Die Reformversuche des Gaius Gracchus

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Plutarch
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Plut. C. Gracch. 15,1-17,2 – Original:

ἅμα δὲ ἡμέρᾳ τὸν μὲν Φούλβιον ἐκ τοῦ πότου καθεύδοντα μόλις ἐπεγείραντες ὡπλίζοντο τοῖς περὶ τὴν οἰκίαν αὐτοῦ λαφύροις, ἃ Γαλάτας νενικηκὼς ὅτε ὑπάτευεν εἰλήφει, καὶ μετὰ πολλῆς ἀπειλῆς καὶ κραυγῆς ἐχώρουν καταληψόμενοι τὸν Ἀβεντῖνον λόφον. ὁ δὲ Γάιος ὁπλίσασθαι μὲν οὐκ ἠθέλησεν, ἀλλ᾽ ὥσπερ εἰς ἀγορὰν ἐν τηβέννῳ προῄει, μικρὸν ὑπεζωσμένος ἐγχειρίδιον,

[…]

ὁ δὲ Φούλβιος, ὡς ἐγένοντο πάντες ἀθρόοι, πεισθεὶς ὑπὸ τοῦ Γαΐου πέμπει τῶν υἱῶν τὸν νεώτερον ἔχοντα κηρύκειον εἴς ἀγοράν. ἦν δὲ κάλλιστος ὁ νεανίσκος ὀφθῆναι: καὶ τότε καταστὰς κοσμίως καὶ μετ᾽ αἰδοῦς δεδακρυμένος ἐποιήσατο συμβατικοὺς λόγους πρὸς τὸν ὕπατον καὶ τὴν σύγκλητον. [2] οἱ μὲν οὖν πολλοὶ τῶν παρόντων οὐκ ἀηδῶς πρὸς τὰς διαλύσεις εἶχον: ὁ δὲ Ὀπίμιος οὐ δι᾽ ἀγγέλων ἔφη χρῆναι πείθειν τὴν σύγκλητον, ἀλλὰ καταβάντας ὡς ὑπευθύνους πολίτας ἐπὶ κρίσιν καὶ παραδόντας αὑτούς οὕτως παραιτεῖσθαι τὴν ὀργήν τῷ δὲ μειρακίῳ καὶ διηγόρευσεν ἐπὶ τούτοις κατιέναι πάλιν ἢ μὴ κατιέναι. [3] Γάιος μὲν οὖν, ὥς φασιν, ἐβούλετο βαδίζειν καὶ πείθειν τὴν σύγκλητον οὐδενὸς δὲ τῶν ἄλλων συγχωροῦντος, αὖθις ἔπεμψεν ὁ Φούλβιος τὸν παῖδα διαλεξόμενον ὑπὲρ αὐτῶν ὅμοια τοῖς προτέροις. ὁ δὲ Ὀπίμιος σπεύδων μάχην συνάψαι τὸ μὲν μειράκιον εὐθὺς συνέλαβε καὶ παρέδωκεν εἴς φυλακήν, τοῖς δὲ περὶ τὸν Φούλβιον ἐπῄει μετὰ πολλῶν ὁπλιτῶν καὶ τοξοτῶν Κρητῶν, [4] οἳ μάλιστα βάλλοντες αὑτούς καὶ κατατραυματίζοντες συνετάραξαν. γενομένης δὲ τῆς τροπῆς ὁ μὲν Φούλβιος εἴς τι βαλανεῖον ἠμελημένον καταφυγὼν καὶ μετὰ μικρὸν ἀνευρεθεὶς κατεσφάγη μετὰ τοῦ πρεσβυτέρου παιδός, ὁ δὲ Γάιος ὤφθη μὲν ὑπ᾽ οὐδενὸς μαχόμενος, ἀλλὰ δυσανασχετῶν τοῖς γινομένοις ἀνεχώρησεν εἴς τὸ τῆς Ἀρτέμιδος ἱερόν ἐκεῖ δὲ βουλόμενος ἑαυτὸν ἀνελεῖν ὑπὸ τῶν πιστοτάτων ἑταίρων ἐκωλύθη, Πομπωνίου καὶ Λικιννίου: παρόντες γὰρ οὗτοι τό τε ξίφος ἀφείλοντο καὶ πάλιν φεύγειν ἐπῆραν αὐτόν,

