04 – Das 3. Jh. n. Chr: Severer, Soldatenkaiser, Sassaniden und Germanen

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Werner Rieß
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Römische Geschichte II: Die Kaiserzeit

04 – Das 3. Jh. n. Chr.:
Die Severer, Soldatenkaiser, Sassaniden und Germanen

Als Commodus am letzten Tag des Jahres 192 ermordet wurde, wurde noch in der gleichen Nacht der Stadtpräfekt Publius Helvius Pertinax zum Kaiser gemacht. Anfänglich gewann er die Prätorianer wie den Senat durch Bestechung, doch fortan setzte er zum Wohlgefallen der Senatoren auf Korrektheit und Integrität; er wollte sich offenbar von den Prätorianern unabhängiger machen. Diese waren mit dieser Politik nicht einverstanden und töteten ihn nach nur drei Monaten im Amt. Es kam jetzt zu einer der unwürdigsten Szenen der römischen Geschichte überhaupt: Der Prinzipat wurde an den Meistbietenden versteigert! Den Zuschlag bekam der reiche Senator Didius Iulianus, der das Kaisertum für 25.000 Sesterzen pro Prätorianer kaufte. Die Grenzheere lehnten sich dagegen auf: Die syrische Armee erhob Pescennius Niger, das Donauheer setzte auf Septimius Severus, der der Begründer einer neuen Dynastie werden sollte, und Britannien schickte Clodius Albinus in das blutige Rennen um den Kaiserthron. Wieder zeigt sich nach Abbruch einer legitimen Erbfolge, wie beim Ende der iulisch-claudischen Dynastie, dass der Kaiser auf dem Schlachtfeld des Bürgerkrieges gemacht wurde. Auch die Räume der Truppenerhebungen waren ähnlich wie im ersten Jahrhundert, nur dass sich nun die Schlagkraft aufgrund der Markomannenkriege sehr zugunsten des Donauheers verschoben hatte.

Unter den drei Thronprätendenten war Severus wahrscheinlich der fähigste, derjenige, der eine gewisse Vision für das Reich zu haben schien, wie sich an seiner Herrschaft zeigen würde. Severus war kein Unbekannter, er stammte aus einer konsularen Familie aus Nordafrika und war vor seinem Kaisertum Quaestor in der Baetica und auf Sardinien, Legat des Proconsuls in Africa, dann Legionslegat, schließlich Statthalter der Gallia Lugdunensis und ab 191 Legat von Oberpannonien, als ihn die Nachricht von der Ermordung des Pertinax erreichte. Er setzt sich sofort in Marsch, kommt ohne Widerstand bis Ravenna und erreicht im Juni 193 Rom. Iulianus war schon vorher ermordet worden. Nach der Sicherung Roms macht er geschickt den Mitkonkurrenten Clodius Albinus zum Mitkaiser und wendet sich nach Osten, um gegen Pescennius Niger zu kämpfen. Niger fällt in der Entscheidungsschlacht von Issos 194 n. Chr.. Severus drängt nun weiter nach Osten: Er geht über den Euphrat und stößt bis zum Tigris vor. Er nimmt die Siegerbeinamen Arabicus und Adiabenicus an. Doch er kann den Osten nicht weiter sichern, weil sich Albinus im Westen wieder offen gegen ihn wendet. Severus reiht sich fiktiv in die Abstammungslinie Marc Aurels ein, indem er seinen Sohn Bassianus (später bekannt als Caracalla) M. Aurelius Antoninus nennt. Severus zieht in Gewaltmärschen nach Westen, sichert die Alpenpässe und hält sich kurz in Rom auf, bevor es 197 zur Entscheidungsschlacht bei Lugdunum kommt. Albinus verliert die Schlacht und nimmt sich selbst das Leben. Die Bürgerkriege hatten also von 193 bis 197 gedauert.

