Konzil von Nizäa

Origninalquelle

 

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Übersetzung

[11] Darauf erhob sich der Bischof, der auf der rechten Seite den ersten Platz einnahm, und hielt eine ziemlich kurze Rede, in der er sich an den Kaiser wandte und seinetwegen dem allmächtigen Gott feierlich Dank sagte. Als sich aber auch dieser wieder gesetzt hatte, trat Stille ein; aller Augen blickten unverwandt auf den Kaiser, dieser aber sah sie alle mild mit freundlichem Blicke an, sammelte sich im Geiste und hielt dann mit ruhiger und sanfter Stimme folgende Rede:
[12] „Mein höchster Wunsch war es, meine Freunde, mich euer Versammlung erfreuen zu können, und da ich ihn erfüllt sehe, spreche ich offen dem Herrscher der Welt meinen Dank aus, daß er mir zu allem andern auch noch dieses Glück zu erleben gewährt hat, das jedes andere übersteigt; ich meine das Glück, euch alle hier versammelt zu finden und zu sehen, daß alle ein und dieselbe einträchtige Gesinnung haben. Nicht also soll ein neidischer Feind unser Glück trüben, nicht soll der Dämon, der Freund alles Schlechten, nachdem durch die Macht des Erlöser-Gottes die gegen Gott ankämpfenden Tyrannen aus dem Wege geräumt sind, das göttliche Gesetz auf andere Weise bekriegen, indem er es mit Lästerungen überschüttet. Denn für schlimmer als jeder Krieg und jeder furchtbare Kampf gilt mir der innere Zwist der Kirche Gottes und schmerzlicher scheint mir dies als Kämpfe nach außen. Als ich so die Siege über die Feinde durch des Höchsten Willen und Beistand errungen hatte, glaubte ich, es erübrige mir nur Gott Dank zu sagen und mich zu freuen mit denen, die er durch mich befreit hat. Als ich aber wider alles Erwarten von eurem Zwiste vernahm, hielt ich, was hörte, durchaus nicht für unbedeutend, sondern von dem Wunsche beseelt, daß auch hierin durch meine Vermittlung Abhilfe geschaffen werden, rief ich ohne Verzug euch alle zusammen und ich freue mich nun, eure Versammlung zu sehen; dann aber, glaube ich, sind am allermeisten meine Wünsche erfüllt, wenn ich finde, daß ihr alle eines Herzens seid und daß ein allgemeiner Friede und eine Eintracht unter euch allen herrscht, die ihr als Priester Gottes in geziemender Weise auch andern predigen müßt. Zögert also nicht, o geliebte Diener Gottes und getreue Knechte des gemeinsamen Herrn und Erlösers von uns allen, die Veranlassung zu eurem Zwiste sogleich vorzubringen und die ganze Kette von Streitigkeiten durch Gesetze des Friedens zu lösen. Denn so werdet ihr sowohl zustande bringen, was dem höchsten Gott angenehm ist, als auch mir eurem Mitknechte übergroßen Gefalen erzeigen.“
[13] Nachdem der Kaiser also in lateinischer Sprache gesprochen hatte und ein anderer seine Worte verdolmetscht hatte, gab er den Vorsitzenden der Synode das Wort. Da begannen die einen die anderen anzuklagen, diese aber verteidigten sich und erhoben Gegenbeschuldigungen. Als nun so von beiden Seiten sehr viel vorgebracht wurde und anfänglich ein großer Streit tobte, hörte der Kaiser langmütig allen zu und nahm mit gespannter Aufmerksamkeit das Vorgebrachte entgegen, und indem er sich in einzelnen Punkten für das aussprach, was von einer jeden Partei gesagt wurde, brachte er allmählich die streitsüchtigen Gemüter einander näher. Und weil er sich in ruhiger Milde an die einzelnen wandte und sich dabei der griechischen Sprache bediente, die ihm auch nicht unbekannt war, erschien er freundlich und gefällig; so konnte er die einen überzeugen, andere durch seine Worte beschämen, die, welche trefflich redeten, loben, alle aber zur Eintracht anfeuern, bis er es schließlich erreichte, daß sie über alle strittigen Punkte eines Sinnes und einer Meinung waren.
[14] So drang ein einheitlicher Glaube durch und für das Osterfest einigten sich alle auf denselben Zeitpunkt. Besiegelt wurden aber auch gleich die gemeinsamen Beschlüsse, nachdem sie aufgezeichnet worden waren, durch die Unterschriften der einzelnen Bischöfe. Danach erklärte der Kaiser, hiermit habe er einen zweiten Sieg über den Feind der Kirche errungen, und er ließ darum Gott zu ehren ein Siegesfest feiern.
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Euseb. De vita Constantini 3, 11-14

Leitfragen:

1) Wie gelingt es Konstantin nach Eusebius‘ Darstellung die streitenden Parteien in Nicäa zu versöhnen?

2)Wieso befasst sich Konstantin mit den innerkirchlichen Konflikten seiner Zeit?

3) Welche Rückschlüsse lässt das auf seine Herrschaftspraxis zu?

Kommentar:

Eusebius von Cäsarea war Bischof und Zeitgenosse Konstantins, mit dem er auf sehr gutem Fuße stand. In diesem Abschnitt der Biographie des Kaisers beschreibt Eusebius ein Ereignis, an dem er selbst teilgenommen hatte: das Konzil von Nicäa. Es war einberufen worden, um zentrale Streitfragen zwischen den christlichen Strömungen zu klären, wie beispielsweise die Frage nach dem Wesen Gottes und Jesu sowie dem Termin des Osterfestes. Um beide Punkte herrschte ein heftiger Konflikt innerhalb der Kirche.

In der Darstellung des Eusebius tritt Kaiser Konstantin auf dem Konzil als Gastgeber in vermittelnder Rolle auf. Er hört alle Seiten an, zwingt die Anwesenden mit seiner Ruhe zur Ordnung, wir dürfen uns wohl tatsächlich tumultartige Szenen unter den Bischöfen vorstellen, wissen wir doch aus anderen Quellen, dass man mitunter auch nicht vor Handgreiflichkeiten zurückschreckte. Konstantin bleibt besonnen und greift vermittelnd in die Gespräche ein, versucht Gemeinsamkeiten zu finden. Das gelingt ihm, aber wohl auch deshalb, weil er in einer Rede auf seine Machtposition hingewiesen hatte und daran, dass auch andere Feinde der Kirche (beispielsweise sein Rivale Maxentius) ihm unterlegen waren. So gelingt es ihm am Ende, den Beschluss von Nicäa durchzubringen, der neben dem Termin für das Osterfest auch ein gemeinsames Glaubensbekenntnis enthält, das im Wesentlichen heute noch für die protestantische und die katholische Kirche gilt.

Interessant ist die Frage, wieso sich der Kaiser, der durchaus auch andere Probleme in Form von Usurpatoren oder äußeren Feinden hatte, mit einem auf den ersten Blick trivialen Konflikt innerhalb der Kirche befasst. Wieso sollte es den Kaiser angehen, ob Gott und Jesus nun wesensähnlich oder wesensgleich waren oder welche Gemeinde wann das Osterfest feierte? Die Antwort liegt auf der Hand: Der Kaiser möchte den inneren Frieden erhalten. In vielen Gegenden des Reiches, besonders im Osten, wo der Konflikt am heftigsten tobte, war dieser gefährdet. In Alexandria, wo die Strömungen besonders intensiv aufeinander trafen, kam es auch zu Ausschreitungen, Straßenkämpfen und Toten. Die Gefahr bestand also durchaus, dass zwischen den Hardlinern auf beiden Seiten eine Art innerchristlicher Bürgerkrieg ausbrechen konnte – das wollte Konstantin, der das Reich gerade einigermaßen befriedet hatte, um jeden Preis vermeiden.

Dies lässt auch Rückschlüsse auf seine Herrschaftspraxis zu. Konstantin erkennt das gewaltige Potential zu religiös motivierter Gewalt in seinem Reich und merkt, dass er dringend gegensteuern muss. Bemerkenswert ist dabei, dass er zu vermitteln versucht, damit er nicht sich und der Kirche zu viele Feinde schafft – offenbar konnte der Kaiser seine eigenen religiösen Überzeugungen von der politischen Notwendigkeit durchaus trennen. Ebenfalls auffallend ist, dass Konstantin keine Probleme damit hat, direkt in die Kirche hineinzuregieren und den Bischöfen (verhüllte) Anweisungen zu geben. Hier werfen schon Ereignisse ihre Schatten voraus, die viel später eintreten sollten, so beispielsweise der Konflikt zwischen Papst und Kaiser im Mittelalter.

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Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Religiöse Strukturen, Die Entwicklung des Christentums“. Um einen breiteren Einblick in die Spätantike zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Römische Geschichte III – Spätantike“.
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Siehe zu Konstantins religiöser Einstellung auch die Berichte über seine Vision (Laktanz; Eusebius) und seine Münzprägung. Zur religiösen Gewalt in der Spätantike siehe auch die Berichte zur Christenverfolgung(I; II; III).

Laktanz zu Konstantins Vision

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Lact. De mort. pers. 44,1,6 – Original

Iam mota inter eos fuerant arma civilia. Et quamvis se Maxentius Romae contineret, quod responsum acceperat, periturum esse, si extra portas urbis exisset; tamen bellum per idoneos duces gerebatur. Plus virium Maxentio erat, quod et patris sui exercitum receperat a Severo, et suum proprium de Mauris atque Italis nuper extraxerat. Dimicatum, et Maxentiani milites praevalebant; donec postea confirmato animo Constaninus, et ad utrumque paratus, copias omnes ad urbem propius admovit, et e regione Pontis Mulii consedit. Imminebat dies, quo Maxentius imperium ceperat, qui est ad sextum kalendas novembris; et quinquiennalia terminabantur. Commonitus est in quiete Constaninus, ut coeleste signum Dei notaret in scutis, atque ita proelium committeret. Fecit ut iustus est, et transversa X littera, summo capite circumflexo, Christum in scutis notat. Quo signo armatus exercitus capit ferrum. Procedit hostis obviam sine imperatore, pontemque transgreditur. Acies pari fronte concurrit. Summa vi utrinque pugnatur. Neque his fuga nota, neque illis. Fit in urbe seditio, et dux increpitatur, velut desertor salutis publicae. Tumque repente populus (Circenses enim natali suo edebat), voce subclamat, Constantinum vinci non posse. Qua voce consternatus proripit se, ac vocatis quibusdam Senatoribus, libros Sibyllinos inspici iubet, in quibus repertum est, illo die hostem Romanorum esse periturum. Quo responso in spem victoriae inductus procedit, in aciem venit. Pons a tergo eius scinditur. Eo viso, pugna crudescit, et manus Dei supererat aciei. Maxentianus proterretur; ipse in fugam versus properat ad pontem, qui interruptus erat, ac multitudine fugientium pressus, in Tiberim deturbatur. Confecto tandem acerbissimo bello, cum magna Sentus populique Romani laetitia sesceptus Imperator Constaninus, Maximi perfidiam cognoscit, litteras deprehendit, statuas et imagines invenit. Senatus Constantino, virtutis gratia, primi nominis titulum decrevit, quem sibi Maximinus vindicabat, ad quem victoria liberatae Urbis quum fuisset allata, non aliter accepit, quam si ipse victus esset. Cognito deinde Senatus decreto, sic exarsit dolore, ut inimicitias aperte profiteretur, convicia iocis mixta adversus imperatorem maximum diceret.

