Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tacitus
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Tac.ann. 14,3-Original
Igitur Nero vitare secretos eius congressus, abscedentem in hortos aut Tusculanum vel Antiatem in agrum laudare quod otium capesseret. postremo, ubicumque haberetur, praegravem ratus interficere constituit, hactenus consultans, veneno an ferro vel qua alia vi. placuitque primo venenum. sed inter epulas principis si daretur, referri ad casum non poterat tali iam Britannici exitio; et ministros temptare arduum videbatur mulieris usu scelerum adversus insidias intentae; atque ipsa praesumendo remedia munierat corpus. ferrum et caedes quonam modo occultaretur nemo reperiebat; et ne quis illi tanto facinori delectus iussa sperneret metuebat. obtulit ingenium Anicetus libertus, classi apud Misenum praefectus et pueritiae Neronis educator ac mutuis odiis Agrippinae invisus. ergo navem posse componi docet cuius pars ipso in mari per artem soluta effunderet ignaram: nihil tam capax fortuitorum quam mare; et si naufragio intercepta sit, quem adeo iniquum ut sceleri adsignet quod venti et fluctus deliquerint? additurum principem defunctae templum et aras et cetera ostentandae pietati.
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Alfred John Church
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Übersetzung
Nero accordingly avoided secret interviews with her, and when she withdrew to her gardens or to her estates at Tusculum and Antium, he praised her for courting repose. At last, convinced that she would be too formidable, wherever she might dwell, he resolved to destroy her, merely deliberating whether it was to be accomplished by poison, or by the sword, or by any other violent means. Poison at first seemed best, but, were it to be administered at the imperial table, the result could not be referred to chance after the recent circumstances of the death of Britannicus. Again, to tamper with the servants of a woman who, from her familiarity with crime, was on her guard against treachery, appeared to be extremely difficult, and then, too, she had fortified her constitution by the use of antidotes. How again the dagger and its work were to be kept secret, no one could suggest, and it was feared too that whoever might be chosen to execute such a crime would spurn the order.
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Nathalie Klinck
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Tac.ann. 14,3
Leitfragen:
1.) Was wird in dieser Textstelle beschrieben?
2.) In welche Beziehung standen Agrippina und Nero zueinander?
3.) Welche Folgen hatte dieses Attentat?
Kommentar:
Der vorliegende Quellenauszug stammt aus den Annalen des römischen Geschichtsschreibers Tacitus (58-120 n. Chr.). Tacitus, der während seiner Senatorenlaufbahn die Stationen des cursus honorum bis zum Konsulat durchlief, ist heute vor allem aufgrund seiner beiden großen Geschichtswerke, der Historia und den Annalen bekannt. Die Annalen behandeln die Herrschaftszeit der julisch-claudischen Dynastie, von Augustus bis Nero, wobei mit den Aussagen, die Tacitus trifft, grundsätzlich vorsichtig umgegangen werden muss, da es sich bei der antiken Historiographie keinesfalls um einen objektiven Versuch der Geschichtsschreibung handelt. In dem hier dargestellten Auszug geht es um die schwierige Beziehung von Kaiser Nero zu seiner Mutter Agrippina. Agrippina versuchte, die verlorene Kontrolle über ihren Sohn wiederzuerlangen und war aus diesem Grund verantwortlich für einige Verschwörungen und Intrigen, die zum Sturz des Kaisers führen sollten. Diese konnten ihr allerdings nicht offiziell nachgewiesen werden. Nero, der in Furcht vor den Taten seiner Mutter lebte, hielt nach Möglichkeit Abstand zu ihr und lobte sie, wenn sie sich außerhalb Roms auf ihren Landgütern aufhielt.
In letzter Instanz entschloss er sich dazu seine Mutter umzubringen. In dem Quellenauszug geht er die möglichen Tötungsarten durch; Gift schien ihm am einfachsten, allerdings befürchtete er, dass zu einfach eine Verbindung zu ihm gezogen werden könne – da er bereits im Verdacht stand seinen Bruder Britannicus vergiftet zu haben. Zudem sorgte er sich darum, dass Agrippina aufgrund ihrer vielfachen Erfahrungen mit solch bösartigen Machenschaften, durch das regelmäßige einnehmen eines Gegengiftes immun sei. Schließlich entschied sich Nero gegen einen Giftanschlag und für ein Attentat auf hoher See. Er beabsichtigte, seine Mutter mit einem eigens dafür konzipierten Schiff zu versenken. Unter vielen Schmeicheleien komplimentierte er Agrippina auf das Schiff, welches sobald es in See stach, auseinanderbrach. In dem dabei entstehenden Chaos konnte sich Agrippina allerdings nur leicht verletzt an Land retten.
Nero, der von der Nachricht schnellstmöglich in Kenntnis gesetzt wurde, entschied sich ein Jahr später 59 n. Chr. für einen zweiten Mordanschlag auf seine Mutter, der diesmal auch gelang. Die Ermordung der Mutter des Kaisers in ihrer Villa wurde für die Öffentlichkeit notdürftig mit einem weiteren geplanten Anschlag von ihr auf den Kaiser gerechtfertigt. Nero sollte in den Folgejahren immer wieder in unterschiedliche Gewaltverbrechen gegen seine Familie und gegen verschiedene römische Senatoren verwickelt werden. Diese Verwicklungen und sein nicht standesgemäßes Ende, als hostis, als Feind des römischen Reiches, machen Nero bis heute zu einem der umstrittensten Kaiser des Imperium Romanum.