Kolonisation und Seeräubertum

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Thukydides
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Thuk. 1.7-8.2 – Original:

[1] τῶν δὲ πόλεων ὅσαι μὲν νεώτατα ᾠκίσθησαν καὶ ἤδη πλωιμωτέρων ὄντων, περιουσίας μᾶλλον ἔχουσαι χρημάτων ἐπ᾽ αὐτοῖς τοῖς αἰγιαλοῖς τείχεσιν ἐκτίζοντο καὶ τοὺς ἰσθμοὺς ἀπελάμβανον ἐμπορίας τε ἕνεκα καὶ τῆς πρὸς τοὺς προσοίκους ἕκαστοι ἰσχύος: αἱ δὲ παλαιαὶ διὰ τὴν λῃστείαν ἐπὶ πολὺ ἀντίσχουσαν ἀπὸ θαλάσσης μᾶλλον ᾠκίσθησαν, αἵ τε ἐν ταῖς νήσοις καὶ ἐν ταῖς ἠπείροις ἔφερον γὰρ ἀλλήλους τε καὶ τῶν ἄλλων ὅσοι ὄντες οὐ θαλάσσιοι κάτω ᾤκουν, καὶ μέχρι τοῦδε ἔτι ἀνῳκισμένοι εἰσίν. [1] καὶ οὐχ ἧσσον λῃσταὶ ἦσαν οἱ νησιῶται, Κᾶρές τε ὄντες καὶ Φοίνικες: οὗτοι γὰρ δὴ τὰς πλείστας τῶν νήσων ᾤκησαν. μαρτύριον δέ: Δήλου γὰρ καθαιρομένης ὑπὸ Ἀθηναίων ἐν τῷδε τῷ πολέμῳ καὶ τῶν θηκῶν ἀναιρεθεισῶν ὅσαι ἦσαν τῶν τεθνεώτων ἐν τῇ νήσῳ, ὑπὲρ ἥμισυ Κᾶρες ἐφάνησαν, γνωσθέντες τῇ τε σκευῇ τῶν ὅπλων ξυντεθαμμένῃ καὶ τῷ τρόπῳ ᾧ νῦν ἔτι θάπτουσιν. [2] καταστάντος δὲ τοῦ Μίνω ναυτικοῦ πλωιμώτερα ἐγένετο παρ᾽ ἀλλήλους οἱ γὰρ ἐκ τῶν νήσων κακοῦργοι ἀνέστησαν ὑπ᾽ αὐτοῦ, ὅτεπερ καὶ τὰς πολλὰς αὐτῶν κατῴκιζε,

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Übersetzung:: Richard Crawley
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Übersetzung

[1] With respect to their towns, later on, at an era of increased facilities of navigation and a greater supply of capital, we find the shores becoming the site of walled towns, and the isthmuses being occupied for the purposes of commerce, and defence against a neighbor. But the old towns, on account of the great prevalence of piracy, were built away from the sea, whether on the islands or the continent, and still remain in their old sites. For the pirates used to plunder one another, and indeed all coast populations, whether seafaring or not. [1] The islanders, too, were great pirates. These islanders were Carians and Phoenicians, by whom most of the islands were colonized, as was proved by the following fact. During the purification of Delos by Athens in this war all the graves in the island were taken up, and it was found that above half their inmates were Carians: they were identified by the fashion of the arms buried with them, and by the method of interment, which was the same as the Carians still follow. [2] But as soon as Minos had formed his navy, communication by sea became easier, as he colonized most of the islands, and thus expelled the malefactors.
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Autor_in: Niklas Rempe
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Thuk. 1.7-8.2

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie die Veränderungen im Kolonisationsverhalten, die sich mit der Zeit ergaben.

2) Welche Gefahr gab es für die frühen Kolonien und wie wurde sie beseitigt?

3) Was lässt sich aus der Quelle über die Voraussetzungen der Kolonisation im Mittelmeerraum herausfinden?

Kommentar:

Thukydides beginnt sein Werk über den Peloponnesichen Krieg mit einigen einleitenden Überlegungen über die frühe griechische Geschichte. Unter anderem gibt er seine Meinung über die erste Besiedlung und Kolonisation des Mittelmeerraumes wieder. Nach Thukydides sei das Gründen von Kolonien und Befestigungen an der Küste eine relativ neue Entwicklung. Ursprünglich habe man sich eher im Landesinneren angesiedelt. Dies sei aus Schutz vor den Seeräubern geschehen, welche die Regionen an der Küste zu unsicher gemacht hätten. Neuerdings könne man dieser Gefahren allerdings durch eigene Flotten und andere Ressourcen begegnen und hätte sich somit auch die Küstenregion zur Besiedlung erschlossen (zu denken ist an Poleis wie Syrakus und Milet). Insbesondere Engpässe und Landengen wurden so durch ihre strategische Position zu begehrten Siedlungsplätzen. Gleiches gilt nach Thukydides für die vielen Inseln im Ägäischen Meer, deren ursprünglichen Bewohner – Phönizier und Karer – zuvor vertrieben wurden.

Nach Thukydides geht die größte Gefahr für die frühen Kolonien von Seeräubern aus. Hier ist allerdings nicht an einzelne Schiffe und Mannschaften zu denken, die allein auf Plünderung und Raub aus waren. Eher sollte man sich sowohl kleinere Flotten, die von den jeweiligen mächtigeren Siedlungen gegeneinander ausgeschickt wurden, vorstellen als auch Handelsschiffe, die bei schlechtem Ertrag nicht davor zurückschreckten, sich die Ware gewaltsam zu nehmen. Thukydides betont, dass derartiges Verhalten insbesondere bei den Völkern des östlichen Mittelmeerraumes (Karer und Phönizier), die zu der Zeit viele der Inseln bewohnten, der Fall gewesen sei. Erst Minos – der mythische König von Kreta – soll diese Gefahr gebannt bzw. gemindert haben. Er konnte erstmals genügend militärische Mittel – das heißt in diesem Fall eine große Flotte – bereitstellen, um sich den Seeräubern entgegenzustellen. Dadurch wurde der Seeverkehr friedlicher und reger, was wiederum neue Handelswege und Einnahmequellen zur Folge hatte. Dass Minos nach Thukydides zudem die Phönizier und Karer als einen Unruheherd von den Inseln vertrieb, beförderte dann schlussendlich deren Kolonisation durch Griechen.

Thukydides beschreibt hier zu seiner Zeit (5 Jh. v. Chr.) schon lange zurückliegende Ereignisse. Nichtsdestoweniger gibt die Passage einen guten Einblick in die Kolonisationsbewegungen der griechischen Welt. Zum einen hebt Thukydides die unterschiedlichen Begebenheiten und Möglichkeiten, was die Lage der Kolonie angeht, hervor. Im Landesinneren gelegene Orte seien zwar vor den gefährlichen Seeräubern geschützt gewesen, hätten allerdings selber auch nicht die so lukrative Seefahrerei betreiben können. Die Völker, die vor den Griechen den Mittelmeerraum bewohnten, hätten durch ihre schon bestehenden Siedlungen auf den Mittelmeerinseln eine Bremse in der griechischen Ausbreitung dargestellt. Ob es wirklich der sagenhafte König Minos auf Kreta war, der sowohl Phönizier und Karer vertrieb als auch die anderen Bedrohungen für neue Siedlungen im Mittelmeerraum beseitigte, ist sicherlich fraglich. Dennoch ist es plausibel, dass derartige Gefahren für die frühen Kolonisten in irgend einer Form behoben werden mussten – oder die Risiken wurden irgendwann durch das wirtschaftliche Potenzial in Kauf genommen; zumal jenes Potenzial enorm war. Thukydides der zu seiner Lebenszeit mit dem Delisch-Attischen Seebund ein Paradebeispiel dafür vor Augen hatte, wusste um den Reichtum und damit um den Machtzuwachs, den eine starke Präsenz in der Ägäis erlangen konnte.

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Gründe und Ablauf früher Kolonisation

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Homer
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Hom. Od. 6.2-12 – Original:

αὐτὰρ Ἀθήνη
βῆ ῥ᾽ ἐς Φαιήκων ἀνδρῶν δῆμόν τε πόλιν τε,
οἳ πρὶν μέν ποτ᾽ ἔναιον ἐν εὐρυχόρῳ Ὑπερείῃ,
5ἀγχοῦ Κυκλώπων ἀνδρῶν ὑπερηνορεόντων, 5
οἵ σφεας σινέσκοντο, βίηφι δὲ φέρτεροι ἦσαν.
ἔνθεν ἀναστήσας ἄγε Ναυσίθοος θεοειδής,
εἷσεν δὲ Σχερίῃ, ἑκὰς ἀνδρῶν ἀλφηστάων,
ἀμφὶ δὲ τεῖχος ἔλασσε πόλει, καὶ ἐδείματο οἴκους,
10καὶ νηοὺς ποίησε θεῶν, καὶ ἐδάσσατ᾽ ἀρούρας. 10
ἀλλ᾽ ὁ μὲν ἤδη κηρὶ δαμεὶς Ἄϊδόσδε βεβήκει,
Ἀλκίνοος δὲ τότ᾽ ἦρχε, θεῶν ἄπο μήδεα εἰδώς.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung:: A.T.Murray
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Übersetzung

[…] but Athena went to the land and city of the Phaeacians. These dwelt of old in spacious Hypereia [5] hard by the Cyclopes, men overweening in pride who plundered them continually and were mightier than they. From thence Nausithous, the godlike, had removed them, and led and settled them in Scheria far from men that live by toil. About the city he had drawn a wall, he had built houses [10] and made temples for the gods, and divided the ploughlands; but he, ere now, had been stricken by fate and had gone to the house of Hades, and Alcinous was now king, made wise in counsel by the gods.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
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Hom. Od. 6.2-12

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie die Motive für die Gründung von Scheria.

2) Durch welche Maßnahmen zeichnet sich die in der Quelle beschriebene Kolonisation aus?

3) Welche Rückschlüsse lassen sich über die Kolonisation der Griechen generell aus der Quelle ziehen?

Kommentar:

Die vorliegende Quellenpassage aus Homers Odyssee kann trotz ihrer Kürze viel über die frühe griechische Kolonisation aussagen. Allen voran gibt sie einen guten Einblick in die Motivation, welche die Kolonisten dazu bewegte, die mitunter gefährliche und keineswegs immer glücklich endende Unternehmung auf sich zu nehmen. Es wird dargestellt, wie das ursprünglich in Hypereia angesiedelte Volk der Phaiaken Scheria gründet (sowohl das Volk als auch die beiden Poleis sind fiktiv). Man erfährt, dass ihr Heimatland durchaus fruchtbar war, jedoch von den Kyklopen – den riesigen, einäugigen Menschenfressern – bedroht wurde. Diese hätten den Phaiaken durch Plünderungen und Raubzügen sehr zugesetzt. Außerdem konnten sie ob ihrer großen Kraft und Brutalität nicht von den menschlichen Siedlern daran gehindert werden. Der einzige Ausweg für die Phaiaken aus dieser misslichen Lage war die Auswanderung in weit entfernte und friedlichere Gefilde.

Einer der Phaiaken – Nausithoos – wird als Hauptverantwortlicher der Flucht vor den Kyklopen und der Gründung von Scheria dargestellt. Er und die ihm folgenden Siedler beginnen sofort nach ihrer Ankunft damit, an dem ausgewählten Landfleck verschiedene Bauten zu errichten. Die Stadtmauer wird als erstes erwähnt – der Schutz vor äußeren Feinden war es ja schließlich, der für die Kolonisationsbewegung den Ausschlag gab. Häuser für das Volk und die mindestens ebenso wichtigen Tempel für die Götter folgen. Auch werden landwirtschaftliche Flächen erschlossen und durch Nausithoos auf seine Mitbürger verteilt. Nach dessen Tod übernimmt sein Sohn Alkinoos die Führung über die nunmehr aufgeblühte Kolonie Scheria.

Die Quellenpassage kann als kurze poetische Zusammenfassung der griechischen Kolonisationsbewegung aufgefasst werden. Wichtig und allem voran zu erwähnen ist, dass die Griechen in der Regel nicht durch Abenteuerlust angetrieben die vielseitigen Gefahren der Kolonisation auf sich nahmen. Um die beschwerliche Seereise inkl. dem verbreiteten Seeräubertum, die mangelhafte Nahrungssituation auf und nach der Reise und die unsicheren Begebenheiten am neuen Siedlungsplatz zu riskieren, waren dringliche Anreize erforderlich. In der Passage aus der Odyssee wird eines dieser Motive – die Gefahr durch äußere Feinde – durch die raubenden Kyklopen eindringlich dargestellt. Andere mögliche Impulse für die Auswanderung waren z.B. ein Bevölkerungsüberschuss, der insb. zu Knappheit an verfügbarem Land und zu Nahrungsmangel führen konnte. Weiterhin kann man sich politische oder generell soziale Konflikte innerhalb des Volkes als weitere Motive vorzustellen.

Aus der Quelle wird weiterhin deutlich, wie prominent die oikistai – d.h. diejenigen Personen, welche die Siedler aus ihrer Heimatstadt in die neuen Gebiete führten (Nausithoos im Falle der Phaiaken) – waren. In der Regel bildeten sie als Adlige zusammen mit ihren politischen Gefolgsleuten (hetairoi) der Kern der jeweiligen Kolonisation und übten auch in der neugegründeten Stadt die führende Rolle aus. Die Quelle zeigt ja deutlich, wie Nausithoos die Ackerflächen ein- und verteilt und auch, wie es ihm anscheinend gelingt, eine Erbfolge zu etablieren.

