Toleranzedikt des Galerius

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Eusebius, Hist. Eccl. 8, 17 – Original

[17,1] Καὶ δὴ τοσούτοις παλαίων κακοῖς συναίσθησιν τῶν κατὰ τῶν θεοσεβῶν αὐτῷ τετολμημένων ἴσχει, συναγαγὼν δ̓ οὖν εἰς ἑαυτὸν τὴν διάνοιαν, πρῶτα μὲν ἀνθομολογεῖται τῷ τῶν ὅλων θεῷ, εἶτα τοὺς ἀμφ̓ αὐτὸν ἀνακαλέσας, μηδὲν ὑπερθεμένους τὸν κατὰ Χριστιανῶν ἀποπαῦσαι διωγμὸν νόμῳ τε καὶ δόγματι βασιλικῷ τὰς ἐκκλησίας αὐτῶν οἰκοδομεῖν ἐπισπέρχειν καὶ τὰ συνήθη διαπράττεσθαι, εὐχὰς ὑπὲρ τοῦ βασιλείου ποιουμένους, προστάττει. [2] αὐτίκα γοῦν ἔργου τῷ λόγῳ παρηκολουθηκότος, ἥπλωτο κατὰ πόλεις βασιλικὰ διατάγματα, τὴν παλινῳδίαν τῶν καθ̓ ἡμᾶς τοῦτον περιέχοντα τὸν τρόπον: ‘ Αὐτοκράτωρ ‘ [3] Καῖσαρ Γαλέριος Οὐαλέριος Μαξιμιανὸς ἀνίκητος Σεβαστός, ἀρχιερεὺς μέγιστος, Γερμανικὸς μέγιστος, Αἰγυπτιακὸς μέγιστος, Θηβαϊκὸς μέγιστος, Σαρματικὸς μέγιστος πεντάκις, Περσῶν μέγιστος δίς, Κάρπων μέγιστος ἑξάκις, Ἀρμενίων μέγιστος, Μήδων μέγιστος, Ἀδιαβηνῶν μέγιστος, δημαρχικῆς ἐξουσίας τὸ εἰκοστόν, αὐτοκράτωρ τὸ ἐννεακαιδέκατον, ὕπατος τὸ ὄγδοον, πατὴρ πατρίδος, ἀνθύπατος: ‘ [4] καὶ Αὐτοκράτωρ Καῖσαρ Φλαύιος Οὐαλέριος Κωνσταντῖνος εὐσεβὴς εὐτυχὴς ἀνίκητος Σεβαστός, ἀρχιερεὺς μέγιστος, δημαρχικῆς ἐξουσίας, αὐτοκράτωρ τὸ πέμπτον, ὕπατος, πατὴρ πατρίδος, ἀνθύπατος. ‘ [5] καὶ Αὐτοκράτωρ Καῖσαρ Οὐαλέριος Λικιννιανὸς Λικίννιος εὐσεβὴς εὐτυχὴς ἀνίκητος Σεβαστός, ἀρχιερεὺς μέγιστος, δημαρχικῆς ἐξουσίας τὸ τέταρτον, αὐτοκράτωρ τὸ τρίτον, ὕπατος, πατὴρ πατρίδος, ἀνθύπατος, ἐπαρχιώταις ἰδίοις χαίρειν. ‘ [6] μεταξὺ τῶν λοιπῶν, ἅπερ ὑπὲρ τοῦ χρησίμου καὶ λυσιτελοῦς τοῖς δημοσίοις διατυπούμεθα, ἡμεῖς μὲν βεβουλήμεθα πρότερον κατὰ τοὺς ἀρχαίους νόμους καὶ τὴν δημοσίαν ἐπιστήμην τὴν τῶν Ῥωμαίων ἅπαντα ἐπανορθώσασθαι καὶ τούτου πρόνοιαν ποιήσασθαι ἵνα καὶ οἱ Χριστιανοί, οἵτινες τῶν γονέων τῶν ἑαυτῶν καταλελοίπασιν τὴν αἵρεσιν, εἰς ἀγαθὴν πρόθεσιν ἐπανέλθοιεν: [7] ἐπείπερ τινὶ λογισμῷ τοσαύτη αὐτοὺς πλεονεξία κατεσχήκει καὶ ἄνοια κατειλήφει ὡς μὴ ἕπεσθαι τοῖς ὑπὸ τῶν πάλαι καταδειχθεῖσιν, ἅπερ ἴσως πρότερον καὶ οἱ γονεῖς αὐτῶν ᾖσαν καταστήσαντες, ἀλλὰ κατὰ τὴν αὐτῶν πρόθεσιν καὶ ὡς ἕκαστος ἐβούλετο, οὕτως ἑαυτοῖς καὶ νόμους ποιῆσαι καὶ τούτους παραφυλάσσειν καὶ ἐν διαφόροις διάφορα πλήθη συνάγειν. [8] τοιγαροῦν τοιούτου ὑφ̓ ἡμῶν προστάγματος παρακολουθήσαντος ὥστε ἐπὶ τὰ ὑπὸ τῶν ἀρχαίων κατασταθέντα ἑαυτοὺς μεταστήσαιεν, πλεῖστοι μὲν κινδύνῳ ὑποβληθέντες, πλεῖστοι δὲ ταραχθέντες παντοίους θανάτους ὑπέφερον: [9] καὶ ἐπειδὴ τῶν πολλῶν τῇ αὐτῇ ἀπονοίᾳ διαμενόντων ἑωρῶμεν μήτε τοῖς θεοῖς τοῖς ἐπουρανίοις τὴν ὀφειλομένην θρῃσκείαν προσάγειν αὐτοὺς μήτε τῷ τῶν Χριστιανῶν προσέχειν, ἀφορῶντες εἰς τὴν ἡμετέραν φιλανθρωπίαν καὶ τὴν διηνεκῆ συνήθειαν δἰ ἧς εἰώθαμεν ἅπασιν ἀνθρώποις συγγνώμην ἀπονέμειν, προθυμότατα καὶ ἐν τούτῳ τὴν συγχώρησιν τὴν ἡμετέραν ἐπεκτεῖναι δεῖν ἐνομίσαμεν, ἵνα αὖθις ὦσιν Χριστιανοὶ καὶ τοὺς οἴκους ἐν οἷς συνήγοντο, συνθῶσιν οὕτως ὥστε μηδὲν ὑπεναντίον τῆς ἐπιστήμης αὐτοὺς πράττειν. δἰ ἑτέρας δὲ ἐπιστολῆς τοῖς δικασταῖς δηλώσομεν τί αὐτοὺς παραφυλάξασθαι δεήσει: [10] ὅθεν κατὰ ταύτην τὴν συγχώρησιν τὴν ἡμετέραν ὀφείλουσιν τὸν ἑαυτῶν θεὸν ἱκετεύειν περὶ τῆς σωτηρίας τῆς ἡμετέρας καὶ τῶν δημοσίων καὶ τῆς ἑαυτῶν, ἵνα κατὰ πάντα τρόπον καὶ τὰ δημόσια παρασχεθῇ ὑγιῆ καὶ ἀμέριμνοι ζῆν ἐν τῇ ἑαυτῶν ἑστίᾳ δυνηθῶσι. [11] Ταῦτα κατὰ τὴν Ῥωμαίων φωνήν, ἐπὶ τὴν Ἑλλάδα γλῶτταν κατὰ τὸ δυνατὸν μεταληφθέντα, τοῦτον εἶχεν τὸν τρόπον. τί δὴ οὖν ἐπὶ τούτοις γίνεται, ἐπιθεωρῆσαι καιρός.

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Übersetzung: Eberhard Nestle
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Übersetzung

[17, 1] Und während er in alle diese Übel geworfen war, fühlte er diejenigen, welche er gegen die Gottesfürchtigen gewagt hatte. Er sammelte aber bei sich seinen Sinn und zuerst bekannte er dem Gott des Alls und nachher rief er seine Nächsten und sagte zu ihnen, es sollte aufhören die Verfolger der Christen ohne Zögern. Und wie nach dem Gesetz und Befehl des Königs sollte sie eilen zu bauen ihre Kirchen, und in ihren Gewohnheiten sollten sie sich führen, und Gebet zu gunsten der Regierung befahl er, dass sie machten. [2] Und dann folgte die That nach seinem Wort. Und Befehle der Könige in jeder Stadt wurden ausgebreitet der Veränderungen ihrer Worte gegen uns, in denen sie war. „Autokrator Cäsar Galerius Valerius Maximianus und Augustus. Autokrator Cäsar Quistinus […] [6] Mit dem Rest der Dinge der Regierung welche zu gunsten der Pflichten der allgemeinen Vorteile, wollten wir zuerst, dass wir nach den ersten Gesetzen und nach den Satzungen der Regierung der Römer alles zurechtbringen, indem wir auch Sorge darüber machten, dass die Christen, welche die Furcht ihrer Väter verlassen hatten, zu ihr umkehrten. [7] Und wenn nicht in irgend welchem Gedanken hat die ganze solche Habsucht sie erreicht, dass sie nach dem, was die Ersten zeigten, nicht gehen, während ihre Väter früher darin standen, sondern nach ihrem Sinn und wie ein jeder von ihnen will, so haben sie gethan, dass sie ihr Gesetz bewahren und mit allen Unterschieden verschiedene Versammlungen versammeln. [8] Deswegen nun wurde ein solcher Befehl gesetzt, dass sie dem was von den Ersten festgestellt wurde, sich zukehren. Und viele von ihnen überlieferten sich der Gefahr und viele wurden verwirrt und alle Arten von Tod trugen sie. [9] Und weil wir die vielen sehen, dass sie in der Weise beharren, dass sie nicht den Göttern im Himmeln den Dienst, der ihnen schuldig ist, darbringen, und auch nicht in den Dienst der Christen eintreten, so sind wir in unser Barmherzigkeit und in unserer beständigen Gewohnheit, die wir gewöhnt sind, die Fehler zu vergeben allen Menschenkindern, auch in diesem von unserem vollen Willen gesinnt, dass wir ihnen Verzeihung geben, dass sie wieder Christen seien , und die Tempel, in denen sie sich versammelten, wieder aufrichten, und etwas, was gegen diese Bestimmung ist, nicht thun. Und durch einen andern Brief machen wir bekannt den Richtern, was ihnen erforderlich ist, dass sie (es) bewahren. [10] Deswegen wie diese unsere Verzeihung sind sie schuldig, dass sie flehen zugunsten unseres Lebens zu ihrem Gott und der Angelegenheiten der Regierung und zu gunsten ihrer Seele selbst, dass auf jede Weise auch den Angelegenheiten der Regierung Gesundheit gegeben werde und sie ohne Sorge leben können in ihrer Wohnung. Dieses ist von der römischen Sprache in die griechische genommen, wie es möglich war, worin es so war. Mit diesem aber, was geschieht, ist uns Zeit, dass wir es verstehen.“
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Eusebius, Hist. Eccl. 8, 17

Leitfragen:

  1. Was ist der Inhalt des sogenannten Toleranzediktes?

  2. Welche Neuerung enthält es im Gegensatz zum bisherigen Umgang mit den Christen?

  3. Welche Rückschlüsse lässt das Edikt auf die Motive zu, die zu seiner Abfassung führten?

Kommentar:

Eusebius von Cäsarea schrieb mit seiner Kirchengeschichte eine der zentralen Quellen zur Spätantike, nicht nur, aber insbesondere für die Geschichte des Christentums. Geboren um 260 und gestorben um 340 n. Chr. hat Eusebius, der Bischof von Cäsarea wurde, viele der umwälzenden Ereignisse seiner Zeit direkt miterlebt. So auch die Verabschiedung des 311 n. Chr. vom Augustus Galerius herausgegebenen „Toleranzediktes“.