Auf die weiteren Expansionsbestrebungen im Osten können wir in diesem Rahmen nicht eingehen. Wichtiger ist vielmehr, welche Leistungen Severus für das Reich erbrachte und wie es sich unter seiner Herrschaft veränderte. Viele Entwicklungen weisen auch schon Tendenzen der Spätantike auf. Die alte Prätorianergarde wird aufgelöst und mit Männern aus der Donauarmee besetzt. Das Militär gewinnt generell unter Severus an Bedeutung, der Senat verliert an Einfluss. Der Prinzipat verhärtet sich und wird autoritärer. „Polizeikräfte“ werden aufgestockt und durch gelegentliche Provinzverkleinerungen auch effektiver. Rache an politischen Gegnern wird systematisiert. Am meisten profitieren die Truppen, ihre Lebensbedingungen verbessern sich. Bei der Besetzung von Verwaltungsstellen werden Ritter und Offiziere bevorzugt. In den Grenzräumen reussieren neue Gruppen, die alten Eliten Italiens verlieren an Bedeutung. In einer Abkehr von der augusteischen Politik wird Italien remilitarisiert, die Macht des Kaisers konsolidiert sich weiter. Die Rechtsprechung funktioniert gut, oftmals gibt es Urteile zugunsten der Unterschichten. Gefördert wird v.a. der Urbanismus in Nordafrika, v.a. die Heimatstadt des Severus, Leptis Magna, wo ein Severerbogen, eine neues Forum, eine Basilika und andere Gebäude entstehen. Aber auch in anderen Teilen des Reiches, wie etwa Rätien, scheint der Urbanismus erst jetzt, unter den Severern, den Höhepunkt erreicht zu haben.

Bei Severus‘ Tod in Britannien kommt es sofort zum Konflikt zwischen seinen Söhnen, Caracalla und Geta. Caracalla lässt seinen Bruder 212 ermorden und erlässt noch im selben Jahr, vielleicht um von dieser Untat abzulenken, seine berühmte Constitutio Antoniniana, die alle Reichsbewohner zu römischen Bürgern machte.

Die senatorisch geprägten Quellen überliefern uns wieder einmal das Bild eines verrückten, oder zumindest megolamonen Kaisers. Riesige Bauprojekte, wie etwa die Caracalla-Thermen in Rom, mögen darauf hindeuten. Wenn es richtig ist, dass Caracalla ein Bewunderer Alexanders des Großen war und aus diesem Grund eine Phalanx für den Partherkrieg in historischer Tracht aufstellen ließ, so mutet dies in der Tat bedenklich an. Andererseits ergreift er durchaus sinnvolle Maßnahmen. Außenpolitisch ist auch er aktiv. Er schlägt 213 die Alemannen und lässt den rätischen Limes mit einer Steinmauer sichern. Für mehrere Jahrzehnte herrscht nun Ruhe im Norden. Auf seinem Weg nach Osten lässt er in Alexandria Tausende töten. Sein Partherfeldzug wird zum Fiasko. Seine Werbung um die Königstochter scheitert, 216 öffnet und plündert er die Gräber der Könige von Adiabene. Ein Jahr später wird er völlig überraschend von einem seiner Soldaten getötet.

