Athenaion Politeia

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Aristoteles
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Arist. Ath. Pol. 4,1 – Original:

ἡ μὲν οὖν πρώτη πολιτεία ταύτην εἶχε τὴν ὑπογραφήν. μετὰ δὲ ταῦτα χρόνου τινὸς οὐ πολλοῦ διελθόντος, ἐπ᾽ Ἀρισταίχμου ἄρχοντος, Δράκων τοὺς θεσμοὺς ἔθηκεν: ἡ δὲ τάξις αὐτοῦ τόνδε τὸν τρόπον εἶχε. [2] ἀπεδέδοτο μὲν ἡ πολιτεία τοῖς ὅπλα παρεχομένοις: ᾑροῦντο δὲ τοὺς μὲν ἐννέα ἄρχοντας καὶ τοὺς ταμίας οὐσίαν κεκτημένους οὐκ ἐλάττω δέκα μνῶν ἐλευθέραν, τὰς δ᾽ ἄλλας ἀρχὰς ͅͅ τὰς ἐλάττους ἐκ τῶν ὅπλα παρεχομένων, στρατηγοὺς δὲ καὶ ἱππάρχους οὐσίαν ἀποφαίνοντας οὐκ ἔλαττον ἢ ἑκατὸν μνῶν ἐλευθέραν, καὶ παῖδας ἐκ γαμετῆς γυναικὸς γνησίους ὑπὲρ δέκα ἔτη γεγονότας. τούτους δ᾽ ἔδει διεγγυᾶν τοὺς πρυτάνεις καὶ τοὺς στρατηγοὺς καὶ τοὺς ἱππάρχους τοὺς ἕνους μέχρι εὐθυνῶν, ἐγγυητὰς δ# ἐκ τοῦ αὐτοῦ τέλους δεχομένους, οὗπερ οἱ στρατηγοὶ καὶ οἱ ἵππαρχοι. [3] βουλεύειν δὲ τετρακοσίους καὶ ἕνα τοὺς λαχόντας ἐκ τῆς πολιτείας. κληροῦσθαι δὲ καὶ ταύτην καὶ τὰς ἄλλας ἀρχὰς τοὺς ὑπὲρ τριάκοντ᾽ ἔτη γεγονότας, καὶ δὶς τὸν αὐτὸν μὴ ἄρχειν πρὸ τοῦ πάντας ἐξελθεῖν: τότε δὲ πάλιν ἐξ ὑπαρχῆς κληροῦν. εἰ δέ τις τῶν βουλευτῶν, ὅταν ἕδρα βουλῆς ἢ ἐκκλησίας ᾖ, ἐκλείποι τὴν σύνοδον, ἀπέτινον ὁ μὲν πεντακοσιομέδιμνος τρεῖς δραχμάς, ὁ δὲ ἱππεὺς δύο, ζευγίτης δὲ μίαν. [4] ἡ δὲ βουλὴ ἡ ἐξ Ἀρείου πάγου φύλαξ ἦν τῶν νόμων καὶ διετήρει τὰς ἀρχάς, ὅπως κατὰ τοὺς νόμους ἄρχωσιν. ἐξῆν δὲ τῷ ἀδικουμένῳ πρὸς τὴν τῶν Ἀρεοπαγιτῶν βουλὴν εἰσαγγέλλειν, ἀποφαίνοντι παρ᾽ ὃν ἀδικεῖται νόμον. [5] ἐπὶ δὲ τοῖς σώμασιν ἦσαν οἱ δανεισμοί, καθάπερ εἴρηται, καὶ ἡ χώρα δι᾽ ὀλίγων ἦν.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: H. Rackmann
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