Direkt vorausgegangen war dem Dekret eine lange Zeit der Verfolgungen, die schon unter Diokletian angefangen und viele Opfer im ganzen Reich gefordert hatten. Diese beendete Galerius mit dem hier beschriebenen Edikt zumindest in seinem Reichsteil. Inhaltlich birgt das Dekret eine ganze Reihe von wichtigen Neuerungen: Alle Verfolgungen werden eingestellt, es soll niemand mehr wegen seines christlichen Glaubens verhaftet, gefoltert oder hingerichtet werden. Ferner sollen die Christen die Erlaubnis bekommen, die zerstörten Kirchen wieder aufzubauen und sich ganz offen als Christen zu bekennen. Eine wichtige Bedingung stellt Galerius jedoch in seinem Edikt: Die Christen müssen bereit sein, zu ihrem Gott für das Wohl des Kaisers zu beten.

Diese Inhalte sind durchaus revolutionär zu nennen, denn in den 300 Jahren zuvor war es nie ohne große Gefahr möglich, sich offen als Christ zu erkennen zu geben, da man Repressalien befürchten musste. Das Christentum ist nun religio licita geworden, eine anerkannte Religion innerhalb des römischen Reiches.

Die Stoßrichtung und Wirkung dieses Dekretes ist offensichtlich, weniger deutlich treten die Motive hervor. Zuerst einmal ist zu bemerken, dass Galerius mitnichten Christ wurde, es findet sich in dem Edikt auch kein Wort darüber, dass die Verfolgungen verurteilt würden. Was geschehen ist, ist geschehen, vielmehr verzeiht Galerius den Christen und nicht den Verfolgern! Nirgendwo ist die Rede davon, dass etwa Strafen für Denunzianten verhängt würden. Die Christenverfolgungen waren laut Dekret kein Unrecht, sie werden schlichtweg eingestellt, als Gnade des Augustus Galerius. Und diese hat auch ihre Grenzen, denn die Christen müssen bereit sein, für Galerius zu ihrem Gott zu beten. Die Forschung geht davon aus, dass Galerius schlicht keine Erfolgsaussichten mehr für die Verfolgung sah und den inneren Frieden im Reich wiederherstellen wollte. Das Christentum war zu dieser Zeit bereits sehr weit verbreitet, trotz oder vielleicht gerade wegen der Verfolgungen. Die Verfolger mussten einsehen, dass sie kaum mehr Aussichten auf Erfolg hatten. Man muss also eher politische und taktische Gründe für die Abfassung dieses Dekretes annehmen als tatsächliches Mitgefühl, auch wenn dies im Text gesagt wird. Doch ungeachtet der wohl profanen Motive war dieses Dekret ein wichtiger Schritt für das Christentum, auch wenn man nicht davon ausgehen darf, dass die Verfolgungen damit überall sofort endeten.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Religiöse Strukturen, Die Entwicklung des Christentums“. Um einen breiteren Einblick in die Spätantike zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Römische Geschichte III – Spätantike“.
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Siehe zu den Christenverfolgungen auch die entsprechenden Berichte (I; II; III).

Opfergebot des Diokletian

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Autor_in: Lactanz
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Lact. Mort. Pers. 15 – Original

Furebat ergo Imperator non iam in domesticos tantum, sed in omnes, et primam omnium filiam Valeriam, coniugemque Priscam sacrificio pollui coegit. Potentissimi quondam eunuchi necati, per quos palatium et ipse ante constabat. Comprehensi Presbyteri ac ministri, et sine ulla probatione ac confessione damnati, cum omnibus suis deducebantur. Omnis sexus et aetatis homines ad exustionem rapti: nec singuli, quoniam tanta erat multitudo, sed gregatim circumdato igni amburebantur; domestici, alligatis ad collum molaribus, mari mergebantur. Nec minus in ceterum populum persecutio violenter incubuit. Nam iudices per omnia templa dispersi, universos ad sacrificia cogebant. Pleni carceres erant. Tormentorum genera inaudita excogitabantur; et ne cui temere ius diceretur, arae in secretariis ac pro tribunali positae, ut litigatores prius sacrificarent, atque ita causas suas dicerent; soc ergo ad iudices, tanquam ad deos adiretur. Etiam litterae ad Maximianum atque Constantium commeaverant, ut eadem facerent. Eorum sententia in tantis rebus exspectata non erat. Et quidem senex Maximianus libens paruit per Italiam, homo non adeo clemens. Nam Constantius, ne dissentire a maiorum praeceptis videretur, conventicula, id est, parietes, qui restitui poterant, dirui passus est: verum autem Dei templum, quod est in hominibus, incolume servavit.

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Übersetzung: Aloys Hartl
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Übersetzung

Die Wut Diokletians beschränkte sich nun nicht mehr auf das Hausgesinde, sondern richtete sich wider alle. Und zuerst von allen zwang er seine Tochter Valeria und seine Gemahlin Priska sich mit dem heidnischen Opfer zu beflecken. Die einst einflußreichsten Kämmerer, ehedem die Stützen des Palastes und des Kaisers, verloren das Leben. Priester und Diakone wurden ergriffen und ohne alle Beweis, ohne alles Bekenntnis mit all den Ihrigen zum Tode geführt. Jedes Alter und Geschlecht wurde zum Feuertode geschleppt, und nicht mehr einzeln – so groß war die Menge -, sondern in ganzen Scharen wurden sie rings mit einem Wall von Feuer umgeben und verbrannt. Wer zur Dienerschaft gehörte, wurde mit einem Mühlstein am Halse ins Meer versenkt. Und nicht minder schwer lastete auf dem übrigen Volke die Wucht der Verfolgung; denn die Gerichtsbeamten zerstreuten sich über alle Tempel und zwangen alle zum Opfer. Die Kerker waren überfüllt. Unerhörte Arten von Martern wurden ausgedacht; und damit keinem unversehens Recht gesprochen würde, waren in den Gerichtssälen vor dem Richterstuhle Altäre aufgestellt. Dort hatten die Streitenden zuerst zu opfern und dann erst ihre Sache zu führen, so daß man nun also zu den Richtern wie zu Göttern hinzutreten mußte. Auch Maximian und Konstantius waren Schreiben ergangen, die zu gleichem Verfahren mahnten. Ihr Gutachten war in Dingen von solcher Wichtigkeit nicht abgewartet worden. Gern gehorchte für Italien der greise Maximian, ein Mann, dem Milde nicht gerade sehr eigen war. Konstantius, der den Schein des Abweichens von den Vorschriften der Höheren vermeiden wollte, gestattete zwar das Niederreißen der Versammlungsstätten, d.h. der Wände, die man wieder herstellen konnte, aber den wahren Tempel Gottes, der in den Menschen besteht, ließ er unversehrt.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Lact. Mort. Pers. 15

Leitfragen:

  1. Wie wird der Ablauf der Verfolgung unter Diokletian hier beschrieben?

  2. Welche Absicht der Verfolger lässt sich hinter den Maßnahmen erkennen?

  3. Welcher grundlegende Unterschied in der christlichen und nichtchristlichen Sicht lässt sich dadurch feststellen?

Kommentar:

Lactantius ist einer der wichtigsten christlichen Schriftsteller des dritten und vierten Jahrhunderts. Er erlebte die Christenverfolgungen am eigenen Leib mit und wurde um 315 Hoflehrer für Crispus, den Sohn Kaisers Konstantin. In dieser Stelle aus seiner Schrift De mortibus persecutorum („Über die Todesarten der Verfolger“) berichtet er von den Verfolgungen unter Diokletian.

Nach dem deutlich christlich und gegen Diokletian gerichteten Bericht des Laktanz begann die Verfolgung mit dem Gebot des Kaisers, dass die Christen opfern sollten. Zuerst erwähnt Laktanz hierbei Tochter und Frau des Kaisers sowie eine Reihe einflussreicher Hofbeamter. Schließlich geht er dazu über, die allgemeine Verfolgung zu beschreiben, in der massenhaft Menschen verbrannt wurden, weil sie sich geweigert hatten, zu opfern.

Dadurch werden Ansatz und Strategie der Verfolger deutlich: Auch die höchsten Kreise des Reiches, Kaiserfamilie und Hofstaat, werden nicht geschont, was gleichzeitig auch ein Licht darauf wirft, wie verbreitet das Christentum auch in den höchsten Schichten bereits war. Man konzentrierte sich offenbar auch besonders auf die Anführer der Kirchengemeinden, da man hoffte, die Strukturen so zerschlagen zu können. Generell sollten alle Christen zum Opfer für das römische Göterpantheon und die Kaiser gezwungen werden; wer sich widersetzte, dem drohten Folter und Tod. Dies betraf offenbar sehr viele Menschen, wenn wir dem Bericht des Laktanz Glauben schenken. Zwar sollte man mit antiken Zahlenangaben stets vorsichtig sein, aber wir können davon ausgehen, dass die Opferzahl sehr hoch war. Was ausgelassen wird, ist die Tatsache, dass viele Christen sich auch abwendeten von ihrem Glauben und unter dem Druck der Verfolgungen opferten. Damit waren die Behörden und die Verfolger dann meist zufriedengestellt, für die Kirche boten diese sogenannten „Gestrauchelten“ (lapsi) später ein ganz eigenes Problem, als sie nach Ende der Verfolgungen in die Kirche zurückwollten.

