Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Nathalie Klinck
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Sassaniden
Leitfragen:
1.) Was stellt das Relief dar?
2.) Wo befindet sich die Darstellung?
3.) Was ist der historische Kontext der Darstellung?
Kommentar:
Das hier gezeigte Relief befindet sich in Naqsch-i-Rustam, ein Ort in der Nähe der antiken Stadt Persepolis in der heute iranischen Provinz Fars. Es gehört zu einer Gruppe von acht weiteren bildlichen Darstellungen. Diese sind in die Felswände über den Gräbern der Achämeniden, den Königen des alten persischen Großreiches, welches ca. vom 6. – 4. Jh. v. Chr. bestanden hat, eingemeißelt.
Das Relief zeigt vier männliche Figuren, von denen die Einzeldarstellung auf der linken Seite nur teilweise erhaltenen ist. Im Mittelpunkt steht der sassanidische König Schapur I., der aufwendig gekleidet auf einem Pferd sitzend gezeigt wird. An seinem erhobenen Arm hält er demonstrativ die Fesseln eines Gefangenen. Bei diesem handelt es sich um den römischen Kaiser Valerian. Vor dem König fällt ein weiterer römischer Kaiser, Philippus Arabs, der vorher Frieden mit den Sassaniden geschlossen hatte, in bittender Geste auf die Knie.
Diese eindrucksvolle Szene wird dem Betrachter durch eine dazugehörige Inschrift, den sog. res gestae divi Saporis, auf drei Sprachen (Griechisch, Persisch und Parthisch) erläutert.
Der persische König Schapur I. (240-272 n. Chr.) versuchte in der Nachfolge seines Vaters Aradschir I. (224-240 n. Chr.), das von ihm gegründete Neupersische Reich der Sassaniden weiterzuführen und zu vergrößern.
Mit dieser Intention griff der Großkönig mehrfach römische Gebiete in den Provinzen Syrien und Mesopotamien an, bis schließlich durch Philippus Arabs 244 n. Chr. ein vorläufiges Friedensbündnis zwischen Rom und den Sassaniden geschlossen wurde und der Kaiser sich nach Rom zurückzog. Im Jahre 252 n. Chr. schließlich nutzte Schapur I. die innenpolitischen Wirren Roms geschickt aus, um erneut gegen das Reich in den Krieg zu ziehen. Er eroberte mehrere Städte in Syrien, darunter auch Hierapolis und Antiochia.
Valerian entschied sich hinsichtlich dieser bedrohlichen Lage dazu, selbst mit einem Heer nach Mesopotamien zu ziehen. 260 n. Chr. kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden Heeren zwischen Carrhae und Edessa und zu einer schweren Niederlage für das römische Heer.
Der Kaiser und einige weitere Gefangene wurden nach Persien verschleppt, wo sie schließlich auch umkamen. Einige Handwerker und Ingenieure wurden allerdings in den neugegründeten persischen Städten angesiedelt und brachten ein für die persische Infrastruktur wichtiges Wissen mit. Dieses – für Rom zutiefst beschämende Ereignis – stellte Schapur I. auf diesem Relief dar.
Im Nachgang zu diesem Sieg nahm Schapur I. weitere Teile des römischen Gebietes ein und plünderte Antiochia ein zweites Mal. Erst bei Korykos konnte er von römisch-palmyrischen Truppen zurückgeschlagen werden und büßte einige der eroberten Städte ein.
Obwohl es Schapur I. nicht gelang, den Anspruch einer universalen Herrschaft des Neupersischen Reiches durchzusetzen und damit das alte Achämenidenreich zu erneuern oder die Grenzen dauerhaft bis an den Euphrat auszudehnen, hatte er zumindest unter Beweis stellen können, dass die Sassaniden ernst zu nehmende Gegner für das mächtige Imperium Romanum darstellten und ihnen im Kampf mindestens ebenbürtig waren. Die schweren Niederlagen und die Verluste vieler Soldaten und sogar eines Kaisers waren tief in das Bewusstsein der Römer eingebrannt. Das Felsrelief von Naqsch-i-Rustam greift diesen glorreichen Sieg, als Teil weiterer Großtaten der sassanidischen Könige, noch einmal auf, mit dem Ziel, die Herrschaft der Sassaniden zu legitimieren, respektive diese in eine Reihe mit den längst vergangenen Zeiten des glorreichen Perserreiches in den ersten Jahrhunderten v. Chr. zu stellen.