Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Eusebius
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Eus. hist. ecl. 5.8.11 – Original:
[11] τούτοις ἐπιφέρει μετὰ 1 βραχέα λέγων: ‘πρὸ τοῦ γὰρ Ῥωμαίους κρατῦναι τὴν ἀρχὴν αὐτῶν, ἔτι τῶν Μακεδόνων τὴν Ἀσίαν κατεχόντων, Πτολεμαῖος ὁ Λάγου φιλοτιμούμενος τὴν ὑπ̓ αὐτοῦ κατεσκευασμένην βιβλιοθήκην ἐν Ἀλεξανδρείᾳ κοσμῆσαι τοῖς πάντων ἀνθρώπων συγγράμμασιν ὅσα γε σπουδαῖα ὑπῆρχεν, ᾐτήσατο παρὰ τῶν Ἱεροσολυμιτῶν εἰς τὴν Ἑλληνικὴν διάλεκτον σχεῖν αὐτῶν μεταβεβλημένας τὰς γραφάς. ’
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: P. Haeuser
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Übersetzung:
Bald darauf fährt Irenäus also fort: „Bevor nämlich die Römer ihre Herrschaft aufgerichtet und die Mazedonier noch die Herren von Asien waren, ließ Ptolemäus, der Sohn des Lagus, in dem ehrgeizigen Bestreben, die von ihm eingerichtete Bibliothek in Alexandrien mit den klassischen Schriften aller Menschen auszustatten, an die Bewohner von Jerusalem den Wunsch übermitteln, ihre Schriften, ins Griechische übertragen, zu besitzen.
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Agnes von der Decken
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Eus. hist. ecl. 5.8.11
Leitfragen:
1) Geben Sie den Inhalt der Quelle wieder.
2) Was kann uns diese Quellenstelle über den historischen Kontext der Bibliotheksgründung verraten?
3) Welche Bedeutung hatte die Bibliothek für die Ptolemaier?
Kommentar:
Die vorliegende Quellenstelle aus der Kirchengeschichte des Eusebius ist unser einziges Zeugnis für die Gründung der Bibliothek in Alexandria durch Ptolemaios I. In dieser Quellenpassage wird der Kirchenvater Irenäus (Iren. 3, 21, 2) zitiert. Aus dem Zitat geht hervor, dass Ptolemaios eine Bibliothek in Alexandria eingerichtet hat und bestrebt war, diese Bibliothek mit allen Schriften der literarischen Vergangenheit auszustatten. Deswegen habe er die Bewohner Jerusalems darum gebeten, ihre Schriften ins Griechische zu übertragen, weil er diese ebenfalls besitzen wollte.
Aus der Quelle geht hervor, dass Ptolemaios, der Sohn des Lagos, eine Bibliothek in Alexandria einrichten ließ. Damit ist Ptolemaios I. Soter (etwa 367 – 283 v. Chr.) gemeint, der der Sohn eines makedonischen Adligen namens Lagos gewesen sein soll. Ptolemaios I. war es demnach, der die Bibliothek errichten ließ (vollendet wurde sie jedoch wohl erst von seinem Sohn Ptolemaios II. Philadelphos (238-246 v. Chr.)). Aus der Quelle geht zudem hervor, dass jener Ptolemaios ein „ehrgeiziges Bestreben“ (φιλοτιμούμενος) hatte, die Bibliothek mit den klassischen Schriften „aller Menschen“ (πάντων ἀνθρώπων) auszustatten. In den letzten Jahrzehnten des 4. Jh. v. Chr. galt es demnach, literarische Schätze zu sammeln und aufzubewahren und für alle Zeit sicherzustellen. Hier spiegelt sich also eine Zeit wieder, in der man bestrebt war, die ganze literarische Vergangenheit, das jahrhundertealte kulturelle Erbe, zu bewahren. Die Gründung der Bibliothek durch Ptolemaios I. steht damit in engstem Zusammenhang mit der Etablierung einer Schrift- und Buchkultur, einem der charakteristischsten Merkmale der hellenistischen Welt.
Ptolemaios I. schuf mit der Bibliothek in Alexandria ein Zentrum der griechischen Gelehrsamkeit, das weit in die hellenistische Welt hineinwirkte. Zahlreiche Intellektuelle kamen an den ptolemäischen Hof, wo Dichtung, Künste und Wissenschaften gefördert wurden. Die obige Quellenstelle lässt das ehrgeizige Bestreben Ptolemaiosʼ I. für das Sammeln von Büchern erkennen. Die Bibliothek von Alexandria sollte zur größten Bibliothek der damaligen Welt werden. Damit wollten die Ptolemaier einerseits ihr Prestige in der griechischen Welt steigern. Das Sammeln von Büchern wurde zum integralen Bestandteil königlicher Selbstdarstellung. Aus kulturhistorischer Sicht liegt andererseits das größte Verdienst der Ptolemaier im Aufbau und in der Förderung Alexandrias als geistigem Zentrum. Das griechische Erbe konnte auf diese Weise neu bearbeitet und vor allem für die Nachwelt sichergestellt werden.