Der Prätorianerpräfekt Marcus Opellius Macrinus wird für kurze Zeit Kaiser, er erleidet gleich eine Niederlage gegen die Parther bei Nisibis. Die syrische Verwandtschaft des Severus, v.a. die Frauen greifen nun ein in das Spiel um die Macht. Die Schwester Iulia Domnas war Iulia Maesa. Ihre beiden Töchter, Iulia Soaemias und Iulia Mamaea, waren mit Syrern verheiratet. Beide hatten Söhne, Iulia Soaemias den Elagabal, Iulia Mamaea den Severus Alexander. Mit den Frauen kam auch der Kult des syrischen Sonnengottes Elagabal nach Rom und zwar in Form eines großen Meteoriten, dem nun Verehrung gebührte. Doch noch einmal zurück in den Osten: Iulia Maesa verbreitete unter den Truppen das Gerücht, dass Elagabal ein Sohn von Caracalla sei und Bestechungen der Legionäre taten das ihrige, um Elagabal von den Truppen 218 zum Kaiser küren zu lassen. Es kommt zu einem kurzen Bürgerkrieg, in dem Macrinus und sein Sohn den Tod finden. Die Frauen ziehen mit ihren Söhnen in Rom ein. Die Senatoren und Ritter müssen Elagabals Verehrungen des Steins zusehen, er tanzt halbnackt hinter ihm her. Elagabal ist des Weiteren sexsüchtig, macht einen Tänzer zum Prätorianerpräfekten und einen Friseur zum Präfekt der Getreideversorgung. Es kam, wie es kommen musste: Soaemias und Elagabal werden ermordet, der minderjährige Severus Alexander, schwächlich, aber hochgebildet, wird unter der Regentschaft seiner Mutter und eines Staatsrates aus Senatoren und Rittern zum Kaiser. Mamaea hatte aus den Fehlern der Schwester gelernt und erzog ihren Sohn nach griechisch-römischer Manier. Im Juristen Ulpian und im Senator und Geschichtsschreiber Cassius Dio standen Severus Alexander fähige Männer zur Seite.

Rom befindet sich wieder im Zweifrontenkrieg gegen die Alemannen und die Perser. Der erste Sassanide Ardaschir ist ein äußerst dynamischer Herrscher, der bis nach Thrakien vordringen wollte. In Kappadokien plünderten bereits persische Reiter. Nur unter größten Mühen gelingt es Severus Alexander, der das Oberkommando übernimmt, Ardaschir zu schlagen. Doch er muss die römischen Truppen zurückziehen, da es im Norden schwere Germaneneinfälle gab, auf dem Rückmarsch erleiden die Römer enorme Verluste. Severus eilt nach Mogontiacum, dem heutigen Mainz. Er will mit den Germanen verhandeln und bietet auch Tributzahlungen an, doch er hatte ausgespielt, die Truppen wandten sich von ihm ab, Mamaea und ihr Sohn Alexander werden bei Mainz ermordet. Der Anführer der Meuterer, Maximinus Thrax, ein Thraker, wird von den Truppen zum Kaiser ausgerufen. Damit ist die severische Dynastie zu Ende.

In den folgenden Jahrzehnten wird das römische Reich von innen- und außenpolitischen Problemen gebeutelt. Die Forschung hat zwar gezeigt, dass man nicht mehr pauschal von „der“ Krise des römischen Reiches sprechen sollte, denn manche Reichsteile blieben von Verwüstungen verschont, wie etwa Africa, doch sind krisenhafte Phänomene beispielsweise in den Grenzregionen nicht zu leugnen. Das Römische Reich verändert sich in dieser Umbruchsphase. Die Kaiser lösen sich nun in rascher Reihenfolge ab, es sind Truppenführer, die aus der Armee kommen und oftmals Rom nicht einmal gesehen haben. Keinem von ihnen gelingt es aufgrund ihrer kurzen Regierungszeiten (sie sterben alle eines unnatürlichen Todes) eine Dynastie zu errichten. Wir sprechen daher von der Zeit der Soldatenkaiser. Erst am Ende des dritten Jahrhunderts sollte es dann Aurelian und v.a. Diokletian gelingen, die Dinge wieder zu konsolidieren. Und erst mit Konstantin sollte eine neue Dynastie entstehen, doch dann sind wir bereits in der Geschichte der Spätantike.

