Überschreitung des Rubikon

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Appian
Lizenz: CC-BY-NC-SA

App. Civ. II, 5,34f. – Original:

[34] ὁ μὲν δὴ πόλεμος ἑκατέρωθεν ἀνέῳκτο καὶ κεκήρυκτο ἤδη σαφῶς, ἡ δὲ βουλὴ νομίζουσα Καίσαρι τὸν στρατὸν ἀπὸ Κελτῶν σὺν χρόνῳ παρέσεσθαι καὶ οὔποτε αὐτὸν ὁρμήσειν ἐπὶ τηλικοῦτον ἔργον σὺν ὀλίγοις προσέτασσε Πομπηίῳ τρισκαίδεκα μυριάδας Ἰταλῶν ἀγείρειν, καὶ μάλιστα αὐτῶν τοὺς ἐστρατευμένους ὡς ἐμπειροπολέμους, ξενολογεῖν δὲ καὶ ἐκ τῶν περιοίκων ἐθνῶν ὅσα ἄλκιμα. χρήματα δ᾽ ἐς τὸν πόλεμον αὐτῷ τά τε κοινὰ πάντα αὐτίκα ἐψηφίζοντο καὶ τὰ ἰδιωτικὰ σφῶν ἐπὶ τοῖς κοινοῖς, εἰ δεήσειεν, εἶναι στρατιωτικά: ἔς τε τὰς πόλεις ἐφ ἕτερα περιέπεμπον σύν τε ὀργῇ καὶ φιλονικίᾳ, σπουδῆς οὐδὲν ἀπολείποντες ὀξυτάτης. ὁ δὲ Καῖσαρ ἐπὶ μὲν τὸν ἑαυτοῦ στρατὸν περιεπεπόμφει, χαίρων δ᾽ ἀεὶ ταχυεργίας τε ἐκπλήξει καὶ φόβῳ τόλμης μᾶλλον ἢ παρασκευῆς δυνάμει, μετὰ τῶν πεντακισχιλίων ἔγνω προεπιχειρεῖν τοσῷδε πολέμῳ καὶ φθάσαι τὰ εὔκαιρα τῆς Ἰταλίας.
[35] τοὺς οὖν λοχαγοὺς αὐτῶν σὺν ὀλίγοις τοῖς μάλιστα εὐτολμοτάτοις, εἰρηνικῶς ἐσταλμένοις, προύπεμπεν ἐσελθεῖν ἐς Ἀρίμινον καὶ τὴν πόλιν ἄφνω καταλαβεῖν: ἡ δ᾽ ἐστὶν Ἰταλίας πρώτη μετὰ τὴν Γαλατίαν. αὐτὸς δὲ περὶ ἑσπέραν, ὡς δὴ τὸ σῶμα ἐνοχλούμενος, ὑπεχώρησε τοῦ συμποσίου, τοὺς φίλους ἀπολιπὼν ἔτι ἑστιᾶσθαι καὶ ζεύγους ἐπιβὰς ἤλαυνεν ἐς τὸ Ἀρίμινον, ἑπομένων οἱ τῶν ἱππέων ἐκ διαστήματος. δρόμῳ δ᾽ ἐλθὼν ἐπὶ τὸν Ῥουβίκωνα ποταμόν, ὃς ὁρίζει τὴν Ἰταλίαν, ἔστη τοῦ δρόμου καὶ ἐς τὸ ῥεῦμα ἀφορῶν περιεφέρετο τῇ γνώμῃ, λογιζόμενος ἕκαστα τῶν ἐσομένων κακῶν, εἰ τόνδε τὸν ποταμὸν σὺν ὅπλοις περάσειε. καὶ πρὸς τοὺς παρόντας εἶπεν ἀνενεγκών: ‘ἡ μὲν ἐπίσχεσις, ὦ φίλοι, τῆσδε τῆς διαβάσεως ἐμοὶ κακῶν ἄρξει, ἡ δὲ διάβασις πᾶσιν ἀνθρώποις.’ καὶ εἰπὼν οἷά τις ἔνθους ἐπέρα σὺν ὁρμῇ, τὸ κοινὸν τόδε ἐπειπών: ‘ὁ κύβος ἀνερρίφθω.’ δρόμῳ δ᾽ ἐντεῦθεν ἐπιὼν Ἀρίμινόν τε αἱρεῖ περὶ ἕω καὶ ἐς τὸ πρόσθεν ἐχώρει, φρούρια τοῖς ἐπικαίροις ἐφιστὰς καὶ τὰ ἐν ποσὶν ἢ βίᾳ χειρούμενος ἢ φιλανθρωπίᾳ. φυγαί τε καὶ μεταναστάσεις ἦσαν ἐκ πάντων χωρίων ὡς ἐν ἐκπλήξει καὶ δρόμος ἀσύντακτος μετ᾽ οἰμωγῆς, τό τε ἀκριβὲς οὐκ εἰδότες καὶ τὸν Καίσαρα νομίζοντες μετ᾽ ἀπείρου στρατοῦ κατὰ κράτος ἐλαύνειν.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Horace White
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung:

