Die Senatoren I

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Barbara Saylor Rodgers
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Übersetzung

[1] That I am present as an advocate rather than a witness for the son of Julianus the most distinguished man my especial friend, let no one think that it was attended to because of want of confidence in the man, since I considered, patres conscripti, that I ask you for good faith with no lesser reverence than the rest of men. I wish to give my oath and by Hercules I ought to have taken on the part of giving testimony, if I had not accepted a request from one whose familiarity to you demands encomiasts rather than people on oath against your hesitation.

[2] So let my free choice of service be suspect to no one one: being about to ask that a new senator be added to our dignity, I have an immediate penalty, if I am joined to an unworthy man, and that penalty is not single in number and kind, if by one action I am the author of an injury to myself and accused of injury to you. Thus I would have you believe it was not because of my caution but because of peace of mind for the man I sponsor that I came to prefers this duty. While he had an abundance of „swearers,“ and while he was sure of his own merit, he summoned as advocate one whom another would have kept as witness. Yet do not think me actually freed from the situation of those on oath. But when it is a question of a friend’s affair, I consider that a judgment will be made of us as well.

[3] I remember how much care the friendship of individuals costs me, nor am I so prodigal of public dignity that I would pay a contract of personal favor by one that is foreign. I do not mention the praiseworthy successions of our offices: I do not wish the senate to intervene for my debt, for both things are repugnant, that a future colleague not be evaluated on his own merit and that his sponsor be made whole from public resources. How much more honorably do I say, that Synesius ought to be chosen for the senate not because he is joined to me in friendship, but that he is friendly to me because he is worthy to be chosen!

[4] The father of this young man was long ago admitted as a senator, and attained this on his merits; since dignity inborn belongs to felicity, dignity conferred belongs to virtue. The rest of his ancestors from the past were approved by you at the time when he himself was chosen. The credibility of my oration does not depart from testimony, does it? Consider that I am under oath, because I proclaim what you can acknowledge. Nor would someone say without cause that Synesius contributes more honor than his father, to whom even this has been added, that from the same house he is now the second to be admitted. For the offspring of a family extends as much higher toward nobility the farther it recedes from the estate of new men . . .

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Heidi Heil
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Symm. or. 7, 1-4

Leitfragen:

1 ) Zu welchem Anlass hat Symmachus die Rede gehalten?

2 ) In welcher Funktion tritt er dabei auf?

3) Wie steht er zu neu aufgenommenen Senatoren?

Kommentar:

Quintus Aurelius Symmachus Eusebius (*ca 345; † ca. 402 n. Chr.) war der bedeutendste Redner der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts. In den Senatorenstand hineingeboren, machte er sich schon in jungen Jahren mit seinem rhetorischen Talent einen Namen. 373-375 n. Chr. war er Proconsul Africae (Statthalter in Afrika), 384 n. Chr. praefectus urbi (Stadtpräfekt von Rom) und 391 Consul. Symmachus war ein Anhänger der heidnischen Kulte und sammelte Gleichgesinnte um sich, die es sich zur Aufgabe machten, die heidnische lateinische Literatur zu erhalten und neu herauszugeben. Die Gruppe wird als „Symmachus-Kreis“ bezeichnet.

Seine erhaltenen Werke können in drei Kategorien eingeteilt werden: Epistulae (Briefe), Orationes (Reden) und Relationes (Berichte/Gesuche). Die über 900 Briefe wurden nach seinem Tod von seinem Sohn herausgegeben. Sie sind meist inhaltsleer, aber stilistisch auf höchstem Niveau. Von den 49 Relationes, die Symmachus als Stadtpräfekt an den Kaiser schrieb, ist die dritte wohl die berühmteste und steht exemplarisch für das Ringen zwischen Heidentum und Christentum. Darin fordert er, dass die Maßnahmen Gratians gegen die heidnischen Kulte rückgängig gemacht würden. Besonderes Augenmerk lag dabei auf der Wiederaufstellung des Victoria-Altars in der Curie. Sogar der größte Gegner des Symmachus in dieser Angelegenheit, Bischof Ambrosius von Mailand, musste die Schönheit und Kunstfertigkeit der Relatio anerkennen, als er seine Widerlegung schrieb. Von den acht erhaltenen Reden sind drei Panegyrici auf Valentinian I. (364-375 n. Chr.) und Gratian (375-383 n. Chr.). Wie die vorliegende Rede auch, weisen sie oft Lücken auf.

Seine siebte Rede hielt Symmachus im Senat vor 388 n. Chr. Er trat dabei als Fürsprecher beziehungsweise Antragssteller für die Aufnahme von Synesius, Sohn seines Freundes Sextus Rusticus Iulianus, in den Senat auf. Als Fürsprecher für diese adlectio in senatum bezeugte er die Eignung von Synesius und hätte auch belangt werden können, wenn sich das Gegenteil herausgestellt hätte.