Betrachten wir nun in aller Kürze die Hauptereignisse zwischen 235 und 284 n. Chr. Wir können nicht auf jeden Kaiser eingehen, Kaiserlisten geben jederzeit Auskunft. Maximinus Thrax, der von den Truppen bei Mainz zum Kaiser ausgerufen wurde, war ein typischer Soldatenkaiser, der Rom nie betreten hat. Er geht brutal gegen die Germanen vor und schafft damit für etwa 20 Jahre Ruhe an der Rheingrenze. Innenpolitisch erhebt Thrax so drastisch die Steuern, dass sich eine Gegenbewegung in Nordafrika formiert, Gordian I. und Gordian II. werden zu Kaisern ausgerufen, können sich aber nicht halten. Der Senat ruft zwei eigene Kaiser aus, Pupienus und Balbinus, die sogenannten Senatskaiser. Maximinus Thrax marschiert nach Süden und belagert Aquileia, die italische Munizipalaristokratie steht geschlossen gegen ihn, er und sein Sohn werden getötet. D.h. alleine auf die Armee gestützt konnte ein Usurpator auch nicht regieren, der Basiskonsens musste breiter sein. Balbinus, Pupienus und Gordian III., der Enkel von Gordian I., ziehen im Triumph ein, doch die beiden Senatskaiser werden im Prätorianerlager ermordet. Gordian III. ist nun kurz Alleinherrscher.

Als der Sassanide Schapur I. 241 eine Großoffensive gegen Rom einleitet, führt ein enger Vetrauter Gordians, Timesitheus, die Gegenoffensive ab 243 recht erfolgreich durch. Doch er stirbt, und Kommandant wird nun der Araberscheich Philippus Arabs, der nun nicht mehr hinter dem Kaiser zurückstehen will. Als die Armee meutert, wird Gordian 244 bei Zaitha erschlagen, damit ist Philippus Arabs Kaiser, ein Orientale, der ganz in seinen Clan-Strukturen denkt und aus Misstrauen vor Fremden Familienangehörigen wichtige Positionen zuschanzt. Diese Vetternwirtschaft wird natürlich genau beobachtet und auch beargwöhnt. Mit Spannung wird er in Rom erwartet. Mit den Sassaniden hat er einen Kompromissfrieden geschlossen, nun bemüht er sich um die Anerkennung durch den Senat. Als Karpen und Goten in das Reich einfallen, kommt es in Folge auch zu Usurpationen. Gegen einen Usurpator in Pannonien schickt Arabs seinen Stadtpräfekten Decius, der Erfolge gegen die Goten erringt. Mit ihm fühlen sich die Soldaten viel mehr verbunden als mit dem Orientalen. 249 küren die Truppen Decius zum Kaiser, es kommt zu einer Schlacht gegen Arabs bei Verona, in der Arabs fällt, sein Sohn wird in Rom ermordet.

Decius war um 200 in Unterpannonien geboren worden, der Senat erkennt ihn sofort an und ehrt ihn. Decius ging in die Geschichte ein aufgrund seiner restaurativen Religionspolitik, die sicher auch den Problemen des Reiches geschuldet war. 250 erlässt er ein Opferedikt für die gesamte Reichsbevölkerung, d.h. jeder Reichsbewohner musste vor einem Standbild des Kaisers ein kleines Opfer darbringen, um religiöse und damit auch politische Loyalität dem Kaiser gegenüber zu bezeugen. Obwohl die Maßnahme nicht per se gegen die Christen gerichtet war, waren sie die Gruppe, die dieses Opfergebot nicht befolgen konnte. Da Nicht-Opfernde mit Schikanen aller Art bis hin zu Folter und Todesstrafe rechnen konnten, kam es de facto zur ersten großen Christenverfolgung.

250 errangen die Goten große Erfolge, sie beherrschten den Balkan. 251 kam es zu einer großen Schlacht bei Abrittus in der Dobrudscha, in der Decius und sein Sohn fielen. Die untere Donau war nun entblößt, die Goten plünderten wie sie wollten und zogen sich dann mit vielen Gefangenen wieder über die Donau zurück. Rom muss zusätzlich Tribute zahlen. In den nächsten Jahren überschlagen sich die Ereignisse, Kaiser lösen sich in schneller Reihenfolge ab, Hostilianus, Trebonianus Gallus, Aemilianus, Valerian, der 253 in Rom einzieht und sehr fähig und hoch respektiert ist. Es brennt an allen Grenzen, er erhebt seinen Sohn Gallienus zum Augustus, Valerian geht in den Osten. Dura Europos geht in erbitterten Kämpfen an die Sassaniden verloren. 260 gerät Valerian in persische Gefangenschaft und wird wohl zu Tode gefoltert. Ein Felsrelief aus Naqsch-i-Rustam nördlich von Persepolis hält die Niederlage Valerians fest.