Die Verfolger werden wohl nicht verstanden haben, wieso die Christen oft eher bereit waren, den Tod durch Folter und Feuer zu sterben als den Göttern zu opfern. Dieses Unverständnis liegt in der Grundkonzeption der jeweiligen Religionen begründet. Der christliche Monotheismus sagt eindeutig: Du sollst keine Götter haben neben mir. Daher war es Christen unmöglich, ohne Glaubenskonflikt den Göttern des Reiches zu opfern, zu denen auch die amtierenden Kaiser zählten. Diese Sichtweise war wiederum den Nichtchristen vollkommen unverständlich. Für diejenigen, die an das polytheistische Pantheon der Spätantike glaubten, war es kein großer Schritt, auch Göttern aus anderen Religionen zu opfern, die auch oft genug nach einer Weile in das eigene Pantheon integriert wurden, so beispielsweise geschehen mit dem persischen Mithras oder der ägyptischen Isis. Mitglied diverser Kulte zu sein, war selbstverständlich möglich, weshalb es so unlogisch aus paganer Sicht war, dass die Christen nicht bereit sein sollten, auch anderen Göttern zu opfern. Dies geht auch aus den Briefen des Statthalters Plinius aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr. hervor. Da aber die Teilnahme am Reichskult Pflicht für jeden Bürger war, um den Staat zu erhalten, waren die Christen mit ihrer Haltung sogleich Staatsfeinde, was die Heftigkeit der Verfolgungen zumindest zum Teil erklärt. Die Positionen waren unvereinbar, was auch an dieser Stelle allzu deutlich wird. Nicht lange nach diesen Ereignissen wurden die Verfolgungen eingestellt, und den Christen von Galerius zugestanden, nicht den anderen Göttern opfern zu müssen, sofern sie für den Kaiser beteten.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Diokletian, Konstantin und die konstantinische Dynastie“. Um einen breiteren Einblick in die Spätantike zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Römische Geschichte III – Spätantike“.
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Siehe zu den Verfolgungen auch die Berichte des Eusebius (I; II) und zu früheren Verfolgungen den Bericht zur Verfolgung unter Nero. Zum Toleranzedikt siehe den entsprechenden Beitrag.

Diokletianische Christenverfolgung

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Eusebius
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Euseb. Hist. Eccl. 8,2,4-5 und 8, 6, 7-10 – Original

[8, 2, 4] Ἔτος τοῦτο ἦν ἐννεακαιδέκατον τῆς Διοκλητιανοῦ βασιλείας, Δύστρος μήν, λέγοιτο δ̓ ἂν οὗτος Μάρτιος κατὰ Ῥωμαίους, ἐν ᾧ τῆς τοῦ σωτηρίου πάθους ἑορτῆς ἐπελαυνούσης ἥπλωτο πανταχόσε βασιλικὰ γράμματα, τὰς μὲν ἐκκλησίας εἰς ἔδαφος φέρειν, τὰς δὲ γραφὰς ἀφανεῖς πυρὶ γενέσθαι προστάττοντα, καὶ τοὺς μὲν τιμῆς ἐπειλημμένους ἀτίμους, τοὺς δ̓ ἐν οἰκετίαις, εἰ ἐπιμένοιεν τῇ τοῦ Χριστιανισμοῦ προθέσει, ἐλευθερίας στερεῖσθαι προαγορεύοντα. [5] καὶ ἡ μὲν πρώτη καθ̓ ἡμῶν γραφὴ τοιαύτη τις ἦν: μετ̓ οὐ πολὺ δὲ ἑτέρων ἐπιφοιτησάντων γραμμάτων, προσετάττετο τοὺς τῶν ἐκκλησιῶν προέδρους πάντας τοὺς κατὰ πάντα τόπον πρῶτα μὲν δεσμοῖς παραδίδοσθαι, εἶθ̓ ὕστερον πάσῃ μηχανῇ θύειν ἐξαναγκάζεσθαι.
[…] [8, 6, 7] τοὺς δέ γε βασιλικοὺς μετὰ θάνατον παῖδας, γῇ μετὰ τῆς προσηκούσης κηδείας παραδοθέντας, αὖθις ἐξ ὑπαρχῆς ἀνορύξαντες ἐναπορρῖψαι θαλάττῃ καὶ αὐτοὺς ᾤοντο δεῖν οἱ νενομισμένοι δεσπόται, ὡς ἂν μὴ ἐν μνήμασιν ἀποκειμένους προσκυνοῖέν τινες, θεοὺς δὴ αὐτούς, ὥς γε ᾤοντο, λογιζόμενοι. Καὶ τὰ μὲν ἐπὶ τῆς Νικομηδείας κατὰ τὴν ἀρχὴν ἀποτελεσθέντα τοῦ διωγμοῦ τοιαῦτα: [8] οὐκ εἰς μακρὸν δ̓ ἑτέρων κατὰ τὴν Μελιτηνὴν οὕτω καλουμένην χώραν καὶ αὖ πάλιν ἄλλων ἀμφὶ τὴν Συρίαν ἐπιφυῆναι τῇ βασιλείᾳ πεπειραμένων, τοὺς πανταχόσε τῶν ἐκκλησιῶν προεστῶτας εἱρκταῖς καὶ δεσμοῖς ἐνεῖραι πρόσταγμα ἐφοίτα βασιλικόν. [9] καὶ ἦν ἡ θέα τῶν ἐπὶ τούτοις γινομένων πᾶσαν διήγησιν ὑπεραίρουσα, μυρίου πλήθους ἐν παντὶ τόπῳ καθειργνυμένου καὶ τὰ πανταχῇ δεσμωτήρια, ἀνδροφόνοις καὶ τυμβωρύχοις πάλαι πρότερον ἐπεσκευασμένα, τότε πληρούντων ἐπισκόπων καὶ πρεσβυτέρων καὶ διακόνων ἀναγνωστῶν τε καὶ ἐπορκιστῶν, ὡς μηδὲ χώραν ἔτι τοῖς ἐπὶ κακουργίαις κατακρίτοις αὐτόθι λείπεσθαι. [10] Αὖθις δ̓ ἑτέρων τὰ πρῶτα γράμματα ἐπικατειληφότων, ἐν οἷς τοὺς κατακλείστους θύσαντας μὲν ἐᾶν βαδίζειν ἐπ̓ ἐλευθερίας, ἐνισταμένους δὲ μυρίαις καταξαίνειν προστέτακτο βασάνοις, πῶς ἂν πάλιν ἐνταῦθα τῶν καθ̓ ἑκάστην ἐπαρχίαν μαρτύρων ἀριθμήσειέν τις τὸ πλῆθος καὶ μάλιστα τῶν κατὰ τὴν Ἀφρικὴν καὶ τὸ Μαύρων ἔθνος Θηβαΐδα τε καὶ κατ̓ Αἴγυπτον; ἐξ ἧς καὶ εἰς ἑτέρας ἤδη προελθόντες πόλεις τε καὶ ἐπαρχίας διέπρεψαν τοῖς μαρτυρίοις.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Eberhard Nestle
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Übersetzung

[8, 2, 4] Es war das 16te Jahr der Regierung des Diokletianus im Adar Monat. Als nahe war der Tag des Festes des Leidens unseres Erlösers, dass er komme, da wurden an jedem Ort Schreiben der Regierung ausgebreitet, welche befahlen, dass die Kirchen bis zur Erde zerstört werden sollte, und diejenigen, welche in Ehre gehalten waren, dass sie geschändet würden, und für diejenigen, welche in Knechtschaft gewesen waren und befreit wurden, wenn sie beharren im Sinn des Christentums, sollten von ihren Freiheiten beraubt werden. [5] Die erste Schrift aber, welche gesetzt wurde gegen uns, war so. Nach kurzem aber kamen andere Schreiben, in denen er befahl, dass alle, welche stehen an der Spitze der Kirche an jedem Ort, zunächst überliefert werden sollten den Gefängnissen und zuletzt mit allen Weisen genötigt werden sollten, dass sie opfern. […] [8, 6, 7] Diese Söhne der Häuser der Könige aber nach ihrem Tod, nachdem sie begleitet und in der Erde beigesetzt waren, wie es recht ist, gruben sie von neuem auf und brachten sie herauf und befahlen, dass auch sie ins Meer geworfen wurden, da, wenn sie in ihre Gräber gelegt waren, würden einige sie anbeten und für Götter rechnen. Was aber gethan wurde im Beginn der Verfolgung mit den Zeugen ist dies und solches. [8] Nach kurzer Zeit aber an einem Ort, der Melitene geheissen wird, und wieder auch in Syrien sprossten andere auf in dieser Regierung und ersannen, dass sie alle Machthaber der Kirche an jedem Ort ins Haus der Gefangenen werfen durch den Befehl. [9] Und es war ein Schauspiel, das damit gethan wurde, hoch über jede Erzählung. Denn eine Vielheit von Myriaden wurde gebunden an jedem Ort und das Haus der Gefangenen, das an jedem Platz war, welche bereitet waren von früher für Mörderer und Plünderer der Toten, jetzt von Bischöfen und Presbytern und Diakonen und Lestern und Beschwörern waren sie voll, so dass nicht übrig war ein Platz für diejenigen, welche verurteilt waren wegen böser Thaten. [10] Wieder aber andere Schreiben erreichten die ersten, in welchen geschrieben war über die, welche gebunden waren, dass, wenn sie opfern, sie entlassen werden und gehen dürften in Freiheit wohin sie wollen; wenn sie aber fest sind und nicht gehorchen, war, dass sie mit Vielheit von Qualen zerrissen werden sollten, befohlen. Und von nun wieder auch hier, wie kann einer zählen die Vielheit der Zeugen an jedem Ort, besonders diejenigen in Afrika und in dem Volk der Mauren und in Thebais und in Egypten, die welche nachher (und) auch in Städte und Orte hinausgingen und verherrlicht wurden durch das Zeugnis.
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Euseb. Hist. Eccl. 8,2,4-5 und 8, 6, 7-10

Leitfragen:

1) Wie beschreibt Eusebius Beginn und Ablauf der Christenverfolgung unter Diokletian?

2) Welche Reaktion zeigen die Christen laut Eusebius daraufhin?

3) Welche Rückschlüsse lässt dies auf die Wirksamkeit der Verfolgungen zu?

Kommentar:

Eusebius von Cäsarea war ein Schriftsteller um die Wende vom dritten zum vierten Jahrhundert n. Chr., seine Kirchengeschichte ist eine der wichtigsten Quellen für die Geschichte der Spätantike, besonders des Christentums. In diesem Abschnitt berichtet er von den Verfolgungen unter Diokletian, deren Zeitzeuge er selbst war.

Zuerst gab Diokletian den Befehl, alle Kirchen zu zerstören, die führenden Christen zu entehren und die Freigelassenen, die dem Christentum nicht abschworen, erneut zu versklaven. Ein zweiter Befehl beinhaltete, die lokalen Gemeindeoberhäupter als erstes hinzurichten. Zudem erließ er ein allgemeines Opfergebot: Jeder Bürger des Reiches sollte den olympischen Göttern und dem Kaiser opfern. Die Opfer der Verfolgungen wurden nach ihrer Beisetzung, so beschreibt es Euseb, exhumiert und ins Meer geworfen. Die Opferzahlen waren nach Euseb sehr hoch, er nennt sie „Zeugen“ (Märtyrer), da sie trotz des drohenden Todes bezeugten, Christen zu sein.