Des Weiteren sind die Baumaßnahmen der Kolonisten zu betonen, welche die grundlegenden und für eine griechische Poleis charakteristischen Gebäude begründen. Neben den für die Nahrungsversorgung der Siedler unverzichtbaren Wohnräumen und Äckern bzw. Weideländern waren die Tempel ein unabdingbarer Bestandteil der griechischen Kultur. Ohne gebührende Kultpflege, z.B. durch Opfergaben, war das gute und richtige Leben – insbesondere in einer so extremen Situation wie der Auswanderung – nach griechischer Mentalität nicht möglich. Abschließend sei noch auf die Stadtmauer verweisen. Sie stellte sowohl eine Schutzmaßnahme dar als auch einen klaren Indikator eines fest abgesteckten und organisierten städtischen Raumes.

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Die Gründung Smyrnas

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Autor_in: Strabon
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Strab. 14.1.4 – Original:

ἀπελθόντες δὲ παρὰ τῶν Ἐφεσίων οἱ Σμυρναῖοι στρατεύουσιν ἐπὶ τὸν τόπον, ἐν ᾧ νῦν ἔστιν ἡ Σμύρνα, Λελέγων κατεχόντων: ἐκβαλόντες δ᾽ αὐτοὺς ἔκτισαν τὴν παλαιὰν Σμύρναν διέχουσαν τῆς νῦν περὶ εἴκοσι σταδίους. ὕστερον δὲ ὑπὸ Αἰολέων ἐκπεσόντες κατέφυγον εἰς Κολοφῶνα, καὶ μετὰ τῶν ἐνθένδε ἐπιόντες τὴν σφετέραν ἀπέλαβον: καθάπερ καὶ Μίμνερμος ἐν τῇ Ναννοῖ φράζει μνησθεὶς τῆς Σμύρνης ὅτι περιμάχητος ἀεί
“ἡμεῖς δηὖτε Πύλον Νηλήιον ἄστυ λιπόντες
ἱμερτὴν Ἀσίην νηυσὶν ἀφικόμεθα:
ἐς δ᾽ ἐρατὴν Κολοφῶνα βίην ὑπέροπλον ἔχοντες
ἑζόμεθ᾽ ἀργαλέης ὕβριος ἡγεμόνες.
κεῖθεν δ᾽ ἀστήεντος ἀπορνύμενοι ποταμοῖο
θεῶν βουλῇ Σμύρνην εἵλομεν Αἰολίδα.”

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung:: H. L. Jones
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

On departing from the Ephesians, the Smyrnaeans marched to the place where Smyrna now is, which was in the possession of the Leleges, and, having driven them out, they founded the ancient Smyrna, which is about twenty stadia distant from the present Smyrna. But later, being driven out by the Aeolians, they fled for refuge to Colophon, and then with the Colophonians returned to their own land and took it back, as Mimnermus tells us in his Nanno, after recalling that Smyrna was always an object of contention: “After we left Pylus, the steep city of Neleus, we came by ship to lovely Asia, and with our overweening might settled in beloved Colophon, taking the initiative in grievous insolence. And from there, setting out from the Astëeis River, by the will of the gods we took Aeolian Smyrna.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Niklas Rempe
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Strab. 14.1.4

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie die Gründung und Entwicklung Smyrnas.

2) Was kann über die Art und Weise der Gründung und Erhaltung der Stadt ausgesagt werden?

3) Interpretieren Sie Strabons Umgang mit archaischer Dichtung.

Kommentar:

Strabon beschreibt in der Quellenpassage die Gründung der Polis Smyrna – dem heutigen Izmir in der Türkei. Er wirkte um die Zeitenwende und stellt damit Ereignisse dar, die mehrere Jahrhunderte vor seiner Geburt stattfanden. Das Gebiet, in dem später Smyrna errichtet werden sollte, gehörte nach Strabon ursprünglich den Lelegern. Dieses in Kleinasien ansässige Volk wurde allerdings von ionischen Griechen gewaltsam vertrieben. Letztere sind es, die daraufhin die Stadt Smyrna gründeten. Die Früchte ihrer Eroberung konnten sie allerdings nicht lange genießen, da sie später selber das Schicksal der Leleger erlitten. Auch sie wurden demnach gewaltsam vertrieben, wobei diesmal aiolische Griechen dafür verantwortlich gewesen sein sollen. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als ins benachbarte Kolophon zu fliehen. Dort konnten sie ihre Kräfte allerdings sammeln und mit Unterstützung durch die Bewohner Kolophons das von den Aiolern besetzte Smyrna zurückerobern.

Hervorzuheben ist, dass sowohl die Gründung als auch die weitere Entwicklung Smyrnas von Gewalt und Umwälzungen geprägt war. Die ionischen Siedler gründeten die Polis nicht etwa auf unbesiedeltem Gebiet, sondern drangen ins Land der Leleger ein und vertrieben diese gewaltsam. Dies war keineswegs ein Novum in der Geschichte der Kolonisation. Der Mittelmeerraum war auch bzw. schon vor der archaischen Zeit zum Teil eng besiedelt, und günstige Siedlungsplätze entsprechend rar gesät. Unterstrichen wird dieser Umstand dadurch, dass die Ionier selber aus diesem stark umkämpften Gebiet vertrieben wurden. Ihre freundschaftlichen Verbindungen zur Nachbarstadt Kolphon konnten in dieser bedrängten Situation allerdings das Schlimmste verhindern. Es war ihnen möglich, einen Gegenangriff zu starten und Smyrna wieder unter ionische Kontrolle zu bringen. Zu betonen ist diesbezüglich noch, dass die Kämpfe um gutes Siedlungsland nicht etwa nur zwischen Griechen und Nicht-Griechen, wie z.B. den Lelegern, ausgefochten wurden, sondern es auch unter den Griechen zu gewaltsamen Konflikten kam. Lange konnten die Ionier die Früchte ihrer Anstrengung übrigens nicht genießen – die Lyder unter König Alyattes II. zerstörten die Polis um 600 v. Chr. fast vollständig.

Die Dichtung – genauer einige Verse des archaischen Lyrikers Mimnermos – ist ein besonders interessanter Aspekt dieser Quellenpassage. Strabon zitiert mehrere Verse des Dichters und gibt auch den Namen des Werkes an, aus denen sie stammen würden. Der Geograph benutzt sie als Beleg für seine These, dass die aus Smyrna vertriebenen Ionier mit Hilfe aus Kolophon die Polis von den Aiolern zurückeroberten. Dieser Umgang mit frücharchaischer Dichtung bedeutet sowohl, dass Strabon Zugriff auf diese Jahrhunderte alte Poesie hatte, als auch, dass er ihren Inhalt studierte und interpretierte. Interessanter Weise befand sich der Geograph in einer ganz ähnlichen Situation wie es die heutige historische Forschung ist, die sich mit Begebenheiten in der Archaik auseinandersetzt: Einige wenige überlieferte Fragmente und Werke der archaischen Lyriker sind es, aus denen – in Ermangelung anderer literarischer Quellen – Aussagen über diese Periode der Geschichte gemacht werden müssen. Das vom Geographen erwähnte Werk des Dichters (Nanno) ist heute nicht mehr überliefert. Dies bedeutet, dass derartige Zitate, wie man sie bei Strabon häufiger findet, heutzutage oftmals die einzigen Überlieferungskontexte der frühen Dichtung darstellen.

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Die frühe Besiedlung Siziliens

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Thukydides
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Thuk. 6.2-3 – Original:

[1] ᾠκίσθη δὲ ὧδε τὸ ἀρχαῖον, καὶ τοσάδε ἔθνη ἔσχε τὰ ξύμπαντα. παλαίτατοι μὲν λέγονται ἐν μέρει τινὶ τῆς χώρας Κύκλωπες καὶ Λαιστρυγόνες οἰκῆσαι, ὧν ἐγὼ οὔτε γένος ἔχω εἰπεῖν οὔτε ὁπόθεν ἐσῆλθον ἢ ὅποι ἀπεχώρησαν: ἀρκείτω δὲ ὡς ποιηταῖς τε εἴρηται καὶ ὡς ἕκαστός πῃ γιγνώσκει περὶ αὐτῶν. [2] Σικανοὶ δὲ μετ᾽ αὐτοὺς πρῶτοι φαίνονται ἐνοικισάμενοι, ὡς μὲν αὐτοί φασι, καὶ πρότεροι διὰ τὸ αὐτόχθονες εἶναι, ὡς δὲ ἡ ἀλήθεια εὑρίσκεται, Ἴβηρες ὄντες καὶ ἀπὸ τοῦ Σικανοῦ ποταμοῦ τοῦ ἐν Ἰβηρίᾳ ὑπὸ Λιγύων ἀναστάντες. καὶ ἀπ᾽ αὐτῶν Σικανία τότε ἡ νῆσος ἐκαλεῖτο, πρότερον Τρινακρία καλουμένη: οἰκοῦσι δὲ ἔτι καὶ νῦν τὰ πρὸς ἑσπέραν τὴν Σικελίαν. [3] Ἰλίου δὲ ἁλισκομένου τῶν Τρώων τινὲς διαφυγόντες Ἀχαιοὺς πλοίοις ἀφικνοῦνται πρὸς τὴν Σικελίαν, καὶ ὅμοροι τοῖς Σικανοῖς οἰκήσαντες ξύμπαντες μὲν Ἔλυμοι ἐκλήθησαν, πόλεις δ᾽ αὐτῶν Ἔρυξ τε καὶ Ἔγεστα. προσξυνῴκησαν δὲ αὐτοῖς καὶ Φωκέων τινὲς τῶν ἀπὸ Τροίας τότε χειμῶνι ἐς Λιβύην πρῶτον, ἔπειτα ἐς Σικελίαν ἀπ᾽ αὐτῆς κατενεχθέντες. [4] Σικελοὶ δ᾽ ἐξ Ἰταλίας (ἐνταῦθα γὰρ ᾤκουν) διέβησαν ἐς Σικελίαν, φεύγοντες Ὀπικούς, ὡς μὲν εἰκὸς καὶ λέγεται, ἐπὶ σχεδιῶν, τηρήσαντες τὸν πορθμὸν κατιόντος τοῦ ἀνέμου, τάχα ἂν δὲ καὶ ἄλλως πως ἐσπλεύσαντες. εἰσὶ δὲ καὶ νῦν ἔτι ἐν τῇ Ἰταλίᾳ Σικελοί, καὶ ἡ χώρα ἀπὸ Ἰταλοῦ βασιλέως τινὸς Σικελῶν, τοὔνομα τοῦτο ἔχοντος, οὕτως Ἰταλία ἐπωνομάσθη. [5] ἐλθόντες δὲ ἐς τὴν Σικελίαν στρατὸς πολὺς τούς τε Σικανοὺς κρατοῦντες μάχῃ ἀνέστειλαν πρὸς τὰ μεσημβρινὰ καὶ ἑσπέρια αὐτῆς καὶ ἀντὶ Σικανίας Σικελίαν τὴν νῆσον ἐποίησαν καλεῖσθαι, καὶ τὰ κράτιστα τῆς γῆς ᾤκησαν ἔχοντες, ἐπεὶ διέβησαν, ἔτη ἐγγὺς τριακόσια πρὶν Ἕλληνας ἐς Σικελίαν ἐλθεῖν: ἔτι δὲ καὶ νῦν τὰ μέσα καὶ τὰ πρὸς βορρᾶν τῆς νήσου ἔχουσιν. [6] ᾤκουν δὲ καὶ Φοίνικες περὶ πᾶσαν μὲν τὴν Σικελίαν ἄκρας τε ἐπὶ τῇ θαλάσσῃ ἀπολαβόντες καὶ τὰ ἐπικείμενα νησίδια ἐμπορίας ἕνεκεν τῆς πρὸς τοὺς Σικελούς: ἐπειδὴ δὲ οἱ Ἕλληνες πολλοὶ κατὰ θάλασσαν ἐπεσέπλεον, ἐκλιπόντες τὰ πλείω Μοτύην καὶ Σολόεντα καὶ Πάνορμον ἐγγὺς τῶν Ἐλύμων ξυνοικήσαντες ἐνέμοντο, ξυμμαχίᾳ τε πίσυνοι τῇ τῶν Ἐλύμων, καὶ ὅτι ἐντεῦθεν ἐλάχιστον πλοῦν Καρχηδὼν Σικελίας ἀπέχει. βάρβαροι μὲν οὖν τοσοίδε Σικελίαν καὶ οὕτως ᾤκησαν. [1] Ἑλλήνων δὲ πρῶτοι Χαλκιδῆς ἐξ Εὐβοίας πλεύσαντες μετὰ Θουκλέους οἰκιστοῦ Νάξον ᾤκισαν, καὶ Ἀπόλλωνος Ἀρχηγέτου βωμὸν ὅστις νῦν ἔξω τῆς πόλεώς ἐστιν ἱδρύσαντο, ἐφ᾽ ᾧ, ὅταν ἐκ Σικελίας θεωροὶ πλέωσι, πρῶτον θύουσιν. [2] Συρακούσας δὲ τοῦ ἐχομένου ἔτους Ἀρχίας τῶν Ἡρακλειδῶν ἐκ Κορίνθου ᾤκισε, Σικελοὺς ἐξελάσας πρῶτον ἐκ τῆς νήσου ἐν ᾗ νῦν οὐκέτι περικλυζομένῃ ἡ πόλις ἡ ἐντός ἐστιν: ὕστερον δὲ χρόνῳ καὶ ἡ ἔξω προστειχισθεῖσα πολυάνθρωπος ἐγένετο. [3] Θουκλῆς δὲ καὶ οἱ Χαλκιδῆς ἐκ Νάξου ὁρμηθέντες ἔτει πέμπτῳ μετὰ Συρακούσας οἰκισθείσας Λεοντίνους τε πολέμῳ τοὺς Σικελοὺς ἐξελάσαντες οἰκίζουσι, καὶ μετ᾽ αὐτοὺς Κατάνην: οἰκιστὴν δὲ αὐτοὶ Καταναῖοι ἐποιήσαντο Εὔαρχον.

