Ausrufung Konstantins zum Kaiser

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Andreas Bigelmair
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Übersetzung

[22] Nach der Bestattung des Konstantius rufen die Heere Konstantin zum Kaiser aus.
Es blieb auch das Reich nicht ohne Kaiser; schon mit dem Purpur des Vaters geschmückt trat Konstantin aus dem väterlichen Palaste hervor und er schien allen das treue Abbild seines Vaters zu sein, wie wenn dieser, wieder zum Lebene erstanden, nun in seinem Sohne regierte. Dann gab er an der Spitze des Leichenzuges mit allen Freunden seines Vaters, die sich um ihn gesammelten hatten, dem Vater das Geleit zum Grabe. Eine unabsehbare Menge Volkes und Abteilungen von Soldaten begleiteten, teils voranziehend, teils nachfolgend, den gottgeliebten Herrscher mit allem Gepränge zur letzten Ruhestätte und alle ehrten den dreimal seligen Kaiser mit feierlichen Lobgesängen; einmütig stimmten sie darin überein, daß der Tote in der Herrschaft seines Sohnes wieder zum Leben erstanden sei, und unter jubelndem Beifall riefen sie den Jüngling sogleich schon mit dem ersten Zuruf zum Herrscher und Augustus aus. So ehrte auch den Verstorbenen der freudige Beifall, den der Sohn fand, wie auch dieser glücklich gepriesen wurde, daß er zum Nachfolger eines solchen Vaters erwählt worden sei. Und alle Provinzen seines Reiches waren voll der Freude und unsagbaren Jubels, weil sie auch nicht einen einzigen Augenblick der Ordnung hatten entbehren müssen, die die kaiserliche Regierung mit sich bringt. Daß ein solches Ende dem frommen und gottliebenden Leben beschieden sei, das zeigte Gott unserem Geschlechte zur Lehre an Kaiser Konstantius.
[…] [24] Konstantin hat die kaiserliche Würde durch den Willen Gottes erhalten.
So hat also Gott selber, der höchste Herrscher der ganzen Welt, Konstantin, den Sohn eines solchen Vaters, zum Herrn und Führer aller erwählt, so daß kein Mensch sich rühmen kann, ihn dazu erhoben zu haben, und dies war nur bei ihm der Fall, da ja die übrigen alle durch die Wahl anderer ihrer Würde teilhaftig geworden waren.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Euseb. De vita Constantini, 1,22

Leitfragen:

1) Wie beschreibt Eusebius die Ausrufung Konstantins zum Kaiser?

2) Welche Einstellung Eusebius‘ zu Konstantin wird hierbei deutlich?

3) Wie ordnet sich dieser Herrschaftsantritt in die übliche Praxis der Spätantike ein und welche Rückschlüsse lässt dies auf das System der Tetrarchie zu?

Kommentar:

Eusebius von Cäsarea, Bischof und Zeitgenosse Konstantins, hat uns mit seiner Lebensbeschreibung des Kaisers eine der wichtigsten Quellen zu diesem bedeutenden Herrscher der Spätantike hinterlassen. In diesem Abschnitt beschreibt er die Ausrufung Konstantins zum Kaiser.

Beim Leichenzug seines Vaters Konstantius ist Konstantin bereits in den Purpur eines Kaisers gekleidet. Die Beliebtheit des Konstantius überträgt sich hier offenbar auf den Sohn, denn Volk und Soldaten begrüßen ihn nach dem Bericht des Eusebius begeistert. Er wird nicht nur zum Kaiser, sondern gleich zum Augustus ausgerufen, also einem der beiden oberen Kaiser im System der Tetrarchie. Laut Eusebius habe sich schon in dieser Ausrufung gezeigt, dass Konstantin in besonderer Weise vom christlichen Gott begünstigt gewesen sei. Es wird auch deutlich, dass Eusebius eine höchst positive Ansicht von Konstantin hat. Auch wenn dies bei einem Biographen der Spätantike, der über seinen eigenen, christlichen Kaiser schreibt, nicht verwunderlich ist, so fallen doch einige Dinge auf; zuerst einmal die Tatsache, dass in diesem Abschnitt keiner der anderen drei Kaiser oder überhaupt das System der Tetrarchie zur Sprache kommt. Man könnte beim Lesen dieses Abschnittes denken, Konstantin wäre von Anfang an Alleinherrscher gewesen, was definitiv falsch ist. Auch widerspricht sich Eusebius in gewisser Weise selbst, wenn er erst sagt, das Volk habe durch Jubel Konstantin zum Augustus gemacht, aber Menschen hätten damit eigentlich nichts zu tun. Er denkt dabei wahrscheinlich an eine Lenkung der Menge durch den Heiligen Geist, aber es ist im Wesen kein anderer Vorgang als diverse Akklamationen des 3. Jahrhunderts durch Soldaten.