Aus diesem Kapitel wird die Reaktion der Christen auf die Verfolgungen deutlich. Wir lesen, dass viele den Märtyrertod wählten. Das zeigt gleich zwei Dinge: Zum einen, dass viele Christen bereit waren, für ihren Glauben in den Tod zu gehen, zum anderen aber auch, dass es nicht alle taten, denn Euseb sagt „viele“ und nicht „alle“. Diese sogenannten lapsi („Gefallene/Gestrauchelte“) und der Umgang mit ihnen nach den Verfolgungen waren ein langwieriges Streitthema der Kirche, da viele diese Menschen schlicht für Verräter hielten. Wir lesen außerdem auch, dass offenbar schon direkt nach ihrem Tod viele Märtyrer kultisch von den Christen verehrt wurden, sonst wäre es für die Verfolger nicht notwendig gewesen, die Toten zu exhumieren und ins Meer werfen zu lassen.

Diese Informationen unterrichten uns über die Wirksamkeit dieser Verfolgungen. Wir sehen keinen Hinweis darauf, dass die Christen unter der Gewaltandrohung reihenweise abgeschworen hätten und wieder zum paganen Kult zurückgekehrt wären, wie es die Verfolger zweifellos gehofft hatten. Auch weder die Zerstörung der Kirchen noch die Ermordung der Gemeindeoberhäupter scheinen für das Ende des Kultes gesorgt zu haben. Wir wissen aus anderen Quellen, dass die Verfolgungen bald eingestellt wurden, denn bei aller Brutalität konnten sie ihr Ziel nicht erreichen, da zu viele Christen bereit waren, den Märtyrertod zu sterben und daraufhin wiederum als Vorbilder von den übrigen Christen verehrt wurden. Nur wenige Jahre später endeten die Verfolgungen mit dem Toleranzedikt des Galerius. An diesem Beispiel wird deutlich, was die Geschichte auch an anderen Beispielen zeigt: Ideen und Religionen lassen sich nicht gewaltsam unterdrücken, auch wenn dies allzu oft versucht wurde und wird.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Diokletian, Konstantin und die konstantinische Dynastie“. Um einen breiteren Einblick in die Spätantike zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Römische Geschichte III – Spätantike“.
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Vergleiche zu den Christenverfolgungen auch den anderen Bericht des Eusebius. Zum Opfergebot des Diokletian und dem Toleranzedikt des Galerius vergleiche die entsprechenden Beiträge. Zur Meinung der Christen über Diokletian, siehe auch den Bericht des Laktanz. Zu früheren Christenverfolgungen, siehe auch den Bericht des Tacitus.

Christenverfolgung in Palästina

Originalquelle

 

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Andreas Bigelmair
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Übersetzung

[3] Im Verlauf des zweiten Jahres entbrannte der Kampf gegen uns noch furchtbarer. Zu der Zeit, da Urbanus Statthalter der Provinz (Palästina) war, erging nämlich zum ersten Male ein Schreiben der Kaiser, das den allgemein verpflichtenden Befehl enthielt: allenthalben haben alle Einwohner den Götterbildern Opfer und Trankspenden zu entrichten. Damals legte Timotheus in Gaza, einer Stadt in Palästina, durch seine Ausdauer in allen Leiden eine glänzende Probe von der Echtheit seines Glaubens an Gott ab und erlangte die Krone der Sieger in den heiligen Kämpfen für die Religion: nach zahllosen Folterqualen, die er erdulden mußte, wurde er einem kleinen und langsam brennenden Feuer übergeben. Gleichzeitig mit ihm bewährten auch Agapius und unsere Zeitgenossin Thekla edelste Standhaftigkeit: sie wurden verurteilt, den wilden Tieren zum Fraße vorgeworfen zu werden. Doch wen hätte nicht Staunen erfaßt, wenn er mit ansah, was weiter geschah, wen hätte es nicht bis in die Seele hinein ergriffen, wenn er auch nur davon gehört? Als nämlich die Heiden ein Volksfest und die dabei üblichen Schauspiele feierten, sprach man vielfach davon, daß außer denen, die sonst schon vor ihnen zu kämpfen hatten, auch die jüngst zu den wilden Tieren Verurteilten zum Kampf erscheinen würden. Als das Gerücht hiervon sich immer weiter verbreitete und mehr und mehr zu allen drang, banden sich sechs Jünglinge, um ihre völlige Bereitwilligkeit zum Martyrium auszurücken, selbst die Hände, traten in raschem Schritte vor Urbanus, der eben gehen wollte und bekannten sich vor ihm als Christen. Ihr Aufnehmen eines Kampfes mit allen Schrecknisse zeigte es, daß diejenigen, welche sich des Glaubens an den Gott des Alls rühmen dürfen, auch vor den Angriffen von wilden Tieren kein Bangen empfinden. Der eine von ihnen hieß Timolaus und stammte aus dem Pontus, der zweite, aus Tripolis in Phönizien gebürtig, nannte sich Dionysius, der dritte von ihnen, mit Namen Romulus, war Subdiakon der Kirche in Diospolis; dazu kamen zwei Ägypter, Paesis und Alexander, und ein mit dem letzteren gleichnamiger Alexander von Gaza. Nicht gering war das Erstaunen, in das sie den Statthalter und seine Umgebung versetzten. Sofort wurden sie in das Gefängnis gebracht. Nachdem wenige Tage später ihnen zwei andere zugestellt worden waren – der eine, ebenfalls mit dem Namen Agapius, hatte schon vor ihnen ob seines wiederholten früheren Bekenntnisses schreckliche und mannigfache Foltern zu überstehen gehabt, der andere, der auch den Namen Dionysius trug, hatte ihnen das zum Lebensunterhalt nötige gebracht – , wurden alle, jetzt acht an der Zahl, an einem Tage in Cäsarea enthauptet, am vierundzwanzigsten Tage des Monats Dystrus, das ist am neunten Tage vor den Aprilkalenden.
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Euseb. De. Mart. Palaest. 3,1

Leitfragen:

1) Wie ist der Ablauf der Verfolgung in Palästina hier geschildert?

2) Welche Botschaft möchte der Autor mit diesem Bericht übermitteln?

3) Welche Rückschlüsse lässt die Quelle auf die Erfolgsaussichten der Verfolgung zu?

Kommentar:

Eusebius von Cäsarea war ein Schriftsteller um die Wende vom dritten zum vierten Jahrhundert n. Chr., seine Kirchengeschichte ist eine der wichtigsten Quellen für die Geschichte der Spätantike, besonders des Christentums. In diesem Abschnitt berichtet er von den Verfolgungen unter Diokletian, deren Zeitzeuge er selbst war.

Ebenso wie in den anderen Teilen des Reiches wurde das Opfergebot Diokletians auch in Palästina umgesetzt. Hier war das Christentum besonders stark, da es dort schließlich auch entstanden war. Wie vom Kaiser befohlen, ordnete der Statthalter an, dass alle Bürger opfern sollten. Die Christen, die sich aus Glaubensgründen weigerten, wurden verhaftet und zum Tode verurteilt. Dabei wichen viele, so berichtet Eusebius, nicht einmal unter Folter von ihrem Glauben ab, sondern gingen bereitwillig in den Tod. Diese sogenannten „Zeugen“ (martyroi – Märtyrer) wurden für die Kirche später zu Helden. Eusebius berichtet uns hier von Szenen, in denen die Christen so demonstrativ todesverachtend auftraten, dass der Statthalter sie nicht im Circus hinrichten, sondern nach weiteren Tagen im Gefängnis enthaupten ließ. Da es Eusebius auch darum ging, das Andenken an das Vorbild der Märtyrer hochzuhalten, nennt er viele von ihnen hier namentlich.

Die Botschaft des Autors ist deutlich aus dem Text zu sehen. Die Verfolger, in diesem Fall der Statthalter, schrecken vor keiner Brutalität zurück, um die Christen entweder zum Opfer zu zwingen, oder hinzurichten. Die Christen jedoch, so Eusebius‘ Botschaft, wehrten sich standhaft, indem sie für ihren Glauben bereitwillig in den Tod gingen, so qualvoll er auch sein mochte. Diese Opferbereitschaft trug sicherlich einen großen Teil dazu bei, dass die Verfolgungen nur wenige Jahre später von Galerius als offensichtlich aussichtslos eingestellt wurden. Allerdings ist zu erwähnen, dass nicht alle Christen sich so verhielten, wie es Eusebius hier suggeriert. Viele brachen mit ihrem Glauben und opferten, wie es verlangt wurde, um der Folter zu entgehen und ihr Leben zu retten. Der Umgang mit diesen „Gestrauchelten“ (lapsi) war später für die Kirche kein geringes Problem.

Aus der Quelle lässt sich denn auch einiges auf die Erfolgsaussichten der Verfolgungen schließen. Zuerst einmal ist die große Zahl offensichtlich, die die Christen inzwischen darstellten. Eine derartig brutale Behandlung so großer Teile der Bevölkerung hätte womöglich früher oder später auch zu Aufständen geführt, trotz der hier so eindrücklich demonstrierten Gewaltfreiheit der Märtyrer. Gleichzeitig sind diese Märtyrer auch das eigentliche Problem für die Verfolger. Wenn die Christen nicht vor der Hinrichtung zurückschrecken und sich sogar absichtlich aneinander fesseln, um ihre Opferbereitschaft auszudrücken, kann der Statthalter so viele hinrichten wie er will: Er hat den Kampf auf der moralischen und massenpsychologischen Ebene schon verloren. Seine Reaktion zeigt, dass er dies begriffen hatte. Anstatt den Märtyrern im Circus eine Bühne zu bieten, lässt er sie Tage später enthaupten, damit sie sich nicht in derart performativer Art und Weise für ihren Glauben würden opfern können.

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Podcast-Hinweise
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Siehe zur Christenverfolgung auch den anderen Bericht des Eusebius, den des Laktanz und zu den frühen Verfolgungen den des Tacitus. Zum Toleranzedikt siehe die entsprechende Stelle.

