Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Andreas Bigelmair
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Übersetzung
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Euseb. De. Mart. Palaest. 3,1
Leitfragen:
1) Wie ist der Ablauf der Verfolgung in Palästina hier geschildert?
2) Welche Botschaft möchte der Autor mit diesem Bericht übermitteln?
3) Welche Rückschlüsse lässt die Quelle auf die Erfolgsaussichten der Verfolgung zu?
Kommentar:
Eusebius von Cäsarea war ein Schriftsteller um die Wende vom dritten zum vierten Jahrhundert n. Chr., seine Kirchengeschichte ist eine der wichtigsten Quellen für die Geschichte der Spätantike, besonders des Christentums. In diesem Abschnitt berichtet er von den Verfolgungen unter Diokletian, deren Zeitzeuge er selbst war.
Ebenso wie in den anderen Teilen des Reiches wurde das Opfergebot Diokletians auch in Palästina umgesetzt. Hier war das Christentum besonders stark, da es dort schließlich auch entstanden war. Wie vom Kaiser befohlen, ordnete der Statthalter an, dass alle Bürger opfern sollten. Die Christen, die sich aus Glaubensgründen weigerten, wurden verhaftet und zum Tode verurteilt. Dabei wichen viele, so berichtet Eusebius, nicht einmal unter Folter von ihrem Glauben ab, sondern gingen bereitwillig in den Tod. Diese sogenannten „Zeugen“ (martyroi – Märtyrer) wurden für die Kirche später zu Helden. Eusebius berichtet uns hier von Szenen, in denen die Christen so demonstrativ todesverachtend auftraten, dass der Statthalter sie nicht im Circus hinrichten, sondern nach weiteren Tagen im Gefängnis enthaupten ließ. Da es Eusebius auch darum ging, das Andenken an das Vorbild der Märtyrer hochzuhalten, nennt er viele von ihnen hier namentlich.
Die Botschaft des Autors ist deutlich aus dem Text zu sehen. Die Verfolger, in diesem Fall der Statthalter, schrecken vor keiner Brutalität zurück, um die Christen entweder zum Opfer zu zwingen, oder hinzurichten. Die Christen jedoch, so Eusebius‘ Botschaft, wehrten sich standhaft, indem sie für ihren Glauben bereitwillig in den Tod gingen, so qualvoll er auch sein mochte. Diese Opferbereitschaft trug sicherlich einen großen Teil dazu bei, dass die Verfolgungen nur wenige Jahre später von Galerius als offensichtlich aussichtslos eingestellt wurden. Allerdings ist zu erwähnen, dass nicht alle Christen sich so verhielten, wie es Eusebius hier suggeriert. Viele brachen mit ihrem Glauben und opferten, wie es verlangt wurde, um der Folter zu entgehen und ihr Leben zu retten. Der Umgang mit diesen „Gestrauchelten“ (lapsi) war später für die Kirche kein geringes Problem.
Aus der Quelle lässt sich denn auch einiges auf die Erfolgsaussichten der Verfolgungen schließen. Zuerst einmal ist die große Zahl offensichtlich, die die Christen inzwischen darstellten. Eine derartig brutale Behandlung so großer Teile der Bevölkerung hätte womöglich früher oder später auch zu Aufständen geführt, trotz der hier so eindrücklich demonstrierten Gewaltfreiheit der Märtyrer. Gleichzeitig sind diese Märtyrer auch das eigentliche Problem für die Verfolger. Wenn die Christen nicht vor der Hinrichtung zurückschrecken und sich sogar absichtlich aneinander fesseln, um ihre Opferbereitschaft auszudrücken, kann der Statthalter so viele hinrichten wie er will: Er hat den Kampf auf der moralischen und massenpsychologischen Ebene schon verloren. Seine Reaktion zeigt, dass er dies begriffen hatte. Anstatt den Märtyrern im Circus eine Bühne zu bieten, lässt er sie Tage später enthaupten, damit sie sich nicht in derart performativer Art und Weise für ihren Glauben würden opfern können.
Siehe zur Christenverfolgung auch den anderen Bericht des Eusebius, den des Laktanz und zu den frühen Verfolgungen den des Tacitus. Zum Toleranzedikt siehe die entsprechende Stelle.