war, wurde vernichtet; das Sozialsystem blieb jedoch bestehen, der Beweis dafür, dass es sich im Kern um eine politische Krise handelte, die natürlich viele soziale Komponenten beinhaltete.
Die oben genannten Konfliktfelder entluden sich blutig in vier Hauptkonflikten: Sklavenkriege suchten die Republik ab den 190ern heim. Der Widerstand der geschundenen Provinzialen führte zu massiven Aufständen gegen Rom. Die Italiker führten schließlich den sogenannten Bundesgenossenkrieg (91-89 v. Chr.), der die Landkarte Italiens noch einmal entscheidend veränderte. Der Hauptkonflikt innerhalb des römischen Bürgertums fand zwischen den konservativen Optimaten und den Popularen statt, ebenfalls Aristokraten, die allerdings Politik über die Volksversammlungen, also am Senat vorbei, betrieben. Seit den 80ern des ersten Jahrhunderts ging es dann nicht mehr um die Stärkung des italischen Bauerntums, sondern nur noch um die Macht zwischen Militärpotentaten.
Nach der Eroberung Korinths und Karthagos 146, der Einnahme Numantias unter hohen Verlusten 133 und vorausgegangenen Sklavenkriegen spitzte sich die Lage in den 130ern gefährlich zu. Als Tiberius Sempronius Gracchus 133 Volkstribun wurde, nahm er sich vor, Reformen durchzuführen, die er umsichtig plante. Die alte Bestimmung, nach der niemand mehr als 500 iugera (125 ha) vom ager publicus in Besitz haben dürfte, mit 250 mehr für max. zwei erwachsene Söhne, wurde wieder eingeschärft. Der darüber hinausgehende Mehrbesitz fiel zurück an den Senat, allerdings mit einer Entschädigungszahlung für die, die Grund abgeben mussten. Das zur Verfügung stehende Staatsland wurde dann zu dreißig iugera an mittellose Bürger verteilt und zwar als unveräußerlicher Besitz in Erbpacht. Eine Ackerkommission, der beide Gracchen und Appius Claudius Pulcher angehörten, organisierte die Reform, die auf stärksten Widerstand im Senat stieß.
Dabei war das Ziel nicht revolutionär, die Stärkung des italischen Bauernstandes, um die Rekrutierungsbasis zu erhalten. Aber die Methode, über die Volksversammlung zu gehen, war revolutionär. Die Dinge schaukelten sich hoch. Ein Optimat, Marcus Octavius, legte als Volkstribun sein Veto gegen den Kollegen ein. Daraufhin verbot Tiberius Gracchus allen Magistraten bis zur Abstimmung die Amtsführung und strich die Klausel über die Entschädigung der Großgrundbesitzer, woraufhin diese Trauerkleidung anlegten.
Alle 35 Tribus stimmten für die Amtsenthebung des Marcus Octavius, was illegal war, denn Volkstribunen waren ja sakrosankt. Die lex Sempronia agraria ging aber durch und Zehntausende wurden mit Land versorgt. Weitere Gesetzesvorhaben scheiterten jedoch, Tiberius hatte Angst, nach seiner Amtszeit angeklagt und verurteilt zu werden, weswegen er, auch illegalerweise, seine Widerwahl für das Jahr 132 betrieb. Damit war das Prinzip der Annuität verletzt. Die Optimaten warfen Tiberius nun das Streben nach der Königswürde vor. Bei der Wiederwahl kam es zu Gewalt, ein senatus connsultum ultimum, also der Staatsnotstand, wurde ausgerufen, Tiberius und 300 seiner Anhänger wurden getötet.