[…]

φεύγοντι δ᾽ οὖν τῷ Γαΐῳ τῶν ἐχθρῶν ἐπιφερομένων καὶ καταλαμβανόντων περὶ τὴν ξυλίνην γέφυραν, οἱ μὲν δύο φίλοι προχωρεῖν ἐκεῖνον κελεύσαντες αὐτοὶ τοὺς διώκοντας ὑπέστησαν καὶ μαχόμενοι πρὸ τῆς γεφύρας οὐδένα παρῆκαν ἕως ἀπέθανον, [2] τῷ δὲ Γαΐῳ συνέφευγεν εἷς οἰκέτης ὄνομα Φιλοκράτης, πάντων μὲν, ὥσπερ ἐν ἁμίλλῃ, παρακελευομένων, οὐδενὸς δὲ βοηθοῦντος, οὐδὲ ἵππον αἰτουμένῳ παρασχεῖν ἐθελήσαντος ἐπέκειντο γὰρ ἐγγὺς οἱ διώκοντες. ὁ δὲ φθάνει μικρὸν εἰς ἱερὸν ἄλσος Ἐριννύων καταφυγών, κἀκεῖ διαφθείρεται, τοῦ Φιλοκράτους ἀνελόντος ἐκεῖνον, εἶτα ἑαυτὸν ἐπισφάξαντος.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Bernadotte Perrin
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung:

15. When day came, Fulvius was with difficulty roused from his drunken sleep by his partisans, who armed themselves with the spoils of war about his house, which he had taken after a victory over the Gauls during his consulship, and with much threatening and shouting went to seize the Aventine hill. Caius, on the other hand, was unwilling to arm himself, but went forth in his toga, as though on his way to the forum, with only a short dagger on his person.

[…]

16. When all were assembled together, Fulvius, yielding to the advice of Caius, sent the younger of his sons with a herald’s wand into the forum. The young man was very fair to look upon; and now, in a decorous attitude, modestly, and with tears in his eyes, he addressed conciliatory words to the consul and the senate. [2] Most of his audience, then, were not disinclined to accept his terms of peace; but Opimius declared that the petitioners ought not to try to persuade the senate by word of messenger; they should rather come down and surrender themselves for trial, like citizens amenable to the laws, and then beg for mercy; he also told the young man plainly to come back again on these terms or not come back at all. [3] Caius, accordingly, as we are told, was willing to come and try to persuade the senate; but no one else agreed with him, and so Fulvius sent his son again to plead in their behalf as before. But Opimius, who was eager to join battle, at once seized the youth and put him under guard, and then advanced on the party of Fulvius with numerous men-at-arms and Cretan archers. [4] And it was the archers who, by discharging their arrows and wounding their opponents, were most instrumental in throwing them into confusion. After the rout had taken place, Fulvius fled for refuge into an unused bath, where he was shortly discovered and slain, together with his elder son. Caius, however, was not seen to take any part in the battle, but in great displeasure at what was happening he withdrew into the temple of Diana. There he was minded to make away with himself, but was prevented by his most trusty companions, Pomponius and Licinius; for they were at hand, and took away his sword, and urged him to flight again.

[…]

17. So then, as Caius fled, his foes pressed hard upon him and were overtaking him at the wooden bridge over the Tiber, but his two friends bade him go on, while they themselves withstood his pursuers, and, fighting there at the head of the bridge, would suffer no man to pass, until they were killed. [2] Caius had with him in his flight a single servant, by name Philocrates; and though all the spectators, as at a race, urged Caius on to greater speed, not a man came to his aid, or even consented to furnish him with a horse when he asked for one, for his pursuers were pressing close upon him. He barely succeeded in escaping into a sacred grove of the Furies, and there fell by the hand of Philocrates, who then slew himself upon his master.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Falk Wackerow
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Plut. C. Gracch. 15,1-17,2

Leitfragen:

1) Wie kam es zu den bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen?

2) Was machte Gaius Gracchus beim Senat so verhasst?

3) Welche Auswirkungen hatte sein Tod auf die weitere Geschichte der Republik?