Die Sassaniden überrennen nun den ganzen Osten, doch einige römische Widerstandsnester können sich halten, z. B. Palmyra. Unter Zenobia dehnt sich der Einflussbereich der Stadt bis zum Bosporus aus, doch das geht nur so lange gut, wie sie Roms Schwäche im Westen ausnutzen kann. Aurelian macht dem Palmyrenischen Sonderreich 271/72 ein Ende.

260 war ein gewisser Höhepunkt der Krise erreicht. Die Gefangennahme Valerians hatte auch die Stellung seines Sohnes Gallienus im Westen stark geschwächt. Es gibt wieder eine große Zahl von Gegenkaisern. Gallienus schickt seinen Sohn Saloninus nach Köln und stellt ihm den loyalen Silvanus an die Seite. Zwischen den beiden und dem Statthalter von Obergermanien, Postumus, entsteht ein Konflikt um Beute. Er belagert Köln, Saloninus und Silvanus werden ermordet, Postumus kreiert sofort ein Gallisches Sonderreich, das ca. 15 Jahre existierte. Postumus war ein ungemein fähiger Herrscher, der die Germanen auf Distanz halten konnte und damit die Gallier aller sozialen Schichten integrieren konnte. Seine Residenzen waren Trier und Köln. Zunächst geht er nicht nach Italien, um Gallienus herauszufordern, sondern bringt zeitweise auch Spanien und Britannien unter seine Kontrolle. Gallienus ist zunächst noch auf dem Balkan und in Ägypten gebunden, ab 263 bricht dann der Kampf zwischen den beiden aus. Gallienus wird von seinen eigenen Leuten getötet, Postumus dann aber auch, weil er seinen Soldaten nicht erlaubt hatte, Mainz nach der Zurückeroberung zu plündern.

Gallienus‘ Kaisertum fällt zwiespältig aus. Er regierte 253-260 neben seinem Vater, von 260-268 dann als Alleinherrscher. Bedeutsam ist, dass seine Militärreform Bestand haben sollte. Die Senatoren verlieren die militärischen Posten, die Rittern anvertraut werden, damit geht ein Machtverlust der Senatoren einher, das Berufssoldatentum gewinnt an Bedeutung. Wie Decius war auch Gallien überzeugter Heide. Die Sonderreiche lösen sich bald danach auf und werden dem Reichsverband wieder eingegliedert.

Unter Claudius Gothicus, der von 268 bis 270 regiert, gelingen einige Erfolge, die Alemannen werden am Gardasee besiegt, ein großer Sieg wird über die Goten im Moravatal errungen, doch Gothicus stirbt in Sirmium an der Pest. Der Senat ruft gleich einen Kaiser aus, Quintillus, der aber bei den Truppe nicht beliebt ist, die Aurelian zum Kaiser küren. Er ist, wie Claudius Gothicus, ein fähiger Kommandeur, der binnen drei Jahren Ordnung ins Chaos bringt, eine enorme Leistung, wenn man bedenkt, dass Germanen bis Umbrien plündernd durchs Land zogen. Sie begingen den Fehler, dass sie sich in kleine Gruppen aufteilten, so dass sie Aurelian leichter ausschalten konnte. Rom wird nun neu befestigt, mit der berühmten Aurelianischen Mauer, die noch heute über lange Strecken gut erhalten ist. Große Probleme gab es aber weiterhin an der Donau, so dass sich Aurelian gezwungen sah, Dakien zu räumen. Südlich der Donau entstehen zwei neue, kleinere Provinzen, Dacia Ripensis und Dacia Mediterrania. 271/72 wird das Palmyrenische Sonderreich wieder eingegliedert, 273/74 das Gallische Sonderreich beseitigt. 274 feiert Aurelian einen großen Triumph mit Gefangenen aus allen Weltteilen, Zenobia und Tetricus sind mit dabei, Aurelian bekommt den Beinamen restitutor orbis, Wiederhersteller des Erdkreises. Doch er wird, eigentlich grundlos, 275 von eigenen Leuten getötet.