Laktanz zur Tetrarchie

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Autor_in: Lactanz
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Lact. De mort. pers. 7,2 – Original:

[7] Diocletianus, qui scelerum inventor et malorum machinator fuit, cum disperderet omnia, ne a deo quidem manus potuit abstinere. Hic orbem terrae simul et avaritia et timiditate subuerit. Tres enim particeps regni sui fecit in quattuor partes orbe diviso et multiplicatis exercitibus, cum singuli eorum longe maiorem numerum militum habere contenderent, quam priores principes habuerant, cum soli rem publicam gererent. Adeo maior esse coeperat numerus accipientium quam dantium, ut enormitate indictionum consumptis viribus colonorum desererentur agri et culturae verterentur in silvam. Et ut omnia terrore conplerentur, provinciae quoque in frustra concisae: multi praesides et plura officia singulis regionibus ac paene iam civitatibus incubare, item rationales multi et magistri et vicarii praefectorum, quibus omnibus civiles actus admodum rari, sed condemnationes tantum et proscriptiones frequentes, exactiones rerum innumerabilium non dicam crebrae, sed perpetuae, et in exactionibus iniuriae non ferendae. Haec quoque tolerari non possunt quae ad exhibendos milites spectant. Idem insatiabili avaritia thesauros numquam minui volebat, sed semper extraordinarias opes ac largitiones congerebat, ut ea quae recondebat, integra atque inviolata servaret. Idem cum variis iniquitatibus inmensam faceret cupiditatem, legem pretiis rerum venalium statuere conatus est. Tunc ob exigua et vilia multus sanguis effusus, nec venale quicquam metu apparebat et caritas multo deterius exarsit, noc lex necessitate ipsa post multorum exitium solveretur. Huc accedebat infinita quaedam cupiditas aedificandi, non minor provinciarum exactio in exhibendis operariis et artificibus et plaustris omnibusque quaecumque sint fabricandis operibus necessaria. Hic basilicae, hic circus, hic moneta, hic armorum fabrica, hic uxori domus, hic filiae.

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Übersetzung: Aloys Hartl
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Übersetzung

[7] Diokletian, groß in Erfindung von Verbrechen und im Anstiften von Unheil, konnte bei dem allgemeinen Verderben, das er verbreitete, auch von Gott die Hand nicht zurückhalten. Zwei Eigenschaften wirkten bei ihm zusammen, um den Erdkreis zu verderben: seine Habsucht und seine Furchtsamkeit. Er teilte das gesamte Reich in vier Teile und nahm drei Mitregenten an. Die Heere wurden vervielfältigt; jeder trachtete danach, eine weit größere Anzahl Soldaten zu besitzen, als die früheren Herrscher zur Zeit der Alleinherrschaft gehabt hatten. So ser stieg allmählich die Zahl der Empfänger über die Zahl der Geber, daß bei der Maßlosigkeit der Auflagen die Kräfte der Landsleute sich erschöpften, die Ländereien verlassen wurden und die Saatfelder sich in Wald verwandelten. Und um alles mit Schrecken zu erfüllen, wurden auch die Provinzen in Stücke geteilt. Statthalter in Menge mit zahlreichen Unterbeamten übten den Druck ihrer Herrschaft aus über jedes Gebiet und fast schon über jede Stadt. Dazu kam noch eine Menge von Schatzmeistern, Verwaltungsbeamten, Unterbefehlshabern, und bei all diesen gab es gar selten Verhandlungen in bürgerlichen Rechtssachenm sondern nur Verurteilungen und Gütereinziehungen. Die Einforderungen unzähliger Dinge kehrten nicht bloß häufig wieder, sondern dauerten immerfort, und bei der Einhebung kam es zu unerträglichen Ungerechtigkeiten. Doch das hätte man noch ertragen können, was zum Unterhalt der Soldaten notwendig ist. Aber Diokletian wollte zugleich in unersättlicher Habsucht seine Schatzammern nie vermindert sehen, sondern unaufhörlich raffte er auf außerordentlichem Wege Schätze und Gaben zusammen, um das, was er hinterlegt hatte, unversehrt und ungeschmälert zu bewahren. Durch mannigfaltige Ungerechtigkeiten hatte er eine ungeheure Teuerung hervorgerufen, und nun unternahm er es, den Preis der Lebensmittel durch Gesetz zu bestimmen. Jetzt kam es wegen geringfügiger und unbedeutender Dinge zu vielem Blutvergießen. Aus Furcht brachte man nichts Verkäufliches mehr auf den Markt, und die Teuerung nahm in weit schlimmerem Grade zu, bis die Notwendigkeit selbst das Gesetz nach dem Untergange wieder außer Gebrauch setzte. Zur Habsucht gesellte sich eine grenzenlose Baulust und eine nicht minder schrankenlose Ausplünderung der Provinzen, von denen Werkleute, Künstler, Lastwagen und alle Erfordernisse zur Herstellung der Bauten zu liefern waren. Hier gab es Gerichtshallen zu errichten, hier eine Rennbahn, hier eine Münzstätte, hier eine Waffenwerkstätte, hier ein Haus für die Gemahlin, hier eines für die Tochter.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Lact. De mort. pers. 7,2

Leitfragen:

1) Welche konkreten Anordnungen Diokletians werden von Laktanz beschrieben?

2) Welche Meinung hat der Autor nach dieser Quelle von Diokletian?

3) Wie sind Diokletians Handlungen zu beurteilen?

Kommentar:

Lactantius ist einer der wichtigsten christlichen Schriftsteller des dritten und vierten Jahrhunderts. Er erlebte die Christenverfolgungen am eigenen Leib mit und wurde um 315 Hoflehrer für Crispus, den Sohn des Kaisers Konstantin. In dieser Stelle aus seiner Schrift De mortibus persecutorum („Über die Todesarten der Verfolger“) berichtet er über Maßnahmen Diokletians.

Nach dem Bericht des Laktanz teilte Diokletian die Herrschaft des Reiches auf mehrere Personen auf, insgesamt vier, ein System, das wir Tetrarchie nennen. Das Heer wurde bedeutend vergrößert und die Anzahl der Provinzen durch ihre Verkleinerung vervielfacht. Ferner vermehrte Diokletian das Verwaltungspersonal, begann eine große Bautätigkeit und versuchte sogar, die im Reich herrschende Inflation zu bekämpfen.

Die Stellung des Laktanz zum Kaiser ist dabei eindeutig negativ. Nur aus Herrschsucht habe Diokletian so gehandelt, sein Preisedikt habe zu Unruhen geführt, er plünderte die Provinzen aus und unterjochte jeden einzelnen Untertanen mit seinen zahllosen Beamten, damit er seine Schatzkammern füllen und sich große Prachtbauten errichten konnte. Da Diokletian auch eine Christenverfolgung angeordnet hatte, ist die negative Haltung Laktanz‘ verständlich, die Forschung jedoch kommt in Bezug auf Diokletian zu anderen Urteilen.

Diokletian war der Kaiser, der am Ende der sogenannten Reichskrise des 3. Jhs. die Herrschaft übernahm. Er war mittels Gewalt an die Macht gekommen, wie viele seiner kurzlebigen Vorgänger. Da sich offenbar das Reich nicht mehr von einem Mann beherrschen ließ, bestellte er drei Mitkaiser; zu viert sollte man alle Teile des Reiches verwalten können. Ein starkes Militär wurde benötigt, um die Einfälle von Germanen zu bekämpfen und die Parther in Schach zu halten. Diokletian war jedoch bewusst, dass aus dem Heer zahllose Usurpatoren gegen ihre jeweiligen Kaiser aufgestanden waren. Um ein solches Szenario zu verhindern, wurden die Provinzen und damit die Militärkommandos verkleinert, sodass kein einzelner General oder Statthalter mehr die Macht hätte, sich mit Erfolgsaussichten zum Kaiser auszurufen. Diokletian hatte auch erkannt, dass eine Verdichtung der Staatsverwaltung notwendig war, um die Kontrolle zu behalten, also führte er viele neue Beamte ein. Zwar sind unter seinen Bauten auch Paläste, aber selbst Laktanz kommt nicht umhin zu erwähnen, dass viele dieser Bauten durchaus dem Reich dienten, wie Münzstätten und Gerichte. Und obgleich das Höchstpreisedikt zur Bekämpfung der Inflation am Ende wirkungslos war und auch andere Maßnahmen nicht so griffen, wie Diokletian es beabsichtigt hatte, muss man aus heutiger Perspektive sagen, dass Diokletian es mit seinen Reformen bewerkstelligte, die Dauerkrise des Reiches zumindest für kurze Zeit zu beenden.

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Sehen Sie auch den entsprechenden Beitrag zum Höchstpreisedikt und zu den Christenverfolgungen die jeweiligen Beiträge Christenverfolgung I und Christenverfolgung II.

Plotins Philosophie

Origninalquelle

 

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Übersetzung: Hermann Friedrich Müller
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Übersetzung

[3,4,2] Und von dieser Seele gilt hauptsächlich der Ausspruch: „alles was Seele ist, waltet über das Unbeseelte“; von den Einzelseelen gilt er in verschiedener Weise. „Sie durchwandert den ganzen Himmel bald in dieser, bald in jener Form“ d.h. entweder im empfindenden oder denkenden oder in der bloß vegetativen Form. Denn der herrschende Theil derselben thut das ihm Zukümmliche, die anderen Theile sind unthätig, denn sie sind ausserhalb. Im Menschen aber herrscht nicht das Schlechtere, sondern es ist zugleich mit vorhanden, freilich auch nicht stets das Bessere, sondern auch das Andere nimmt einen gewissen Raum ein. Deshalb [sind auch die Menschen nicht bloss denkende, sondern] auch empfindende Wesen. Sie haben ja auch Organe der Empfindung; auch erinnert vieles in ihnen an die Pflanzen, denn der Körper wächst und erzeugt. Alle Theile wirken also zusammen, nach dem Bessern aber wird die ganze Form als Mensch bezeichnet. Wenn nun die Seele den Körper verlässt, so wird sie das was sie in überwiegendem Maasse war. Deshalb muss man zu dem Höheren seine Zuflucht nehmen, um nicht zur sensitiven Seele zu werden, indem man den Bildern der sinnlichen Wahrnehmung folgt, noch zur vegetativen, indem man dem Zeugungstriebe und der sinnlichen Begier nach Speise folgt, sondern hinan zum Intellektuellen, zum Geist, zu Gott. Diejenigen welche den Menschen bewahrt haben, werden wieder Menschen; die welche bloss in sinnlicher Empfindung gelebt haben, Thiere. War ihre sinnliche Empfindung mit Zorn gepaart, werden sie wilde Thiere, und der hierbei stattfindende Unterschied bedingt den Unterschied dieser Thiere; war sie von Begierde begleitet, von sinnlicher Lust am Begehren, so werden sie die unmässigen und gefrässigen Thiere. Bildete aber nicht einmal die Empfindung im Verein mit diesen Trieben den Grund ihres Lebens, sondern gesellte sich Trägheit der Empfindung hinzu, so werden sie gar Pflanzen; denn dieser vegetative Theil war bei ihnen allein oder doch vorwiegend thätig, ihre Sorge war darauf gerichtet, Bäume zu werden. Diejenigen welche die Musik liebten, im übrigen aber lauter waren, lässt Plato zu Singvögeln werden; die welche als Könige unvernünftig regierten, zu Adlern, wenn nicht andereweitige Schlechtigkeit ihnen anhaftet; die welche sich mit ihren Gedanken in die Lüfte versteigen und sich ohne vernünftige Einsicht stets zum Himmel erheben, zu hochfliegenden Vögeln. Wer die bürgerliche Tugend besitzt, wird Mensch; wer sie aber in ungenügendem Grade besitzt, wird ein geselliges Thier, eine Biene oder dergleichen.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Plot. Enn. 3,4,2

Leitfragen:

1) Wie vollzieht sich nach Plotin der Abstieg der Seele?