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Übersetzung

[44] Sieg Konstantins über Maxentius, 312.
Bereits war der Bürgerkrieg zum Ausbruch gekommen. Maxentius hielt sich innerhalb Roms, denn ein Götterspruch verkündete ihm den Untergang, wenn er den Fuß vor die Tore der Stadt setzen würde. Doch ließ er den Krieg durch tüchtige Feldherren führen. An Streitkräften war Maxentius überlegen; denn er hatte das Heer seines Vaters von Severus überkommen und sein eigenes Heer jüngst aus dem Lande der Mauren und Gätuler herbeigezogen. In der ersten Schlacht behielt das Heer des Maxentius die Oberhand. Da faßte Konstantin neuen Mut, und zu Sieg oder Tod entschlossen rückte er mit der ganzen Macht gegen die Stadt heraun und lagerte sich gegenüber der Milvischen Brücke. Es stand der Tag bevor , an dem Maxentius die Herrschaft angetreten hatte. Es war dies der siebenundzwanzigste Oktober; die Feierlichkeiten seiner fünfjährigen Regierungszeit gingen zu Ende. Konstantin ward im Traume ermahnt, das himmlische Zeichen Gottes auf den Schildern anbringen zu lassen und so die Schlacht zu beginnen. Er kommt dem Befehle nach, und indem er den Buchstaben X waagerecht legte und die oberste Spitze umbog, zeichnete er Chr(istus) auf die Schilde. Mit diesem Zeichen gewaffnet, greift das Heer zum Schwert. Der Feind rückt ohne Oberfeldherren entegegen und überschreitet die Brücke. Die Heere stoßen in gleicher Ausdehung aufeinander. Auf beiden Seiten wird mit höchster Anstrengung gekämpft: „Nicht hier gilt Fliehen und dort nicht“.
In der Stadt entsteht Aufruhr. Man schult auf Maxentius als Verräter der öffentlichen Wohlfahrt, und als man seiner ansichtig wurde – er gab gerade Rennspiele am Jahrestage seiner Erhebung -, da schrie plötzlich das Volk wie mit einer Stimme: „Konstantin kann nicht besiegt werden!“ Durch diesen Zuruf außer Fassung gebracht, stürzt er aus der Rennbahn, beruft einige Senatoren und läßt die Sibyllinischen Bücher nachschlagen. In diesen fand sich, daß an jenem Tage ein Feind der Römer umkommen werde Dieser Ausspruch erweckt in ihm die Hoffnung auf Sieg. Er bricht auf und zieht in die Schlacht. Hinter ihm wird die Brücke aufgerissen. Bei seinem Anblicke verschärft sich der Kampf, und die Hand Gottes waltete über dem Schlachtfelde. Schrecken befällt das Heer des Maxentius; er selbst wendet sich zur Flucht und eilt der Brücke zu, die teilweise abgebrochen war. Die Masse der Fliehenden stürzt ihm nach und drängt ihn in den Tiber hinab. So war endlich der erbitterte Krieg zu Ende. Konstantin wird unter großer Freudenbezeugung des Senates und Volkes als Kaiser empfangen. Er überzeugt sich von der Treulosigkeit Maximins, entdeckt dessen Briefe und findet die Statuen und Bilder. Zur Anerkennung der Tapferkeit erkannte der Senat dem Konstantin das Vorrecht des ersten Namens zu, das Maximin für sich in Anspruch nahm. Dieser nahm die Nachricht vom Siege und der Befreiung der Stadt nicht anders auf, als wäre er selbst besiegt worden. Als er dann noch vom Senatsbeschluß hörte, entbrannte er so in Unmut, daß er nicht mehr mit der Feindschaft zurückhielt, sondern sich in Spott und Schmähungen wider den obersten Imperator erging.
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Lact. De mort. pers. 44,1,6

Leitfragen

1)Wie beschreibt Laktanz die Annahme des Kreuzes als Feldzeichen Konstantins?

2) Welche Schwerpunkte setzt Laktanz bei seiner Beschreibung und welche Rückschlüsse lässt dies auf seine Absichten zu?

3)Wie unterscheidet seine Version sich von der des Eusebius?

Kommentar:

Eine der berühmtesten Geschichten der Antike betrifft Konstantin und seinen Übertritt zum Christentum. Der Satz in hoc signo vincas „In diesem Zeichen wirst du siegen“, gehört beinahe schon zur Allgemeinbildung und zählt zu den bekanntesten Sentenzen der Alten Geschichte.

Die Geschichte von Konstantins Vision des Kreuzes am Himmel und diesem Zeichen auf seinen Schilden und Standarten und seinem Sieg 312 n. Chr. über seinen Rivalen Maxentius an der Milvischen Brücke bei Rom, ist in zwei Versionen überliefert. Beide Schriftsteller, Eusebius von Cäsarea und Lactantius Firmianus, sind Christen, aber v.a. Zeitgenossen Konstantins. Eusebius ist ein von ihm geschätzter Bischof, Lactantius wird sogar Lehrer des Kaisersohnes. Es ist demnach anzunehmen, dass beiden Berichten persönliche Gespräche mit dem Kaiser über diesen entscheidenden Moment zu Grunde liegen.

Laktanz‘ Bericht konzentriert sich auf die militärische Situation. Er beschreibt die Lage innerhalb der Stadt Rom, die von Konstantins Rivalen Maxentius gehalten wird. Interessanterweise waren laut Laktanz auf beiden Seiten Visionen im Spiel. Konstantin sah das Kreuz am Himmel und bekam im Anschluss daran im Traum den göttlichen Befehl, dieses auf seine Schilde zu malen, was er auch sogleich tut. Maxentius hingegen lässt seine Generäle den Krieg führen, weil ihm ein Orakel den Tod vorausgesagt hatte, sollte er die Stadt verlassen. Obwohl er den ersten Sieg erringt, werden die Bewohner Roms ungeduldig und beginnen an Maxentius zu zweifeln. Als dieser in den Sibyllinischen Orakelbüchern nachschlagen lässt, steht dort, dass an diesem Tage ein Feind der Römer sterben werde. Maxentius interpretiert dies zu seinen Gunsten, zieht in die Schlacht und fällt, auch weil nach Laktanz Gott persönlich in den Verlauf der Schlacht eingreift.

Die Schwerpunktsetzung des Laktanz ist deutlich: Er nimmt neben Konstantin ebenso Maxentius in den Blick und beschreibt dessen Ende in großer Ausführlichkeit. Da sein Werk den Titel De mortibus persecutorum, also etwa „Von den Todesarten der Verfolger“, trägt, ist dies nur verständlich; seine Absicht ist nicht primär, den Weg Konstantins zum Christentum zu beschreiben, sondern für jeden Christenverfolger das jeweilige Ende in möglichst brutaler Art und Weise zu schildern. Damit unterscheidet er sich deutlich von seinem Zeitgenossen Eusebius, dessen Beschreibung sich viel mehr auf das Aussehen des Feldzeichens und die verschiedenen Visionen Konstantins fokussiert und Maxentius kaum erwähnt.

Höchst umstritten ist die Frage nicht nur nach der Vereinbarkeit der beiden Darstellungen, sondern auch nach dem tatsächlichen Vorgang. Eine beliebte moderne Hypothese besagt, dass Konstantin tatsächlich etwas gesehen haben könnte, nämlich ein sogenanntes Halo, ein optisches Phänomen, bei dem sich eine Art Strahlenkranz um die Sonne legt und man durchaus auch ein Kreuzeszeichen erkennen könne. Sollte dies tatsächlich der Fall gewesen sein, so war klar, dass Konstantin, ganz Mensch seiner Zeit, darin ein göttliches Zeichen gesehen hat. Und Eusebius beschreibt auch das, was immer nach solchen Zeichen kommen musste: die Interpretation. In diesem Fall scheint sich der Kaiser für eine christliche Deutungsweise entschieden zu haben. Aber auch das ist nicht ganz sicher, denn wir wissen aus seinen Münzdarstellungen, dass er zeit seines Lebens einen besonderen Bezug zum Sonnengott Sol Invictus besaß, den er möglicherweise auch mit dem christlichen Gott identifizierte.

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Vergleiche zu der Vision Konstantins auch den Bericht des Eusebius und zur Darstellung des Sol Invictus auf den Münzen Konstantins den entsprechenden Beitrag.