[34] The war had now been begun on both sides and already openly declared. The Senate, thinking that Cæsar’s army would be slow in arriving from Gaul and that he would not rush into so great an adventure with a small force, directed Pompey to assemble 130,000 Italian soldiers, chiefly veterans who had had experience in war, and to recruit as many able-bodied men as possible from the neighboring provinces. They voted him for the war all the money in the public treasury at once, and their own private fortunes in addition if they should be needed for the pay of the soldiers. With the fury of party rage they levied additional contributions on the allied cities, which they collected with the greatest possible haste. Cæsar had sent messengers to bring his own army, but as he was accustomed to rely upon the terror caused by the celerity and audacity of his movements, rather than on the magnitude of his preparations, he decided to take the aggressive in this great war with his 5000 men and to anticipate the enemy by seizing the advantageous positions in Italy.
[35] Accordingly, he sent forward some centurions with a few of his bravest troops in peaceful garb to go inside the walls of Ariminum and take it by surprise. This was the first town in Italy after leaving Cisalpine Gaul. Toward evening Cæsar himself rose from a banquet on a plea of indisposition, leaving some friends who were still feasting. He mounted his chariot and drove toward Ariminum, his cavalry following at a short distance. When his course brought him to the river Rubicon, which forms the boundary line of Italy, he stopped and, while gazing at the stream, revolved in his mind the evils that might result from his crossing it with arms. Recovering himself he said to those who were present, „My friends, stopping here will be the beginning of sorrows for me; crossing over will be such for all mankind.“ Thereupon, he crossed with a rush like one inspired, uttering the common phrase, „Let the die be cast.“ Then he resumed his hasty journey and took possession of Ariminum about daybreak, advanced beyond it, stationed guards at the commanding positions, and, either by force or by kindness, mastered all whom he fell in with. As is usual in cases of panic, there was flight and migration from all the country-side in disorder and tears, the people having no exact knowledge, but thinking that Cæsar had arrived with an army of boundless strength.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Falk Wackerow
Lizenz: CC-BY-NC-SA

App. Civ. II, 5,34f.

Leitfragen:

1) Welche politische Konstellation führte zum Ausbruch des Bürgerkriegs?

2) Wie stehen andere Quellen zu den geschilderten Ereignissen?

3) Welchen Einfluss hatte Caesars Vorgehen auf die Nachwelt?

