Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Agnes von der Decken
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Leitfragen
1) Was ist die „Maske des Agamemnon“?
2) Was kann uns die Maske über den Begrabenen sagen?
3) Ist dies die Totenmaske des mythischen Königs Agamemnon?
Kommentar:
Bei den Ausgrabungen der mykenischen Schachtgräber des Gräberrundes, entdeckte Heinrich Schliemann 1876 diese goldene Totenmaske, die als „Maske des Agamemnon“ berühmt geworden ist. Die „Maske des Agamemnon“ gehört zu den bekanntesten und spektakulärsten Funden, die in den mykenischen Schachgräbern gefunden wurde (vgl. Quellenkommentar „Gräberrund A“). Die Totenmaske ist dabei eine von insgesamt fünf Masken, die in den Schachtgräbern VI (drei Masken) und V (zwei Masken) gefunden wurde. Die aus Goldblech gefertigte Maske ist 31,5 cm hoch und mittlerweile im Archäologischen Nationalmuseum in Athen ausgestellt.
Die Maske ist bis auf ein paar Risse und kleinere Brüche sehr gut erhalten, so dass die Details des Gesichts gut erkennbar sind: Das Gesicht ist oval und trägt hohe Wangenknochen. Von der hohen Stirn läuft eine lange, dünne Nase mit kleinen Nasenflügeln gradlinig hinab. Die dicht beieinanderstehenden großen Augen sind geschlossen und durch die Augenbrauen eingerahmt. Charakteristisch ist der große Mund mit den filigran dargestellten Lippen, die streng aufeinander liegen. Der Bart, insbesondere der Schnurbart, dessen Enden noch oben verlaufen, und die Augenbrauen sind detailgetreu entworfen. Schliemann glaubte deswegen, dass die Mykener Öl oder eine Art Pomade für ihre Haare gebrauchten. Zwei große Ohren rahmen das Gesicht ein. Neben ihnen befindet sich je ein Loch für einen Nagel. Möglich ist, dass den zu ehrenden Toten dabei die Masken am Kopf mit einem Faden befestigt wurden. Die Löcher am Maskenrand könnten ein Indiz dafür sein. Insgesamt trägt das Gesicht gebieterische Züge und lässt auf einen Mann höheren Alters schließen.
Die „Maske des Agamemnon“ ist dabei mit ihren ausgeprägten Gesichtszügen im Vergleich zu den anderen gefundenen Masken aus den beiden Schachtgräbern besonders detailgetreu. Es entsteht der Eindruck, dass hier das tatsächliche Gesicht des Trägers abgebildet ist. Der Ausdruck des Gesichtes scheint dabei den Charakter des Mannes wiederzugeben: würdevoll und herrschaftlich. Interessant ist, dass nicht alle Toten im Gräberrund Totenmasken trugen und dass die wenigen Träger der Masken Männer waren. Dies lässt vermuten, dass es sich bei den Trägern um Herrscher handelte, die auf diese Weise geehrt wurden. Da sich die fünf gefundenen Goldmasken in bestimmter Hinsicht ähneln – alle haben einen ähnlich geformten Mund, starke Augenbrauen und eine gerade Nase – wurde teilweise angenommen, dass hier eine Familienähnlichkeit erkennbar sei und insofern an dieser Stelle ein Herrschergeschlecht begraben läge. Eine andere Theorie ist diesbezüglich, dass die Masken von dem selben Handwerker oder der selben Werkstatt stammen. Gesichert ist dies aber nicht.
Dafür kann ausgeschlossen werden, dass die Maske eine Verbindung zum sagenumwobenen König Agamemnon hatte. Entgegen der weit verbreiteten Ansicht hielt auch Schliemann die Maske nicht für die Totenmaske Agamemnons. Zeitlich kann dies auch insofern ausgeschlossen werden, da die Forschung die Königsherrschaft des Agamemnon und den Trojanischen Krieg, wenn es ihn gegeben haben sollte, ins 13. Jh. v. Chr. setzt, die Grabfunde im Gräberrund A jedoch aus dem 16. Jh. v. Chr. stammen.