Eusebius zu Konstantins Vision

Orignialquelle

 

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Andreas Bigelmair
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Übersetzung

Übersetzung: Andreas Bigelmair
[28] Gott gewährt Konstantin auf seine Bitte eine Erscheinung: er läßt ihn um die Mittagszeit am Himmel ein Kreuz aus Licht schauen mit der Inschrift, er solle durch dieses siegen.
Er rief also in seinen Gebeten diesen Gott an und flehte inständig zu ihm, er möge ihm offenbaren, we er sei, und ihm zu dem bevorstehenden Unternehmen hilfreich seine Recht reichen. Während der Kaiser aber so betete und eifrig darum flehte, erschien ihm ein ganz unglaubliches Gotteszeichen, das man wohl nicht leicht gläubig hinnehmen würde, wenn ein anderer davon berichtete; da es aber der siegreiche Kaiser selbst uns, die wir diese Darstellung schreiben, lange Zeit hernach, als wir seiner Freundschaft und des Verkehres mit ihm gewürdigt worden waren, erzählt und diese Worte mit Eidschwüren bekräftigt hat, wer sollte da noch Bedenken tragen, der Erzählung Glauben zu schenken, zumal auch die Folgezeit der Wahrheit seines Wortes Zeugnis gab? Um die Stunde der Mittagszeit, da sich der Tag schon neigte, habe er, so sagte der Kaiser, mit eigenen Augen oben am Himmel über der Sonne das Siegeszeichen des Kreuzes, aus Licht gebildet, und dabei die Worte gesehen: „Durch dieses siege!“ Staunen aber habe bei diesem Gesichte ihn und das ganze Heer ergriffen, das ihm eben auf seinem Marsche, ich weiß nicht wohin, folgte und dieses Wunder schaute.
[29] Der Christus Gottes erscheint Konstantin im Traume und befiehlt ihm, sich im Kriege eines Feldzeichens zu bedienen, das dem Kreuze nachgebildet sei.
Da sei er nun in Verlegenheit gewesen, was doch diese Erscheinung bedeute. Während er aber dieses erwogen und noch lange darüber nachgedacht habe, habe ihn die Nacht überrascht. Da habe sich ihm nun im Schlafe der Christus Gottes mit dem am Himmel erschienenen Zeichen gezeigt und ihm aufgetragen, das am Himmel geschaute Zeichen nachzubilden und es bei seinen Kämpfen mit den Feinden als Schutzpanier zu gebrauchen.
[30] Die Anfertigung dieses Kreuzeszeichens
Nachdem dann der Kaiser gleich bei Tagesanbruch aufgestanden war, erzählte er seinen Freunden den geheimnisvollen Vorfall. Darauf berief er Künstler zu sich, die sich auf die Bearbeitung von Gold und Edelsteinen verstanden, setzte sich mitten unter sie, beschrieb ihnen die Gestalt des Zeichens und gab ihnen den Auftrag, dasselbe in Gold und Edelsteinen genau nachzubilden. Dieses Werk nun ließ er auch uns einmal schauen, da Gott uns auch diese Gnade erweisen wollte.
[31] Beschreibung des kreuzähnlichen Feldzeichens, das die Römer jetzt Labarum nennen.
Es war aber das Zeichen auf folgende Art verfertigt: ein langer goldüberzogener Lanzenschaft trug eine Querstange und hatte somit die Gestalt des Kreuzes; am oberen Rand des ganzen war ein kunstvoll geflochtener Kranz aus Gold und Edelsteinen befestigt, in dem das Zeichen für den Namen des Erlösers angebracht war, zwei Buchstaben, die als Anfangsbuchstaben den Namen Christi bezeichneten, indem das P in der Mitte durch das X gekreuzt wurde. Eben diese Buchstaben trug der Kaiser für gewöhnlich in der Folgezeit auch auf seinem Helm. An der Querstange, die an den Lanzenschaft gesteckt war, hing ferner ein Stück Linnen herab, ein kostbares Gewebe, das mit bunt aneinander gesetzten, in den Sonnenstrahlen hell funkelnden Edelsteinen über und über besät und reich mit Gold durchwirkt war, ein unbeschreiblich schöner Anblick für jedes Auge. Dieses an der Querstange befestigte Linnen maß ebensoviel in die Länge wie in die Breite; der Längsschaft aber, der bis zum unteren Ende eine beträchtliche Länge hatte, trug oben unmittelbar das Zeichen des Kreuzes, gerade am Ende des beschriebenen Gewebes, das goldene Brustbild des gottgeliebten Kaisers und in gleicher Weise das seiner Söhne. Dieses heilbringende Zeichen gebrauchte nun der Kaiser stets als Schutzmittel gegen jede Macht, die sich ihm feindlich entgegenstelltem und er befahl, daß das Abbild desselben allen seinen Heeren vorangetragen werde.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Eusebius, de vita Constantini, 1, 28-31

Leitfragen:

1) Wie beschreibt Eusebius die Annahme des Kreuzes als Feldzeichen Konstantins?

2)Welche Schwerpunkte setzt Eusebius bei seiner Darstellung und welche Rückschlüsse können daraus auf seine Absichten gezogen werden?

3) Wie unterscheidet sich diese Version von der des Laktanz?

Kommentar:

Eine der berühmtesten Geschichten der Antike betrifft Konstantin und seinen Übertritt zum Christentum. Der Satz in hoc signo vincas „In diesem Zeichen wirst du siegen“, gehört beinahe schon zur Allgemeinbildung und zählt zu den bekanntesten Sentenzen der Alten Geschichte.

Die Geschichte von Konstantins Vision des Kreuzes am Himmel und diesem Zeichen auf seinen Schilden und Standarten und seinem Sieg 312 n. Chr. über seinen Rivalen Maxentius an der Milvischen Brücke bei Rom, ist in zwei Versionen überliefert. Beide Schriftsteller, Eusebius von Cäsarea und Lactantius Firmianus, sind Christen, aber v.a. Zeitgenossen Konstantins. Eusebius ist ein von ihm geschätzter Bischof, Lactantius wird sogar Lehrer des Kaisersohnes. Es ist demnach anzunehmen, dass beiden Berichten persönliche Gespräche mit dem Kaiser über diesen entscheidenden Moment zu Grunde liegen.

Der Bericht des Eusebius beginnt mit der Beschreibung der Vision. Konstantin habe am Mittag über der Sonne ein Kreuz aus Licht und Schrift gesehen. Da er unsicher ist, wie er das Zeichen zu deuten habe, erscheint ihm Christus im Traum und erläutert ihm das Zeichen. Der Rest des Abschnittes widmet sich einer ausführlichen Beschreibung des Feldzeichens, das Konstantin anfertigen lässt. Der Schwerpunkt der Beschreibung ist dabei eindeutig auf dem spirituellen Vorgang der Wundererscheinung und dem Eindruck, den sie bei Konstantin hinterließ. Außerdem liegt der Fokus auf dem Labarum, dem Feldzeichen, das Eusebius in einer Art und Weise beschreibt, die bereits an Reliquienverehrung denken lässt. Er ist eindeutig an der spirituell-religiösen Seite des Übertrittes Konstantins zum Christentum interessiert, die eigentliche Schlacht und der Sieg werden nur in einem Nebensatz erwähnt.

Damit unterscheidet er sich stark von der Version des Laktanz, der sich auf das Geschehen in Rom bei Maxentius und dessen Tod in der Schlacht fokussiert und auf die Wirkung, die das Labarum auf die Soldaten Konstantins gehabt habe.

Höchst umstritten ist die Frage nicht nur nach der Vereinbarkeit der beiden Darstellungen, sondern auch nach dem tatsächlichen Vorgang. Eine beliebte moderne Hypothese besagt, dass Konstantin tatsächlich etwas gesehen haben könnte, nämlich ein sogenanntes Halo, ein optisches Phänomen, bei dem sich eine Art Strahlenkranz um die Sonne legt und man durchaus auch ein Kreuzeszeichen erkennen könne. Sollte dies tatsächlich der Fall gewesen sein, so war klar, dass Konstantin, ganz Mensch seiner Zeit, darin ein göttliches Zeichen gesehen hat. Und Eusebius beschreibt auch das, was immer nach solchen Zeichen kommen musste: die Interpretation. In diesem Fall scheint sich der Kaiser für eine christliche Deutungsweise entschieden zu haben. Aber auch das ist nicht ganz sicher, denn wir wissen aus seinen Münzdarstellungen, dass er zeit seines Lebens einen besonderen Bezug zum Sonnengott Sol Invictus besaß, den er möglicherweise auch mit dem christlichen Gott identifizierte.

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Vergleiche zur Darstellung von Konstantins Vision auch die Version des Laktanz, zu den Münzdarstellungen mit Sol Invictus die entsprechende Münze.

Ausrufung Konstantins zum Kaiser

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Übersetzung

[22] Nach der Bestattung des Konstantius rufen die Heere Konstantin zum Kaiser aus.
Es blieb auch das Reich nicht ohne Kaiser; schon mit dem Purpur des Vaters geschmückt trat Konstantin aus dem väterlichen Palaste hervor und er schien allen das treue Abbild seines Vaters zu sein, wie wenn dieser, wieder zum Lebene erstanden, nun in seinem Sohne regierte. Dann gab er an der Spitze des Leichenzuges mit allen Freunden seines Vaters, die sich um ihn gesammelten hatten, dem Vater das Geleit zum Grabe. Eine unabsehbare Menge Volkes und Abteilungen von Soldaten begleiteten, teils voranziehend, teils nachfolgend, den gottgeliebten Herrscher mit allem Gepränge zur letzten Ruhestätte und alle ehrten den dreimal seligen Kaiser mit feierlichen Lobgesängen; einmütig stimmten sie darin überein, daß der Tote in der Herrschaft seines Sohnes wieder zum Leben erstanden sei, und unter jubelndem Beifall riefen sie den Jüngling sogleich schon mit dem ersten Zuruf zum Herrscher und Augustus aus. So ehrte auch den Verstorbenen der freudige Beifall, den der Sohn fand, wie auch dieser glücklich gepriesen wurde, daß er zum Nachfolger eines solchen Vaters erwählt worden sei. Und alle Provinzen seines Reiches waren voll der Freude und unsagbaren Jubels, weil sie auch nicht einen einzigen Augenblick der Ordnung hatten entbehren müssen, die die kaiserliche Regierung mit sich bringt. Daß ein solches Ende dem frommen und gottliebenden Leben beschieden sei, das zeigte Gott unserem Geschlechte zur Lehre an Kaiser Konstantius.
[…] [24] Konstantin hat die kaiserliche Würde durch den Willen Gottes erhalten.
So hat also Gott selber, der höchste Herrscher der ganzen Welt, Konstantin, den Sohn eines solchen Vaters, zum Herrn und Führer aller erwählt, so daß kein Mensch sich rühmen kann, ihn dazu erhoben zu haben, und dies war nur bei ihm der Fall, da ja die übrigen alle durch die Wahl anderer ihrer Würde teilhaftig geworden waren.
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Euseb. De vita Constantini, 1,22

Leitfragen:

1) Wie beschreibt Eusebius die Ausrufung Konstantins zum Kaiser?

2) Welche Einstellung Eusebius‘ zu Konstantin wird hierbei deutlich?

3) Wie ordnet sich dieser Herrschaftsantritt in die übliche Praxis der Spätantike ein und welche Rückschlüsse lässt dies auf das System der Tetrarchie zu?

Kommentar:

Eusebius von Cäsarea, Bischof und Zeitgenosse Konstantins, hat uns mit seiner Lebensbeschreibung des Kaisers eine der wichtigsten Quellen zu diesem bedeutenden Herrscher der Spätantike hinterlassen. In diesem Abschnitt beschreibt er die Ausrufung Konstantins zum Kaiser.

