Laktanz zu Konstantins Vision

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Laktanz
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Lact. De mort. pers. 44,1,6 – Original

Iam mota inter eos fuerant arma civilia. Et quamvis se Maxentius Romae contineret, quod responsum acceperat, periturum esse, si extra portas urbis exisset; tamen bellum per idoneos duces gerebatur. Plus virium Maxentio erat, quod et patris sui exercitum receperat a Severo, et suum proprium de Mauris atque Italis nuper extraxerat. Dimicatum, et Maxentiani milites praevalebant; donec postea confirmato animo Constaninus, et ad utrumque paratus, copias omnes ad urbem propius admovit, et e regione Pontis Mulii consedit. Imminebat dies, quo Maxentius imperium ceperat, qui est ad sextum kalendas novembris; et quinquiennalia terminabantur. Commonitus est in quiete Constaninus, ut coeleste signum Dei notaret in scutis, atque ita proelium committeret. Fecit ut iustus est, et transversa X littera, summo capite circumflexo, Christum in scutis notat. Quo signo armatus exercitus capit ferrum. Procedit hostis obviam sine imperatore, pontemque transgreditur. Acies pari fronte concurrit. Summa vi utrinque pugnatur. Neque his fuga nota, neque illis. Fit in urbe seditio, et dux increpitatur, velut desertor salutis publicae. Tumque repente populus (Circenses enim natali suo edebat), voce subclamat, Constantinum vinci non posse. Qua voce consternatus proripit se, ac vocatis quibusdam Senatoribus, libros Sibyllinos inspici iubet, in quibus repertum est, illo die hostem Romanorum esse periturum. Quo responso in spem victoriae inductus procedit, in aciem venit. Pons a tergo eius scinditur. Eo viso, pugna crudescit, et manus Dei supererat aciei. Maxentianus proterretur; ipse in fugam versus properat ad pontem, qui interruptus erat, ac multitudine fugientium pressus, in Tiberim deturbatur. Confecto tandem acerbissimo bello, cum magna Sentus populique Romani laetitia sesceptus Imperator Constaninus, Maximi perfidiam cognoscit, litteras deprehendit, statuas et imagines invenit. Senatus Constantino, virtutis gratia, primi nominis titulum decrevit, quem sibi Maximinus vindicabat, ad quem victoria liberatae Urbis quum fuisset allata, non aliter accepit, quam si ipse victus esset. Cognito deinde Senatus decreto, sic exarsit dolore, ut inimicitias aperte profiteretur, convicia iocis mixta adversus imperatorem maximum diceret.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Aloys Hartl
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Übersetzung

[44] Sieg Konstantins über Maxentius, 312.
Bereits war der Bürgerkrieg zum Ausbruch gekommen. Maxentius hielt sich innerhalb Roms, denn ein Götterspruch verkündete ihm den Untergang, wenn er den Fuß vor die Tore der Stadt setzen würde. Doch ließ er den Krieg durch tüchtige Feldherren führen. An Streitkräften war Maxentius überlegen; denn er hatte das Heer seines Vaters von Severus überkommen und sein eigenes Heer jüngst aus dem Lande der Mauren und Gätuler herbeigezogen. In der ersten Schlacht behielt das Heer des Maxentius die Oberhand. Da faßte Konstantin neuen Mut, und zu Sieg oder Tod entschlossen rückte er mit der ganzen Macht gegen die Stadt heraun und lagerte sich gegenüber der Milvischen Brücke. Es stand der Tag bevor , an dem Maxentius die Herrschaft angetreten hatte. Es war dies der siebenundzwanzigste Oktober; die Feierlichkeiten seiner fünfjährigen Regierungszeit gingen zu Ende. Konstantin ward im Traume ermahnt, das himmlische Zeichen Gottes auf den Schildern anbringen zu lassen und so die Schlacht zu beginnen. Er kommt dem Befehle nach, und indem er den Buchstaben X waagerecht legte und die oberste Spitze umbog, zeichnete er Chr(istus) auf die Schilde. Mit diesem Zeichen gewaffnet, greift das Heer zum Schwert. Der Feind rückt ohne Oberfeldherren entegegen und überschreitet die Brücke. Die Heere stoßen in gleicher Ausdehung aufeinander. Auf beiden Seiten wird mit höchster Anstrengung gekämpft: „Nicht hier gilt Fliehen und dort nicht“.
In der Stadt entsteht Aufruhr. Man schult auf Maxentius als Verräter der öffentlichen Wohlfahrt, und als man seiner ansichtig wurde – er gab gerade Rennspiele am Jahrestage seiner Erhebung -, da schrie plötzlich das Volk wie mit einer Stimme: „Konstantin kann nicht besiegt werden!“ Durch diesen Zuruf außer Fassung gebracht, stürzt er aus der Rennbahn, beruft einige Senatoren und läßt die Sibyllinischen Bücher nachschlagen. In diesen fand sich, daß an jenem Tage ein Feind der Römer umkommen werde Dieser Ausspruch erweckt in ihm die Hoffnung auf Sieg. Er bricht auf und zieht in die Schlacht. Hinter ihm wird die Brücke aufgerissen. Bei seinem Anblicke verschärft sich der Kampf, und die Hand Gottes waltete über dem Schlachtfelde. Schrecken befällt das Heer des Maxentius; er selbst wendet sich zur Flucht und eilt der Brücke zu, die teilweise abgebrochen war. Die Masse der Fliehenden stürzt ihm nach und drängt ihn in den Tiber hinab. So war endlich der erbitterte Krieg zu Ende. Konstantin wird unter großer Freudenbezeugung des Senates und Volkes als Kaiser empfangen. Er überzeugt sich von der Treulosigkeit Maximins, entdeckt dessen Briefe und findet die Statuen und Bilder. Zur Anerkennung der Tapferkeit erkannte der Senat dem Konstantin das Vorrecht des ersten Namens zu, das Maximin für sich in Anspruch nahm. Dieser nahm die Nachricht vom Siege und der Befreiung der Stadt nicht anders auf, als wäre er selbst besiegt worden. Als er dann noch vom Senatsbeschluß hörte, entbrannte er so in Unmut, daß er nicht mehr mit der Feindschaft zurückhielt, sondern sich in Spott und Schmähungen wider den obersten Imperator erging.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Lact. De mort. pers. 44,1,6