And after this when a certain moderate length of time had passed, in the archonship of Aristaechmus, Draco enacted his ordinances; and this system was on the following lines. [2] Citizenship had already been bestowed on those who provided themselves with arms; and these elected as the Nine Archons and the Treasurers, who were owners of an unencumbered estate worth not less than 10 minae, and the other minor offices from those who provided themselves with arms, and as Generals and Masters of the Horse persons proving their possession of unencumbered estate worth not less than 100 minae and sons legitimately born in wedlock over ten years of age. The new officials had to bail the outgoing Presidents and Generals and Masters of the Horse till the audit, accepting four sureties from the same rating as that to which the Generals and Masters of the Horse belonged. [3] And the Council was to be formed of four hundred and one members chosen by lot from the citizen body, and lots were to be cast both for this and for the other offices by the citizens over thirty years of age; and the same person was not to hold office twice until the whole number had been gone through, and then lots were to be cast among them again from the beginning. And if any Councillor, whenever there was a sitting of the Council or Assembly, failed to attend the meeting, he paid a fine of 3 drachmae if of Five-hundred-measure rank, 2 drachmae if a Knight, and 1 if a Teamster. [4] The Council of Areopagus was guardian of the laws, and kept a watch on the magistrates to make them govern in accordance with the laws. A person unjustly treated might lay a complaint before the Council of the Areopagites, stating the law in contravention of which he was treated unjustly. Loans were secured on the person, as has been said, and the land was divided among few owners.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Arist. Ath. Pol. 4,1

Leitfragen:

1) Welche „Verfassung“ Drakons beschreibt Aristoteles hier?

2) Welchen Sinn hat das Losverfahren für den Rat?

3) Wie „demokratisch“ ist diese „Verfassung“ einzustufen?19

Kommentar:

Die Verfassung der Athener (Athenaion politeia) des Aristoteles ist eine für uns unverzichtbare Quelle zum athenischen Staat. In diesem Abschnitt befasst Aristoteles sich mit dem Staat, wie ihn Drakon angeblich einrichtete.

Inhalt dieser „Verfasssung“ Drakons sind im Wesentlichen folgende Aspekte. Zuerst einmal wird festgelegt, dass alle diejenigen das Bürgerrecht erhalten, die sich selbst bewaffnen und damit an der Phalanx teilnehmen konnten. Dies schafft die sogenannten Hoplitenpolis, in der nur die waffenfähigen Männer stimmberechtigt sind. Ein Rat wird gebildet aus 401 Personen, die aus allen Bürgern gelost werden sollten, wobei niemand das Amt zwei Mal bekleiden durfte, bevor alle anderen im Rat gewesen waren. Neben dem Rat gibt es noch den Areopag, den Ältestenrat, der über die Einhaltung der Gesetze und die korrekte Amtsführung der Magistrate wachen sollte. Es ist allerdings in der Forschung hoch umstritten, ob es zu Drakons Zeit den Rat der 400 oder den Areopag überhaupt bereits gab oder ob es sich um eine spätere Entwicklung handelt.

Das Losverfahren für den Rat erinnert uns bereits an die Auslosung der Richter in klassischer Zeit. Für die Archaik war die Vorstellung solcher Gleichheit durchaus modern, denn in vielen anderen Städten und Gemeinschaften herrschten die ältesten oder reichsten Mitglieder. Nicht so in der Hoplitenpolis; hier ging das Selbstverständnis der Hopliten dahin, dass sie, da sie auch für die Polis kämpften, die Bürger sein sollten. Die unteren Klassen waren damit effektiv ausgeschlossen, denn Tagelöhner und Kleinbauern konnten sich keine Hoplitenausrüstung leisten. Die Teilnahme an den Ratssitzungen war verpflichtend und Fernbleiben wurde empfindlich bestraft. So wollte man den Zusammenhalt der Bürger und die Beschlussfähigkeit des Rates sichern.

Auf den ersten Blick mag diese Losung gleichberechtigter Ratsmitglieder durchaus demokratisch aussehen und an die Verfassung des klassischen Athen erinnern. So weit war die Polis zur Zeit Drakons allerdings noch nicht, was sich deutlich an den Bestimmungen zum Areopag zeigt. Dieser Ältestenrat, der aus den reichsten und mächtigsten Bürgern sowie den gewesenen Amtsträgern bestand, bildete eine kleine Elite, die immer noch den wesentlichen Teil der Macht in Händen hielt. Der Areopag ist weiterhin oberste juristische Instanz und kontrolliert die Amtsträger, die damit de facto ihm verpflichtet sind. Außerdem sorgt er für die Einhaltung der Gesetze, was offen genug formuliert war, sodass sich die Areopagiten einen gewissen Ermessensspielraum einräumen konnten. Doch selbst diese Kompetenzen muten für das ausgehende siebte Jahrhundert als zu „modern“ an und sind wahrscheinlich eine Rückprojektion aus Aristoteles‘ eigener Zeit in die Archaik.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Krise und Entstehung der Polis“. Um einen breiteren Einblick in die Archaik zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Griechische Geschichte I – Archaik“.
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