Beim Leichenzug seines Vaters Konstantius ist Konstantin bereits in den Purpur eines Kaisers gekleidet. Die Beliebtheit des Konstantius überträgt sich hier offenbar auf den Sohn, denn Volk und Soldaten begrüßen ihn nach dem Bericht des Eusebius begeistert. Er wird nicht nur zum Kaiser, sondern gleich zum Augustus ausgerufen, also einem der beiden oberen Kaiser im System der Tetrarchie. Laut Eusebius habe sich schon in dieser Ausrufung gezeigt, dass Konstantin in besonderer Weise vom christlichen Gott begünstigt gewesen sei. Es wird auch deutlich, dass Eusebius eine höchst positive Ansicht von Konstantin hat. Auch wenn dies bei einem Biographen der Spätantike, der über seinen eigenen, christlichen Kaiser schreibt, nicht verwunderlich ist, so fallen doch einige Dinge auf; zuerst einmal die Tatsache, dass in diesem Abschnitt keiner der anderen drei Kaiser oder überhaupt das System der Tetrarchie zur Sprache kommt. Man könnte beim Lesen dieses Abschnittes denken, Konstantin wäre von Anfang an Alleinherrscher gewesen, was definitiv falsch ist. Auch widerspricht sich Eusebius in gewisser Weise selbst, wenn er erst sagt, das Volk habe durch Jubel Konstantin zum Augustus gemacht, aber Menschen hätten damit eigentlich nichts zu tun. Er denkt dabei wahrscheinlich an eine Lenkung der Menge durch den Heiligen Geist, aber es ist im Wesen kein anderer Vorgang als diverse Akklamationen des 3. Jahrhunderts durch Soldaten.

Bemerkenswert ist hier das Verhältnis zum System der Tetrarchie. Denn diese Ausrufung unterläuft massiv das eigentlich geplante Vorgehen. Diokletian hatte vorgesehen, dass alle Augusti nach einer bestimmten Zeit zurücktreten und dass, was besonders wichtig war, der nächste Kaiser nach Fähigkeit ausgewählt werden sollte und nicht, wie in diesem Falle, nach Geburt. Diokletian hatte versucht, das dynastische Prinzip zu durchbrechen. Dies war verständlich, denn die besten Zeiten hatte das Reich erlebt, als die Adoptivkaiser von Trajan bis Marc Aurel herrschten. Doch man sieht an diesem Beispiel, dass das System sofort zusammenbrach, sobald ein leiblicher Sohn vorhanden war. Die Absicht zu herrschen macht Konstantin bereits deutlich, indem er sich Volk und Heer sofort im Kaiserpurpur zeigt. Somit wird klar, dass schon die erste Generation der Tetrarchen, zu der Konstantius gehörte, mit dem System fremdelte und es keinen langen Bestand hatte, da Konstantin es schließlich nach seinem Sieg in den Bürgerkriegen in die Herrschaft der konstantinischen Dynastie umwandeln sollte.

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Zu Konstantins Vision im Bürgerkrieg gegen Maxentius siehe die Berichte von Laktanz und Eusebius.

Gewalt in Konstantins Familie

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Zon. 3, 2, 12-13

Leitfragen:

1) Wie sind die Umstände des Todes von Fausta und Crispus beschrieben?

2) Ist diese Erzählung des Zonaras glaubwürdig in Bezug auf die Motive der Beteiligten?

3) Welche Rückschlüsse lässt dies auf seine Arbeitsweise zu?

Kommentar:

Zonaras, ein Chronist aus dem Konstantinopel des 11. Jahrhunderts n. Chr., stellte aus diversen älteren Quellen eine Geschichte von der Schöpfung der Welt bis zu seiner Zeit zusammen. In diesem Abschnitt behandelt er den Tod von Konstantins Frau und ältestem Sohn, Fausta und Crispus, im Jahre 326 n. Chr..

In Zonaras‘ Version der Geschichte ist Fausta verliebt in ihren Stiefsohn Crispus, dieser erwidert ihre Liebe jedoch nicht. Daraufhin bezichtigt sie ihn bei ihrem Mann, er habe sie mehrfach zu vergewaltigen versucht. Konstantin glaubt seiner Frau und lässt seinen Sohn hinrichten. Später allerdings bemerkt er ihre Täuschung und lässt auch Fausta hinrichten. Bemerkenswert ist hierbei die Brutalität der Hinrichtungsmethode, die Zonaras erwähnt: Sie wird lebendig in einem Bad zu Tode gekocht.

Dass die beiden im Jahr 326 n. Chr. starben, ist uns auch aus anderen Quellen bekannt, die Motive, die Zonaras hier angibt, sind jedoch aus mehreren Gründen mehr als fragwürdig. Zum einen ist die Struktur dieser Geschichte aus der Mythologie wohlbekannt und daher hier als Topos einzustufen: Phaedra, die Frau des Theseus, begehrt ihren Stiefsohn Hippolytos, der sich ihr jedoch entzieht. Sie beschuldigt ihn daraufhin der Vergewaltigung, er wird vom Vater hingerichtet, und sie bringt sich nach Offenbarwerden ihrer Tat um. Bis auf ihren Selbstmord ist es exakt die Geschichte, die Zonaras hier bietet.

Ein anderes, politisches Motiv erscheint jedoch naheliegender: der Streit um die Erbfolge. Crispus war, wie Zonaras berichtet, nicht nur der älteste Sohn, sondern auch militärisch sehr erfolgreich. Damit wäre er im Falle von Konstantins Tod sicher einer der Favoriten des Heeres gewesen, das in der Spätantike größten Einfluss auf die Thronfolge hatte und auch schon Konstantin selbst zum Kaiser ausgerufen hatte. Wollte Fausta also sicherstellen, dass ihre drei Söhne die Herrschaft erbten, musste der Stiefsohn sterben. Mit welcher Intrige ihr dies gelang, lässt sich nicht mehr erschließen.

Die Verhaftung des Zonaras in literarischen Mustern zeigt deutlich, dass sich seine Arbeitsweise fundamental von der moderner Historiker unterscheidet und erweist einmal mehr die Notwendigkeit einer eingehenden Quellenkritik.

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Vergleiche zur Ausrufung Konstantins zum Kaiser den entsprechenden Beitrag.

Münze des Diokletian

Originalquelle

 

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Nummus des Diokletian, 295/6 n. Chr.

Leitfragen:

1) Was ist auf der Münze im Einzelnen zu sehen?

2) Weshalb ließ Diokletian gerade diese Motive auf die Münze prägen?

3) Welche Rückschlüsse lässt die Münzdarstellung auf die Herrschaftslegitimation des Diokletian zu?

Kommentar:

Münzen sind eine wichtige Quelle der Alten Geschichte, weil sie uns einen gänzlich anderen Zugang zur Antike ermöglichen, als es beispielsweise schriftliche Quellen tun. Diese sind uns meistens nur aus Abschriften von Abschriften überliefert, die ältesten uns erhaltenen Handschriften datieren in die karolingische Zeit im 9. Jahrhundert. Münzen hingegen sind so wie die antiken Menschen sie schufen und verwendeten auf uns gekommen. Damit bieten sie einen direkteren Zugang zur Antike, denn mit ihnen haben wir Quellen, die tatsächlich antike Menschen in Händen hielten.

Die vorliegende Münze ist ein Nummus des Kaisers Diokletian, geprägt entweder 295 oder 296 n. Chr. Auf der Vorderseite ist der Herrscher selbst im Porträt zu sehen, um ihn herum steht sein Name in abgekürzter Form: Imperator Caesar Caius Valerius Diocletianus, der fromme und treue Augustus (IMP C C VAL DIOCLETIANUS P F AUG). Wahrscheinlich hieß er vor dem Amtsantritt Diokles. Um den Kopf des Herrschers befindet sich eine Strahlenkrone, ein Hinweis auf Sol Invictus, den unbesiegten Sonnengott, der sich in der Spätantike großer Beliebtheit erfreute. Auf der Rückseite sehen wir zwei Figuren: Der Kaiser auf der linken Seite, erkennbar am Feldherrenmantel und dem Zepter. Rechts steht Jupiter, der dem Kaiser die Siegesgöttin Victoria überreicht, die auf einem Globus steht und dem Kaiser einen Lorbeerkranz auf den Kopf setzt. Um die Szenerie steht die Widmung: „durch die Eintracht der Soldaten“ (CONCORDIA MILITUM).

Die Botschaft der Münze ist eindeutig: Diokletian wurde von Jupiter persönlich zum Herrscher der Welt erkoren. Diese überreicht er ihm mit der Siegesgöttin, die verdeutlicht, dass er auf militärische Weise zum Herrscher wurde. Diese Bildsprache symbolisiert nicht nur seine Herkunft aus dem Heer, sondern spielt auch auf die Probleme an, die seine Vorgänger hatten. Die meisten waren ermordet und durch einen ihrer eigenen Offiziere ersetzt worden. Diokletian war der erste der sogenannten „Soldatenkaiser“, der sich länger an der Macht halten konnte und war damit auch zugleich der letzte dieser Kaiser. Der Schriftzug CONCORDIA MILITUM soll darauf hindeuten, dass die Eintracht der Soldaten unter einem Banner, nämlich Diokletians, den Sieg bringen würde. Jupiter hingegen ist ein Hinweis auf Diokletians Art der Herrschaftslegitimation. Sich selbst und seinen Machtanspruch leitete er von einer angeblichen Abstammung von Jupiter her. Dies war ein wichtiger Bestandteil seines Systems der Tetrarchie (Viererherrschaft): Die beiden oberen Kaiser, die Augusti, stammten einer von Jupiter, der andere von Herkules ab. Ihre jeweiligen Unterkaiser, die Caesares, aus der Familie ihres jeweiligen Adoptivvaters. Damit wollte Diokletian auch an die Zeit der Adoptivkaiser um Trajan und Hadrian anknüpfen, da er erkannt hatte, dass das dynastische Prinzip Probleme mit sich brachte. Die neuen Caesares sollten keine Blutsverwandten sein, sondern vielmehr nach Talent adoptiert werden. Somit musste allerdings eine neue Legitimation gefunden werden, da man sich nicht mehr über den Status des Vaters definieren konnte. Die Möglichkeit, sich eine göttliche Abkunft zu geben, war da sehr nützlich und auch durchaus nicht neu: Schon Augustus hatte seine Herkunft von Mars und Venus hergeleitet.

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Siehe zu Diokletian auch die Charakterisierung des Laktanz, zum System der Tetrarchie und ihrem Scheitern die Ausrufung Konstantins zum Kaiser. Zur Münzprägung der Spätantike, siehe auch die Münze Konstantins. Zur Herrschaft Diokletians siehe auch das Preisedikt und das Opfergebot.

