Die Probleme der Landverteilung

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Plutarch
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Plut. Tib. Gracch. 8,1-7 – Original:

Ῥωμαῖοι τῆς τῶν ἀστυγειτόνων χώρας ὅσην ἀπετέμοντο πολέμῳ, τὴν μὲν ἐπίπρασκον, τὴν δὲ ποιούμενοι δημοσίαν ἐδίδοσαν νέμεσθαι τοῖς ἀκτήμοσι καὶ ἀπόροις τῶν πολιτῶν, ἀποφορὰν οὐ πολλὴν εἰς τὸ δημόσιον τελοῦσιν.
[2] ἀρξαμένων δὲ τῶν πλουσίων ὑπερβάλλειν τὰς ἀποφορὰς καὶ τοὺς πένητας ἐξελαυνόντων, ἐγράφη νόμος οὐκ ἐῶν πλέθρα γῆς ἔχειν πλείονα τῶν πεντακοσίων, καὶ βραχὺν μὲν χρόνον ἐπέσχε τὴν πλεονεξίαν τὸ γράμμα τοῦτο, καὶ τοῖς πένησιν ἐβοήθησε κατὰ χώραν μένουσιν ἐπὶ τῶν μεμισθωμένων καὶ νεμομένοις ἣν ἕκαστος ἐξ ἀρχῆς εἶχε μοῖραν.
[3] ὕστερον δὲ τῶν γειτνιώντων πλουσίων ὑποβλήτοις προσώποις μεταφερόντων τὰς μισθώσεις εἰς ἑαυτούς, τέλος δὲ φανερῶς ἤδη δι᾽ ἑαυτῶν τὰ πλεῖστα κατεχόντων, ἐξωσθέντες οἱ πένητες οὔτε ταῖς στρατείαις ἔτι προθύμους παρεῖχον ἑαυτούς, ἠμέλουν τε παίδων ἀνατροφῆς, ὥστε ταχὺ τὴν Ἰταλίαν ἅπασαν ὀλιγανδρίας ἐλευθέρων αἰσθέσθαι, δεσμωτηρίων δὲ βαρβαρικῶν ἐμπεπλῆσθαι, δι᾽ ὧν ἐγεώργουν οἱ πλούσιοι τὰ χωρία, τοὺς πολίτας ἐξελάσαντες.
[4] ἐπεχείρησε μὲν οὖν τῇ διορθώσει Γάιος Λαίλιος ὁ Σκηπίωνος ἑταῖρος ἀντικρουσάντων δὲ τῶν δυνατῶν φοβηθεὶς τὸν θόρυβον καὶ παυσάμενος ἐπεκλήθη σοφὸς ἢ φρόνιμος: ἑκάτερον γὰρ ἐδόκει σημαίνειν ὁ σαπίηνς ὁ Τιβέριος δὲ δήμαρχος ἀποδειχθεὶς εὐθὺς ἐπ᾽ αὐτὴν ὥρμησε τὴν πρᾶξιν […].

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Bernadotte Perrin
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Übersetzung:

Of the territory which the Romans won in war from their neighbours, a part they sold, and a part they made common land, and assigned it for occupation to the poor and indigent among the citizens, on payment of a small rent into the public treasury.
[2] And when the rich began to offer larger rents and drove out the poor, a law was enacted forbidding the holding by one person of more than five hundred acres of land. For a short time this enactment gave a check to the rapacity of the rich, and was of assistance to the poor, who remained in their places on the land which they had rented and occupied the allotment which each had held from the outset.
[3] But later on the neighbouring rich men, by means of fictitious personages, transferred these rentals to themselves, and finally held most of the land openly in their own names. Then the poor, who had been ejected from their land, no longer showed themselves eager for military service, and neglected the bringing up of children, so that soon all Italy was conscious of a dearth of freemen, and was filled with gangs of foreign slaves, by whose aid the rich cultivated their estates, from which they had driven away the free citizens.
[4] An attempt was therefore made to rectify this evil, and by Caius Laelius the comrade of Scipio; but the men of influence opposed his measures, and he, fearing the disturbance which might ensue, desisted, and received the surname of Wise or Prudent (for the Latin word ‘sapiens’ would seem to have either meaning). Tiberius, however, on being elected tribune of the people, took the matter directly in hand.
[…] [7] But his brother Caius, in a certain pamphlet, has written that as Tiberius was passing through Tuscany on his way to Numantia, and observed the dearth of inhabitants in the country, and that those who tilled its soil or tended its flocks there were imported barbarian slaves, he then first conceived the public policy which was the cause of countless ills to the two brothers. However, the energy and ambition of Tiberius were most of all kindled by the people themselves, who posted writings on porticoes, house-walls, and monuments, calling upon him to recover for the poor the public land […].