Leitfragen

1)Wie beschreibt Laktanz die Annahme des Kreuzes als Feldzeichen Konstantins?

2) Welche Schwerpunkte setzt Laktanz bei seiner Beschreibung und welche Rückschlüsse lässt dies auf seine Absichten zu?

3)Wie unterscheidet seine Version sich von der des Eusebius?

Kommentar:

Eine der berühmtesten Geschichten der Antike betrifft Konstantin und seinen Übertritt zum Christentum. Der Satz in hoc signo vincas „In diesem Zeichen wirst du siegen“, gehört beinahe schon zur Allgemeinbildung und zählt zu den bekanntesten Sentenzen der Alten Geschichte.

Die Geschichte von Konstantins Vision des Kreuzes am Himmel und diesem Zeichen auf seinen Schilden und Standarten und seinem Sieg 312 n. Chr. über seinen Rivalen Maxentius an der Milvischen Brücke bei Rom, ist in zwei Versionen überliefert. Beide Schriftsteller, Eusebius von Cäsarea und Lactantius Firmianus, sind Christen, aber v.a. Zeitgenossen Konstantins. Eusebius ist ein von ihm geschätzter Bischof, Lactantius wird sogar Lehrer des Kaisersohnes. Es ist demnach anzunehmen, dass beiden Berichten persönliche Gespräche mit dem Kaiser über diesen entscheidenden Moment zu Grunde liegen.

Laktanz‘ Bericht konzentriert sich auf die militärische Situation. Er beschreibt die Lage innerhalb der Stadt Rom, die von Konstantins Rivalen Maxentius gehalten wird. Interessanterweise waren laut Laktanz auf beiden Seiten Visionen im Spiel. Konstantin sah das Kreuz am Himmel und bekam im Anschluss daran im Traum den göttlichen Befehl, dieses auf seine Schilde zu malen, was er auch sogleich tut. Maxentius hingegen lässt seine Generäle den Krieg führen, weil ihm ein Orakel den Tod vorausgesagt hatte, sollte er die Stadt verlassen. Obwohl er den ersten Sieg erringt, werden die Bewohner Roms ungeduldig und beginnen an Maxentius zu zweifeln. Als dieser in den Sibyllinischen Orakelbüchern nachschlagen lässt, steht dort, dass an diesem Tage ein Feind der Römer sterben werde. Maxentius interpretiert dies zu seinen Gunsten, zieht in die Schlacht und fällt, auch weil nach Laktanz Gott persönlich in den Verlauf der Schlacht eingreift.

Die Schwerpunktsetzung des Laktanz ist deutlich: Er nimmt neben Konstantin ebenso Maxentius in den Blick und beschreibt dessen Ende in großer Ausführlichkeit. Da sein Werk den Titel De mortibus persecutorum, also etwa „Von den Todesarten der Verfolger“, trägt, ist dies nur verständlich; seine Absicht ist nicht primär, den Weg Konstantins zum Christentum zu beschreiben, sondern für jeden Christenverfolger das jeweilige Ende in möglichst brutaler Art und Weise zu schildern. Damit unterscheidet er sich deutlich von seinem Zeitgenossen Eusebius, dessen Beschreibung sich viel mehr auf das Aussehen des Feldzeichens und die verschiedenen Visionen Konstantins fokussiert und Maxentius kaum erwähnt.

Höchst umstritten ist die Frage nicht nur nach der Vereinbarkeit der beiden Darstellungen, sondern auch nach dem tatsächlichen Vorgang. Eine beliebte moderne Hypothese besagt, dass Konstantin tatsächlich etwas gesehen haben könnte, nämlich ein sogenanntes Halo, ein optisches Phänomen, bei dem sich eine Art Strahlenkranz um die Sonne legt und man durchaus auch ein Kreuzeszeichen erkennen könne. Sollte dies tatsächlich der Fall gewesen sein, so war klar, dass Konstantin, ganz Mensch seiner Zeit, darin ein göttliches Zeichen gesehen hat. Und Eusebius beschreibt auch das, was immer nach solchen Zeichen kommen musste: die Interpretation. In diesem Fall scheint sich der Kaiser für eine christliche Deutungsweise entschieden zu haben. Aber auch das ist nicht ganz sicher, denn wir wissen aus seinen Münzdarstellungen, dass er zeit seines Lebens einen besonderen Bezug zum Sonnengott Sol Invictus besaß, den er möglicherweise auch mit dem christlichen Gott identifizierte.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Religiöse Strukturen, Die Entwicklung des Christentums“. Um einen breiteren Einblick in die Spätantike zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Römische Geschichte III – Spätantike“.
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Vergleiche zu der Vision Konstantins auch den Bericht des Eusebius und zur Darstellung des Sol Invictus auf den Münzen Konstantins den entsprechenden Beitrag.