Bemerkenswert ist hier das Verhältnis zum System der Tetrarchie. Denn diese Ausrufung unterläuft massiv das eigentlich geplante Vorgehen. Diokletian hatte vorgesehen, dass alle Augusti nach einer bestimmten Zeit zurücktreten und dass, was besonders wichtig war, der nächste Kaiser nach Fähigkeit ausgewählt werden sollte und nicht, wie in diesem Falle, nach Geburt. Diokletian hatte versucht, das dynastische Prinzip zu durchbrechen. Dies war verständlich, denn die besten Zeiten hatte das Reich erlebt, als die Adoptivkaiser von Trajan bis Marc Aurel herrschten. Doch man sieht an diesem Beispiel, dass das System sofort zusammenbrach, sobald ein leiblicher Sohn vorhanden war. Die Absicht zu herrschen macht Konstantin bereits deutlich, indem er sich Volk und Heer sofort im Kaiserpurpur zeigt. Somit wird klar, dass schon die erste Generation der Tetrarchen, zu der Konstantius gehörte, mit dem System fremdelte und es keinen langen Bestand hatte, da Konstantin es schließlich nach seinem Sieg in den Bürgerkriegen in die Herrschaft der konstantinischen Dynastie umwandeln sollte.

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Zu Konstantins Vision im Bürgerkrieg gegen Maxentius siehe die Berichte von Laktanz und Eusebius.

Gewalt in Konstantins Familie

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Zon. 3, 2, 12-13

Leitfragen:

1) Wie sind die Umstände des Todes von Fausta und Crispus beschrieben?

2) Ist diese Erzählung des Zonaras glaubwürdig in Bezug auf die Motive der Beteiligten?

3) Welche Rückschlüsse lässt dies auf seine Arbeitsweise zu?

Kommentar:

Zonaras, ein Chronist aus dem Konstantinopel des 11. Jahrhunderts n. Chr., stellte aus diversen älteren Quellen eine Geschichte von der Schöpfung der Welt bis zu seiner Zeit zusammen. In diesem Abschnitt behandelt er den Tod von Konstantins Frau und ältestem Sohn, Fausta und Crispus, im Jahre 326 n. Chr..

In Zonaras‘ Version der Geschichte ist Fausta verliebt in ihren Stiefsohn Crispus, dieser erwidert ihre Liebe jedoch nicht. Daraufhin bezichtigt sie ihn bei ihrem Mann, er habe sie mehrfach zu vergewaltigen versucht. Konstantin glaubt seiner Frau und lässt seinen Sohn hinrichten. Später allerdings bemerkt er ihre Täuschung und lässt auch Fausta hinrichten. Bemerkenswert ist hierbei die Brutalität der Hinrichtungsmethode, die Zonaras erwähnt: Sie wird lebendig in einem Bad zu Tode gekocht.

Dass die beiden im Jahr 326 n. Chr. starben, ist uns auch aus anderen Quellen bekannt, die Motive, die Zonaras hier angibt, sind jedoch aus mehreren Gründen mehr als fragwürdig. Zum einen ist die Struktur dieser Geschichte aus der Mythologie wohlbekannt und daher hier als Topos einzustufen: Phaedra, die Frau des Theseus, begehrt ihren Stiefsohn Hippolytos, der sich ihr jedoch entzieht. Sie beschuldigt ihn daraufhin der Vergewaltigung, er wird vom Vater hingerichtet, und sie bringt sich nach Offenbarwerden ihrer Tat um. Bis auf ihren Selbstmord ist es exakt die Geschichte, die Zonaras hier bietet.

Ein anderes, politisches Motiv erscheint jedoch naheliegender: der Streit um die Erbfolge. Crispus war, wie Zonaras berichtet, nicht nur der älteste Sohn, sondern auch militärisch sehr erfolgreich. Damit wäre er im Falle von Konstantins Tod sicher einer der Favoriten des Heeres gewesen, das in der Spätantike größten Einfluss auf die Thronfolge hatte und auch schon Konstantin selbst zum Kaiser ausgerufen hatte. Wollte Fausta also sicherstellen, dass ihre drei Söhne die Herrschaft erbten, musste der Stiefsohn sterben. Mit welcher Intrige ihr dies gelang, lässt sich nicht mehr erschließen.

Die Verhaftung des Zonaras in literarischen Mustern zeigt deutlich, dass sich seine Arbeitsweise fundamental von der moderner Historiker unterscheidet und erweist einmal mehr die Notwendigkeit einer eingehenden Quellenkritik.

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Vergleiche zur Ausrufung Konstantins zum Kaiser den entsprechenden Beitrag.

Münze des Diokletian

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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Nummus des Diokletian, 295/6 n. Chr.

Leitfragen:

1) Was ist auf der Münze im Einzelnen zu sehen?

2) Weshalb ließ Diokletian gerade diese Motive auf die Münze prägen?

3) Welche Rückschlüsse lässt die Münzdarstellung auf die Herrschaftslegitimation des Diokletian zu?