Zehn Jahre später wurde sein Bruder Caius Gracchus Volkstribun. Er war noch überzeugter als sein Bruder, dass die Macht der konservativen Senatoren gebrochen werden musste, um Reformen zum Durchbruch zu verhelfen. Sein Instrument hierzu waren die leges frumentariae und die Rittergesetze, Gesetze, die den Rittern eine Teilhabe an den Gerichten als Geschworene sicherten. Es ist interessant, dass nur diese Mittel zum Zweck erhalten bleiben sollte, nicht aber das Reformwerk des Caius, das nach seinem Tod demontiert wurde. Das Richteramt und die Vergabe der Steuerpacht an die Ritter machten diese zur zweiten staatstragenden Schicht neben den Senatoren. Mit populären Maßnahmen für die plebs, dem Bau von Speichern, Straßenbau in ganz Italien und dem Verbot der Aushebung unter Siebzehnjähriger betrieb er seine Wiederwahl für 122. Sein Vorhaben jedoch, die Kolonisationstätigkeit wiederzubeleben, indem er eine Kolonie auf dem Boden des zerstörten Karthago plante, schaffte böses Blut. Er unterschätzte das italozentrische Denken vieler Bauern, v.a. aber wurde die Beteiligung von Italikern abgelehnt. Die Optimaten versuchten nun, Caius mit seinen eigenen Waffen zu schlagen und lancierten über Marcus Livius Drusus ebenfalls volksfreundliche Projekte, auf die wiederum Caius reagierte. Seine weitgehenden Vorschläge, den Latinern das volle Bürgerrecht zu geben und den Bundesgenossen zu erlauben, an den Abstimmungen in Rom teilzunehmen, ihnen also faktisch das latinische Recht zu geben, entfremdeten Caius von der plebs wie von den Rittern. Hätte man zu diesem Zeitpunkt noch auf Caius Gracchus gehört, wäre der spätere Bundesgenossenkrieg wohl noch vermeidbar gewesen. Caius wurde für das dritte Tribunatsjahr nicht wiedergewählt, damit war er politisch gescheitert.
Als der Konsul Lucius Opimius schließlich daran ging, die Reformen von 123/22 zu demontieren, griff Caius zu einer symbolträchtigen Aktion: Er besetzte den Aventin, den heiligen Hügel der plebs, woraufhin wieder der Staatsnotstand ausgerufen wurde. Caius beging Selbstmord, 250 seiner Anhänger wurden getötet, mehr als dreitausend Menschen kamen bei den Säuberungsaktionen ums Leben. Als schließlich Ruhe herrschten, errichteten die Nobiles einen Concordia-Tempel!
Die Folgen waren verheerend: 111 schaffte eine neue lex agraria die Pachtzinsregelung ab, das Land wurde damit in volles Privateigentum umgewandelt und konnte somit wieder von den Großgrundbesitzern aufgekauft werden. Das Hauptziel des Reformprogramms war damit gescheitert. In der Bundesgenossenfrage hatte sich gar nichts bewegt. Immer mehr geriet der Kampf zwischen Optimaten und Popularen zum reinen Machtkampf zwischen Aristokraten, die sich lediglich auf unterschiedliche Machtbasen stützten. Auf popularer Seite geriet der Bezug auf die Ständekämpfe zur Romantik. Das Volk wurde von den Aristokraten nur instrumentalisiert.
Von den Gracchen blieben nur ihre Instrumente übrig, die Getreide- und die Rittergesetze. Ritter hatte es natürlich schon vor den Gracchen gegeben, doch dadurch, dass sie nun in den Geschworenengerichten zu einer staatstragenden Schicht wurden, entwickelten sie erst ein bleibendes Standesbewusstsein, ein wichtiges, wenn auch nicht intendiertes Vermächtnis der Gracchen.
Und die Gracchenzeit hatte noch gravierendere Folgen: Gewalt in der Innenpolitik war zu einem probaten Mittel geworden, politische Kämpfe auszutragen. Vor Mord und Totschlag wurde fortan bei der Verfolgung der eigenen Ziele nicht mehr zurückgeschreckt. Die Konflikte zwischen Optimaten und Popularen eskalierten in den folgenden Jahrzehnten zu Bürgerkriegen, die erst Octavian beenden sollte.

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