2) Auf welcher Philosophie beruht Plotins Denkmodell?

3) In welchem Verhältnis steht diese Philosophie zu anderen religiös-philosophischen Phänomenen der Spätantike?

Kommentar:

Plotin, ein griechischer Philosoph des 3. Jahrhunderts n. Chr., kam wahrscheinlich aus Ägypten. Er gilt allgemein als einer der ersten und wichtigsten Vertreter des sogenannten Neuplatonismus, einer in der Spätantike sehr wichtigen philosophischen Strömung, die auf der Auslegung von Platons Werken beruht.

In diesem Abschnitt seiner Enneaden beschreibt Plotin, wie sich der Abstieg der Seele vollzieht. Nach ihm war die Seele Teil eines Kreislaufes von Wiedergeburten, an deren Ende idealerweise die Einheit mit Gott, dem reinen Intellekt, steht oder aber der Abstieg zu einem niederen Lebewesen, wie Tieren oder Pflanzen. Plotin sieht die Ursache der jeweiligen Wiedergeburt im Verhalten der Seele im vorhergehenden Leben. Stets seien alle drei Aspekte der Seele (intellektueller, sinnlicher und vegetativer) vorhanden. Wenn ein Mensch im Wesentlichen nach dem Intellekt gelebt habe, so werde er als Mensch wiedergeboren. Sollte er sich den Sinnen und der sinnlich wahrnehmbaren Welt verschrieben haben, so wird er als Tier wiedergeboren, jeweils passend zu den Emotionen, denen er am meisten verschrieben war. Wenn ein Mensch aber nur auf Fortpflanzung und damit die vegetative Funktion der Seele gezielt habe, so werde er nach Plotin gar als Pflanze wiedergeboren.

Dieses Denkmodell beruht eindeutig auf Platons Theorie der Seelenwanderung und der Ideenlehre. Letztere besagt, dass wir, dies entstammt dem Höhlengleichnis, nur Abbilder der Wirklichkeit mit unseren Sinnen wahrnehmen; lediglich der reine Intellekt könne das Wahre erkennen. Die Seelenwanderungslehre Platons beinhaltet ebenfalls diesen Kreislauf, allerdings ist er in der Politeia noch nicht so ausführlich dargestellt wie bei Plotin.

Der Neuplatonismus fügt sich in eine ganze Reihe religiös-philosophischer Strömungen der Spätantike. Denn die Idee der Seelenwanderung und des Ab- und Aufstiegs von Seelen ist nicht weit entfernt von den Gedanken der Gnostiker oder auch der christlichen Idee der fleischlichen Auferstehung, sowie der Vorstellung von Himmel und Hölle. In der christlichen Vorstellung führt ein sündhaftes Leben in die Hölle, ein tugendhaftes in den Himmel – im Neuplatonismus führen die Triebe zur Wiedergeburt als Tier, der Intellekt zur Erlösung durch Aufstieg. Erlösungsreligionen und -philosophien hatten in der Spätantike geradezu Hochkonjunktur, und der Neuplatonismus fügt sich gut in die anderen Theorien und Glaubensrichtungen ein.

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Vergleiche zur Religion in der Spätantike auch die Sol-Invictus-Münze oder den Bericht zum Konzil von Nicäa.

Christenverfolung unter Nero

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Autor_in: Tacitus
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Tac. Ann. 15,44 – Original

[44] Et haec quidem humanis consiliis providebantur. mox petita dis piacula aditique Sibyllae libri, ex quibus supplicatum Vulcano et Cereri Proserpinaeque ac propitiata Iuno per matronas, primum in Capitolio, deinde apud proximum mare, unde hausta aqua templum et simulacrum deae perspersum est; et sellisternia ac pervigilia celebravere feminae quibus mariti erant. sed non ope humana, non largitionibus principis aut deum placamentis decedebat infamia quin iussum incendium crederetur. ergo abolendo rumori Nero subdidit reos et quaesitissimis poenis adfecit quos per flagitia invisos vulgus Christianos appellabat. auctor nominis eius Christus Tiberio imperitante per procuratorem Pontium Pilatum supplicio adfectus erat; repressaque in praesens exitiabilis superstitio rursum erumpebat, non modo per Iudaeam, originem eius mali, sed per urbem etiam quo cuncta undique atrocia aut pudenda confluunt celebranturque. igitur primum correpti qui fatebantur, deinde indicio eorum multitudo ingens haud proinde in crimine incendii quam odio humani generis convicti sunt. et pereuntibus addita ludibria, ut ferarum tergis contecti laniatu canum interirent, aut crucibus adfixi aut flammandi, atque ubi defecisset dies in usum nocturni luminis urerentur. hortos suos ei spectaculo Nero obtulerat et circense ludicrum edebat, habitu aurigae permixtus plebi vel curriculo insistens. unde quamquam adversus sontis et novissima exempla meritos miseratio oriebatur, tamquam non utilitate publica sed in saevitiam unius absumerentur.
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Übersetzung: Alfred John Chruch und Willian Jackson Brodribb
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Übersetzung

[44] Such indeed were the precautions of human wisdom. The next thing was to seek means of propitiating the gods, and recourse was had to the Sibylline books, by the direction of which prayers were offered to Vulcanus, Ceres, and Proserpina. Juno, too, was entreated by the matrons, first, in the Capitol, then on the nearest part of the coast, whence water was procured to sprinkle the fane and image of the goddess. And there were sacred banquets and nightly vigils celebrated by married women. But all human efforts, all the lavish gifts of the emperor, and the propitiations of the gods, did not banish the sinister belief that the conflagration was the result of an order. Consequently, to get rid of the report, Nero fastened the guilt and inflicted the most exquisite tortures on a class hated for their abominations, called Christians by the populace. Christus, from whom the name had its origin, suffered the extreme penalty during the reign of Tiberius at the hands of one of our procurators, Pontius Pilatus, and a most mischievous superstition, thus checked for the moment, again broke out not only in Judæa, the first source of the evil, but even in Rome, where all things hideous and shameful from every part of the world find their centre and become popular. Accordingly, an arrest was first made of all who pleaded guilty; then, upon their information, an immense multitude was convicted, not so much of the crime of firing the city, as of hatred against mankind. Mockery of every sort was added to their deaths. Covered with the skins of beasts, they were torn by dogs and perished, or were nailed to crosses, or were doomed to the flames and burnt, to serve as a nightly illumination, when daylight had expired. Nero offered his gardens for the spectacle, and was exhibiting a show in the circus, while he mingled with the people in the dress of a charioteer or stood aloft on a car. Hence, even for criminals who deserved extreme and exemplary punishment, there arose a feeling of compassion; for it was not, as it seemed, for the public good, but to glut one man’s cruelty, that they were being destroyed.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
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Tac. Ann. 15,44

Leitfragen:

1) Wieso lässt Nero laut Tacitus die Christen auf diese Weise hinrichten?

2) Welche Bilder von Nero und den Christen werden dabei hervorgerufen?

3)Welche Rückschlüsse lässt dies auf die Haltung Tacitus‘ in Bezug auf Nero zu?

Kommentar:

Diese berühmte Stelle aus den Annales des Tacitus, eines senatorischen Schriftstellers um die Wende zum zweiten Jahrhundert n. Chr., beschreibt die früheste bekannte „polizeiliche“ Maßnahme gegen die Christen im römischen Reich durch den Kaiser Nero. Dieser ließ nach dem großen Brand von Rom im Jahre 64 n. Chr. viele Christen Roms auf brutale Weise hinrichten, um von den Gerüchten abzulenken, er selbst habe den Brand angeordnet, so Tacitus. Nero lässt die Christen kreuzigen, den wilden Tieren vorwerfen und lebendig verbrennen. Die ersten beiden Strafen sind wohlbekannt als Strafen für entflohene Sklaven (Kreuzigung) und für Schwerverbrecher (Hinrichtung durch wilde Tiere – ad bestias). Die Wahl der Bestrafung durch Nero soll also den Bürgern zeigen, dass hier Schwerverbrecher hingerichtet werden.

Tacitus zeichnet ganz bestimmte Bilder von Nero und den Christen. Sie werden als Verbrecher, als Frevler dargestellt, die laut Tacitus eigentlich keine andere Strafe verdient hätten als das, was Nero mit ihnen tat. Damit ist er genau im Geiste seiner Zeit, die in den Christen wenig anderes als eine militante jüdische Sekte sah, die die römische Ordnung in Judäa und anderswo in Frage stellte und daher zerstört werden musste. Der Vorwurf, sie hätte Brunnen vergiftet, war damals weit verbreitet. Nero hingegen kommt bei Tacitus ebenfalls schlecht weg. Denn, so schlimm die Christen auch seien, hatten sie dennoch diese Art von Strafen nicht verdient – Tacitus sieht die Gründe vielmehr in Neros sprichwörtlichem Hang zur Grausamkeit, der sich hier ausgedrückt habe. Der wahnsinnige Kaiser, der erst seine eigene Stadt anzündet und dann aus purer Grausamkeit und um von der eigenen Tat abzulenken, viele Menschen brutal hinrichten lässt, entspricht einem Nerobild, das sich gut in die sonstige Darstellung Neros und anderer negativ besetzter Kaiser einfügt. Wie die meisten Historiographen seiner Zeit, gehörte auch Tacitus zu den Senatoren, welche im ersten Jahrhundert des Principates keine gute Meinung von den Kaisern hatten – Tiberius ist grausam und feige, Caligula sogar noch schlimmer, Claudius ist unfähig und Nero zündet Rom an und ermordet seine Mutter. Das von den senatorischen Schriftstellern aufgestellte Bild des Caesarenwahnsinns hat sich bis heute hartnäckig gehalten – alternative Quellen fehlen uns fast vollständig, sodass es heute kaum noch möglich ist, durch die literarisch überformten Bilder die tatsächlichen Principes zu greifen. Die senatorischen Geschichtsschreiber müssen daher stets mit großer Vorsicht gelesen werden, wenn es um die Persönlichkeiten der Principes geht.

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Siehe zu den späteren Christenverfolgungen auch die entsprechenden Beiträge (Opfergebot; Eusebius I; Eusebius II) und das Toleranzedikt.