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Übersetzung:: Richard Crawley
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Übersetzung

It was settled originally as follows, and the peoples that occupied it are these. The earliest inhabitants spoken of in any part of the country are the Cyclopes and Laestrygones; but I cannot tell of what race they were, or whence they came or whither they went, and must leave my readers to what the poets have said of them and to what may be generally known concerning them. [2] The Sicanians appear to have been the next settlers, although they pretend to have been the first of all and aborigines; but the facts show that they were Iberians, driven by the Ligurians from the river Sicanus in Iberia. It was from them that the island, before called Trinacaria, took its name of Sicania, and to the present day they inhabit the west of Sicily. [3] On the fall of Ilium, some of the Trojans escaped from the Achaeans, came in ships to Sicily, and settled next to the Sicanians under the general name of Elymi; their towns being called Eryx and Egesta. With them settled some of the Phocians carried on their way from Troy by a storm, first to Libya, and afterwards from thence to Sicily. [4] The Sicels crossed over to Sicily from their first home Italy, flying from the Opicans, as tradition says and as seems not unlikely, upon rafts, having watched till the wind set down the strait to effect the passage; although perhaps they may have sailed over in some other way. Even at the present day there are still Sicels in Italy; and the country got its name of Italy from Italus, a king of the Sicels, so called. [5] These went with a great host to Sicily, defeated the Sicanians in battle and forced them to remove to the south and west of the island, which thus came to be called Sicily instead of Sicania, and after they crossed over continued to enjoy the richest parts of the country for near three hundred years before any Hellenes came to Sicily; indeed they still hold the centre and north of the island. [6] There were also Phoenicians living all round Sicily, who had occupied promontories upon the sea coasts and the islets adjacent for the purpose of trading with the Sicels. But when the Hellenes began to arrive in considerable numbers by sea, the Phoenicians abandoned most of their stations, and drawing together took up their abode in Motye, Soloeis, and Panormus, near the Elymi, partly because they confided in their alliance, and also because these are the nearest points, for the voyage between Carthage and Sicily. [1] These were the barbarians in Sicily, settled as I have said. Of the Hellenes, the first to arrive were Chalcidians from Euboea with Thucles, their founder. They founded Naxos and built the altar to Apollo Archegetes, which now stands outside the town, and upon which the deputies for the games sacrifice before sailing from Sicily. [2] Syracuse was founded the year afterwards by Archias, one of the Heraclids from Corinth, who began by driving out the Sicels from the island upon which the inner city now stands, though it is no longer surrounded by water: in process of time the outer town also was taken within the walls and became populous. [3] Meanwhile Thucles and the Chalcidians set out from Naxos in the fifth year after the foundation of Syracuse, and drove out the Sicels by arms and founded Leontini and afterwards Catana; the Catanians themselves choosing Evarchus as their founder.

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Thuk. 6.2-3

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie Thukydides Darstellung der Kolonisation Siziliens.

2) Welche Unterschiede lassen sich zwischen der „barbarischen“ und griechischen Kolonisation ausmachen?

3) Was für Rückschlüsse lassen sich aus der Quelle über den geographischen und historischen Horizont der Griechen ziehen?

Kommentar:

Thukydides beginnt seine Beschreibung der Kolonisation Siziliens in der mythischen Vergangenheit und beruft sich für diese Informationen auf Dichter und ihre Werke (zu denken ist hier an Homer): Kyklopen und Laistrygonen – beides Geschlechter von riesigen Menschenfressern – hätten in der Frühzeit Sizilien bewohnt. Den Platz dieser Ungeheuer auf der Insel sollen allerdings schon früh die Sikaner eingenommen haben. Ursprünglich stammten diese aus der Gegend um den Sikanosfluss in Iberien und seien von dort gewaltsam vertrieben worden. Sizilien hätte zu dieser Zeit entsprechend Sikanien geheißen. Ihnen folgten nach der Zerstörung Trojas durch das Heer um Agamemnon einige trojanische Flüchtlinge und nannten sich Elymer. Mit ihnen hätten einige Phoker die Insel erreicht und sich angesiedelt. Auch die Sikeler fassten Fuß auf Sizilien, nachdem ihre italische Heimat – benannt nach dem sikelischen König Italos – von Opikern erobert wurde. Sie drangen mit einem Heer auf die Insel und verdrängten die Sikaner in die südlichen und westlichen Gebiete. Ebenfalls zu dieser Zeit an den Küsten der Insel ansässig, die nach der Eroberung durch die Sikeler nunmehr Sizilien hieß, waren die Phönizier. Sie waren insbesondere durch ihren Handel im gesamten Mittelmeerraum und ihre nahe gelegene Kolonie Karthago an Sizilien interessiert. Vor der Ankunft der Griechen war Sizilien demnach von Sikanern, Elymern (inklusive einigen Phokern), Sikelern und Phöniziern bewohnt.

Von den Griechen kamen zuerst Kolonisten unter der Führung von Thukles auf die Insel und gründeten die nach Thukydides älteste griechische Kolonie Siziliens: Naxos. Ihre Religion und Kultur auch in der Ferne beibehaltend, errichteten sie einen Altar des Apollon. Archaias – ein Heraklide aus Korinth – gründete darauffolgend Syrakus, nicht jedoch ohne zuvor die dort ansässigen Sikeler gewaltsam vertrieben zu haben. Der Bau einer großen Befestigungsmauer garantierte Syrakus in den folgenden Jahren Sicherheit und ein immer weiter wachsendes Volk. Auch Thukles, der vor einiger Zeit noch Naxos gründet hatte, zog ein weiteres mal aus und auch er besiegte die Sikeler, um in deren ursprünglichem Gebiet Leontinoi und Katane zu gründen. Die Einwohner von Katane scheinen dieser Darstellung nach Thukydides allerdings zu widersprechen und geben den Euarchos als ihren Städtegründer an.

Die Besiedlung durch die – wie Thukydides sie nennt – „Barbarenstämme“ und Griechen läuft in der Quelle sehr verschieden ab. Es ist auffällig, dass alle „barbarischen“ Völker der Insel (mit Ausnahme der im Mittelmeerraum sehr verbreiteten Phönizier) gewaltsam aus ihrer ursprünglichen Heimat vertrieben wurden. Sie kamen als Flüchtlinge nach Sizilien, und allein die Sikeler konnten einen militärischen Sieg gegen die nunmehr zweimal geschlagenen Sikaner erringen. Anders verhält es sich mit den Griechen. Sie kamen nicht als Flüchtende auf die Insel und eroberten sich ihre jeweiligen Siedlungsplätze. Wieder wurden hier also die „Barbaren“ geschlagen. Auch erfährt man aus der Quelle von den prestigeträchtigen Bauprojekten der Griechen, und die Siedler um Archaias bemühten sich schnell und erfolgreich um eine Stadtmauer zur Verteidigung von Syrakus – sie wollten sich nicht wie die Sikeler wieder vertreiben lassen. Weiterhin sind die immer namentlich genannten Städtegründer zu betonen. Diese oikistai waren Adlige, die mit ihren Anhängern (hetairoi) und durch Unterstützung der Mutterstadt das Wagnis der Kolonisation eingingen. Sie stellten wiederum später auch den Kern der neugegründeten Siedlung dar und wurden nicht selten in späterer Zeit als Heroen verehrt.

Die Quelle lässt einige Rückschlüsse über das Wissen der Griechen zu Thukyides‘ Zeit hinsichtlich der verschiedenen sowohl zeitgenössischen als auch historischen Völker und Regionen zu. Zum einen muss betont werden, wie viele Informationen Thukydides über die Besiedlung und Kolonisation auf Sizilien zu haben scheint. Er weiß sowohl von verschiedenen nicht-griechischen Völkern der Insel als auch von deren Ursprüngen und Geschichte. Diese Ereignisse, die sich hunderte Jahre vor dem Verfassen der Quelle abgespielt haben sollen, werden fast minutiös wiedergegeben. Selbes gilt für die griechische Besiedlung der Insel. Man erkennt zudem, dass dem Athener Thukydides Orte wie das ferne Spanien oder Karthago und Libyen an der Nordküste Afrika bekannt sind und die Griechen seiner Zeit ihren Blick keineswegs nur auf ihre Heimatgefilde beschränkten. Nichtsdestoweniger sollte die Darstellung – das gilt für jede Quelle – nicht gänzlich für bare Münze genommen werden. Wie aus den Unterschieden der Kolonisation zwischen Griechen und den anderen Völkern zu sehen ist, kann sich auch Thukydides nicht immer eines parteiischen Anstrichs entraten. Dennoch gilt: der zwar subjektive, aber doch enorme Erfahrungshorizont des Autors und anderer Griechen der Zeit darf nicht unterschätzt werden.

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Stellung des basileus

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Homer
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Hom. Il. 9.9-78 – Original:

Ἀτρεΐδης δ᾽ ἄχεϊ μεγάλῳ βεβολημένος ἦτορ
φοίτα κηρύκεσσι λιγυφθόγγοισι κελεύων 10
κλήδην εἰς ἀγορὴν κικλήσκειν ἄνδρα ἕκαστον,
μὴ δὲ βοᾶν: αὐτὸς δὲ μετὰ πρώτοισι πονεῖτο.
ἷζον δ᾽ εἰν ἀγορῇ τετιηότες: ἂν δ᾽ Ἀγαμέμνων
ἵστατο δάκρυ χέων ὥς τε κρήνη μελάνυδρος
ἥ τε κατ᾽ αἰγίλιπος πέτρης δνοφερὸν χέει ὕδωρ: 15
ὣς ὃ βαρὺ στενάχων ἔπε᾽ Ἀργείοισι μετηύδα:
‘ὦ φίλοι Ἀργείων ἡγήτορες ἠδὲ μέδοντες
Ζεύς με μέγα Κρονίδης ἄτῃ ἐνέδησε βαρείῃ
σχέτλιος, ὃς τότε μέν μοι ὑπέσχετο καὶ κατένευσεν
Ἴλιον ἐκπέρσαντ᾽ εὐτείχεον ἀπονέεσθαι, 20
νῦν δὲ κακὴν ἀπάτην βουλεύσατο, καί με κελεύει
δυσκλέα Ἄργος ἱκέσθαι, ἐπεὶ πολὺν ὤλεσα λαόν.
οὕτω που Διὶ μέλλει ὑπερμενέϊ φίλον εἶναι,
ὃς δὴ πολλάων πολίων κατέλυσε κάρηνα
ἠδ᾽ ἔτι καὶ λύσει: τοῦ γὰρ κράτος ἐστὶ μέγιστον. 25
ἀλλ᾽ ἄγεθ᾽ ὡς ἂν ἐγὼ εἴπω πειθώμεθα πάντες:
φεύγωμεν σὺν νηυσὶ φίλην ἐς πατρίδα γαῖαν:
οὐ γὰρ ἔτι Τροίην αἱρήσομεν εὐρυάγυιαν.’
ὣς ἔφαθ᾽, οἳ δ᾽ ἄρα πάντες ἀκὴν ἐγένοντο σιωπῇ.
δὴν δ᾽ ἄνεῳ ἦσαν τετιηότες υἷες Ἀχαιῶν: 30
ὀψὲ δὲ δὴ μετέειπε βοὴν ἀγαθὸς Διομήδης:
‘Ἀτρεΐδη σοὶ πρῶτα μαχήσομαι ἀφραδέοντι,
ἣ θέμις ἐστὶν ἄναξ ἀγορῇ: σὺ δὲ μή τι χολωθῇς.
ἀλκὴν μέν μοι πρῶτον ὀνείδισας ἐν Δαναοῖσι
φὰς ἔμεν ἀπτόλεμον καὶ ἀνάλκιδα: ταῦτα δὲ πάντα 35
ἴσασ᾽ Ἀργείων ἠμὲν νέοι ἠδὲ γέροντες.
σοὶ δὲ διάνδιχα δῶκε Κρόνου πάϊς ἀγκυλομήτεω:
σκήπτρῳ μέν τοι δῶκε τετιμῆσθαι περὶ πάντων,
ἀλκὴν δ᾽ οὔ τοι δῶκεν, ὅ τε κράτος ἐστὶ μέγιστον.
δαιμόνι᾽ οὕτω που μάλα ἔλπεαι υἷας Ἀχαιῶν 40
ἀπτολέμους τ᾽ ἔμεναι καὶ ἀνάλκιδας ὡς ἀγορεύεις;
εἰ δέ τοι αὐτῷ θυμὸς ἐπέσσυται ὥς τε νέεσθαι
ἔρχεο: πάρ τοι ὁδός, νῆες δέ τοι ἄγχι θαλάσσης
ἑστᾶσ᾽, αἵ τοι ἕποντο Μυκήνηθεν μάλα πολλαί.
ἀλλ᾽ ἄλλοι μενέουσι κάρη κομόωντες Ἀχαιοὶ 45
εἰς ὅ κέ περ Τροίην διαπέρσομεν. εἰ δὲ καὶ αὐτοὶ
φευγόντων σὺν νηυσὶ φίλην ἐς πατρίδα γαῖαν:
νῶϊ δ᾽ ἐγὼ Σθένελός τε μαχησόμεθ᾽ εἰς ὅ κε τέκμωρ
Ἰλίου εὕρωμεν: σὺν γὰρ θεῷ εἰλήλουθμεν.’
ὣς ἔφαθ᾽, οἳ δ᾽ ἄρα πάντες ἐπίαχον υἷες Ἀχαιῶν 50
μῦθον ἀγασσάμενοι Διομήδεος ἱπποδάμοιο.
τοῖσι δ᾽ ἀνιστάμενος μετεφώνεεν ἱππότα Νέστωρ:
Τυδεΐδη περὶ μὲν πολέμῳ ἔνι καρτερός ἐσσι,
καὶ βουλῇ μετὰ πάντας ὁμήλικας ἔπλευ ἄριστος.
οὔ τίς τοι τὸν μῦθον ὀνόσσεται ὅσσοι Ἀχαιοί, 55
οὐδὲ πάλιν ἐρέει: ἀτὰρ οὐ τέλος ἵκεο μύθων.
ἦ μὲν καὶ νέος ἐσσί, ἐμὸς δέ κε καὶ πάϊς εἴης
ὁπλότατος γενεῆφιν: ἀτὰρ πεπνυμένα βάζεις
Ἀργείων βασιλῆας, ἐπεὶ κατὰ μοῖραν ἔειπες.
‘ἀλλ᾽ ἄγ᾽ ἐγών, ὃς σεῖο γεραίτερος εὔχομαι εἶναι, 60
ἐξείπω καὶ πάντα διίξομαι: οὐδέ κέ τίς μοι
μῦθον ἀτιμήσει᾽, οὐδὲ κρείων Ἀγαμέμνων.
ἀφρήτωρ ἀθέμιστος ἀνέστιός ἐστιν ἐκεῖνος
ὃς πολέμου ἔραται ἐπιδημίου ὀκρυόεντος.
ἀλλ᾽ ἤτοι νῦν μὲν πειθώμεθα νυκτὶ μελαίνῃ 65
δόρπά τ᾽ ἐφοπλισόμεσθα: φυλακτῆρες δὲ ἕκαστοι
λεξάσθων παρὰ τάφρον ὀρυκτὴν τείχεος ἐκτός.
κούροισιν μὲν ταῦτ᾽ ἐπιτέλλομαι: αὐτὰρ ἔπειτα
Ἀτρεΐδη σὺ μὲν ἄρχε: σὺ γὰρ βασιλεύτατός ἐσσι.
δαίνυ δαῖτα γέρουσιν: ἔοικέ τοι, οὔ τοι ἀεικές. 70
πλεῖαί τοι οἴνου κλισίαι, τὸν νῆες Ἀχαιῶν
ἠμάτιαι Θρῄκηθεν ἐπ᾽ εὐρέα πόντον ἄγουσι:
πᾶσά τοί ἐσθ᾽ ὑποδεξίη, πολέεσσι δ᾽ ἀνάσσεις.
πολλῶν δ᾽ ἀγρομένων τῷ πείσεαι ὅς κεν ἀρίστην
βουλὴν βουλεύσῃ: μάλα δὲ χρεὼ πάντας Ἀχαιοὺς 75
ἐσθλῆς καὶ πυκινῆς, ὅτι δήϊοι ἐγγύθι νηῶν
καίουσιν πυρὰ πολλά: τίς ἂν τάδε γηθήσειε;
νὺξ δ᾽ ἧδ᾽ ἠὲ διαρραίσει στρατὸν ἠὲ σαώσει.’