Höchstpreisedikt

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Laktanz
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Lact. De mort. pers. 7,2 – Original

[7] Diocletianus, qui scelerum inventor et malorum machinator fuit, cum disperderet omnia, ne a deo quidem manus potuit abstinere. Hic orbem terrae simul et avaritia et timiditate subuerit. Tres enim particeps regni sui fecit in quattuor partes orbe diviso et multiplicatis exercitibus, cum singuli eorum longe maiorem numerum militum habere contenderent, quam priores principes habuerant, cum soli rem publicam gererent. Adeo maior esse coeperat numerus accipientium quam dantium, ut enormitate indictionum consumptis viribus colonorum desererentur agri et culturae verterentur in silvam. Et ut omnia terrore conplerentur, provinciae quoque in frustra concisae: multi praesides et plura officia singulis regionibus ac paene iam civitatibus incubare, item rationales multi et magistri et vicarii praefectorum, quibus omnibus civiles actus admodum rari, sed condemnationes tantum et proscriptiones frequentes, exactiones rerum innumerabilium non dicam crebrae, sed perpetuae, et in exactionibus iniuriae non ferendae. Haec quoque tolerari non possunt quae ad exhibendos milites spectant. Idem insatiabili avaritia thesauros numquam minui volebat, sed semper extraordinarias opes ac largitiones congerebat, ut ea quae recondebat, integra atque inviolata servaret. Idem cum variis iniquitatibus inmensam faceret cupiditatem, legem pretiis rerum venalium statuere conatus est. Tunc ob exigua et vilia multus sanguis effusus, nec venale quicquam metu apparebat et caritas multo deterius exarsit, noc lex necessitate ipsa post multorum exitium solveretur. Huc accedebat infinita quaedam cupiditas aedificandi, non minor provinciarum exactio in exhibendis operariis et artificibus et plaustris omnibusque quaecumque sint fabricandis operibus necessaria. Hic basilicae, hic circus, hic moneta, hic armorum fabrica, hic uxori domus, hic filiae.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Aloys Hartl
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

[7] Diokletian, groß in Erfindung von Verbrechen und im Anstiften von Unheil, konnte bei dem allgemeinen Verderben, das er verbreitete, auch von Gott die Hand nicht zurückhalten. Zweu Eigenschaften wirkten bei ihm zusammen, um den Erdkreis zu verderben: seine Habsucht und seine Furchtsamkeit. Er teilte das gesamte Reich in vier Teile und nahm drei Mitregenten an. Die Heere wurden vervielfältigt; jeder trachtete danach, eine weit größere Anzahl Soldaten zu besitzen, als die früheren Herrscher zur Zeit der Alleinherrschaft gehabt hatten. So ser stieg allmählich die Zahl der Empfänger über die Zahl der Geber, daß bei der Maßlosigkeit der Auflagen die Kräfte der Landsleute sich erschöpften, die Ländereien verlassen wurden und die Saatfelder sich in Wald verwandelten. Und um alles mit Schrecken zu erfüllen, wurden auch die Provinzen in Stücke geteilt. Statthalter in Menge mit zahlreichen Unterbeamten übten den Druck ihrer Herrschaft aus über jedes Gebiet und fast schon über jede Stadt. Dazu kam noch eine Menge von Schatzmeistern, Verwaltungsbeamten, Unterbefehlshabern, und bei all diesen gab es gar selten Verhandlungen in bürgerlichen Rechtssachenm sondern nur Verurteilungen und Gütereinziehungen. Die Einforderungen unzähliger Dinge kehrten nicht bloß häufig wieder, sondern dauerten immerfort, und bei der Einhebung kam es zu unerträglichen Ungerechtigkeiten. Doch das hätte man noch ertragen können, was zum Unterhalt der Soldaten notwendig ist. Aber Diokletian wollte zugleich in unersättlicher Habsucht seine Schatzammern nie vermindert sehen, sondern unaufhörlich raffte er auf außerordentlichem Wege Schätze und Gaben zusammen, um das, was er hinterlegt hatte, unversehrt und ungeschmälert zu bewahren. Durch mannigfaltige Ungerechtigkeiten hatte er eine ungeheure Teuerung hervorgerufen, und nun unternahm er es, den Preis der Lebensmittel durch Gesetz zu bestimmen. Jetzt kam es wegen geringfügiger und unbedeutender Dinge zu vielem Blutvergießen. Aus Furcht brachte man nichts Verkäufliches mehr auf den Markt, und die Teuerung nahm in weit schlimmerem Grade zu, bis die Notwendigkeit selbst das Gesetz nach dem Untergange wieder außer Gebrauch setzte. Zur Habsucht gesellte sich eine grenzenlose Baulust und eine nicht minder schrankenlose Ausplünderung der Provinzen, von denen Werkleute, Künstler, Lastwagen und alle Erfordernisse zur Herstellung der Bauten zu liefern waren. Hier gab es Gerichtshallen zu errichten, hier eine Rennbahn, hier eine Münzstätte, hier eine Waffenwerkstätte, hier ein Haus für die Gemahlin, hier eines für die Tochter.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Lact. De mort. pers. 7,2

Leitfragen:

1) Wie beschreibt Laktanz das Höchstpreisedikt?

2) Welche Position nimmt er zu Diokletian, seinem Edikt und dessen Folgen ein?

3) Wie kann man aus heutiger Sicht die Erfolgsaussichten eines derartigen Ediktes beurteilen?

Kommentar:

Laktanz ist einer der wichtigsten christlichen Schriftsteller des dritten und vierten Jahrhunderts. Er erlebte die Christenverfolgungen am eigenen Leib mit und wurde um 315 der Hoflehrer für Crispus, den Sohn des Kaisers Konstantin. In dieser Stelle aus seiner Schrift De mortibus persecutorum („Über die Todesarten der Verfolger“) berichtet er uns von einer wirtschaftlichen Maßnahme Diokletians: dem Höchstpreisedikt.

Laut Laktanz hatte der Kaiser durch eigene Fehler für eine hohe Inflation gesorgt, weswegen er ein Edikt herausgab, mit dem er Höchstpreise für bestimmte Dinge des täglichen Bedarfs und Dienstleistungen festlegte. Das Edikt hatte jedoch nicht den gewünschten Effekt, sondern führte zu Aufständen, bis man das Gesetz schließlich ignorierte und verwarf.

Laktanz nimmt dabei eine ausgesprochen negative Position gegenüber Diokletian ein, was aufgrund seiner eigenen Erfahrungen in den Christenverfolgungen nicht verwundert. Er lastet Diokletian sowohl die Inflation, als auch die Fehler des Ediktes und die Verantwortung für dessen Folgen an. Einen Vorschlag, was Diokletian hätte besser machen können, bringt er dabei jedoch nicht.

Aus heutiger Sicht sind die Dinge differenzierter zu sehen. Die Inflation und die Geldentwertung waren mehreren Ursachen geschuldet, die aber nicht unbedingt beim Kaiser liegen. Eine große Menge an Münzen mit geringem Edelmetallgehalt war in Umlauf gebracht worden, was ihren Wert schmälerte und so die Preise nach oben trieb, eine Wirtschaftskrise im Reich tat ihren Teil. Natürlich war aus heutiger wirtschaftswissenschaftlicher Sicht eine Festlegung von Höchstpreisen von vornherein zum Scheitern verurteilt. Aber in Ermangelung dieser wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnisse ist die Vorgehensweise Diokletians durchaus logisch: Wieso sollte es nicht möglich sein, Preise festzulegen? Immerhin hatte der Kaiser doch auch überall sonst die absolute Verfügungsgewalt. Diokletians Edikt mag nicht funktioniert haben, stellte aber damals eine innovative Idee dar, mit der wirtschaftlichen Problematik umzugehen. Nicht zu handeln wäre womöglich eine noch schlechtere Option gewesen.

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Siehe zu dieser Stelle auch den Bericht Laktanz‘ über Diokletian, zur Münzprägung der Spätantike auch die Münze Konstantins. Zu anderen Dekreten Diokletians siehe auch sein Opfergebot.

Toleranzedikt des Galerius

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Eusebius
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Eusebius, Hist. Eccl. 8, 17 – Original

