Konflikte in den Grenzgebieten

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Nathalie Klinck
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Donau-Iller-Rhein-Limes

Leitfragen:

1.) Zu welchem Zweck wurde der Donau-Iller-Rhein-Limes errichtet?
2.) Welche Funktion hatte ein römischer Grenzwall?
3.) Welche Schlüsse lassen sich daraus über die politische Situation ab dem 3. Jh. n. Chr. ziehen?

Kommentar:

Bei dem Donau-Iller-Rhein-Limes (DIR-Limes) handelt es sich um ein spätantikes Verteidigungssystem, welches im letzten Drittel des 3. Jahrhunderts n.Chr. errichtet wurde, um das Römische Reich zu schützen. Der Grenzwall befindet sich im heutigen Baden-Württemberg zwischen dem Bodensee (Lacus Brigentinus) und der Donau (Danubius). „Limes“ wird im modernen Sprachgebrauch zwar immer wieder als lückenlos konzipierte Reichsgrenze verstanden, allerdings handelt es sich dabei vielmehr um eine Art Grenzkontrollsystem, welches vorrangig den Waren- und Personenverkehr überwacht. Solche Grenzwälle wurden oftmals durch den Zusammenschluss aus mehreren Kastellen und Wachtürmen gebildet. Im Schatten dieser Kastelle siedelten sich außerdem kleinere civitates an, die durch ihre Nähe zu den militärischen Einrichtungen (land)wirtschaftlich florierten. Keinesfalls sollte dieser Grenzwall mit dem bekannteren obergermanisch-raetischen Limes aus dem 1. Jahrhundert verwechselt werden, der bis ins 3. Jahrhundert eine Art Demarkationslinie gegen die Germanen, zwischen Rhein und Donau bildete.

Anlass zur Errichtung des DIR-Limes waren die verstärkt vorkommenden Einfälle der Alemannen in das Hinterland des obergermanisch-raetischen Limes seit 233 n. Chr. Die Allemannen zerstörten große Teile des alten Limes. Verschiedene archäologische Funde belegen durch Zerstörungshorizonte in mehreren Kastellen und Siedlungen sowie durch vergrabene Münzschätze, dass sich die Sicherheitslage seit 230 n. Chr. massiv verschlechterte. Viele Menschen verließen das Gebiet, was gleichzeitig zu einer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Situation führte. Diese lässt sich u.a. durch die schlechtere Qualität der lokalen Terra Sigillata-Keramik und den verringerten Import von Waren, wie Garum (Fischsoße), Olivenöl und Wein belegen.

Nach dem sog. „Limesfall“ – der Aufgabe des obergermanisch-raetisches Limes und dem Rückzug der kaiserlichen Truppen aus dem Provinzialgebiet jenseits von Rhein und Donau – war eine neue Grenzanlage notwendig geworden. Nach wiederholten Auseinandersetzungen mit verschiedenen germanischen Stämmen wurden, um der Situation wieder Herr zu werden, unter Diokletian umfassende Reformen durchgeführt. Im Jahr 294 n. Chr. wurden mehrere Kastelle errichtet und die Rhein-Donaufront weiter befestigt. Zudem wurden germanische foederati am linken Rheinufer angesiedelt, mit der Intention, das „Germanenproblem“ so einzudämmen. Valentinian I. führte die Befestigung des südlichen Limes, z.B. durch die Errichtung steinerner Signaltürme, im 4. Jahrhundert weiter aus.

Bis ins 5. Jahrhundert bildete der Donau-Iller-Rhein-Limes die römische Reichsgrenze zum freien Germanien. Die germanische Expansion konnte jedoch – einigen Erfolgen zum Trotz – nicht aufgehalten werden. Das Ende der der zentral organisierten Grenzsicherung lässt sich auf das Jahr 401 n. Chr. mit Stilichos Abzug der militärischen Truppen festlegen. Es kann allerdings nicht mit Sicherheit festgestellt werden, wann die unterschiedlichen Kastelle und Anlagen im Einzelnen aufgegeben wurden, da es sich dabei eher um einen langsamen Verfallsprozess handelte. Schließlich konnten die Germanen im Jahr 455 n. Chr. ungehindert nach Oberitalien übertreten. Die Grenzbefestigung zeugt von der äußerst unsicheren Zeit und der angespannten politischen Situation, welche die sog. „Krise des 3. Jahrhunderts“ mit sich brachte sowie von der allgemeinen Instabilität, die das Ende des Weströmischen Reiches markierte.

Text zum downloaden

Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Valentinian bis Theodosius“. Um einen breiteren Einblick in die Spätantike zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Römische Geschichte III – Spätantike“.
Hier geht’s zum Podcast