Kommentar:

Im Jahre 49 v. Chr. kehrte Gaius Iulius Caesar als Prokonsul mit seinem Heer aus dem neu eroberten Gallien zurück nach Italien. Seine Freundschaft mit dem mächtigen Gnaeus Pompeius Magnus war bereits länger einer Rivalität gewichen, da dieser sich immer mehr auf die Seite des Senats und damit der der Gegner Caesars stellte. Die Furcht in Rom vor der Macht Caesars und die Befürchtungen, er könnte eine Alleinherrschaft anstreben, waren groß. Deshalb wollte man ihn nur unter der Bedingung, dass er sein Heer auflöse, zu den Konsulatswahlen zulassen. Als Privatmann, also ohne die Immunität eines Amtes und den Schutz eines Heeres wäre Caesar allerdings juristischen Prozessen seiner Gegner und Attacken auf offener Straße schutzlos ausgeliefert gewesen, sodass er den Gegenvorschlag unterbreitete, sowohl er als auch Pompeius sollten ihre Soldaten entlassen. Weil sich hierauf wiederum die Senatoren und Pompeius nicht einlassen wollten, kamen die diplomatischen Mittel an ihre Grenzen. Der Senat beauftragte Pompeius in dieser Situation mit der Verteidigung der Republik gegen den aus ihrer Sicht rebellischen Caesar. Die oben stehende Stelle aus Appians Bürgerkriegsgeschichte stellt zugleich eine der bekanntesten Episoden aus Caesars Leben dar. Laut dem Bericht überschritt Caesar den Rubikon mit Truppen und löste damit den Bürgerkrieg aus. Denn der kleine Fluss, der heute meist mit dem ehedem Fuimicino genannten Gewässer nördlich von Rimini identifiziert wird, galt in der Republik als Grenze zwischen dem waffenfreien Umland Roms und der Provinz Gallia Cisalpina. Bei der Rückkehr nach Rom musste jeder Feldherr traditionell sein Heer auflösen und unbewaffnet in die Stadt kommen. Interessanterweise findet sich in Caesars eigenem Bericht vom Bürgerkrieg keine Erwähnung des Rubikon; nach einem Aufenthalt in Ravenna ließ er einige Städte weiter südlich besetzen, um Truppen des Pompeius zuvorzukommen. Wahrscheinlich vermied Caesar die Nennung des Flusses und setzte den starken Akzent auf die feindlichen Handlungen seiner Gegner, um von seiner illegalen Überschreitung der Grenze abzulenken und die Schuld für den Ausbruch des Bürgerkriegs auf die Unterstützer des Pompeius zu lenken. So findet sich auch keine Erwähnung des berühmten Ausspruches „Alea iacta est“ in seiner Schrift. Dieser ist ausschließlich bei Appian aufgeführt. Auch die dritte wichtige Quelle, Suetons Caesarbiografie, nimmt statt der Metapher mit dem Würfel allgemein Bezug auf den revolutionären Charakter der Tat Caesars. Die Überschreitung des Rubikon und der Ausbruch offener Kampfhandlungen markieren eine neue Eskalationsstufe der Gewalt, die seit der Zeit der Gracchen die Römische Republik erschütterte. Der größte Teil der Gegner Caesars war von seinem schnellen und entschlossenen Vorgehen überrascht und wich mit Pompeius nach Griechenland aus. Fast kampflos nahm Caesar Rom und ganz Italien in Besitz und wurde innerhalb weniger Wochen vom fast chancenlosen politischen Außenseiter zum ersten Mann Roms, der nie gekannte Machtfülle in sich vereinte. Anders als Cinna und Sulla einige Dekaden zuvor behandelte er jedoch seine Feinde größtenteils mit Respekt und Anstand. Nicht umsonst spricht man bis heute von Caesars Milde (clementia). Caesar veränderte das Machtgefüge der Römischen Republik für immer; nach seiner Überschreitung des Rubikon und der Flucht seiner Gegner gab es kein Zurück zum althergebrachten System mehr. Die Enthemmung der späten Republik in Bezug auf die Rücksichtnahme auf republikanische Gepflogenheiten und die Wahrung alter Traditionen erreichte ihren vorläufigen Höhepunkt.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Der Untergang der Römischen Republik“. Um einen breiteren Einblick in die Zeit der Republik zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Römische Geschichte I – Republik“.
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