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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Zon. 3, 2, 12-13
Leitfragen:
1) Wie sind die Umstände des Todes von Fausta und Crispus beschrieben?
2) Ist diese Erzählung des Zonaras glaubwürdig in Bezug auf die Motive der Beteiligten?
3) Welche Rückschlüsse lässt dies auf seine Arbeitsweise zu?
Kommentar:
Zonaras, ein Chronist aus dem Konstantinopel des 11. Jahrhunderts n. Chr., stellte aus diversen älteren Quellen eine Geschichte von der Schöpfung der Welt bis zu seiner Zeit zusammen. In diesem Abschnitt behandelt er den Tod von Konstantins Frau und ältestem Sohn, Fausta und Crispus, im Jahre 326 n. Chr..
In Zonaras‘ Version der Geschichte ist Fausta verliebt in ihren Stiefsohn Crispus, dieser erwidert ihre Liebe jedoch nicht. Daraufhin bezichtigt sie ihn bei ihrem Mann, er habe sie mehrfach zu vergewaltigen versucht. Konstantin glaubt seiner Frau und lässt seinen Sohn hinrichten. Später allerdings bemerkt er ihre Täuschung und lässt auch Fausta hinrichten. Bemerkenswert ist hierbei die Brutalität der Hinrichtungsmethode, die Zonaras erwähnt: Sie wird lebendig in einem Bad zu Tode gekocht.
Dass die beiden im Jahr 326 n. Chr. starben, ist uns auch aus anderen Quellen bekannt, die Motive, die Zonaras hier angibt, sind jedoch aus mehreren Gründen mehr als fragwürdig. Zum einen ist die Struktur dieser Geschichte aus der Mythologie wohlbekannt und daher hier als Topos einzustufen: Phaedra, die Frau des Theseus, begehrt ihren Stiefsohn Hippolytos, der sich ihr jedoch entzieht. Sie beschuldigt ihn daraufhin der Vergewaltigung, er wird vom Vater hingerichtet, und sie bringt sich nach Offenbarwerden ihrer Tat um. Bis auf ihren Selbstmord ist es exakt die Geschichte, die Zonaras hier bietet.
Ein anderes, politisches Motiv erscheint jedoch naheliegender: der Streit um die Erbfolge. Crispus war, wie Zonaras berichtet, nicht nur der älteste Sohn, sondern auch militärisch sehr erfolgreich. Damit wäre er im Falle von Konstantins Tod sicher einer der Favoriten des Heeres gewesen, das in der Spätantike größten Einfluss auf die Thronfolge hatte und auch schon Konstantin selbst zum Kaiser ausgerufen hatte. Wollte Fausta also sicherstellen, dass ihre drei Söhne die Herrschaft erbten, musste der Stiefsohn sterben. Mit welcher Intrige ihr dies gelang, lässt sich nicht mehr erschließen.
Die Verhaftung des Zonaras in literarischen Mustern zeigt deutlich, dass sich seine Arbeitsweise fundamental von der moderner Historiker unterscheidet und erweist einmal mehr die Notwendigkeit einer eingehenden Quellenkritik.
Vergleiche zur Ausrufung Konstantins zum Kaiser den entsprechenden Beitrag.