Kommentar:

Ganz wie sein älterer Bruder Tiberius war Gaius ein Anhänger der Fraktion der Popularen, die für die Rechte des gemeinen Volkes eintraten. Den Gracchen standen die strukturellen Probleme der späten Republik offen vor Augen, vor allem was die Versorgung der Veteranen mit Ackerland anging. Ebenso wie sein Bruder Tiberius vertrat Gaius die populare Agenda als Volkstribun. Während seiner drei Amtszeiten schuf er unter anderem ein Agrargesetz, das die Verteilung des ager publicus unter die Bedürftigen zum Inhalt hatte, sowie ein Militärgesetz, laut dem der Staat fortan für die Kleidungskosten der Legionäre aufkommen sollte. Daneben setzte er ein Verbot weiterer Ämter für diejenigen durch, die vom Volk entmachtet worden waren. Ebenso sollten Magistrate, die Bürger ohne Prozess in die Verbannung geschickt hatten, juristisch verfolgbar sein. Damit zielte er zum einen direkt auf zwei seiner Widersacher, gleichzeitig wollte er eigenen Anhängern die legale Rückkehr nach Rom ermöglichen und damit seine eigene Machtposition festigen. Dem Senat, dessen Größe auf 600 Mitglieder verdoppelt worden war, war seine Politik ein Dorn im Auge. Besonders die neuartige Besetzung der Richterämter, die zuvor dem Senatorenstand vorbehalten gewesen war, nun jedoch auch von den neuen ritterlichen Senatoren wahrgenommen werden konnte, erzürnte viele alteingesessene Patrizier. Als schließlich das Volk Gaius mit dem Recht betraute, die Richter aus den Reihen der equites nach Gutdünken zu ernennen, er mit Vollmachten öffentliche Straßen und Getreidespeicher bauen ließ und die Kornpreise für die Armen senkte, begann der Senat zu fürchten, er werde unantastbar. Anders als bei seinem Bruder Tiberius griff man jedoch nicht sofort zu den Waffen, sondern baute mit Livius Drusus einen Gegenkandidaten auf, dessen populistische Agenda die des Gaius in den Schatten stellen und ihm so die Unterstützung der Massen entziehen sollte. Die Maßnahmen wirkten, sodass sich Gaius schließlich nicht mehr der vollen Unterstützung der plebs sicher sein konnte. Zu diesem Zeitpunkt war der Konflikt zwischen seinen Anhängern und dem Senat so sehr eskaliert, dass sich beide Seiten für eine blutige Straßenschlacht rüsteten. Die Popularen hatten aber wohl nicht mit der Perfidie der Senatoren gerechnet, und so starben viele im Pfeilhagel eigens zu diesem Zweck angeheuerter kretischer Söldner. Gaius gelang es zunächst zu entkommen, doch als die Flucht aussichtslos wurde, ließ er sich von einem Sklaven töten. Damit endete der letzte Versuch, mittels friedlicher Reformen eine Änderung des Systems zugunsten der armen Masse zu bewirken. Die Problematik der Landverteilung sollte eine der stärksten Triebfedern für den bald darauf folgenden Bürgerkrieg werden. Ebenso kann die eskalierte Gewalt, die nicht einmal mehr vor der sacrosanctitas der Volkstribunen und anderer Amtsträger Halt machte, als Vorbote der späteren Exzesse unter Cinna und Sulla gelten. Der Hunger des Proletariats als gefährlicher Faktor wurde erst in der Kaiserzeit durch massive Getreideimporte und kostenlose Versorgung für die Ärmsten gestillt, jedoch nie effektiv beseitigt. So war das Wohl des Kaisers stets auch vom pünktlichen Eintreffen der Getreideschiffe aus Ägypten, Nordafrika und Sizilien abhängig. Die Frage, inwieweit die beiden Gracchen tatsächlich an einer Demokratisierung des politischen Systems interessiert waren, ist von Plutarch eindeutig beantwortet worden: Er sprach von Gaius Gracchus als einem, der die Verfassung von oligarchisch zu demokratisch ändern wollte.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Das Ausgreifen nach Osten, der Ausbruch der Krise, das Zeitalter der Gracchen“. Um einen breiteren Einblick in die Zeit der Republik zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Römische Geschichte I – Republik“.
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