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Übersetzung: A.T. Murray
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Übersetzung

But the son of Atreus, stricken to the heart with sore grief, [10] went this way and that, bidding the clear-voiced heralds summon every man by name to the place of gathering, but not to shout aloud; and himself he toiled amid the foremost. So they sat in the place of gathering, sore troubled, and Agamemnon stood up weeping even as a fountain of dark water [15] that down over the face of a beetling cliff poureth its dusky stream; even so with deep groaning spake he amid the Argives, saying:“My friends, leaders and rulers of the Argives, great Zeus, son of Cronos, hath ensnared me in grievous blindness of heart, cruel god! seeing that of old he promised me, and bowed his head thereto, [20] that not until I had sacked well-walled Ilios should I get me home; but now hath he planned cruel deceit, and biddeth me return inglorious to Argos, when I have lost much people. So, I ween, must be the good pleasure of Zeus supreme in might, who hath laid low the heads of many cities, [25] yea, and shall lay low; for his power is above all. Nay, come, even as I shall bid let us all obey: let us flee with our ships to our dear native land; for no more is there hope that we shall take broad-wayed Troy.” So spake he, and they all became hushed in silence. [30] Long time were they silent in their grief, the sons of the Achaeans, but at length there spake among them Diomedes, good at the war-cry:“Son of Atreus, with thee first will I contend in thy folly, where it is meet, O king, even in the place of gathering: and be not thou anywise wroth thereat. My valour didst thou revile at the first amid the Danaans, [35] and saidst that I was no man of war but a weakling; and all this know the Achaeans both young and old. But as for thee, the son of crooked-counselling Cronos hath endowed thee in divided wise: with the sceptre hath he granted thee to be honoured above all, but valour he gave thee not, wherein is the greatest might. [40] Strange king, dost thou indeed deem that the sons of the Achaeans are thus unwarlike and weaklings as thou sayest? Nay, if thine own heart is eager to return, get thee gone; before thee lies the way, and thy ships stand beside the sea, all the many ships that followed thee from Mycenae. [45] Howbeit the other long-haired Achaeans will abide here until we have laid waste Troy. Nay, let them also flee in their ships to their dear native land; yet will we twain, Sthenelus and I, fight on, until we win the goal of Ilios; for with the aid of heaven are we come.” [50] So spake he, and all the sons of the Achaeans shouted aloud, applauding the word of Diomedes, tamer of horses. Then uprose and spake among them the horseman Nestor:“Son of Tydeus, above all men art thou mighty in battle, [55] and in council art the best amid all those of thine own age. Not one of all the Achaeans will make light of what thou sayest neither gainsay it; yet hast thou not reached a final end of words. Moreover, thou art in sooth but young, thou mightest e’en be my son, my youngest born; yet thou givest prudent counsel to the princes of the Argives, seeing thou speakest according to right. [60] But come, I that avow me to be older than thou will speak forth and will declare the whole; neither shall any man scorn my words, no, not even lord Agamemnon. A clanless, lawless, hearthless man is he that loveth dread strife among his own folk. [65] Howbeit for this present let us yield to black night and make ready our supper; and let sentinels post themselves severally along the digged ditch without the wall. To the young men give I this charge; but thereafter do thou, son of Atreus, take the lead, for thou art most kingly. [70] Make thou a feast for the elders; this were but right and seemly for thee. Full are thy huts of wine that the ships of the Achaeans bring thee each day from Thrace, over the wide sea; all manner of entertainment hast thou at hand, seeing thou art king over many. And when many are gathered together thou shalt follow him whoso shall devise [75] the wisest counsel. And sore need have all the Achaeans of counsel both good and prudent, seeing that foemen hard by the ships are kindling their many watchfires; what man could rejoice thereat? This night shall either bring to ruin or save our host.”

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Autor_in: Niklas Rempe
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Hom. Il. 9.9-78

Leitfragen:

1) Warum ruft Agamemnon die Heeresversammlung ein und wie reagiert Diomedes darauf

2) Welche Rolle spielt das Alter der versammelten Männer?

3) Welche Rückschlüsse lassen sich aus der Textstelle über die Stellung Agamemnons im Heer ableiten?

Kommentar:

Nach einer unglücklich verlaufenen Schlacht vor den Mauern Trojas steht der Erfolg des Trojanischen Krieges für die Griechen auf Messers Schneide. Agamemnon, der Herrscher über Argos und oberster Heerführer der Griechen, verzagt ob dieser Entwicklung. Er beruft eine Versammlung aller Männer ein und verkündet sein Vorhaben, vom weiteren Kämpfen abzulassen und in seine Heimat zurückzukehren. Zeus, der ihm einst versprach, siegreich aus Troja heimzukehren, scheint seine Unterstützung aufgekündigt zu haben – nur so ist die zuvor erlittene Niederlage zu erklären. Die Konsequenz ist klar: Abzug des Heeres aus Troja. Bestürzt schweigt das Heer bis Diomedes, Sohn des Tydeus, das Wort ergreift. Er widerspricht Agamemnon und wirft ihm Mutlosigkeit vor. Er solle sich ein Beispiel an den versammelten Griechen nehmen. Viele seien immer noch bereit, den Kampf mit den Trojanern fortzusetzen und wollen nicht eher abzuziehen, bis der Sieg errungen sei. Die Reaktion des Heeres scheint Diomedes recht zu geben, denn es bricht in Jubel aus.

Im weiteren Verlauf der Versammlung meldet sich Nestor zu Wort, der durch seine Weisheit und altersbedingte Erfahrung hervorsticht. Er dankt Diomedes für den Rat und lobt dessen jugendlichen Eifer, hebt jedoch hervor, dass die Angelegenheit noch mehr Worte und Argumente bedarf, um vollends geklärt zu werden. Er rät Agamemnon, das Nachtmahl vorbereiten zu lassen. Außerdem empfiehlt er, die jungen Männer der Griechen als Wachen abzustellen und dass die alten und erfahrenen Griechen in kleinerer Runde weiter beraten sollen. Deutlich wird hier der Wert des Alters in der Gesellschaft der frühen Griechen. Durch die damit einhergehende Erfahrung und Autorität sind die Alten (gerontes) am besten dazu geeignet Ratschläge zu erteilen. Die Anregung Diomedes‘, die Kämpfe fortzuführen, ist zwar durchaus zulässig, doch fehlen ihm die Ausgewogenheit und Erfahrung, die nur das Alter bringen kann. Er und seine Altersgenossen sind eher geeignet für Aufgaben wie die Bewachung des Heeres, wo sie ihre körperliche Überlegenheit besser einsetzen können.

Agamemon ist vordergründig der uneingeschränkte Herr über das griechische Heer, denn schließlich hat ihm Zeus diese Aufgabe anvertraut. Nichtsdestoweniger muss auch er als Führer (basileus) der Griechen den Rat seiner Standesgenossen beherzigen. Deutlich wird dies, wenn er selber die Heeresversammlung einberuft und Diomdes ihm dort – gemäß seinem Recht als einer der führenden Männer des Heeres – den Rat erteilt weiter zu kämpfen. Auch Nestor betont sowohl die Führungsrolle des Agamemnons als auch dessen Pflicht, Ratschläge zu beherzigen. Freilich sollte nicht davon ausgegangen werden, dass üblicherweise jeder Mann im Heer das Wort in einer derartigen Versammlung ergreifen konnte – die Sprecher sind selber Vorsteher (basileis) ihrer jeweiligen Männer und haben sich nur im Kontext des Trojanischen Krieges Agamemnon untergeordnet. Die Akklamation des Heeres, also die durch Jubel geäußerte Zustimmung für Diomedes Vorschlag, wurde sicherlich auch in den adligen Kreisen verstanden und berücksichtigt. Die schlussendliche Entscheidung fällt dann aber außerhalb der Heeresversammlung. Nestors Empfehlung folgend hört sich Agamemnon im späteren Verlauf der Ilias die Ratschläge seiner Standesgenossen an und kommt zu einer Entscheidung: Der Kampf um Troja wird fortgesetzt.

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Die Kyklopen

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Autor_in: Homer
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Hom. Od. 9.105-141 – Original:

ἔνθεν δὲ προτέρω πλέομεν ἀκαχήμενοι ἦτορ: 105
Κυκλώπων δ᾽ ἐς γαῖαν ὑπερφιάλων ἀθεμίστων
ἱκόμεθ᾽, οἵ ῥα θεοῖσι πεποιθότες ἀθανάτοισιν
οὔτε φυτεύουσιν χερσὶν φυτὸν οὔτ᾽ ἀρόωσιν,
ἀλλὰ τά γ᾽ ἄσπαρτα καὶ ἀνήροτα πάντα φύονται,
πυροὶ καὶ κριθαὶ ἠδ᾽ ἄμπελοι, αἵ τε φέρουσιν 110
οἶνον ἐριστάφυλον, καί σφιν Διὸς ὄμβρος ἀέξει.
τοῖσιν δ᾽ οὔτ᾽ ἀγοραὶ βουληφόροι οὔτε θέμιστες,
ἀλλ᾽ οἵ γ᾽ ὑψηλῶν ὀρέων ναίουσι κάρηνα
ἐν σπέσσι γλαφυροῖσι, θεμιστεύει δὲ ἕκαστος
παίδων ἠδ᾽ ἀλόχων, οὐδ᾽ ἀλλήλων ἀλέγουσιν.’ 115
νῆσος ἔπειτα λάχεια παρὲκ λιμένος τετάνυσται,
γαίης Κυκλώπων οὔτε σχεδὸν οὔτ᾽ ἀποτηλοῦ,
ὑλήεσσ᾽: ἐν δ᾽ αἶγες ἀπειρέσιαι γεγάασιν
ἄγριαι: οὐ μὲν γὰρ πάτος ἀνθρώπων ἀπερύκει,
οὐδέ μιν εἰσοιχνεῦσι κυνηγέται, οἵ τε καθ᾽ ὕλην 120
ἄλγεα πάσχουσιν κορυφὰς ὀρέων ἐφέποντες.
οὔτ᾽ ἄρα ποίμνῃσιν καταΐσχεται οὔτ᾽ ἀρότοισιν,
ἀλλ᾽ ἥ γ᾽ ἄσπαρτος καὶ ἀνήροτος ἤματα πάντα
ἀνδρῶν χηρεύει, βόσκει δέ τε μηκάδας αἶγας.
οὐ γὰρ Κυκλώπεσσι νέες πάρα μιλτοπάρῃοι, 125
οὐδ᾽ ἄνδρες νηῶν ἔνι τέκτονες, οἵ κε κάμοιεν
νῆας ἐυσσέλμους, αἵ κεν τελέοιεν ἕκαστα
ἄστε᾽ ἐπ᾽ ἀνθρώπων ἱκνεύμεναι, οἷά τε πολλὰ
ἄνδρες ἐπ᾽ ἀλλήλους νηυσὶν περόωσι θάλασσαν:
οἵ κέ σφιν καὶ νῆσον ἐυκτιμένην ἐκάμοντο. 130
οὐ μὲν γάρ τι κακή γε, φέροι δέ κεν ὥρια πάντα:
ἐν μὲν γὰρ λειμῶνες ἁλὸς πολιοῖο παρ᾽ ὄχθας
ὑδρηλοὶ μαλακοί: μάλα κ᾽ ἄφθιτοι ἄμπελοι εἶεν.
ἐν δ᾽ ἄροσις λείη: μάλα κεν βαθὺ λήιον αἰεὶ
εἰς ὥρας ἀμῷεν, ἐπεὶ μάλα πῖαρ ὑπ᾽ οὖδας. 135
ἐν δὲ λιμὴν ἐύορμος, ἵν᾽ οὐ χρεὼ πείσματός ἐστιν,
οὔτ᾽ εὐνὰς βαλέειν οὔτε πρυμνήσι᾽ ἀνάψαι,
ἀλλ᾽ ἐπικέλσαντας μεῖναι χρόνον εἰς ὅ κε ναυτέων
θυμὸς ἐποτρύνῃ καὶ ἐπιπνεύσωσιν ἀῆται.
αὐτὰρ ἐπὶ κρατὸς λιμένος ῥέει ἀγλαὸν ὕδωρ, 140
κρήνη ὑπὸ σπείους: περὶ δ᾽ αἴγειροι πεφύασιν.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: A. T. Murray
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