Der Senat setzt einen alten Mann ein, einen gewissen Tacitus, der kurz später stirbt. Probus, wie Aurelian ein Illyrer aus Sirmium, kann sich behaupten. Er regiert 276-282 und muss ständig gegen Usurpatoren und Germanen Krieg führen. Schließlich wird er selbst ermordet.

In Rätien wird anschließend Carus ausgerufen, wieder ein Illyrer. Seine beiden Söhne sind Carinus und Numerianus. Carus stirbt unter ungeklärten Umständen im Osten, Numerianus folgt ihm im Osten nach, doch der Prätorianerpräfekt Aper ist der starke Mann vor Ort. Auch Numerian wird ermordert, Aper greift nach der Macht. Doch die Armee unterstützt den Troupier Diokles, den Kommandanten der Leibwache. Er tötet Aper vor der Heeresversammlung, in aller Öffentlichkeit. 285 findet bei Belgrad eine Entscheidungsschlacht zwischen Diokles und Carinus statt. Doch obwohl Carinus siegt, wird er von einem Offizier aus privaten Gründen ermordet, damit ist Diokles Kaiser. Und hier mit dem Kaiser, der sich kurz später Diokletian nennen sollte, beginnt die Spätantike.

Es war nun bei der Ereignisgeschichte des dritten Jahrhunderts viel die Rede von den Hauptgegnern der Römer im Norden und Westen, den Germanen, und den Sassaniden im Osten. Um die Bedrängnis der Römer das ganze dritte Jahrhundert hindurch zu verstehen, müssen wir uns nun ein wenig mit diesen beiden Hauptfeinden befassen.

Kurz zur Geschichte des Ostens: Die persische Dynastie der Achämeniden war im Alexanderzug untergegangen. Um 250 v. Chr. drangen die Parther, ein Reitervolk, aus dem Nordosten ein, das Geschlecht der Arsakiden übernahm die Herrschaft. Religiös waren die Parther tolerant, sie hellenisierten sich zusehends, oftmals tolerierten sie die Präsenz der Römer im Osten, obwohl es immer wieder zu Kriegen und Auseinandersetzungen kam. Die Situation änderte sich grundlegend, als ein gewisser Sasan westlich von Persepolis als Oberpriester den Kult Ahuramazdas in der Tradition Zarathustras zu Beginn des dritten Jahrhunderts pflegte. Das alte religiöse und kulturelle Selbstbewusstsein der Perser erwachte wieder. Sein Enkel Ardaschir betreibt nun eine Dynastiebildung und schlägt den Partherkönig Artabanos V., einen Arsakiden, vernichtend. Zwei Jahre später ist Ardaschir König, die alten persischen Traditionen werden wiederbelebt. Ardaschir I (224-241) und Schapur I (241-272) sind äußerst dynamische Herrscher, die ein Großreich errichten, das bis an den Aralsee und weit ins heutige Pakistan hineinreichte. Schapur I. dehnte den Einflussbereich der Sassaniden sogar bis an den Indus aus. Dieses neupersische Reich hatte bis zum Vordringen des Islam im 7. Jh. Bestand.