Augustus Staatsakt

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Autor_in: Cassius Dio
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Cassius Dio 53,11,4-53,12,3 – Original

[4] οὔτ᾽ ἀπιστήσαντες διαβαλεῖν τε αὐτὸν καὶ ἐλέγξαι ἐτόλμων, οἱ μὲν ὅτι ἐφοβοῦντο, οἱ δ᾽ ὅτι οὐκ ἐβούλοντο. Ὅθενπερ καὶ πιστεύειν αὐτῷ πάντεςοἱ μὲν ἠναγκάζοντο οἱ δὲ ἐπλάττοντο. Καὶ ἐπαινεῖν αὐτὸν οἱ μὲν οὐκ ἐθάρσουνοἱ δ᾽ οὐκ ἤθελον, ἀλλὰ πολλὰ μὲν καὶ μεταξὺ ἀναγιγνώσκοντος αὐτοῦ διεβόωνπολλὰ δὲ καὶ μετὰ τοῦτο, μοναρχεῖσθαί τε δεόμενοι καὶ πάντα τὰ ἐςτοῦτο φέροντα ἐπιλέγοντες, μέχρις οὗ κατηνάγκασαν δῆθεν αὐτὸν αὐταρχῆσαι. [5] Καὶ παραυτίκα γε τοῖς δορυφορήσουσιν αὐτὸν διπλάσιον τὸν μισθὸν τοῦ τοῖς ἄλλοις στρατιώταις διδομένου ψηφισθῆναι διεπράξατο, ὅπως ἀκριβῆ τὴν φρουρὰν ἔχῃ. Οὕτως ὡς ἀληθῶς καταθέσθαι τὴν μοναρχίαν ἐπεθύμησε. [12, 1] τὴν μὲν οὖν ἡγεμονίαν τούτῳ τῷ τρόπῳ καὶ παρὰ τῆς γερουσίας τοῦ τε δήμου ἐβεβαιώσατο, βουληθεὶς δὲ δὴ καὶ ὣς δημοτικός τις εἶναι δόξαι, τὴν μὲν φροντίδα τήν τε προστασίαν τῶν κοινῶν πᾶσαν ὡς καὶ ἐπιμελείας τινὸς δεομένων ὑπεδέξατο, οὔτε δὲ πάντων αὐτὸς τῶν ἐθνῶν ἄρξειν, [2] οὔθ᾽ ὅσων ἂν ἄρξῃ, διὰ παντὸς τοῦτο ποιήσειν ἔφη, ἀλλὰ τὰ μὲν ἀσθενέστερα ὡς καὶ εἰρηναῖα καὶ ἀπόλεμα ἀπέδωκε τῇ βουλῇ, τὰ δ᾽ἰσχυρότερα ὡς καὶ σφαλερὰ καὶ ἐπικίνδυνα καὶ ἤτοι πολεμίους τινὰς προσοίκους ἔχοντα ἢ καὶ αὐτὰ καθ᾽ [3] ἑαυτὰ μέγα τι νεωτερίσαι δυνάμενα κατέσχε, λόγῳ μὲν ὅπως ἡ μὲν γερουσία ἀδεῶς τὰ κάλλιστα τῆς ἀρχῆς καρπῷτο, αὐτὸς δὲ τούς τε πόνους καὶ τοὺς κινδύνους ἔχῃ, ἔργῳ δὲ ἵνα ἐπὶ τῇ προφάσει ταύτῃ ἐκεῖνοι μὲν καὶ ἄοπλοικαὶ ἄμαχοι ὦσιν, αὐτὸς δὲ δὴ μόνος καὶ ὅπλα ἔχῃ καὶ στρατιώτας τρέφῃ.
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[wpdm_package id=’1815′]

 

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
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Cassius Dio 53,11,4-53,12,3

Leitfragen:

1) Welche neuen Regelungen trifft Augustus in dieser Senatssitzung?

2) Warum teilt Augustus die Provinzen des Reiches so auf, wie es Cassius Dio beschreibt?

3) Welche Informationen bietet die Quelle für das Verhältnis zwischen Senat und Augustus?

Kommentar:

Cassius Dio, ein aus Bithynien stammender Senator und Konsul aus severischer Zeit (geb. 164 n. Chr.), beschreibt uns in diesem Abschnitt seiner römischen Geschichte den berühmten Staatsakt Octavians aus dem Jahre 27 v. Chr., der als eines der politischen Meisterstücke des Princeps gilt.

Er hält eine lange Rede vor dem Senat, in der er diesem alle Kompetenzen, die er im Bürgerkrieg auf sich vereint hatte, zurückgibt und seine großen Taten für das römische Volk preist. Der Senat hat, berechtigterweise, Angst vor dem Mann, dem alle Armeen des Reiches direkt unterstehen und spielt das abgekartete Spiel mit, auch wenn eine Reihe von Senatoren Zweifel hat. Augustus lässt sich in diesem Staatsakt vom Senat die Alleinherrschaft „aufnötigen“ und kann somit später so tun, als wäre das nicht sein Ziel gewesen.

Dass alles von Anfang an geplant war, wird jedoch an den ersten Regelungen deutlich, die Cassius Dio überliefert. Zuerst sichert Octavian sich eine aufgrund doppelten Soldes höchst loyale Leibwache, was auch Cassius Dio als Merkmal der Monarchie ansieht. Im Anschluss daran teilt er die Provinzen des Reiches auf: Wo Probleme sind, übernimmt er die Macht, wo Frieden herrscht, gibt er die Provinzen in die Hände des Senates. Dies ist ebenfalls ein höchst geschickter Schachzug, denn so kann er behaupten, er habe sich doch selbst aller Probleme angenommen und die lukrativen Provinzen dem Senat abgetreten, während er in Wirklichkeit auf diese Weise weiterhin alle Truppen kontrolliert, denn die stehen in den umkämpften Grenzprovinzen, nicht in den befriedeten. Das persönliche Interesse der Senatoren wird ebenfalls deutlich: Bereicherung. Die Provinzen, die ihnen übertragen werden, sind die wohlhabendsten des Reiches, darunter Asia Minor. Es handelt sich um die Provinzen, in denen sie über das rücksichtslose Steuerpachtsystem enorme Summen von den Provinzialen erpressen können, ohne wirklich fürchten zu müssen, dafür belangt zu werden.

Dennoch, die Vorteile dieser Abmachung liegen eindeutig auf Augustus‘ Seite, und es ist offenkundig, dass der Senat aufgrund der militärischen Lage keine andere Wahl hatte als bei dieser Farce mitzuspielen.

Es ist dhttps://emanualaltegeschichte.blogs.uni-hamburg.de/wp-admin/post.php?post=526&action=editeutlich, dass Octavian kluge Schlüsse aus den Bürgerkriegen zog: Er gab die Truppen nicht aus der Hand, kam aber dem Senat in anderen Punkten entgegen. Er begrenzte vorgeblich diese Regelung auf zehn Jahre, ließ sie aber immer wieder erneuern; so verhinderte er den Eindruck, wie Cäsar eine lebenslange Diktatur/Alleinherrschaft anzustreben. Auch wenn jedem klar sein musste, dass dies sein Ziel war, musste man sich nicht, wie noch bei Cäsar, schlicht unterwerfen: Augustus bot dem Senat einen gesichtswahrenden Weg an, denn er wollte nicht das Schicksal seines Adoptivvaters teilen. Einen zweiten Marcus Antonius wusste er ebenfalls zu verhindern, indem er (dies erwähnt Cassius Dio später) den Senatoren den Besuch der kornreichen Provinz Ägypten untersagte. Diese lebenswichtige Provinz konnte er nur handverlesenen Leuten anvertrauen, den ritterlichen praefecti Aegypti; nicht ohne Grund war der praefectus Aegypti in der Kaiserzeit das höchste Amt der ritterlichen Laufbahn.

Im Staatsakt von 27 v. Chr. wird die ganze politische Raffinesse des ersten Princeps deutlich sowie seine Fähigkeit, aus den Fehlern der Vorgänger (Pompeius, Caesar, Marcus Antonius) zu lernen.

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Vergleiche zu seinem Verhältnis zum Senat auch die Umstrukturierung des Senates sowie die Verschwörung von 23 v. Chr. und zum Umgang der Statthalter mit ihren Provinzen das Edikt von Kyrene.

Augustus Prima Porta

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Augustus von Prima Porta

Leitfragen:

1 ) Wer sind die Adressaten der Statue?

2) Welche Botschaften möchte Augustus dem Betrachter mit der Statue übermitteln und was für Erkenntnisse kann man daraus über die Situation zur Zeit ihrer Herstellung gewinnen?

3) Welche Rückschlüsse lassen sich aus der Akzentsetzung der Statue auf die Gedankenwelt und Kultur der intendierten Betrachter ziehen?

Kommentar:

Beim Augustus von Prima Porta handelt es sich um eine der bekanntesten Statuen der Antike. Legt man ihren Hauptzweck, nämlich die Versinnbildlichung des Systems der augusteischen Propaganda, zu Grunde, kann man durchaus von einem langfristigen Erfolg sprechen. Dargestellt ist ein stehender, barfüßiger Augustus in Rüstung und Feldherrenmantel, neben seinem Bein ist ein kleiner Cupido auf einem Delphin abgebildet. Die Statue soll dem Betrachter eine Reihe von Botschaften übermitteln:

Erstens die Botschaft, dass Augustus von göttlicher Abstammung und beinahe selbst ein Gott ist. Der kleine Cupido auf seinem Delphin ist ein Hinweis auf seine Mutter, Venus, die gleichzeitig als mythische Ahnherrin der Familie der Julier fungiert, zu der Augustus nach seiner Adoption durch Julius Caesar gehört. Weiterhin ist er barfüßig dargestellt, dies ist gewöhnlich nur bei Götterstatuen der Fall.

Zweitens wird auf Augustus‘ militärischen Ruhm verwiesen, ein Ruhm den der oft kränkliche Princeps nicht selbst erwarb; bei seinem großen Sieg in Actium lag er höchstwahrscheinlich krank im Zelt. Er ist in Rüstung dargestellt und mit Feldherrenmantel über dem Arm, den rechten Arm in der Geste eines Feldherrn ausgestreckt, der zu seinen Truppen spricht. Links und rechts auf dem Brustpanzer finden sich die Darstellungen von Frauen, die Personifikationen Spaniens und Galliens, der neu unterworfenen Provinzen.

Drittens wird der größte diplomatische Erfolg des Princeps ins Zentrum der Darstellung gerückt. In der Mitte des Brustpanzers sieht man einen Parther, der einem Römer Legionsfeldzeichen überreicht. Es handelt sich dabei um die Feldzeichen, die die Parther im Jahre 53 v. Chr. nach der Schlacht von Carrhae erbeutet hatten. Bis zur Rückgabe der Feldzeichen war ihr Verlust eine „nationale“ Schmach für die Römer, die sie nicht vergessen konnten. 20 v. Chr. gelang es Augustus, die friedliche Rückgabe der Feldzeichen zu erwirken, was auch auf zahlreichen seiner Münzen geprägt wurde.