“Thence we sailed on, grieved at heart, and we came to the land of the Cyclopes, an overweening and lawless folk, who, trusting in the immortal gods, plant nothing with their hands nor plough; but all these things spring up for them without sowing or ploughing, [110] wheat, and barley, and vines, which bear the rich clusters of wine, and the rain of Zeus gives them increase. Neither assemblies for council have they, nor appointed laws, but they dwell on the peaks of lofty mountains in hollow caves, and each one is lawgiver [115] to his children and his wives, and they reck nothing one of another. “Now there is a level isle that stretches aslant outside the harbor, neither close to the shore of the land of the Cyclopes, nor yet far off, a wooded isle. Therein live wild goats innumerable, for the tread of men scares them not away, [120] nor are hunters wont to come thither, men who endure toils in the woodland as they course over the peaks of the mountains. Neither with flocks is it held, nor with ploughed lands, but unsown and untilled all the days it knows naught of men, but feeds the bleating goats. [125] For the Cyclopes have at hand no ships with vermilion cheeks, nor are there ship-wrights in their land who might build them well-benched ships, which should perform all their wants, passing to the cities of other folk, as men often cross the sea in ships to visit one another— [130] craftsmen, who would have made of this isle also a fair settlement. For the isle is nowise poor, but would bear all things in season. In it are meadows by the shores of the grey sea, well-watered meadows and soft, where vines would never fail, and in it level ploughland, whence [135] they might reap from season to season harvests exceeding deep, so rich is the soil beneath; and in it, too, is a harbor giving safe anchorage, where there is no need of moorings, either to throw out anchor-stones or to make fast stern cables, but one may beach one’s ship and wait until the sailors‘ minds bid them put out, and the breezes blow fair. [140] Now at the head of the harbor a spring of bright water flows forth from beneath a cave, and round about it poplars grow.

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Autor_in: Niklas Rempe
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Hom. Od. 9.105-141

Leitfragen:

1) Geben Sie die Lebensweise der Kyklopen wieder.

2) Warum besiedeln die Kyklopen die nahe gelegene Insel nicht?

3) Interpretieren Sie aus der Lebensweise der Kyklopen und der Beschreibung der Insel, was über die Voraussetzung der archaischen Zivilisation ausgesagt werden kann.

Kommentar:

Odysseus und seine Männer sind nach den erfolgreichen Kämpfen in Troja auf ihrem Weg in die Heimat. Diese durch göttliche Fügung bedingte zehn Jahre währende Reise – die Odyssee – lässt ihr Schiff in die Länder der Kyklopen kommen. Man erfährt, dass diese ein überhebliches und rechtloses Volk sind. Weder betreiben sie Ackerbau, noch haben sie überhaupt das Werkzeug dafür. Nichtsdestoweniger scheinen sie ausreichend Nahrung zu haben: Weizen, Gerste und sogar Trauben für Wein. Sie scheinen in diesen Belangen den Göttern zu vertrauen, zumal die Kyklopen an anderer Stelle auch als einäugige und riesige Kinder des Poseideon beschrieben werden, und der reichliche von Zeus gesandte Regen scheint dieses Vertrauen zu rechtfertigen. Die schon erwähnte Rechtslosigkeit wird deutlich, wenn sie als ein Volk dargestellt werden, welches weder Versammlungen noch Satzungen kennt – dafür leben Sie auch zu verstreut in Höhlen auf unzugänglichen Berggipfeln und kümmern sich nicht um Ihresgleichen. Allein innerhalb der Familie scheint es eine Ordnung zu geben, wenn das männliche Oberhaupt Regeln für seine Frau und die Kinder aufstellt.

Der Darstellung des Volks der Kyklopen folgt eine Beschreibung einer nahe gelegenen Insel. Große Waldflächen werden in diesem Zuge erwähnt und ebenso scheint die Insel Ziegen zu beherbergen, die sich durch den ausgebliebenen Kontakt mit den Menschen unkontrolliert und reichlich vermehren konnten. Auch ein paradiesisches Bild von ausgedehnten Weiden und fruchtbaren Böden wird gezeichnet. Nichtsdestoweniger haben die Kyklopen sich hier nicht angesiedelt. Der Grund dafür ist der Mangel an Schiffen, die sie benutzen könnten, um auf die Insel überzusetzten. Es wird deutlich, dass die Kyklopen nicht einmal die Fähigkeit haben Schiffe zu bauen bzw. bauen zu lassen, geschweige denn zu bemannen und zu fahren.

Die Darstellung des Volks der Kyklopen, ihrer Heimat und der nahe gelegenen noch unbesiedelten Insel kann gute Einblicke in die Vorstellung von Zivilisation im frühen Griechenland geben. Insbesondere die Kyklopen sollten als Gegenbeispiel zu den Menschen aufgefasst werden und so lässt sich durch Umkehrschlüsse feststellen, dass das geordnete gesellschaftliche Zusammenleben in größeren Gruppen die Basis jeglicher Zivilisation darstellt. Geordnet bedeutet hier, dass Satzungen (thesmoi) und generell soziale Normen das Miteinander der Menschen regeln und durch Institutionen, wie einer Versammlung oder einem Rat (boule) gefestigt werden. Überhaupt ist dafür ein Ballungsraum von Nöten, in bzw. um den eine größere Gruppe von Menschen lebt und leben kann. Ein Leben in vereinzelten und disparaten Gebirgshöhlen, wie es die Kyklopen führen, schließt dies aus. Entsprechend reicht es auch nicht, wenn allein die Familienoberhäupter das Leben ihres Hausstands (oikos) reglementieren – um sich von den unzivilisierten Kyklopen abzugrenzen, muss derartiges auf mehrere Familien ausgebreitet werden.

Weiterhin wird durch die Beschreibung der Fauna und Flora der Insel deutlich, wie abhängig die Griechen der archaischen Epoche von der Natur und den entsprechenden Begebenheiten waren. Große und fruchtbare Weidelandschaften und die damit einhergehende Ziegenherde werden beschrieben und auch die perfekten landwirtschaftlichen Bedingungen werden betont. Die Kyklopen als unzivilisiertes Volk können mit dieser paradiesischen Insel nichts anfangen – sie können sie ja nicht einmal erreichen. Den Menschen hingegen steht der Wasserweg offen und man erkennt den großen Wert dieser Art der Fortbewegung für die Menschen der Archaik. Zusammengefasst zeigt die Gegenwelt der Kyklopen demnach, dass das zivilisierte Miteinander durch soziale und rechtliche Normen reglementiert sein muss. Dafür wiederum muss eine land- und viehwirtschaftliche Grundlage bestehen, welche die Lebensmittelversorgung einer Vielzahl von Menschen gewährleistet. Das Schiff und der Pflug sind hierfür die beiden prägnantesten und auch in der Quelle erwähnten Hilfsmittel.

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Die Gastfreundschaft

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Homer
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Hom. Il. 6.206-233 – Original:

Ἱππόλοχος δέ μ᾽ ἔτικτε, καὶ ἐκ τοῦ φημι γενέσθαι:
πέμπε δέ μ᾽ ἐς Τροίην, καί μοι μάλα πόλλ᾽ ἐπέτελλεν
αἰὲν ἀριστεύειν καὶ ὑπείροχον ἔμμεναι ἄλλων,
μηδὲ γένος πατέρων αἰσχυνέμεν, οἳ μέγ᾽ ἄριστοι
ἔν τ᾽ Ἐφύρῃ ἐγένοντο καὶ ἐν Λυκίῃ εὐρείῃ. 210
ταύτης τοι γενεῆς τε καὶ αἵματος εὔχομαι εἶναι.’
ὣς φάτο, γήθησεν δὲ βοὴν ἀγαθὸς Διομήδης:
ἔγχος μὲν κατέπηξεν ἐπὶ χθονὶ πουλυβοτείρῃ,
αὐτὰρ ὃ μειλιχίοισι προσηύδα ποιμένα λαῶν:
‘ἦ ῥά νύ μοι ξεῖνος πατρώϊός ἐσσι παλαιός: 215
Οἰνεὺς γάρ ποτε δῖος ἀμύμονα Βελλεροφόντην
ξείνισ᾽ ἐνὶ μεγάροισιν ἐείκοσιν ἤματ᾽ ἐρύξας:
οἳ δὲ καὶ ἀλλήλοισι πόρον ξεινήϊα καλά:
Οἰνεὺς μὲν ζωστῆρα δίδου φοίνικι φαεινόν,
Βελλεροφόντης δὲ χρύσεον δέπας ἀμφικύπελλον 220
καί μιν ἐγὼ κατέλειπον ἰὼν ἐν δώμασ᾽ ἐμοῖσι.
Τυδέα δ᾽ οὐ μέμνημαι, ἐπεί μ᾽ ἔτι τυτθὸν ἐόντα
κάλλιφ᾽, ὅτ᾽ ἐν Θήβῃσιν ἀπώλετο λαὸς Ἀχαιῶν.
τὼ νῦν σοὶ μὲν ἐγὼ ξεῖνος φίλος Ἄργεϊ μέσσῳ
εἰμί, σὺ δ᾽ ἐν Λυκίῃ ὅτε κεν τῶν δῆμον ἵκωμαι. 225
ἔγχεα δ᾽ ἀλλήλων ἀλεώμεθα καὶ δι᾽ ὁμίλου:
πολλοὶ μὲν γὰρ ἐμοὶ Τρῶες κλειτοί τ᾽ ἐπίκουροι
κτείνειν ὅν κε θεός γε πόρῃ καὶ ποσσὶ κιχείω,
πολλοὶ δ᾽ αὖ σοὶ Ἀχαιοὶ ἐναιρέμεν ὅν κε δύνηαι.
τεύχεα δ᾽ ἀλλήλοις ἐπαμείψομεν, ὄφρα καὶ οἵδε 230
γνῶσιν ὅτι ξεῖνοι πατρώϊοι εὐχόμεθ᾽ εἶναι.’
ὣς ἄρα φωνήσαντε καθ᾽ ἵππων ἀΐξαντε
χεῖράς τ᾽ ἀλλήλων λαβέτην καὶ πιστώσαντο:

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Übersetzung

But Hippolochus begat me and of him do I declare that I am sprung; and he sent me to Troy and straitly charged me ever to be bravest and pre-eminent above all, and not bring shame upon the race of my fathers, [210] that were far the noblest in Ephyre and in wide Lycia. This is the lineage and the blood whereof I avow me sprung.” So spake he, and Diomedes, good at the warcry, waxed glad. He planted his spear in the bounteous earth, and with gentle words spake to the shepherd of the host: [215] “Verily now art thou a friend of my father’s house from of old: for goodly Oeneus on a time entertained peerless Bellerophon in his halls, and kept him twenty days; and moreover they gave one to the other fair gifts of friendship. Oeneus gave a belt bright with scarlet, [220] and Bellerophon a double cup of gold which I left in my palace as I came hither. But Tydeus I remember not, seeing I was but a little child when he left, what time the host of the Achaeans perished at Thebes. Therefore now am I a dear guest-friend to thee in the midst of Argos, [225] and thou to me in Lycia, whenso I journey to the land of that folk. So let us shun one another’s spears even amid the throng; full many there be for me to slay, both Trojans and famed allies, whomsoever a god shall grant me and my feet overtake; [230] and many Achaeans again for thee to slay whomsoever thou canst. And let us make exchange of armour, each with the other, that these men too may know that we declare ourselves to be friends from our fathers‘ days.” When they had thus spoken, the twain leapt down from their chariots and clasped each other’s hands and pledged their faith.

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Hom. Il. 6.206-233

Leitfragen:

1) Was erkennt Diomedes, als er die Abstammung seines Gegenübers erfährt?

2) Was bewirkt die Gastfreundschaft in dieser Quellenpassage?

3) Welche Rückschlüsse lassen sich über das Adelsideal der Zeit aus der Quelle ziehen?