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Falk Wackerow
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Plut. Tib. Gracch. 8,1-7

Leitfragen:

1) Wie teilen die Römer das eroberte Gebiet unter ihren Bürgern auf und welche Probleme gingen daraus hervor?

2) Wie versucht man, der Problematik Herr zu werden und warum scheitern diese Versuche?

3) Was verrät die Quelle über das Verhältnis von Armen und Reichen zueinander?

Kommentar:

Bis zur Zeit der Gracchen (ca. 140-121 v. Chr.) hatte die römische Republik ihr Territorium stark erweitert. Allein in den letzten sechzig Jahren seit dem Ende des Zweiten Punischen Krieges waren die Provinzen Africa (in etwa das heutige Tunesien), Macedonia sowie Hispania citerior und ulterior hinzugekommen und hatten das Staatsgebiet um ein Vielfaches vergrößert. Dieses Land wurde, wie der griechische Geschichtsschreiber und Biograf Plutarch (ca. 45-125 n. Chr.) in der vorliegenden Stelle schreibt, teils verkauft, teils an die eigenen Bürger unter besonderer Berücksichtigung der Armen und Bedürftigen verpachtet.

Mit einem ersten Gesetz wird die maximale Größe von Ländereien auf 500 Morgen (lat. iugera) festgelegt. Aufgrund einer Gesetzeslücke gelingt es aber den reichen Großgrundbesitzern, erhebliche Teile des neuen ager publicus über Strohmänner an sich zu reißen und die ursprünglichen Besitzer zu vertreiben. So eignen sich nach und nach einige Wenige immer größere Ländereien an – die ersten Latifundien entstehen. Die Vertriebenen und ihre wenigen Nachkommen stehen nun allerdings nicht mehr zur Einberufung in die Legionen zur Verfügung, da ihre Vermögensverhältnisse den Kauf der nötigen Ausrüstung unmöglich machen. Damit gerät der gesamte Militärapparat, den Kern der römischen Macht, ins Wanken. Daraufhin scheitert eine Gesetzesinitiative des Gaius Laelius, dem Treiben der Großgrundbesitzer einen Riegel vorzuschieben, am Widerspruch einflussreicher Senatoren. Diese sind häufig selbst Besitzer von Latifundien und somit Profiteure der Ereignisse. In dieser Situation drängt die Masse den Volkstribun Tiberius Gracchus, sich in ihrem Sinne für eine Landreform einzusetzen.

In dieser Stelle wird ersichtlich, wie weit die Bedürfnisse der Armen und Reichen in der römischen Republik auseinander lagen. Während die Bevölkerungsmehrheit, vor allem die auf dem Lande, darbte, weniger politische Rechte besaß und dennoch das Gros des für den römischen Staat so wichtigen Militärs stellte, war den reichen Patriziern daran gelegen, ihre Privilegien um jeden Preis zu verteidigen. Erst mit dem Aufstieg des Ritterstands zu politischer und finanzieller Macht sollte sich ein Gegengewicht zur Übermacht der Senatoren etablieren.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Das Ausgreifen nach Osten, der Ausbruch der Krise, das Zeitalter der Gracchen“. Um einen breiteren Einblick in die Zeit der Republik zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Römische Geschichte I – Republik“.
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