Welwei, K.-W., Die griechische Polis. Verfassung und Gesellschaft in archaischer und klassischer Zeit, Stuttgart: Steiner² 1998, 35-54, 60-72 (Auszüge aus Kapitel II).
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Jan Seehusen
Lizenz: CC-BY-NC-SA
1) Auf den ersten Seiten dieses Auszuges schildert Welwei die unterschiedlichen Faktoren, die zur Polisbildung beitrugen. Geben Sie in eigenen Worten die politische Entwicklung wie die Herausbildung der sozialen Gruppierungen wieder, die in diese Zeit zu situieren sind (Textseiten 35-41).
2) Skizzieren Sie die Grundpfeiler des archaischen Wirtschaftswesens im archaischen Griechenland (Textseiten 41-45). Gehen Sie dabei besonders auf das Agrarwesen ein.
3) Definieren Sie die drei sozialen Gruppierungen der griechischen Archaik, die Welwei benennt (bes. die Textseiten 46-53).
4) In einem weiteren Teil seiner Ausführungen kommt der Autor auf die verschiedenen Institutionen zu sprechen, die sich in der Polis herausbildeten (Textseiten 60-68). Erläutern Sie diese Institutionen und gehen Sie auch auf die Bedeutung des Adelsrats und der Volksversammlung für die Entwicklung der Polis ein (Textseite 68).
5) Betrachten Sie abschließend Welweis Ausführungen zum Recht im archaischen Griechenland: Beschreiben Sie das Gericht bei Homer und die Gesetzeskodifikation Drakons (Textseiten 68-71) und arbeiten Sie die Unterschiede beider Rechtssysteme heraus.
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Jan Seehusen
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Forschungstradition des Autors
Prof. Dr. Karl-Wilhelm Welwei (†) war Professor für Alte Geschichte an der Universität Bochum. Nach dem Studium und der Promotion in Köln habilitierte sich Welwei 1970/71 in Bochum, woraufhin er 1972 auf den althistorischen Lehrstuhl in Bochum berufen wurde. Welweis Forschungsschwerpunkte bewegten sich in der Geschichte des antiken Griechenlands, er publizierte vor allem zur archaischen und klassischen Zeit und der Geschichte Spartas.
Erläuterung missverständlicher, schwieriger und wichtiger Stellen für das Textverständnis
Mit seinem Beitrag zeichnet Welwei den Prozess der Polisbildung während der griechischen Archaik nach. Für eine grundsätzliche Klärung des Begriffs ‚Polis‘ (Plural: Poleis) muss man verstehen, dass es sich hierbei um die Bezeichnung für griechische Stadtstaaten der Antike handelt, die nach einem sehr ähnlichen Muster im ganzen Mittelmeerraum gegründet wurden. Durch den späteren Asienfeldzug Alexanders des Großen fand die Polis sogar im Vorderen Orient eine weite Verbreitung. An Welweis Beitrag lässt sich vor allem die Vielfalt der Polisformen erkennen, die es in der griechischen Antike gab.
Beachtlich ist dabei, dass sich die Polis stets durch ähnliche Konstituenten auszeichnet, die Welwei in seinem Beitrag nennt: Neben Tempeln (Textseite 36), die den Göttern geweiht seien, unter deren Schutz sich die Polis gestellt habe, sei die Agora (Textseite 37) das Zentrum des öffentlichen Lebens gewesen. Wie Welwei nun herausarbeitet, sei in von Polis zu Polis unterschiedlicher Weise das Königtum von den Adligen beseitigt und eine Adelsherrschaft in den Poleis errichtet worden; ausgenommen natürlich von Sparta, das ein Doppelkönigtum bis in die hellenistische Zeit besessen habe (Textseiten 38-39). So sei es in der Frühphase der Polisbildung zur Herausbildung der sozialen Gruppierungen des Adels, des Demos und der Unfreien gekommen. Der Adel habe Herrschaftsbefugnisse inngehabt und ausschließlich die unbezahlten öffentlichen Ämter bekleidet, die den Vorsitz im Adelsrat, die Einberufung der Volksversammlung, den Oberbefehl über das Heer, juristische und sakrale Kompetenzen betroffen hätten (Textseite 39). Dem Demos (Volk), worunter die wehrfähigen freien Polisbürger zu verstehen sind, hätten diese Ämter nicht zugestanden. Trotzdem habe er ein politisches Gewicht gehabt, das sich in der Ilias zeige, wenn der Demos sich etwa gegen Amtsmissbrauch adliger Richter erhoben habe (Textseite 37). Nur selten habe es in der Frühzeit hingegen Volks- und Heeresversammlungen gegeben (ebd.). Die Unfreien, die nicht zum Demos gehörten, seien stets am Rand der Polisgemeinschaft geblieben (Textseite 40).
Nach der Herausbildung dieser sozialen Gruppierungen geht der Autor genauer auf ihr Aussehen ein. Für ein Verständnis der griechischen Geschichte der Antike ist dies von großer Bedeutung, da die Einteilung in diese Gruppierungen bis in die hellenistische Zeit fortwirkte.
Der Adel, der sich im Plural selbst als ‚Aristoi‘ (die Besten) bezeichnete und in Stammbäumen bis auf die Götter zurückführte, sei in Abgrenzung zur älteren Forschung dabei nicht in Geschlechterverbänden organisiert gewesen (Textseite 46). Vielmehr sei die Zugehörigkeit eines Adligen zu einem Oikos (pl. Oikoi) von Bedeutung gewesen, womit der Familienhaushalt eines Adligen beschrieben werde (Textseite 47). Darüber hinaus müsse man das Gefolgschaftswesen als wesentlichen Teil des griechischen Adels beachten: Einzelne Adlige hätten sich Oikosherren angeschlossen und seien vorübergehend seine Gefährten (Hetairoi) geworden, ohne aber ihren Anschluss zum Oikos zu perpetuieren (Textseite 47-48). Die sich so herausbildenden Hetairien, also gewissermaßen verbündete adlige Gruppierungen, seien als Kennzeichen des archaischen Adels ebenso bedeutsam gewesen wie das agonale Prinzip der Adelsmitglieder, im Zuge dessen um die Bekleidung der öffentlichen Ämter gerungen wurde (Textseite 48).
Welwei kommt in diesem Zusammenhang nur sehr kurz auf die Freien zu sprechen (Textseiten 49-51), die im Gegensatz zum römischen Bereich nicht in Abhängigkeitsverhältnisse wie im römischen Klientelwesen eingebunden, sondern durch die Zugehörigkeit zu genossenschaftlichen Vereinigungen (z.B. Phylen) organisiert gewesen seien. Etwas mehr Raum widmet der Autor der Darstellung der Unfreien (Textseiten 51-54). Die Verfügungsgewalt des Oikosherren über seine oftmals als Douloi (Sklaven) bezeichneten Unfreien sei nahezu unbegrenzt gewesen (Textseiten 51-52). Eine Besonderheit der griechischen Unfreien sei die kollektive Unterwerfung ganzer Bevölkerungsteile, die Welwei für verschiedene Poleis beschreibt: In Sparta hätten die hörigen Bevölkerungsteile der Heloten und in Thessalien die der Penesten außerhalb der Rechtsordnung gestanden (Textseiten 52-53), womit Welwei auf die grausame Behandlung hinweist, die insbesondere den Heloten seitens der Spartiaten zuteil wurde. Die entscheidende Trennlinie in der gesellschaftlichen Pyramide der Archaik sei so nicht zwischen Adel und Freien, sondern zwischen Freien und Unfreien verlaufen (Textseite 52).