Kommentar:

Die vorliegende Textpassage aus der Illias schildert das Verhalten zweier verfeindeter Adliger, die vor den Mauern Trojas inmitten des Schlachtengetümmels aufeinandertreffen. Diomedes aus Argos trifft auf Glaukon – einem Adligen aus Lykien – und kann durch die vortreffliche Gestalt und das mutige Gebaren seines Gegenübers nicht umhin, selbigen nach der Herkunft zu fragen. Glaukon erwidert, er sei der Sohn des Hippolochos und Enkel des berühmten Bellerophontes, und wurde zusammen mit seinen Männern von seinem Vater aus Lykien den verbündeten Trojanern im Kampf gegen die Griechen zur Hilfe geschickt. Gemäß diesem edlen Geschlecht habe er sich nun zu verhalten und so immer danach zu streben, in seinem Handeln der Beste zu sein. Anstatt nach dieser Vorstellung den Kampf zu beginnen, steckt Diomedes aus Freude seinen Speer in den Boden; er hat in seinem Gegenüber einen Gastfreund erkannt, und an einen Zweikampf ist nicht mehr zu denken. Man erfährt, dass diese Gastfreundschaft (Proxenie) auf die beiden Großväter von Glaukon und Diomedes – Bellerophontes und Oineus – zurückgeht und so schon vor zwei Generationen entstand und mit wertvollen Gastgeschenken besiegelt wurde.

Deutlich ist hier zu erkennen, wie die Gastfreundschaft die beiden Kombattanten mitten auf dem Schlachtfeld dazu veranlasst den, Kampf gegeneinander abzulehnen. Dies wird trotz der Feindschaft ihrer jeweiligen Kriegsparteien und trotz des um sie herum andauernden Kampfgeschehens durch das jahrzehntealte Abkommen zwischen ihren beiden Familien erzwungen. Und auch in der Heimat Diomedes‘ – Argos; nord-östlich auf der Peloponnes gelegen – muss Glaukon sich nicht fürchten, sondern darf Hilfe und Unterstützung erwarten. Ganz im Sinne der Reziprozität, also der Gegenseitigkeit, darf auch Diomedes damit im fernen Lykien (Süd-Osten der heutigen Türkei) rechnen. Doch hiermit nicht genug. Glaukon und Diomedes kommen des Weiteren überein, ihre Rüstungen miteinander zu tauschen. Wie schon bei ihren Großvätern besiegeln diese Geschenke die Gastfreundschaft ein weiteres Mal und erneuern damit die ererbte Proxenie.

Aus dieser Stelle lassen sich einige Schlussfolgerungen für das Adelsideal, welches in den homerischen Epen erkennbar ist, ziehen. Allen voran, wie wichtig die Familie und die Abstammung für die adligen Griechen in der Zeit der homerischen Epen waren; denn schon bevor Diomdes von der Gastfreundschaft erfuhr, war ihm ja daran gelegen, die Herkunft seines Feindes zu erfahren. Die Proxenie selber wird zudem als etwas beschrieben, was wichtiger ist als der um die beiden herumtobende Kampf. Sie muss geachtet werden, was ein kriegerisches Aufeinandertreffen von Diomedes und Glaukon verbietet. Das Kämpfen an sich wird allerdings nicht verboten, und trotz ihrer entdeckten Freundschaft ist an ein Ende der Schlacht vor Troja nicht zu denken; zu wichtig war dem Adel das Hervortun im Kampf und die dadurch gewonnene Ehre. Der Beste von allen zu sein und aus der Masse hervorzutreten war ja überhaupt erst der Grund, warum Glaukon von seinem Vater Hippolochos nach Troja in den Kampf gegen die Griechen geschickt wurde. Gelegenheit bietet sich den beiden dafür zu genüge, und so erklärt sich auch Diomedes Vorschlag, zwar einander nicht zu schaden, doch nichtsdestoweniger so viele Feinde, wie es einem möglich ist – und die Götter es zulassen – zu erschlagen.

Zwei weitere Schlussfolgerungen sind hervorzuheben: Man erkennt, wie weitläufig gastfreundschaftliche Verbindungen reichten. Entsprechend international und keineswegs auf das griechische Kernland um die Peloponnes beschränkt sind sich auch die Beziehungen zwischen verschiedenen Adelsgeschlechtern vorzustellen. Außerdem sind die Funktion und der Wert von Geschenken gut erkennbar. Die Gegenseitigkeit dieser Schenkungen wird sowohl bei Diomedes und Glaukon ersichtlich, als auch schon zwei Generationen früher, als kostbare Gegenstände ausgetauscht wurden, die sich nach Diomedes‘ Aussage immer noch im Familienbesitz befinden und entsprechend geehrt werden.

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Podcast-Hinweise
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Der Freiermord

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Hom. Od. 22.34-88 – Original:

τοὺς δ᾽ ἄρ᾽ ὑπόδρα ἰδὼν προσέφη πολύμητις Ὀδυσσεύς:
‘ὦ κύνες, οὔ μ᾽ ἔτ᾽ ἐφάσκεθ᾽ ὑπότροπον οἴκαδ᾽ ἱκέσθαι
δήμου ἄπο Τρώων, ὅτι μοι κατεκείρετε οἶκον,
δμῳῇσιν δὲ γυναιξὶ παρευνάζεσθε βιαίως,
αὐτοῦ τε ζώοντος ὑπεμνάασθε γυναῖκα,
οὔτε θεοὺς δείσαντες, οἳ οὐρανὸν εὐρὺν ἔχουσιν,
οὔτε τιν᾽ ἀνθρώπων νέμεσιν κατόπισθεν ἔσεσθαι:
νῦν ὑμῖν καὶ πᾶσιν ὀλέθρου πείρατ᾽ ἐφῆπται.’
ὣς φάτο, τοὺς δ᾽ ἄρα πάντας ὑπὸ χλωρὸν δέος εἷλεν:
πάπτηνεν δὲ ἕκαστος ὅπη φύγοι αἰπὺν ὄλεθρον.
Εὐρύμαχος δέ μιν οἶος ἀμειβόμενος προσέειπεν:
‘εἰ μὲν δὴ Ὀδυσεὺς Ἰθακήσιος εἰλήλουθας,
ταῦτα μὲν αἴσιμα εἶπας, ὅσα ῥέζεσκον Ἀχαιοί,
πολλὰ μὲν ἐν μεγάροισιν ἀτάσθαλα, πολλὰ δ᾽ ἐπ᾽ ἀγροῦ.
ἀλλ᾽ ὁ μὲν ἤδη κεῖται ὃς αἴτιος ἔπλετο πάντων,
Ἀντίνοος: οὗτος γὰρ ἐπίηλεν τάδε ἔργα,
οὔ τι γάμου τόσσον κεχρημένος οὐδὲ χατίζων,
ἀλλ᾽ ἄλλα φρονέων, τά οἱ οὐκ ἐτέλεσσε Κρονίων,
ὄφρ᾽ Ἰθάκης κατὰ δῆμον ἐϋκτιμένης βασιλεύοι
αὐτός, ἀτὰρ σὸν παῖδα κατακτείνειε λοχήσας.
νῦν δ᾽ ὁ μὲν ἐν μοίρῃ πέφαται, σὺ δὲ φείδεο λαῶν
σῶν: ἀτὰρ ἄμμες ὄπισθεν ἀρεσσάμενοι κατὰ δῆμον,
ὅσσα τοι ἐκπέποται καὶ ἐδήδοται ἐν μεγάροισι,
τιμὴν ἀμφὶς ἄγοντες ἐεικοσάβοιον ἕκαστος,
χαλκόν τε χρυσόν τ᾽ ἀποδώσομεν, εἰς ὅ κε σὸν κῆρ
ἰανθῇ: πρὶν δ᾽ οὔ τι νεμεσσητὸν κεχολῶσθαι.’
τὸν δ᾽ ἄρ᾽ ὑπόδρα ἰδὼν προσέφη πολύμητις Ὀδυσσεύς:
‘Εὐρύμαχ᾽, οὐδ᾽ εἴ μοι πατρώϊα πάντ᾽ ἀποδοῖτε,
ὅσσα τε νῦν ὔμμ᾽ ἐστὶ καὶ εἴ ποθεν ἄλλ᾽ ἐπιθεῖτε,
οὐδέ κεν ὣς ἔτι χεῖρας ἐμὰς λήξαιμι φόνοιο
πρὶν πᾶσαν μνηστῆρας ὑπερβασίην ἀποτῖσαι.
νῦν ὑμῖν παράκειται ἐναντίον ἠὲ μάχεσθαι
ἢ φεύγειν, ὅς κεν θάνατον καὶ κῆρας ἀλύξῃ:
ἀλλά τιν᾽ οὐ φεύξεσθαι ὀΐομαι αἰπὺν ὄλεθρον.’
ὣς φάτο, τῶν δ᾽ αὐτοῦ λύτο γούνατα καὶ φίλον ἦτορ.
τοῖσιν δ᾽ Εὐρύμαχος προσεφώνεε δεύτερον αὖτις:
‘ὦ φίλοι, οὐ γὰρ σχήσει ἀνὴρ ὅδε χεῖρας ἀάπτους,
ἀλλ᾽ ἐπεὶ ἔλλαβε τόξον ἐΰξοον ἠδὲ φαρέτρην,
οὐδοῦ ἄπο ξεστοῦ τοξάσσεται, εἰς ὅ κε πάντας
ἄμμε κατακτείνῃ: ἀλλὰ μνησώμεθα χάρμης.
φάσγανά τε σπάσσασθε καὶ ἀντίσχεσθε τραπέζας
ἰῶν ὠκυμόρων: ἐπὶ δ᾽ αὐτῷ πάντες ἔχωμεν
ἀθρόοι, εἴ κέ μιν οὐδοῦ ἀπώσομεν ἠδὲ θυράων,
ἔλθωμεν δ᾽ ἀνὰ ἄστυ, βοὴ δ᾽ ὤκιστα γένοιτο:
τῷ κε τάχ᾽ οὗτος ἀνὴρ νῦν ὕστατα τοξάσσαιτο.’
ὣς ἄρα φωνήσας εἰρύσσατο φάσγανον ὀξὺ
χάλκεον, ἀμφοτέρωθεν ἀκαχμένον, ἆλτο δ᾽ ἐπ᾽ αὐτῷ
σμερδαλέα ἰάχων: ὁ δ᾽ ἁμαρτῆ δῖος Ὀδυσσεὺς
ἰὸν ἀποπροίει, βάλε δὲ στῆθος παρὰ μαζόν,
ἐν δέ οἱ ἥπατι πῆξε θοὸν βέλος: ἐκ δ᾽ ἄρα χειρὸς
φάσγανον ἧκε χαμᾶζε, περιρρηδὴς δὲ τραπέζῃ
κάππεσεν ἰδνωθείς, ἀπὸ δ᾽ εἴδατα χεῦεν ἔραζε
καὶ δέπας ἀμφικύπελλον: ὁ δὲ χθόνα τύπτε μετώπῳ
θυμῷ ἀνιάζων, ποσὶ δὲ θρόνον ἀμφοτέροισι
λακτίζων ἐτίνασσε: κατ᾽ ὀφθαλμῶν δ᾽ ἔχυτ᾽ ἀχλύς.

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Übersetzung

Then with an angry glance from beneath his brows Odysseus of many wiles answered them: “Ye dogs, ye thought that I should never more come home from the land of the Trojans, seeing that ye wasted my house, and lay with the maidservants by force, and while yet I lived covertly wooed my wife, having no fear of the gods, who hold broad heaven, nor of the indignation of men, that is to be hereafter. Now over you one and all have the cords of destruction been made fast.” So he spoke, and thereat pale fear seized them all, and each man gazed about to see how he might escape utter destruction; Eurymachus alone answered him, and said: “If thou art indeed Odysseus of Ithaca, come home again, this that thou sayest is just regarding all that the Achaeans have wrought—many deeds of wanton folly in thy halls and many in the field. But he now lies dead, who was to blame for all, even Antinous; for it was he who set on foot these deeds, not so much through desire or need of the marriage, but with another purpose, which the son of Cronos did not bring to pass for him, that in the land of settled Ithaca he might himself be king, and might lie in wait for thy son and slay him. But now he lies slain, as was his due, but do thou spare the people that are thine own; and we will hereafter go about the land and get thee recompense for all that has been drunk and eaten in thy halls, and will bring each man for himself in requital the worth of twenty oxen, and pay thee back in bronze and gold until thy heart be warmed; but till then no one could blame thee that thou art wroth.” Then with an angry glance from beneath his brows Odysseus of many wiles answered him: “Eurymachus, not even if you should give me in requital all that your fathers left you, even all that you now have, and should add other wealth thereto from whence ye might, not even so would I henceforth stay my hands from slaying until the wooers had paid the full price of all their transgression. Now it lies before you to fight in open fight, or to flee, if any man may avoid death and the fates; but many a one, methinks, shall not escape from utter destruction.” So he spoke, and their knees were loosened where they stood, and their hearts melted; and Eurymachus spoke among them again a second time: “Friends, for you see that this man will not stay his invincible hands, but now that he was got the polished bow and the quiver, will shoot from the smooth threshold until he slays us all, come, let us take thought of battle. Draw your swords, and hold the tables before you against the arrows that bring swift death, and let us all have at him in a body, in the hope that we may thrust him from the threshold and the doorway, and go throughout the city, and so the alarm be swiftly raised; then should this fellow soon have shot his last.” So saying, he drew his sharp sword of bronze, two-edged, and sprang upon Odysseus with a terrible cry, but at the same instant goodly Odysseus let fly an arrow, and struck him upon the breast beside the nipple, and fixed the swift shaft in his liver. And Eurymachus let the sword fall from his hand to the ground, and writhing over the table he bowed and fell, and spilt upon the floor the food and the two-handled cup. With his brow he beat the earth in agony of soul, and with both his feet he spurned and shook the chair, and a mist was shed over his eyes.