[17,1] Καὶ δὴ τοσούτοις παλαίων κακοῖς συναίσθησιν τῶν κατὰ τῶν θεοσεβῶν αὐτῷ τετολμημένων ἴσχει, συναγαγὼν δ̓ οὖν εἰς ἑαυτὸν τὴν διάνοιαν, πρῶτα μὲν ἀνθομολογεῖται τῷ τῶν ὅλων θεῷ, εἶτα τοὺς ἀμφ̓ αὐτὸν ἀνακαλέσας, μηδὲν ὑπερθεμένους τὸν κατὰ Χριστιανῶν ἀποπαῦσαι διωγμὸν νόμῳ τε καὶ δόγματι βασιλικῷ τὰς ἐκκλησίας αὐτῶν οἰκοδομεῖν ἐπισπέρχειν καὶ τὰ συνήθη διαπράττεσθαι, εὐχὰς ὑπὲρ τοῦ βασιλείου ποιουμένους, προστάττει. [2] αὐτίκα γοῦν ἔργου τῷ λόγῳ παρηκολουθηκότος, ἥπλωτο κατὰ πόλεις βασιλικὰ διατάγματα, τὴν παλινῳδίαν τῶν καθ̓ ἡμᾶς τοῦτον περιέχοντα τὸν τρόπον: ‘ Αὐτοκράτωρ ‘ [3] Καῖσαρ Γαλέριος Οὐαλέριος Μαξιμιανὸς ἀνίκητος Σεβαστός, ἀρχιερεὺς μέγιστος, Γερμανικὸς μέγιστος, Αἰγυπτιακὸς μέγιστος, Θηβαϊκὸς μέγιστος, Σαρματικὸς μέγιστος πεντάκις, Περσῶν μέγιστος δίς, Κάρπων μέγιστος ἑξάκις, Ἀρμενίων μέγιστος, Μήδων μέγιστος, Ἀδιαβηνῶν μέγιστος, δημαρχικῆς ἐξουσίας τὸ εἰκοστόν, αὐτοκράτωρ τὸ ἐννεακαιδέκατον, ὕπατος τὸ ὄγδοον, πατὴρ πατρίδος, ἀνθύπατος: ‘ [4] καὶ Αὐτοκράτωρ Καῖσαρ Φλαύιος Οὐαλέριος Κωνσταντῖνος εὐσεβὴς εὐτυχὴς ἀνίκητος Σεβαστός, ἀρχιερεὺς μέγιστος, δημαρχικῆς ἐξουσίας, αὐτοκράτωρ τὸ πέμπτον, ὕπατος, πατὴρ πατρίδος, ἀνθύπατος. ‘ [5] καὶ Αὐτοκράτωρ Καῖσαρ Οὐαλέριος Λικιννιανὸς Λικίννιος εὐσεβὴς εὐτυχὴς ἀνίκητος Σεβαστός, ἀρχιερεὺς μέγιστος, δημαρχικῆς ἐξουσίας τὸ τέταρτον, αὐτοκράτωρ τὸ τρίτον, ὕπατος, πατὴρ πατρίδος, ἀνθύπατος, ἐπαρχιώταις ἰδίοις χαίρειν. ‘ [6] μεταξὺ τῶν λοιπῶν, ἅπερ ὑπὲρ τοῦ χρησίμου καὶ λυσιτελοῦς τοῖς δημοσίοις διατυπούμεθα, ἡμεῖς μὲν βεβουλήμεθα πρότερον κατὰ τοὺς ἀρχαίους νόμους καὶ τὴν δημοσίαν ἐπιστήμην τὴν τῶν Ῥωμαίων ἅπαντα ἐπανορθώσασθαι καὶ τούτου πρόνοιαν ποιήσασθαι ἵνα καὶ οἱ Χριστιανοί, οἵτινες τῶν γονέων τῶν ἑαυτῶν καταλελοίπασιν τὴν αἵρεσιν, εἰς ἀγαθὴν πρόθεσιν ἐπανέλθοιεν: [7] ἐπείπερ τινὶ λογισμῷ τοσαύτη αὐτοὺς πλεονεξία κατεσχήκει καὶ ἄνοια κατειλήφει ὡς μὴ ἕπεσθαι τοῖς ὑπὸ τῶν πάλαι καταδειχθεῖσιν, ἅπερ ἴσως πρότερον καὶ οἱ γονεῖς αὐτῶν ᾖσαν καταστήσαντες, ἀλλὰ κατὰ τὴν αὐτῶν πρόθεσιν καὶ ὡς ἕκαστος ἐβούλετο, οὕτως ἑαυτοῖς καὶ νόμους ποιῆσαι καὶ τούτους παραφυλάσσειν καὶ ἐν διαφόροις διάφορα πλήθη συνάγειν. [8] τοιγαροῦν τοιούτου ὑφ̓ ἡμῶν προστάγματος παρακολουθήσαντος ὥστε ἐπὶ τὰ ὑπὸ τῶν ἀρχαίων κατασταθέντα ἑαυτοὺς μεταστήσαιεν, πλεῖστοι μὲν κινδύνῳ ὑποβληθέντες, πλεῖστοι δὲ ταραχθέντες παντοίους θανάτους ὑπέφερον: [9] καὶ ἐπειδὴ τῶν πολλῶν τῇ αὐτῇ ἀπονοίᾳ διαμενόντων ἑωρῶμεν μήτε τοῖς θεοῖς τοῖς ἐπουρανίοις τὴν ὀφειλομένην θρῃσκείαν προσάγειν αὐτοὺς μήτε τῷ τῶν Χριστιανῶν προσέχειν, ἀφορῶντες εἰς τὴν ἡμετέραν φιλανθρωπίαν καὶ τὴν διηνεκῆ συνήθειαν δἰ ἧς εἰώθαμεν ἅπασιν ἀνθρώποις συγγνώμην ἀπονέμειν, προθυμότατα καὶ ἐν τούτῳ τὴν συγχώρησιν τὴν ἡμετέραν ἐπεκτεῖναι δεῖν ἐνομίσαμεν, ἵνα αὖθις ὦσιν Χριστιανοὶ καὶ τοὺς οἴκους ἐν οἷς συνήγοντο, συνθῶσιν οὕτως ὥστε μηδὲν ὑπεναντίον τῆς ἐπιστήμης αὐτοὺς πράττειν. δἰ ἑτέρας δὲ ἐπιστολῆς τοῖς δικασταῖς δηλώσομεν τί αὐτοὺς παραφυλάξασθαι δεήσει: [10] ὅθεν κατὰ ταύτην τὴν συγχώρησιν τὴν ἡμετέραν ὀφείλουσιν τὸν ἑαυτῶν θεὸν ἱκετεύειν περὶ τῆς σωτηρίας τῆς ἡμετέρας καὶ τῶν δημοσίων καὶ τῆς ἑαυτῶν, ἵνα κατὰ πάντα τρόπον καὶ τὰ δημόσια παρασχεθῇ ὑγιῆ καὶ ἀμέριμνοι ζῆν ἐν τῇ ἑαυτῶν ἑστίᾳ δυνηθῶσι. [11] Ταῦτα κατὰ τὴν Ῥωμαίων φωνήν, ἐπὶ τὴν Ἑλλάδα γλῶτταν κατὰ τὸ δυνατὸν μεταληφθέντα, τοῦτον εἶχεν τὸν τρόπον. τί δὴ οὖν ἐπὶ τούτοις γίνεται, ἐπιθεωρῆσαι καιρός.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Eberhard Nestle
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

[17, 1] Und während er in alle diese Übel geworfen war, fühlte er diejenigen, welche er gegen die Gottesfürchtigen gewagt hatte. Er sammelte aber bei sich seinen Sinn und zuerst bekannte er dem Gott des Alls und nachher rief er seine Nächsten und sagte zu ihnen, es sollte aufhören die Verfolger der Christen ohne Zögern. Und wie nach dem Gesetz und Befehl des Königs sollte sie eilen zu bauen ihre Kirchen, und in ihren Gewohnheiten sollten sie sich führen, und Gebet zu gunsten der Regierung befahl er, dass sie machten. [2] Und dann folgte die That nach seinem Wort. Und Befehle der Könige in jeder Stadt wurden ausgebreitet der Veränderungen ihrer Worte gegen uns, in denen sie war. „Autokrator Cäsar Galerius Valerius Maximianus und Augustus. Autokrator Cäsar Quistinus […] [6] Mit dem Rest der Dinge der Regierung welche zu gunsten der Pflichten der allgemeinen Vorteile, wollten wir zuerst, dass wir nach den ersten Gesetzen und nach den Satzungen der Regierung der Römer alles zurechtbringen, indem wir auch Sorge darüber machten, dass die Christen, welche die Furcht ihrer Väter verlassen hatten, zu ihr umkehrten. [7] Und wenn nicht in irgend welchem Gedanken hat die ganze solche Habsucht sie erreicht, dass sie nach dem, was die Ersten zeigten, nicht gehen, während ihre Väter früher darin standen, sondern nach ihrem Sinn und wie ein jeder von ihnen will, so haben sie gethan, dass sie ihr Gesetz bewahren und mit allen Unterschieden verschiedene Versammlungen versammeln. [8] Deswegen nun wurde ein solcher Befehl gesetzt, dass sie dem was von den Ersten festgestellt wurde, sich zukehren. Und viele von ihnen überlieferten sich der Gefahr und viele wurden verwirrt und alle Arten von Tod trugen sie. [9] Und weil wir die vielen sehen, dass sie in der Weise beharren, dass sie nicht den Göttern im Himmeln den Dienst, der ihnen schuldig ist, darbringen, und auch nicht in den Dienst der Christen eintreten, so sind wir in unser Barmherzigkeit und in unserer beständigen Gewohnheit, die wir gewöhnt sind, die Fehler zu vergeben allen Menschenkindern, auch in diesem von unserem vollen Willen gesinnt, dass wir ihnen Verzeihung geben, dass sie wieder Christen seien , und die Tempel, in denen sie sich versammelten, wieder aufrichten, und etwas, was gegen diese Bestimmung ist, nicht thun. Und durch einen andern Brief machen wir bekannt den Richtern, was ihnen erforderlich ist, dass sie (es) bewahren. [10] Deswegen wie diese unsere Verzeihung sind sie schuldig, dass sie flehen zugunsten unseres Lebens zu ihrem Gott und der Angelegenheiten der Regierung und zu gunsten ihrer Seele selbst, dass auf jede Weise auch den Angelegenheiten der Regierung Gesundheit gegeben werde und sie ohne Sorge leben können in ihrer Wohnung. Dieses ist von der römischen Sprache in die griechische genommen, wie es möglich war, worin es so war. Mit diesem aber, was geschieht, ist uns Zeit, dass wir es verstehen.“
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Eusebius, Hist. Eccl. 8, 17

Leitfragen:

  1. Was ist der Inhalt des sogenannten Toleranzediktes?

  2. Welche Neuerung enthält es im Gegensatz zum bisherigen Umgang mit den Christen?

  3. Welche Rückschlüsse lässt das Edikt auf die Motive zu, die zu seiner Abfassung führten?

Kommentar:

Eusebius von Cäsarea schrieb mit seiner Kirchengeschichte eine der zentralen Quellen zur Spätantike, nicht nur, aber insbesondere für die Geschichte des Christentums. Geboren um 260 und gestorben um 340 n. Chr. hat Eusebius, der Bischof von Cäsarea wurde, viele der umwälzenden Ereignisse seiner Zeit direkt miterlebt. So auch die Verabschiedung des 311 n. Chr. vom Augustus Galerius herausgegebenen „Toleranzediktes“.

Direkt vorausgegangen war dem Dekret eine lange Zeit der Verfolgungen, die schon unter Diokletian angefangen und viele Opfer im ganzen Reich gefordert hatten. Diese beendete Galerius mit dem hier beschriebenen Edikt zumindest in seinem Reichsteil. Inhaltlich birgt das Dekret eine ganze Reihe von wichtigen Neuerungen: Alle Verfolgungen werden eingestellt, es soll niemand mehr wegen seines christlichen Glaubens verhaftet, gefoltert oder hingerichtet werden. Ferner sollen die Christen die Erlaubnis bekommen, die zerstörten Kirchen wieder aufzubauen und sich ganz offen als Christen zu bekennen. Eine wichtige Bedingung stellt Galerius jedoch in seinem Edikt: Die Christen müssen bereit sein, zu ihrem Gott für das Wohl des Kaisers zu beten.

Diese Inhalte sind durchaus revolutionär zu nennen, denn in den 300 Jahren zuvor war es nie ohne große Gefahr möglich, sich offen als Christ zu erkennen zu geben, da man Repressalien befürchten musste. Das Christentum ist nun religio licita geworden, eine anerkannte Religion innerhalb des römischen Reiches.