Viertens wird die Ära dauerhaften Friedens, die unter Augustus angeblich im Reich herrschte, auf dem Brustpanzer symbolisch geschickt präsentiert. Nach der Schlacht von Actium 31 v. Chr. waren zwar die inneren Bürgerkriege vorbei, aber damit herrschte mitnichten im gesamten Reich Frieden, denn vor allem in Germanien wurden Schlachten geschlagen, die berühmteste davon ist die Varusschlacht im Jahre 9 n. Chr., in der drei römische Legionen vernichtet wurden. Auf der Statue wird jedoch ein dauerhafter Frieden in Wohlstand präsentiert. Am unteren Ende des Panzers finden sich die Erdgöttin Tellus mit dem Füllhorn und zwei Kleinkinder, den Zeichen für Wohlstand und Fruchtbarkeit. Über allem thront oben Saturn, der symbolisch für ein vergangenes, goldenes Zeitalter steht, das durch Augustus erneuert wurde. Horaz hat 17 v. Chr. in seinem carmen saeculare zur Feier des neuen Jahrhunderts das neue goldene Zeitalter des Augustus ebenfalls gepriesen. Neben Saturn befinden sich Sol, Aurora und Luna, die Götter der Sonne, der Morgenröte und des Mondes, deren ewiger Kreislauf auf die ebenfalls ewige Dauer dieser goldenen Zeit und des römischen Reiches verweist.

Alle diese Aspekte und noch weitere sind in der Statue kondensiert, die wohl in der Villa der Livia, der Frau des Augustus, in Prima Porta stand, wo Besucher sie bestaunen konnten. Es wird davon ausgegangen, dass eine Bronzeversion dieser Statue Bestandteil der großen Säkularspiele von 17 v. Chr. war.

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Vergleiche zur Propaganda des Augustus auch den Tugendschild, die Textbeispiele aus den res gestae (I; II; III) sowie seine Münzprägungen und zum Thema des eben nicht dauerhaften Friedens im Reich auch den Bericht über die Gründung von Augusta Praetoria, den Bericht zu Varusschlacht und den Grabstein eines Gefallenen der Schlacht.

Augustus-Inschrift von Kyrene

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Johannes Stoux und Leopold Wenger
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

Imperator Caesar Augustus, Pontifex Maximus, Inhaber der tribunizischen Amtsgewalt das neunzehnte Mal verkündet:
Folgenden Senatsbeschluß, gefaßt im Jahre der Konsuln C. Calvisius und L. Passienus in meiner Gegenwart und mit Unterschrift auch meines Namens, welche die Sicherung der Bundesgenossen und des römischen Volkes betrifft, habe ich, um ihn allen, denen unsere Fürsorge gilt, bekannt zu machen, beschlossen in die Provinzen zu senden und unter Verkündigung (die Autorität meines Ediktes) zu stelle, Daraus wird allen Bewohnern der Provinz offenbar sein, welche Fürsorge ich und der Senat darauf verwenden, daß keiner unserer Untertanen wider die Billigkeit etwas (ein Unrecht) zu erleiden hat oder einer Betreibung ausgesetzt ist.
Senatsbeschluß:
[…] Unsere Vorfahren haben Klagen wegen Rückforderung (erpreßter) Gelder durch Gesetz geschaffen, damit die Bundesgenossen um so leichter wegen erlittenen Unrechts gerichtlich vorgehen und als Opfer einer Erpressung ihr Geld wieder erlangen könnten. Weil aber die Sonderart dieser Gerichte unter Umständen besonders beschwerlich und lästig ist für diejenigen, um derentwillen doch das Gesetz gegeben wurde, da aus weit entlegenen Provinzen als Zeugen arme gelegentlich auch durch Alter oder Krankheit geschwächte Personen herangeschleppt werden mußten, so bestimmt der Senat: Wenn Bundesgenossen inskünftig nach Zustandekommen dieses Senatsbeschlusses Gelder, die ihrem Gemeinwesen oder Privaten durch Erpressung genommen wurden, zurückverlangen wollen, ohne jedoch den, der sie genommen hat, mit einem Kapitalprozess zu verfolgen, und von dieser Forderung (als Kläger) auftretend einem der Magistrate, der die Befugnis zur Einberufung des Senates besitzt, Anzeige erstatten,dann soll sie der Magistrat so bald als möglich vor den Senat führen und ihnen einen Fürsprecher stellen, der für sie vor dem Senat das Wort führen wird, und zwar den, den sie selbst sich ausbitten. Wider seinen Willen soll keiner, dem auf Grund der Gesetze das Recht zur Ablehnung dieser Leistung zusteht, Fürsprecher sein.
Worüber sie im Senate Anschuldigungen vorbringen, damit sie darüber (des nähern) vernommen werden, soll der Magistrat, der ihnen den Zugang zum Senate verschaffte, am gleichen Tage noch in Anwesenheit des Senates, und zwar in Mindestzahl von 200 Mitgliedern eine Losung vornehmen: [Es folgt ein langer Abschnitt über das Losverfahren. Abgelehnt werden sollen alle, die Blutsverwandte oder Feinde des Klägers sind.] Die bestellten Richter sollen ausschließlich in Bezug auf die Gelder Gehör geben und erkennen, deretwegen einer angeklagt wird als Erpresser an Gemeinden oder Privaten; und sie sollen genau die Summe Geldes, von der die Ankläger nachweisen können, daß sie ihnen, sei es dem Gemeinwesen oder Privaten, entrissen worden ist, zurückzuerstatten Befehl geben, unter der Auflage, daß die Richter innerhalb von 30 Tagen ihren Spruch fällen. […] Ferner beschließe der Senat, daß der Magistrat, der die Losung der Richter vorgenommen habe, oder im Falle seiner Behinderung, von den Konsuln der die Geschäfte Führende, den Vorsitz in diesem Verfahren habe und die Befugnis erteile, Zeugen zu laden, nur solche, die sich in Italien aufhalten, und unter der Bedingung, daß er demjenigen, der aus privater Schädigung etwas einklagt, nicht mehr als fünf, denen die aus Schädigung der Gemeinde klagen, nicht mehr als zehn zu laden verstatte. Desgleichen bestimme der Senat, daß die Richter, die auf Grund dieses Senatsbeschlusses zur Auslosung kommen, das Urteil, das sich ein jeder von ihnen bildet, öffentlich Kund geben, und daß, was die Mehrzahl kund getan, Geltung habe.“

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Inschrift vom Marktplatz von Kyrene

Leitfragen:

1) Welche konkreten Veränderungen werden vom Senat beschlossen und welche Rückschlüsse lässt dies auf die vorherige Situation zu?

2) Inwieweit verbessert sich die Situation der Provinzialen tatsächlich?

3) Warum ordnet Augustus diese Maßnahmen an?

Kommentar:

Die vorliegende Inschrift datiert in das Jahr 5/4 v. Chr. Sie ist an der Zählung der tribunizischen Amtsgewalt des Herrschers genau zu datieren: Augustus erhielt diese im Jahre 23 v. Chr., daher fällt sein neunzehntes Tragen dieser Amtsgewalt entweder in das Jahr 5 oder 4 v. Chr.

Aufgestellt wurde sie auf dem Marktplatz von Kyrene, gut sichtbar für alle Bewohner. Sie ist auf Griechisch abgefasst, in der Standardsprache der Osthälfte des Reiches.

Es handelt sich um die Bekanntgabe eines Senatsbeschlusses, der sich mit der Situation der Provinzialen befasst. Seit der Entstehung der Provinzen hatte es immer wieder berechtigte Beschwerden über ihre rücksichtslose Ausplünderung durch die römischen Statthalter gegeben. Der bekannteste Fall wird der des Gaius Lucius Verres sein, Statthalter in Sizilien und von Cicero 70 v. Chr. seiner Verfehlungen im Amt wegen angeklagt und für seine Plünderungen ins Exil geschickt. Aber er war beileibe nicht die Ausnahme, sondern eher der Regelfall. Von Caesar wissen wir, dass er beim Antritt seiner Statthalterschaft in Spanien im Grunde bankrott und hochverschuldet war, danach hatte er nicht nur seine Schulden getilgt, sondern kam als reicher Mann wieder.

Das vorliegende Edikt des Senates verbessert die Situation der Provinzialen bedeutend. Zwar werden sie weiterhin regelmäßig von ihren Statthaltern und Magistraten ausgebeutet, was der Senat mit seinem Beschluss gar nicht verhindern will. Es werden auch keine besonderen Strafen genannt, die den der Erpressung überführten Magistrat erwarten; er muss lediglich die Summe zurückzahlen, die er erpresst hat, von einer Strafzahlung oder gar dem Exil ist hier keine Rede.

Warum ist dieser Senatsbeschluss dennoch eine Verbesserung für die Provinzialen? Im Gegensatz zur Situation vorher, haben sie immerhin eine wesentlich verbesserte Möglichkeit, überhaupt gegen ausbeuterische Magistrate zu klagen. Das durften sie vorher zwar auch, aber sie mussten als Ankläger mit allen ihren Zeugen nach Rom kommen. Außer für besonders reiche Provinziale war es damit den meisten Reichsbewohnern faktisch unmöglich zu klagen, da sie weder die Mittel für die Reise aufbringen noch den Verdienstausfall möglicherweise eines ganzen Jahres in Kauf nehmen konnten. Ferner war ihre Aussicht auf Erfolg gering, weil die Senatoren ungerne ihre Standesgenossen aufgrund von Vergehen verurteilten, die sie selbst praktizierten. Diese Schwierigkeiten hatte schon Cicero in seinen Verres-Reden deutlich gemacht. Mit dem neuen Senatsbeschluss können die Ankläger jedoch einen Vertreter vor Gericht benennen, der für sie spricht – ebenfalls ein großer Vorteil für die breiteren Schichten, die keine rhetorische Ausbildung besaßen. Der Beschluss besagt, dass jeder Magistrat, der den Senat einberufen darf, als Vertreter fungieren kann, weshalb sich die Provinzialen ab diesem Zeitpunkt auch direkt an Augustus wenden konnten. Ebenso vorteilhaft war die Möglichkeit, nun einige der zuvor ausgelosten Richter ablehnen zu können.

Außerdem war es den Senatoren nicht mehr möglich, den Prozess ewig zu verschleppen, da das Gericht binnen 30 Tagen ein Urteil fällen musste, was die Verdienstausfälle für die Provinzialen besser kalkulierbar machte.

Auch wenn dieser Beschluss das Problem der Provinzausplünderung durch die Magistrate nicht beseitigte, so milderte er die Situation zumindest ab. Augustus hatte scheinbar erkannt, dass man den Menschen in den besetzten Gebieten entgegen kommen musste, um Aufstände zu verhindern. Die Fürsorge, die er zu Beginn anspricht, entspricht seiner Rolle als Patron der gesamten Reichsbevölkerung. 

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Vergleiche zur Rolle des Augustus als pater patriae auch den Bericht zur Veteranenansiedlung sowie die Statue des Augustus aus Prima Porta.