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Hom. Od. 22.34-88

Leitfragen:

1) Was wirft Odysseus den Freiern vor?

2) Welche Argumente bringt Eurymachos zur Verteidigung vor?

3) Was lässt sich aus der Passage über die Konfliktlösungsmechanismen der Zeit sagen?

Kommentar:

Odysseus ist nach seiner zehn Jahre währenden Rückreise von Troja – der Odyssee – endlich in seine Heimat Ithaka zurückgekehrt. Er mischt sich unerkannt unter sein Volk und muss in seinem Haus feststellen, dass dort viele Männer seit Jahren versuchen, seine Frau Penelope für sich zu gewinnen und sich zum neuen Herrn (basileus) über Ithaka aufzuschwingen. Odysseus kann sich nun nicht weiter verstecken und konfrontiert die Freier. Wütend wirft er ihnen vor, seine Frau zu unrecht umworben zu haben – er lebte ja noch. Außerdem hätten sich die Männer in seinem eigenen Haus breitgemacht und seine Vorräte verprasst. Doch damit nicht genug. Sie hätten sich auch an seiner Dienerschaft vergangen und die Frauen seines Hausstandes vergewaltigt. Mit diesem Handeln hätten sie sowohl gegen menschliche, als auch göttliche Richtlinien verstoßen. Die Konsequenz aus beiden: Blutrache.

Erst jetzt erkennen die Freier ihre Situation. Angst macht sich breit und nur einer von ihnen – Eurymachos – wagt es, eine Verteidigung gegen diese Anschuldigungen vorzubringen. Er stimmt den Vorwürfen Odysseus‘ grundsätzlich zu, doch versucht sofort, Antinoos, ihrem Wortführer, die Hauptschuld anzulasten. Eben jener sei ja schon von Odysseus bestraft worden, als dieser ihn kurz zuvor erschlug. Er sei es gewesen, welcher der neue Herr (basileus) von Ithaka hätte werden wollen. Eurymachos schlägt deshalb vor, die von ihm und den anderen Freien verübten Vergehen durch großzügige Bußzahlungen wettzumachen. Wenn Odysseus selbige in Form von Rindern, Erzen und Gold annehme, habe er keinen Grund mehr den Freiern zu zürnen.

Odysseus lehnt ab. Kein Gold der Welt könne die Frevel der Freier wiedergutmachen. Nur eine Wahl bleibe ihnen noch: Kampf oder Flucht, wobei letzteres unmöglich erscheint. Die Freier entscheiden sich ob ihrer Überzahl für erstere Option, doch auch dieser Vorteil nützt ihnen schlussendlich nichts – Odysseus hat schließlich die Göttin Athene auf seiner Seite. Das Morden beginnt und wird im Laufe weiteren Verlauf des Werkes noch lange andauern, bis alle Freier den Tod gefunden haben. In der Textpassage kann man davon noch den Anfang nachvollziehen; den qualvollen und elenden Tod des Eurymachos. Es wird deutlich, dass die Gewaltanwendung, ja sogar der Mord, als legitimes Mittel zum Lösen von Konflikten dargestellt wird. Die Freier haben durch ihr Verhalten gegen Menschen und Götter gefrevelt und verdienen bestraft zu werden – das gibt sogar Eurymachos zu. Wichtig ist aber auch festzuhalten, dass noch ein anderer Weg zur Lösung des Konfliktes offensteht: Die Bußzahlung. Hätte Odysseus das Angebot der Freier angenommen, so hätte der Streit für beendet erklärt werden müssen. Auf diesen Vorschlag nicht einzugehen und damit auf der Blutrache als ultima ratio zu bestehen war aber wiederum Odysseus gutes Recht. Zusammengefasst kann über die Konfliktlösungsmechanismen der Zeit gesagt werden: Ein Vergehen erforderte eine harte Bestrafung, wobei der Täter immer versuchen konnte, sich mit dem Geschädigten zu einigen. Schaffte er dies nicht, hatte er nur noch eine Wahl; die Flucht.

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Das Wagenrennen

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Hom. Il. 23.499-554 – Original:

ὣς φάτο, Τυδεΐδης δὲ μάλα σχεδὸν ἦλθε διώκων,
μάστι δ᾽ αἰὲν ἔλαυνε κατωμαδόν: οἳ δέ οἱ ἵπποι 500
ὑψόσ᾽ ἀειρέσθην ῥίμφα πρήσσοντε κέλευθον.
αἰεὶ δ᾽ ἡνίοχον κονίης ῥαθάμιγγες ἔβαλλον,
ἅρματα δὲ χρυσῷ πεπυκασμένα κασσιτέρῳ τε
ἵπποις ὠκυπόδεσσιν ἐπέτρεχον: οὐδέ τι πολλὴ
γίγνετ᾽ ἐπισσώτρων ἁρματροχιὴ κατόπισθεν 505
ἐν λεπτῇ κονίῃ: τὼ δὲ σπεύδοντε πετέσθην.
στῆ δὲ μέσῳ ἐν ἀγῶνι, πολὺς δ᾽ ἀνεκήκιεν ἱδρὼς
ἵππων ἔκ τε λόφων καὶ ἀπὸ στέρνοιο χαμᾶζε.
αὐτὸς δ᾽ ἐκ δίφροιο χαμαὶ θόρε παμφανόωντος,
κλῖνε δ᾽ ἄρα μάστιγα ποτὶ ζυγόν: οὐδὲ μάτησεν 510
ἴφθιμος Σθένελος, ἀλλ᾽ ἐσσυμένως λάβ᾽ ἄεθλον,
δῶκε δ᾽ ἄγειν ἑτάροισιν ὑπερθύμοισι γυναῖκα
καὶ τρίποδ᾽ ὠτώεντα φέρειν: ὃ δ᾽ ἔλυεν ὑφ᾽ ἵππους.
τῷ δ᾽ ἄρ᾽ ἐπ᾽ Ἀντίλοχος Νηλήϊος ἤλασεν ἵππους
κέρδεσιν, οὔ τι τάχει γε, παραφθάμενος Μενέλαον: 515
ἀλλὰ καὶ ὧς Μενέλαος ἔχ᾽ ἐγγύθεν ὠκέας ἵππους.
ὅσσον δὲ τροχοῦ ἵππος ἀφίσταται, ὅς ῥα ἄνακτα
ἕλκῃσιν πεδίοιο τιταινόμενος σὺν ὄχεσφι:
τοῦ μέν τε ψαύουσιν ἐπισσώτρου τρίχες ἄκραι
οὐραῖαι: ὃ δέ τ᾽ ἄγχι μάλα τρέχει, οὐδέ τι πολλὴ 520
χώρη μεσσηγὺς πολέος πεδίοιο θέοντος:
τόσσον δὴ Μενέλαος ἀμύμονος Ἀντιλόχοιο
λείπετ᾽: ἀτὰρ τὰ πρῶτα καὶ ἐς δίσκουρα λέλειπτο,
ἀλλά μιν αἶψα κίχανεν: ὀφέλλετο γὰρ μένος ἠῢ
ἵππου τῆς Ἀγαμεμνονέης καλλίτριχος Αἴθης: 525
εἰ δέ κ᾽ ἔτι προτέρω γένετο δρόμος ἀμφοτέροισι,
τώ κέν μιν παρέλασσ᾽ οὐδ᾽ ἀμφήριστον ἔθηκεν.
αὐτὰρ Μηριόνης θεράπων ἐῢς Ἰδομενῆος
λείπετ᾽ ἀγακλῆος Μενελάου δουρὸς ἐρωήν:
βάρδιστοι μὲν γάρ οἱ ἔσαν καλλίτριχες ἵπποι, 530
ἤκιστος δ᾽ ἦν αὐτὸς ἐλαυνέμεν ἅρμ᾽ ἐν ἀγῶνι.
υἱὸς δ᾽ Ἀδμήτοιο πανύστατος ἤλυθεν ἄλλων
ἕλκων ἅρματα καλὰ ἐλαύνων πρόσσοθεν ἵππους.
τὸν δὲ ἰδὼν ᾤκτειρε ποδάρκης δῖος Ἀχιλλεύς,
στὰς δ᾽ ἄρ᾽ ἐν Ἀργείοις ἔπεα πτερόεντ᾽ ἀγόρευε: 535
‘λοῖσθος ἀνὴρ ὤριστος ἐλαύνει μώνυχας ἵππους:
ἀλλ᾽ ἄγε δή οἱ δῶμεν ἀέθλιον ὡς ἐπιεικὲς
δεύτερ᾽: ἀτὰρ τὰ πρῶτα φερέσθω Τυδέος υἱός.’
ὣς ἔφαθ᾽, οἳ δ᾽ ἄρα πάντες ἐπῄνεον ὡς ἐκέλευε.
καί νύ κέ οἱ πόρεν ἵππον, ἐπῄνησαν γὰρ Ἀχαιοί, 540
εἰ μὴ ἄρ᾽ Ἀντίλοχος μεγαθύμου Νέστορος υἱὸς
Πηλεΐδην Ἀχιλῆα δίκῃ ἠμείψατ᾽ ἀναστάς:
‘ὦ Ἀχιλεῦ μάλα τοι κεχολώσομαι αἴ κε τελέσσῃς
τοῦτο ἔπος: μέλλεις γὰρ ἀφαιρήσεσθαι ἄεθλον
τὰ φρονέων ὅτι οἱ βλάβεν ἅρματα καὶ ταχέ᾽ ἵππω 545
αὐτός τ᾽ ἐσθλὸς ἐών: ἀλλ᾽ ὤφελεν ἀθανάτοισιν
εὔχεσθαι: τό κεν οὔ τι πανύστατος ἦλθε διώκων.
εἰ δέ μιν οἰκτίρεις καί τοι φίλος ἔπλετο θυμῷ
ἔστί τοι ἐν κλισίῃ χρυσὸς πολύς, ἔστι δὲ χαλκὸς
καὶ πρόβατ᾽, εἰσὶ δέ τοι δμῳαὶ καὶ μώνυχες ἵπποι: 550
τῶν οἱ ἔπειτ᾽ ἀνελὼν δόμεναι καὶ μεῖζον ἄεθλον
ἠὲ καὶ αὐτίκα νῦν, ἵνα σ᾽ αἰνήσωσιν Ἀχαιοί.
τὴν δ᾽ ἐγὼ οὐ δώσω: περὶ δ᾽ αὐτῆς πειρηθήτω
ἀνδρῶν ὅς κ᾽ ἐθέλῃσιν ἐμοὶ χείρεσσι μάχεσθαι.’

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Übersetzung

So spake he, and Tydeus‘ son came hard anigh as he drave, [500] and with his lash dealt many a stroke down from the shoulder; and his horses leapt on high as they swiftly sped on their way. And ever did flakes of dust smite the charioteer, and his chariot overlaid with gold and tin ran on behind the swift-footed horses, and small trace there was [505] of the wheel tires behind in the light dust, as the twain flew speeding on. Then he drew up in the midst of the place of gathering, and in streams the sweat flowed from the necks and chests of the horses to the ground. And Diomedes himself leapt to the ground from his gleaming car, [510] and leaned the goad against the yoke. Neither did mighty Sthenelus anywise tarry, but speedily took the prize, and gave to his comrades, high of heart, the woman and the eared tripod to bear away; and himself loosed the horses from beneath the yoke. And next after him Antilochus of the stock of Neleus drave his horses, [515] for that by guile, and nowise by speed, had he outstripped Menelaus; howbeit even so Menelaus guided his swift horses close behind. Far as a horse is from the wheel, a horse that draweth his master over the plain,and straineth at the car—the tire thereof do the hindmost hairs of his tail touch, [520] for it runneth close behind, and but scant space is there between, as he courseth over the wide plain—even by so much was Menelaus behind peerless Antilochus, though at the first he was behind far as a man hurleth the discus; howbeit quickly was he overtaking Antilochus, for the goodly mettle [525] of the mare of Agamemnon, fair-maned Aethe, waxed ever higher. And if the course had been yet longer for the twain, then had he passed him by, neither left the issue in doubt. But Meriones, valiant squire of Idomeneus, was a spear-cast behind glorious Menelaus, [530] for slowest of all were his fair-maned horses, and himself least skilled to drive a chariot in the race. And the son of Admetus came in last, behind all the rest, dragging his fair chariot and driving his horses before him. And at sight of him swift-footed, goodly Achilles had pity [535] and he stood up amid the Argives, and spake winged words: “Lo, in the last place driveth his single-hooved horses the man that is far the best. But come, let us give him a prize, as is meet, a prize for the second place; but the first let the son of Tydeus bear away.” So spake he, and they all assented even as he bade. [540] And now would he have given him the mare —for the Achaeans assented thereto —but that Antilochus, son of great-souled Nestor, uprose and answered Achilles, son of Peleus, to claim his due: “Achilles, sore wroth shall I be with thee if thou fulfill this word, for thou art minded to rob me of my prize, [545] bethinking thee of this, how his chariot and his swift honses came to harm, and himself withal, good man though he be. Nay, he should have made prayer to the immortals, then had he nowise come in last of all in the race. But if so be thou pitiest him, and he be dear to thy heart, lo, in thy hut is great store of gold, and bronze is there [550] and sheep, aye, and handmaids too, and single-hooved horses. Thereof do thou hereafter take and give him even a goodlier prize, or even now forthwith, that the Achaeans may applaud thee. But the mare will not yield; for her let any man that will, essay to do battle with me by might of hand.”