Die Stoßrichtung und Wirkung dieses Dekretes ist offensichtlich, weniger deutlich treten die Motive hervor. Zuerst einmal ist zu bemerken, dass Galerius mitnichten Christ wurde, es findet sich in dem Edikt auch kein Wort darüber, dass die Verfolgungen verurteilt würden. Was geschehen ist, ist geschehen, vielmehr verzeiht Galerius den Christen und nicht den Verfolgern! Nirgendwo ist die Rede davon, dass etwa Strafen für Denunzianten verhängt würden. Die Christenverfolgungen waren laut Dekret kein Unrecht, sie werden schlichtweg eingestellt, als Gnade des Augustus Galerius. Und diese hat auch ihre Grenzen, denn die Christen müssen bereit sein, für Galerius zu ihrem Gott zu beten. Die Forschung geht davon aus, dass Galerius schlicht keine Erfolgsaussichten mehr für die Verfolgung sah und den inneren Frieden im Reich wiederherstellen wollte. Das Christentum war zu dieser Zeit bereits sehr weit verbreitet, trotz oder vielleicht gerade wegen der Verfolgungen. Die Verfolger mussten einsehen, dass sie kaum mehr Aussichten auf Erfolg hatten. Man muss also eher politische und taktische Gründe für die Abfassung dieses Dekretes annehmen als tatsächliches Mitgefühl, auch wenn dies im Text gesagt wird. Doch ungeachtet der wohl profanen Motive war dieses Dekret ein wichtiger Schritt für das Christentum, auch wenn man nicht davon ausgehen darf, dass die Verfolgungen damit überall sofort endeten.

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Siehe zu den Christenverfolgungen auch die entsprechenden Berichte (I; II; III).

Opfergebot des Diokletian

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Lactanz
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Lact. Mort. Pers. 15 – Original

Furebat ergo Imperator non iam in domesticos tantum, sed in omnes, et primam omnium filiam Valeriam, coniugemque Priscam sacrificio pollui coegit. Potentissimi quondam eunuchi necati, per quos palatium et ipse ante constabat. Comprehensi Presbyteri ac ministri, et sine ulla probatione ac confessione damnati, cum omnibus suis deducebantur. Omnis sexus et aetatis homines ad exustionem rapti: nec singuli, quoniam tanta erat multitudo, sed gregatim circumdato igni amburebantur; domestici, alligatis ad collum molaribus, mari mergebantur. Nec minus in ceterum populum persecutio violenter incubuit. Nam iudices per omnia templa dispersi, universos ad sacrificia cogebant. Pleni carceres erant. Tormentorum genera inaudita excogitabantur; et ne cui temere ius diceretur, arae in secretariis ac pro tribunali positae, ut litigatores prius sacrificarent, atque ita causas suas dicerent; soc ergo ad iudices, tanquam ad deos adiretur. Etiam litterae ad Maximianum atque Constantium commeaverant, ut eadem facerent. Eorum sententia in tantis rebus exspectata non erat. Et quidem senex Maximianus libens paruit per Italiam, homo non adeo clemens. Nam Constantius, ne dissentire a maiorum praeceptis videretur, conventicula, id est, parietes, qui restitui poterant, dirui passus est: verum autem Dei templum, quod est in hominibus, incolume servavit.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Aloys Hartl
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

Die Wut Diokletians beschränkte sich nun nicht mehr auf das Hausgesinde, sondern richtete sich wider alle. Und zuerst von allen zwang er seine Tochter Valeria und seine Gemahlin Priska sich mit dem heidnischen Opfer zu beflecken. Die einst einflußreichsten Kämmerer, ehedem die Stützen des Palastes und des Kaisers, verloren das Leben. Priester und Diakone wurden ergriffen und ohne alle Beweis, ohne alles Bekenntnis mit all den Ihrigen zum Tode geführt. Jedes Alter und Geschlecht wurde zum Feuertode geschleppt, und nicht mehr einzeln – so groß war die Menge -, sondern in ganzen Scharen wurden sie rings mit einem Wall von Feuer umgeben und verbrannt. Wer zur Dienerschaft gehörte, wurde mit einem Mühlstein am Halse ins Meer versenkt. Und nicht minder schwer lastete auf dem übrigen Volke die Wucht der Verfolgung; denn die Gerichtsbeamten zerstreuten sich über alle Tempel und zwangen alle zum Opfer. Die Kerker waren überfüllt. Unerhörte Arten von Martern wurden ausgedacht; und damit keinem unversehens Recht gesprochen würde, waren in den Gerichtssälen vor dem Richterstuhle Altäre aufgestellt. Dort hatten die Streitenden zuerst zu opfern und dann erst ihre Sache zu führen, so daß man nun also zu den Richtern wie zu Göttern hinzutreten mußte. Auch Maximian und Konstantius waren Schreiben ergangen, die zu gleichem Verfahren mahnten. Ihr Gutachten war in Dingen von solcher Wichtigkeit nicht abgewartet worden. Gern gehorchte für Italien der greise Maximian, ein Mann, dem Milde nicht gerade sehr eigen war. Konstantius, der den Schein des Abweichens von den Vorschriften der Höheren vermeiden wollte, gestattete zwar das Niederreißen der Versammlungsstätten, d.h. der Wände, die man wieder herstellen konnte, aber den wahren Tempel Gottes, der in den Menschen besteht, ließ er unversehrt.

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Lact. Mort. Pers. 15

Leitfragen:

  1. Wie wird der Ablauf der Verfolgung unter Diokletian hier beschrieben?

  2. Welche Absicht der Verfolger lässt sich hinter den Maßnahmen erkennen?

  3. Welcher grundlegende Unterschied in der christlichen und nichtchristlichen Sicht lässt sich dadurch feststellen?

Kommentar:

Lactantius ist einer der wichtigsten christlichen Schriftsteller des dritten und vierten Jahrhunderts. Er erlebte die Christenverfolgungen am eigenen Leib mit und wurde um 315 Hoflehrer für Crispus, den Sohn Kaisers Konstantin. In dieser Stelle aus seiner Schrift De mortibus persecutorum („Über die Todesarten der Verfolger“) berichtet er von den Verfolgungen unter Diokletian.

Nach dem deutlich christlich und gegen Diokletian gerichteten Bericht des Laktanz begann die Verfolgung mit dem Gebot des Kaisers, dass die Christen opfern sollten. Zuerst erwähnt Laktanz hierbei Tochter und Frau des Kaisers sowie eine Reihe einflussreicher Hofbeamter. Schließlich geht er dazu über, die allgemeine Verfolgung zu beschreiben, in der massenhaft Menschen verbrannt wurden, weil sie sich geweigert hatten, zu opfern.

Dadurch werden Ansatz und Strategie der Verfolger deutlich: Auch die höchsten Kreise des Reiches, Kaiserfamilie und Hofstaat, werden nicht geschont, was gleichzeitig auch ein Licht darauf wirft, wie verbreitet das Christentum auch in den höchsten Schichten bereits war. Man konzentrierte sich offenbar auch besonders auf die Anführer der Kirchengemeinden, da man hoffte, die Strukturen so zerschlagen zu können. Generell sollten alle Christen zum Opfer für das römische Göterpantheon und die Kaiser gezwungen werden; wer sich widersetzte, dem drohten Folter und Tod. Dies betraf offenbar sehr viele Menschen, wenn wir dem Bericht des Laktanz Glauben schenken. Zwar sollte man mit antiken Zahlenangaben stets vorsichtig sein, aber wir können davon ausgehen, dass die Opferzahl sehr hoch war. Was ausgelassen wird, ist die Tatsache, dass viele Christen sich auch abwendeten von ihrem Glauben und unter dem Druck der Verfolgungen opferten. Damit waren die Behörden und die Verfolger dann meist zufriedengestellt, für die Kirche boten diese sogenannten „Gestrauchelten“ (lapsi) später ein ganz eigenes Problem, als sie nach Ende der Verfolgungen in die Kirche zurückwollten.

Die Verfolger werden wohl nicht verstanden haben, wieso die Christen oft eher bereit waren, den Tod durch Folter und Feuer zu sterben als den Göttern zu opfern. Dieses Unverständnis liegt in der Grundkonzeption der jeweiligen Religionen begründet. Der christliche Monotheismus sagt eindeutig: Du sollst keine Götter haben neben mir. Daher war es Christen unmöglich, ohne Glaubenskonflikt den Göttern des Reiches zu opfern, zu denen auch die amtierenden Kaiser zählten. Diese Sichtweise war wiederum den Nichtchristen vollkommen unverständlich. Für diejenigen, die an das polytheistische Pantheon der Spätantike glaubten, war es kein großer Schritt, auch Göttern aus anderen Religionen zu opfern, die auch oft genug nach einer Weile in das eigene Pantheon integriert wurden, so beispielsweise geschehen mit dem persischen Mithras oder der ägyptischen Isis. Mitglied diverser Kulte zu sein, war selbstverständlich möglich, weshalb es so unlogisch aus paganer Sicht war, dass die Christen nicht bereit sein sollten, auch anderen Göttern zu opfern. Dies geht auch aus den Briefen des Statthalters Plinius aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr. hervor. Da aber die Teilnahme am Reichskult Pflicht für jeden Bürger war, um den Staat zu erhalten, waren die Christen mit ihrer Haltung sogleich Staatsfeinde, was die Heftigkeit der Verfolgungen zumindest zum Teil erklärt. Die Positionen waren unvereinbar, was auch an dieser Stelle allzu deutlich wird. Nicht lange nach diesen Ereignissen wurden die Verfolgungen eingestellt, und den Christen von Galerius zugestanden, nicht den anderen Göttern opfern zu müssen, sofern sie für den Kaiser beteten.

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Siehe zu den Verfolgungen auch die Berichte des Eusebius (I; II) und zu früheren Verfolgungen den Bericht zur Verfolgung unter Nero. Zum Toleranzedikt siehe den entsprechenden Beitrag.