Religiös sind die Sassaniden intolerant, sie verfolgten Andersgläubige; Feueraltäre spielen eine große Rolle, die auch auf Münzen abgebildet werden. Vom Aufbau ihrer Gesellschaft wissen wir wenig. Offenbar behielten einige parthische Adelsfamilien, die sich mit dem neuen Regime arrangierten, ihre gehobenen Stellungen bei. Alles war zentralistisch auf den König hin ausgerichtet, straffer als bei den Parthern. Sieben besonders herausgehobene Familien bildeten die Hocharistokratie. Den Römern lehrten sie durch die Panzerreiterei das Fürchten. Sie hatten die Kataphrakten, die Panzerreiter, von den Parthern übernommen, aber weiterentwickelt. Militärisch waren diese den Römern meist überlegen.

Im Westen ist die bedeutendste Entwicklung, dass sich Germanengruppen zu neuen Großverbänden zusammenschließen, den Alemannen, Franken und den Goten. Der erste Einfall der Alemannen ins Dekumatenland erfolgt 213. 233 erfolgt der nächste Einbruch in die römische Provinz Rätien bis zum Bodensee und nach Oberschwaben, und dieser Einfall der Alemannen stellte eine Zäsur dar. Zwar werden die Alemannen zurückgedrängt, aber das Dekumatenland ist nun nicht mehr rein römisches Siedlungsgebiet, die Herrschaft der Römer geht im Südwesten Deutschlands allmählich verloren, 259/60 gibt es keine römische Defensive mehr. Die Alemannen stehen 260 sogar vor Mailand, wo sie aber von Gallienus zurückgedrängt werden. Die Siedlungsstruktur ändert sich. Die Menschen siedeln nun oft in befestigten Höhensiedlungen, die großen Lager haben ausgedient, die Römer setzen nun auf kleinere Verbände, die auch im Hinterland als mobile Eingreiftruppen dienen können. Die militärischen Strukturen der Spätantike deuten sich hier schon an.

Am Niederrhein schließen sich Brukterer, Chamaven und Salier zum Großverband der Franken zusammen. Um 230 und 250 stehen sie am Mittelrhein, werden aber von Postumus zurückgedrängt. Sie zerstören Utrecht, und es gelingt ihnen die Ansiedlung auf linksrheinischem Gebiet. Zahlreiche Einfälle in Gallien zerstören teilweise die römische Kultur. An der unteren Donau sind die Karpen gefährliche Gegner, doch weit gefährlicher und für die Zukunft bedeutsam sind die Goten. Die Gotenzüge stellen die vierte Migrationswelle skandinavischer Völker dar, die schon am Ende des zweiten Jahrhunderts v. Chr. begonnen hatte. Im dritten Jahrhundert n. Chr. trennt der Dnjestr die Ostgoten von den Westgoten. Um 250 siedeln sich Goten auf der Krim an, die sog. Krimgoten. Im Kontakt mit den Jazygen und den Alanen entwickeln die Goten eine schlagkräftige Reiterei. Von nun an fallen die Goten ständig ins Römische Reich ein, all das, noch einmal, parallel zu den Einfällen von Franken und Alemannen im Westen und der ständigen Bedrohung durch die Sassaniden im Osten. Die Goten plünderten schließlich auch in Griechenland, die römische Ordnungsmacht drohte sich im dritten Jahrhundert im Osten bereits aufzulösen. Die Römer müssen weitreichende Zugeständnisse machen: Sie zahlen Tribute an die Goten, ziehen sich aus Dakien zurück und siedeln teilweise Germanen im Grenzgebiet an. Die römischen Städte verändern ihr Bild, viele Städte werden nun aufgrund der unruhigen Zeiten befestigt, so Straßburg unter Konstantin oder auch Rom durch Aurelian mit der Aurelianischen Mauer. Vor allem in Italien (Pisaurum, Verona) und Griechenland verschanzen sich viele Menschen hinter Mauern. Das bedeutet vielerorts einen Bruch mit der offenen Siedlungsweise der römischen Kaiserzeit. Auch hier deuten sich im Leben der Menschen bereits Tendenzen der Spätantike an.

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