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Hom. Il. 23.499-554

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie das in der Quelle dargestellte Ende des Wagenrennens.

2) Worum geht es in dem Streit zwischen Achilleus und Antiochos?

3) Welche Rückschlüsse kann man aus der Quelle über die Rolle des Wettkampfes (agon) in der frühen griechischen Gesellschaft ziehen?

Kommentar:

Die Quelle beschreibt die Geschehnisse auf der Zielgraden eines Wagenrennes, welches im Zuge der Leichenspiele des Patroklos – er war im Kampf um Troja gefallen – stattfand und von Achilleus veranstaltet wurde. Als erstes lenkt Diomedes, Sohn des Tydeus, seinen reich geschmückten Wagen über die Ziellinie. Sein Gespann scheint fast über den Boden zu fliegen, so schnell und kräftig sind seine Pferde. Sogleich wird er Diomedes von Sthenelos empfangen und er verliert keine Zeit, diesem und den anderen Vertrauten (hetairoi) seinen verdienten Kampfpreis – eine weibliche Sklavin und einen reich verzierten Dreifuß – anzuvertrauen. Danach kommt Antilochos ins Ziel, wobei ihm der spartanische König Menelaos sehr dicht auf den Versen ist. Ersterer gewinnt ein Pferd, und letzterer muss sich trotz der denkbar knappen Führung des Antilochos mit dem dritten Platz zufrieden geben. Abgeschlagen beendet Meriones das Wagenrennen als vierter – seine Pferde waren einfach zu langsam und er zu unbegabt, um sich weiter vorne zu platzieren. Doch er kommt nicht als Letzter über die Ziellinie, da ihm noch der Sohn des Admetos (an anderer Stelle erfährt man seinen Namen: Eumelos) folgt.

Nach der Zieldurchfahrt entbrennt ein Streit zwischen Achilleus und Antilochos. Ersterer bekommt ob des elenden Zustandes Eumelos – lange führte dieser das Rennen an, bis er durch das Eingreifen des Apollon einen Unfall erlitt, der zu der Letztplatzierung führte – Mitleid. Achilleus will deshalb das Pferd, welches eigentlich der Zweitplatzierte beanspruchen kann, Eumelos zukommen lassen. Antilochos ist denkbar zornig – das Pferd sei ja sein Kampfpreis! Er betont, dass er rechtmäßig den Preis gewonnen habe und dass Achilleus Mitleid an dieser Stelle fehl gehe. Hätte der Sohn des Admetos die Götter geehrt, wäre ihm das Unglück und der dadurch entstandene Schaden nicht entstanden. Sollte Achilleus dem Eumelos eine Kompensation in Form von anderen Geschenken und Gaben anbieten, sei das sein gutes Recht, aber seinen verdienten Kampfpreis müsse man Antilochos schon durch Gewalt abnehmen.

Die Quellenpassage gibt einen guten Eindruck davon, wie wichtig den Griechen der Wettkampf (agon) war. Eine ausgeprägte Wettbewerbsethik bzw. agonale Gesellschaft werden deutlich, in der sich Männer in verschiedenen Disziplinen maßen und dem Gewinner die höchste Ehre (time) zuteil wurde. Diese Wettkämpfe und im speziellen das Wagenrennen wurden in der Regel in den elitären Kreisen ausgetragen – nur sie hatten die Mittel sowohl für die teuren Pferde als auch die Wagen, die mitunter reich und kostbar verziert sein konnten. Das Teilnehmerfeld des Wagenrennens der Ilias setzt sich entsprechend aus bekannten und führenden Männern (basileis) des griechischen Heeres vor Troja zusammen. Der Sieger Diomedes spiegelt das agonale Prinzip gut wieder, wenn er sofort seinen wertvollen Kampfpreis verlangt. Ihm gebührt der Ruhm und diesen teilt er mit seinen nahen Vertrauten (hetairoi), welchen er die Preise zur Aufbewahrung gibt. Er bekräftigt damit seine Stellung als ihr Führer und untermauert ihr Treueverhältnis ihm gegenüber. Der zweite Preis wird von Antilochos beansprucht – auch ihm gebührt ob seiner Platzierung noch Ehre und Anerkennung. Menelaos wird noch in ein gutes Licht gerückt, weil er sein Gespann fähig und schnell geführt hat und nur knapp dritter wurde – Meriones allerdings konnte sich nicht beweisen und wird entsprechend negativ beurteilt. Der abschließende Streit zwischen Antilochos und Achilleus, der die Leichenspiele für seinen Freund Patroklos veranstaltet und auch die Preise stellt, bestärkt den Eindruck, wie wichtig der Wettkampf für die Griechen und den Adel im speziellen war. Antilochos ist nicht willens, seinen Kampfpreis aufzugeben und tut alles dafür, Achilleus daran zu hindern, ihm dieses Prestige streitig zu machen.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Die Dunklen Jahre“. Um einen breiteren Einblick in die griechische Archaik zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Griechische Geschichte I – Archaik“.
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Frühe Besiedlung Griechenlands

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Thukydides
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Thuk. 1.2 – Original:

φαίνεται γὰρ ἡ νῦν Ἑλλὰς καλουμένη οὐ πάλαι βεβαίως οἰκουμένη, ἀλλὰ μεταναστάσεις τε οὖσαι τὰ πρότερα καὶ ῥᾳδίως ἕκαστοι τὴν ἑαυτῶν ἀπολείποντες βιαζόμενοι ὑπό τινων αἰεὶ πλειόνων. [2] τῆς γὰρ ἐμπορίας οὐκ οὔσης, οὐδ᾽ ἐπιμειγνύντες ἀδεῶς ἀλλήλοις οὔτε κατὰ γῆν οὔτε διὰ θαλάσσης, νεμόμενοί τε τὰ αὑτῶν ἕκαστοι ὅσον ἀποζῆν καὶ περιουσίαν χρημάτων οὐκ ἔχοντες οὐδὲ γῆν φυτεύοντες, ἄδηλον ὂν ὁπότε τις ἐπελθὼν καὶ ἀτειχίστων ἅμα ὄντων ἄλλος ἀφαιρήσεται, τῆς τε καθ᾽ ἡμέραν ἀναγκαίου τροφῆς πανταχοῦ ἂν ἡγούμενοι ἐπικρατεῖν, οὐ χαλεπῶς ἀπανίσταντο, καὶ δι᾽ αὐτὸ οὔτε μεγέθει πόλεων ἴσχυον οὔτε τῇ ἄλλῃ παρασκευῇ. [3] μάλιστα δὲ τῆς γῆς ἡ ἀρίστη αἰεὶ τὰς μεταβολὰς τῶν οἰκητόρων εἶχεν, ἥ τε νῦν Θεσσαλία καλουμένη καὶ Βοιωτία Πελοποννήσου τε τὰ πολλὰ πλὴν Ἀρκαδίας, τῆς τε ἄλλης ὅσα ἦν κράτιστα. [4] διὰ γὰρ ἀρετὴν γῆς αἵ τε δυνάμεις τισὶ μείζους ἐγγιγνόμεναι στάσεις ἐνεποίουν ἐξ ὧν ἐφθείροντο, καὶ ἅμα ὑπὸ ἀλλοφύλων μᾶλλον ἐπεβουλεύοντο. [5] τὴν γοῦν Ἀττικὴν ἐκ τοῦ ἐπὶ πλεῖστον διὰ τὸ λεπτόγεων ἀστασίαστον οὖσαν ἄνθρωποι ᾤκουν οἱ αὐτοὶ αἰεί. [6] καὶ παράδειγμα τόδε τοῦ λόγου οὐκ ἐλάχιστόν ἐστι διὰ τὰς μετοικίας ἐς τὰ ἄλλα μὴ ὁμοίως αὐξηθῆναι: ἐκ γὰρ τῆς ἄλλης Ἑλλάδος οἱ πολέμῳ ἢ στάσει ἐκπίπτοντες παρ᾽ Ἀθηναίους οἱ δυνατώτατοι ὡς βέβαιον ὂν ἀνεχώρουν, καὶ πολῖται γιγνόμενοι εὐθὺς ἀπὸ παλαιοῦ μείζω ἔτι ἐποίησαν πλήθει ἀνθρώπων τὴν πόλιν, ὥστε καὶ ἐς Ἰωνίαν ὕστερον ὡς οὐχ ἱκανῆς οὔσης τῆς Ἀττικῆς ἀποικίας ἐξέπεμψαν.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Richard Crawley
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

For instance, it is evident that the country now called Hellas had in ancient times no settled population; on the contrary, migrations were of frequent occurrence, the several tribes readily abandoning their homes under the pressure of superior numbers. [2] Without commerce, without freedom of communication either by land or sea, cultivating no more of their territory than the exigencies of life required, destitute of capital, never planting their land (for they could not tell when an invader might not come and take it all away, and when he did come they had no walls to stop him ), thinking that the necessities of daily sustenance could be supplied at one place as well as another, they cared little for shifting their habitation, and consequently neither built large cities nor attained to any other form of greatness. [3] The richest soils were always most subject to this change of masters; such as the district now called Thessaly, Boeotia, most of the Peloponnese, Arcadia excepted, and the most fertile parts of the rest of Hellas. [4] The goodness of the land favoured the aggrandizement of particular individuals, and thus created faction which proved a fertile source of ruin. It also invited invasion. [5] Accordingly Attica, from the poverty of its soil enjoying from a very remote period freedom from faction, never changed its inhabitants. [6] And here is no inconsiderable exemplification of my assertion, that the migrations were the cause of there being no correspondent growth in other parts. The most powerful victims of war or faction from the rest of Hellas took refuge with the Athenians as a safe retreat; and at an early period, becoming naturalized, swelled the already large population of the city to such a height that Attica became at last too small to hold them, and they had to send out colonies to Ionia.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Thuk. 1.2

Leitfragen:

1) Geben Sie Thukydides Darstellung der frühen Besiedlung Griechenlands wieder.

2) Was für Gefahren lassen sich für die Lebensweise der Griechen feststellen?

3) Welche Voraussetzungen für die frühe Siedlungs- und Staatenbildung in Griechenland lassen sich in der Quelle nachvollziehen?

Kommentar:

Thukydides beschreibt in diesen einführenden Überlegungen seines Werkes über den Peloponnesischen Krieg die frühe Besiedlung Griechenlands. Auch für ihn – er schrieb im letzten Drittel des fünften Jahrhunderts v. Chr. – liegen diese Geschehnisse lange vor seinem Leben. Er ist damit zwar keine zeitgenössische Quelle, doch ist seine Beschreibung nichtsdestoweniger eine interessante Darstellung dieser so schwer in den Quellen zu fassenden Dunklen Jahrhunderte. Thukydides beginnt damit, die Lebensweise der frühen Griechen wiederzugeben: Sie ist durch umherziehende Stämme geprägt. Als Nomaden ziehen sie durch das Land und bleiben an keinem Ort lange ansässig – die Menschen treiben Subsistenzwirtschaft. Zum einen, weil ihre Wanderungen eine Landwirtschaft, die mehr als den zum Überleben benötigten Ertrag erbringen könnte, nicht zulässt und zum anderen, weil Handelsbeziehungen mit anderen Stämmen, die einen etwaigen Überschuss an Gütern abnehmen würden, nicht existieren. Entsprechend sind feste Siedlungen selten, und die Stämme müssen um die Gebiete mit den besten natürlichen Voraussetzungen konkurrieren.

Diese Konkurrenz der verschiedenen griechischen Stämme untereinander bedeutet zu dieser Zeit eine Bedrohung für die Existenz der Griechen. Thukydides erwähnt gewalttätige Konflikte der Stämme untereinander, da sie sich in Ermangelung an Nahrung und fruchtbaren Gebieten gegenseitig das Land abspenstig machen wollen und sogar müssen, um ihr Überleben zu gewährleisten. Entsprechend waren es die fruchtbaren Landschaften wie Thessalien oder große Teile der peloponnesischen Halbinsel, die am meisten umkämpft waren. Es handelte sich allerdings nicht um groß angelegte Kriege oder Feldzüge – für derartiges gab es weder genügend Männer, noch die entsprechende Ausrüstung. Die griechischen Stämme wurden demnach sowohl durch den Mangel an Nahrung – bedingt durch ihre nomadische Lebensweise – als auch durch die konkurrierenden Gruppen bedroht.

Die Bodenbeschaffenheit, das wird aus der Quelle nur allzu deutlich, ist nach Thukydides ein wichtiger Faktor in der frühen Siedlungs- und Polisbildung. Um eine Vielzahl an Menschen mit Nahrung zu versorgen, musste eine größere Fläche fruchtbaren Bodens für eine ertragreiche Landwirtschaft vorhanden sein. Sofern diese existierte, drohte jedoch sofort Gefahr von anderen Stämmen. So erklärt Thukydides die paradoxe Situation, dass in den kargen Gebieten um Athen die Menschen am friedlichsten lebten und so lange sesshaft bleiben konnten. Entsprechend kamen immer weitere Stämme, die zuvor mit anderen um die fruchtbaren Gebiete konkurriert hatten, nach Attika. Dies wiederum führte zu einem Bevölkerungs- und Machtzuwachs der Athener. Thukydides – selber ein Athener – überhöht hier die Rolle seiner Heimatstadt sicherlich, nichtsdestoweniger zeigt er plausibel, wie gute landwirtschaftliche Bedingungen nur ein Weg von mehreren zur Sesshaftigkeit und damit zur Macht war. Auch ohne diesen natürlichen Vorteil konnten sich die Athener im Laufe der Zeit zu einer der mächtigsten Poleis Griechenlands erheben – freilich blieben sie zu ihrem Leidwesen immer vom Nahrungsimport abhängig.

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