Diokletianische Christenverfolgung

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Eusebius
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Euseb. Hist. Eccl. 8,2,4-5 und 8, 6, 7-10 – Original

[8, 2, 4] Ἔτος τοῦτο ἦν ἐννεακαιδέκατον τῆς Διοκλητιανοῦ βασιλείας, Δύστρος μήν, λέγοιτο δ̓ ἂν οὗτος Μάρτιος κατὰ Ῥωμαίους, ἐν ᾧ τῆς τοῦ σωτηρίου πάθους ἑορτῆς ἐπελαυνούσης ἥπλωτο πανταχόσε βασιλικὰ γράμματα, τὰς μὲν ἐκκλησίας εἰς ἔδαφος φέρειν, τὰς δὲ γραφὰς ἀφανεῖς πυρὶ γενέσθαι προστάττοντα, καὶ τοὺς μὲν τιμῆς ἐπειλημμένους ἀτίμους, τοὺς δ̓ ἐν οἰκετίαις, εἰ ἐπιμένοιεν τῇ τοῦ Χριστιανισμοῦ προθέσει, ἐλευθερίας στερεῖσθαι προαγορεύοντα. [5] καὶ ἡ μὲν πρώτη καθ̓ ἡμῶν γραφὴ τοιαύτη τις ἦν: μετ̓ οὐ πολὺ δὲ ἑτέρων ἐπιφοιτησάντων γραμμάτων, προσετάττετο τοὺς τῶν ἐκκλησιῶν προέδρους πάντας τοὺς κατὰ πάντα τόπον πρῶτα μὲν δεσμοῖς παραδίδοσθαι, εἶθ̓ ὕστερον πάσῃ μηχανῇ θύειν ἐξαναγκάζεσθαι.
[…] [8, 6, 7] τοὺς δέ γε βασιλικοὺς μετὰ θάνατον παῖδας, γῇ μετὰ τῆς προσηκούσης κηδείας παραδοθέντας, αὖθις ἐξ ὑπαρχῆς ἀνορύξαντες ἐναπορρῖψαι θαλάττῃ καὶ αὐτοὺς ᾤοντο δεῖν οἱ νενομισμένοι δεσπόται, ὡς ἂν μὴ ἐν μνήμασιν ἀποκειμένους προσκυνοῖέν τινες, θεοὺς δὴ αὐτούς, ὥς γε ᾤοντο, λογιζόμενοι. Καὶ τὰ μὲν ἐπὶ τῆς Νικομηδείας κατὰ τὴν ἀρχὴν ἀποτελεσθέντα τοῦ διωγμοῦ τοιαῦτα: [8] οὐκ εἰς μακρὸν δ̓ ἑτέρων κατὰ τὴν Μελιτηνὴν οὕτω καλουμένην χώραν καὶ αὖ πάλιν ἄλλων ἀμφὶ τὴν Συρίαν ἐπιφυῆναι τῇ βασιλείᾳ πεπειραμένων, τοὺς πανταχόσε τῶν ἐκκλησιῶν προεστῶτας εἱρκταῖς καὶ δεσμοῖς ἐνεῖραι πρόσταγμα ἐφοίτα βασιλικόν. [9] καὶ ἦν ἡ θέα τῶν ἐπὶ τούτοις γινομένων πᾶσαν διήγησιν ὑπεραίρουσα, μυρίου πλήθους ἐν παντὶ τόπῳ καθειργνυμένου καὶ τὰ πανταχῇ δεσμωτήρια, ἀνδροφόνοις καὶ τυμβωρύχοις πάλαι πρότερον ἐπεσκευασμένα, τότε πληρούντων ἐπισκόπων καὶ πρεσβυτέρων καὶ διακόνων ἀναγνωστῶν τε καὶ ἐπορκιστῶν, ὡς μηδὲ χώραν ἔτι τοῖς ἐπὶ κακουργίαις κατακρίτοις αὐτόθι λείπεσθαι. [10] Αὖθις δ̓ ἑτέρων τὰ πρῶτα γράμματα ἐπικατειληφότων, ἐν οἷς τοὺς κατακλείστους θύσαντας μὲν ἐᾶν βαδίζειν ἐπ̓ ἐλευθερίας, ἐνισταμένους δὲ μυρίαις καταξαίνειν προστέτακτο βασάνοις, πῶς ἂν πάλιν ἐνταῦθα τῶν καθ̓ ἑκάστην ἐπαρχίαν μαρτύρων ἀριθμήσειέν τις τὸ πλῆθος καὶ μάλιστα τῶν κατὰ τὴν Ἀφρικὴν καὶ τὸ Μαύρων ἔθνος Θηβαΐδα τε καὶ κατ̓ Αἴγυπτον; ἐξ ἧς καὶ εἰς ἑτέρας ἤδη προελθόντες πόλεις τε καὶ ἐπαρχίας διέπρεψαν τοῖς μαρτυρίοις.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Eberhard Nestle
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Übersetzung

[8, 2, 4] Es war das 16te Jahr der Regierung des Diokletianus im Adar Monat. Als nahe war der Tag des Festes des Leidens unseres Erlösers, dass er komme, da wurden an jedem Ort Schreiben der Regierung ausgebreitet, welche befahlen, dass die Kirchen bis zur Erde zerstört werden sollte, und diejenigen, welche in Ehre gehalten waren, dass sie geschändet würden, und für diejenigen, welche in Knechtschaft gewesen waren und befreit wurden, wenn sie beharren im Sinn des Christentums, sollten von ihren Freiheiten beraubt werden. [5] Die erste Schrift aber, welche gesetzt wurde gegen uns, war so. Nach kurzem aber kamen andere Schreiben, in denen er befahl, dass alle, welche stehen an der Spitze der Kirche an jedem Ort, zunächst überliefert werden sollten den Gefängnissen und zuletzt mit allen Weisen genötigt werden sollten, dass sie opfern. […] [8, 6, 7] Diese Söhne der Häuser der Könige aber nach ihrem Tod, nachdem sie begleitet und in der Erde beigesetzt waren, wie es recht ist, gruben sie von neuem auf und brachten sie herauf und befahlen, dass auch sie ins Meer geworfen wurden, da, wenn sie in ihre Gräber gelegt waren, würden einige sie anbeten und für Götter rechnen. Was aber gethan wurde im Beginn der Verfolgung mit den Zeugen ist dies und solches. [8] Nach kurzer Zeit aber an einem Ort, der Melitene geheissen wird, und wieder auch in Syrien sprossten andere auf in dieser Regierung und ersannen, dass sie alle Machthaber der Kirche an jedem Ort ins Haus der Gefangenen werfen durch den Befehl. [9] Und es war ein Schauspiel, das damit gethan wurde, hoch über jede Erzählung. Denn eine Vielheit von Myriaden wurde gebunden an jedem Ort und das Haus der Gefangenen, das an jedem Platz war, welche bereitet waren von früher für Mörderer und Plünderer der Toten, jetzt von Bischöfen und Presbytern und Diakonen und Lestern und Beschwörern waren sie voll, so dass nicht übrig war ein Platz für diejenigen, welche verurteilt waren wegen böser Thaten. [10] Wieder aber andere Schreiben erreichten die ersten, in welchen geschrieben war über die, welche gebunden waren, dass, wenn sie opfern, sie entlassen werden und gehen dürften in Freiheit wohin sie wollen; wenn sie aber fest sind und nicht gehorchen, war, dass sie mit Vielheit von Qualen zerrissen werden sollten, befohlen. Und von nun wieder auch hier, wie kann einer zählen die Vielheit der Zeugen an jedem Ort, besonders diejenigen in Afrika und in dem Volk der Mauren und in Thebais und in Egypten, die welche nachher (und) auch in Städte und Orte hinausgingen und verherrlicht wurden durch das Zeugnis.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Euseb. Hist. Eccl. 8,2,4-5 und 8, 6, 7-10

Leitfragen:

1) Wie beschreibt Eusebius Beginn und Ablauf der Christenverfolgung unter Diokletian?

2) Welche Reaktion zeigen die Christen laut Eusebius daraufhin?

3) Welche Rückschlüsse lässt dies auf die Wirksamkeit der Verfolgungen zu?

Kommentar:

Eusebius von Cäsarea war ein Schriftsteller um die Wende vom dritten zum vierten Jahrhundert n. Chr., seine Kirchengeschichte ist eine der wichtigsten Quellen für die Geschichte der Spätantike, besonders des Christentums. In diesem Abschnitt berichtet er von den Verfolgungen unter Diokletian, deren Zeitzeuge er selbst war.

Zuerst gab Diokletian den Befehl, alle Kirchen zu zerstören, die führenden Christen zu entehren und die Freigelassenen, die dem Christentum nicht abschworen, erneut zu versklaven. Ein zweiter Befehl beinhaltete, die lokalen Gemeindeoberhäupter als erstes hinzurichten. Zudem erließ er ein allgemeines Opfergebot: Jeder Bürger des Reiches sollte den olympischen Göttern und dem Kaiser opfern. Die Opfer der Verfolgungen wurden nach ihrer Beisetzung, so beschreibt es Euseb, exhumiert und ins Meer geworfen. Die Opferzahlen waren nach Euseb sehr hoch, er nennt sie „Zeugen“ (Märtyrer), da sie trotz des drohenden Todes bezeugten, Christen zu sein.

Aus diesem Kapitel wird die Reaktion der Christen auf die Verfolgungen deutlich. Wir lesen, dass viele den Märtyrertod wählten. Das zeigt gleich zwei Dinge: Zum einen, dass viele Christen bereit waren, für ihren Glauben in den Tod zu gehen, zum anderen aber auch, dass es nicht alle taten, denn Euseb sagt „viele“ und nicht „alle“. Diese sogenannten lapsi („Gefallene/Gestrauchelte“) und der Umgang mit ihnen nach den Verfolgungen waren ein langwieriges Streitthema der Kirche, da viele diese Menschen schlicht für Verräter hielten. Wir lesen außerdem auch, dass offenbar schon direkt nach ihrem Tod viele Märtyrer kultisch von den Christen verehrt wurden, sonst wäre es für die Verfolger nicht notwendig gewesen, die Toten zu exhumieren und ins Meer werfen zu lassen.

Diese Informationen unterrichten uns über die Wirksamkeit dieser Verfolgungen. Wir sehen keinen Hinweis darauf, dass die Christen unter der Gewaltandrohung reihenweise abgeschworen hätten und wieder zum paganen Kult zurückgekehrt wären, wie es die Verfolger zweifellos gehofft hatten. Auch weder die Zerstörung der Kirchen noch die Ermordung der Gemeindeoberhäupter scheinen für das Ende des Kultes gesorgt zu haben. Wir wissen aus anderen Quellen, dass die Verfolgungen bald eingestellt wurden, denn bei aller Brutalität konnten sie ihr Ziel nicht erreichen, da zu viele Christen bereit waren, den Märtyrertod zu sterben und daraufhin wiederum als Vorbilder von den übrigen Christen verehrt wurden. Nur wenige Jahre später endeten die Verfolgungen mit dem Toleranzedikt des Galerius. An diesem Beispiel wird deutlich, was die Geschichte auch an anderen Beispielen zeigt: Ideen und Religionen lassen sich nicht gewaltsam unterdrücken, auch wenn dies allzu oft versucht wurde und wird.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Diokletian, Konstantin und die konstantinische Dynastie“. Um einen breiteren Einblick in die Spätantike zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Römische Geschichte III – Spätantike“.
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Vergleiche zu den Christenverfolgungen auch den anderen Bericht des Eusebius. Zum Opfergebot des Diokletian und dem Toleranzedikt des Galerius vergleiche die entsprechenden Beiträge. Zur Meinung der Christen über Diokletian, siehe auch den Bericht des Laktanz. Zu früheren Christenverfolgungen, siehe auch den Bericht des Tacitus.