In den ersten zwei Abschnitten geht Symmachus vor allem darauf ein, warum er als Fürsprecher und nicht als Zeuge auftritt. Dabei betont er, dass Synesius aufgrund seiner Eignung genug Zeugen zur Verfügung stünden, er auch als Antragssteller eine ähnlich hohe Verantwortung habe und ihn ebenso Strafe treffen würde, falls sich der Kandidat als unwürdig herausstellen sollte. Im dritten Abschnitt stellt er heraus, dass er nur für Synesios‘ Aufnahme spricht, weil dieser es sich verdient hätte, nicht weil er mit diesem Dienst irgendeine Schuld begleichen müsste. Im letzten Abschnitt schließlich wird noch einmal über Iulianus gesprochen, der ebenfalls nicht in den Senatorenstand geboren worden war, sondern aufgrund eigener Verdienste aufgenommen wurde. Sein Sohn Synesius wurde wahrscheinlich vor dieser adlectio geboren und musste deswegen ebenfalls seine Aufnahme in den eigentlich erblichen Senatorenstand beantragen.

In der Republik gehörten die Söhne von Senatoren formal noch zum ordo equester (Ritterstand) bis sie in den Senat eintraten. In der Kaiserzeit jedoch entwickelte sich der ordo senatorius (Senatorenstand) zu einem erblichen Stand. Außerdem konnten auch verdiente Magistrate und andere als Auszeichnung zu viri clarissimi erhoben werden. Um dann ein „richtiger“ Senator zu sein musste man mindestens ein Amt, wie die Quaestur oder Praetur, ausüben, die jedoch in der Spätantike keine wirkliche Machtfülle mehr besaßen, sondern eher Ehrenämter mit zeremonialem Charakter und hohem finanziellem Aufwand waren. Die Gestaltung der Reichspolitik war inzwischen auf eine Art Militäraristokratie übergegangen, die von der Zivilaristokratie getrennt war.

Trotzdem wird Synesius‘ Eignung für Symmachus schon dadurch verstärkt, dass sein Vater ebenfalls Senator ist. Obwohl er ausdrücklich betont, dass es reine Glückssache ist, in den Clarissimat hineingeboren worden zu sein, so wie er selbst, spricht er dieser Herkunft doch eine ihr selbst innewohnende höhere Würde zu. Diese verstärkt sich noch, je weiter sich die Nachkommen von dem neu aufgenommenen Senator entfernen. So nähert man sich Generation für Generation der Nobiliät an und streift langsam die niedere Herkunft ab. Dieser Stolz auf die Vorfahren war typisch für die Senatoren, die auch den Charakter eines Mannes an seiner Ahnenlinie maßen. Aber nicht nur die Senatoren selbst betrachteten sich als die „Edelsten der Menschheit“ (Symm. or. 6,1), auch die Öffentlichkeit betrachtete sie oft auf diese Art. Und wo Iulianus noch allein anhand seiner Leistungen und wahrscheinlich seiner guten finanziellen Lage in den Senat aufgenommen wurde, konnte Synesius zumindest schon auf einen senatorischen Vorfahren verweisen.

Symmachus sah den Senatorenstand also als überlegen an, aber stand Aufsteigern, wie Iulianus, positiv gegenüber und lobte sie. Hier mögen, trotz Symmachus‘ gegenteiliger Beteuerung, persönliche Schulden durchaus eine Rolle gespielt haben, aber Aufsteiger waren auch kein neues Phänomen. Genannt sei hier als Beispiel Marcus Tullius Cicero (106-43 v. Chr.), der es in der Republik als erster aus seiner Familie in den Senat schaffte (homo novus). In der Spätantike setzte dann eine Art Titelinflation ein. Das Prädikat vir clarissimus wurde so häufig vergeben, dass innerhalb des Senatorenstandes weitere Rangabstufungen eingeführt wurden, von denen das Clarissimat die unterste bildete. Symmachus handelte also im Rahmen seiner Zeit, wenn er als in den Stand Geborener Aufsteiger unterstützte, vertrat dabei aber trotzdem ein Standesbewusstsein, das sich aus Traditionen und alter Größe ableitete, auch wenn der Senat in der Spätantike eher kulturellen Wert als wirkliche Macht besaß. 

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Die Gesellschaft in der Spätantike“. Um einen breiteren Einblick in die Spätantike zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Römische Geschichte III – Spätantike“.
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Siehe zur Entwicklung des Senats auch den Podcast „Die Gesellschaft der Kaiserzeit“ und zum Senat in der Spätantike auch Aurelius Victor.