Kommentar:

Münzen sind eine wichtige Quelle der Alten Geschichte, weil sie uns einen gänzlich anderen Zugang zur Antike ermöglichen, als es beispielsweise schriftliche Quellen tun. Diese sind uns meistens nur aus Abschriften von Abschriften überliefert, die ältesten uns erhaltenen Handschriften datieren in die karolingische Zeit im 9. Jahrhundert. Münzen hingegen sind so wie die antiken Menschen sie schufen und verwendeten auf uns gekommen. Damit bieten sie einen direkteren Zugang zur Antike, denn mit ihnen haben wir Quellen, die tatsächlich antike Menschen in Händen hielten.

Die vorliegende Münze ist ein Nummus des Kaisers Diokletian, geprägt entweder 295 oder 296 n. Chr. Auf der Vorderseite ist der Herrscher selbst im Porträt zu sehen, um ihn herum steht sein Name in abgekürzter Form: Imperator Caesar Caius Valerius Diocletianus, der fromme und treue Augustus (IMP C C VAL DIOCLETIANUS P F AUG). Wahrscheinlich hieß er vor dem Amtsantritt Diokles. Um den Kopf des Herrschers befindet sich eine Strahlenkrone, ein Hinweis auf Sol Invictus, den unbesiegten Sonnengott, der sich in der Spätantike großer Beliebtheit erfreute. Auf der Rückseite sehen wir zwei Figuren: Der Kaiser auf der linken Seite, erkennbar am Feldherrenmantel und dem Zepter. Rechts steht Jupiter, der dem Kaiser die Siegesgöttin Victoria überreicht, die auf einem Globus steht und dem Kaiser einen Lorbeerkranz auf den Kopf setzt. Um die Szenerie steht die Widmung: „durch die Eintracht der Soldaten“ (CONCORDIA MILITUM).

Die Botschaft der Münze ist eindeutig: Diokletian wurde von Jupiter persönlich zum Herrscher der Welt erkoren. Diese überreicht er ihm mit der Siegesgöttin, die verdeutlicht, dass er auf militärische Weise zum Herrscher wurde. Diese Bildsprache symbolisiert nicht nur seine Herkunft aus dem Heer, sondern spielt auch auf die Probleme an, die seine Vorgänger hatten. Die meisten waren ermordet und durch einen ihrer eigenen Offiziere ersetzt worden. Diokletian war der erste der sogenannten „Soldatenkaiser“, der sich länger an der Macht halten konnte und war damit auch zugleich der letzte dieser Kaiser. Der Schriftzug CONCORDIA MILITUM soll darauf hindeuten, dass die Eintracht der Soldaten unter einem Banner, nämlich Diokletians, den Sieg bringen würde. Jupiter hingegen ist ein Hinweis auf Diokletians Art der Herrschaftslegitimation. Sich selbst und seinen Machtanspruch leitete er von einer angeblichen Abstammung von Jupiter her. Dies war ein wichtiger Bestandteil seines Systems der Tetrarchie (Viererherrschaft): Die beiden oberen Kaiser, die Augusti, stammten einer von Jupiter, der andere von Herkules ab. Ihre jeweiligen Unterkaiser, die Caesares, aus der Familie ihres jeweiligen Adoptivvaters. Damit wollte Diokletian auch an die Zeit der Adoptivkaiser um Trajan und Hadrian anknüpfen, da er erkannt hatte, dass das dynastische Prinzip Probleme mit sich brachte. Die neuen Caesares sollten keine Blutsverwandten sein, sondern vielmehr nach Talent adoptiert werden. Somit musste allerdings eine neue Legitimation gefunden werden, da man sich nicht mehr über den Status des Vaters definieren konnte. Die Möglichkeit, sich eine göttliche Abkunft zu geben, war da sehr nützlich und auch durchaus nicht neu: Schon Augustus hatte seine Herkunft von Mars und Venus hergeleitet.

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Siehe zu Diokletian auch die Charakterisierung des Laktanz, zum System der Tetrarchie und ihrem Scheitern die Ausrufung Konstantins zum Kaiser. Zur Münzprägung der Spätantike, siehe auch die Münze Konstantins. Zur Herrschaft Diokletians siehe auch das Preisedikt und das Opfergebot.

Höchstpreisedikt

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Laktanz
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Lact. De mort. pers. 7,2 – Original

[7] Diocletianus, qui scelerum inventor et malorum machinator fuit, cum disperderet omnia, ne a deo quidem manus potuit abstinere. Hic orbem terrae simul et avaritia et timiditate subuerit. Tres enim particeps regni sui fecit in quattuor partes orbe diviso et multiplicatis exercitibus, cum singuli eorum longe maiorem numerum militum habere contenderent, quam priores principes habuerant, cum soli rem publicam gererent. Adeo maior esse coeperat numerus accipientium quam dantium, ut enormitate indictionum consumptis viribus colonorum desererentur agri et culturae verterentur in silvam. Et ut omnia terrore conplerentur, provinciae quoque in frustra concisae: multi praesides et plura officia singulis regionibus ac paene iam civitatibus incubare, item rationales multi et magistri et vicarii praefectorum, quibus omnibus civiles actus admodum rari, sed condemnationes tantum et proscriptiones frequentes, exactiones rerum innumerabilium non dicam crebrae, sed perpetuae, et in exactionibus iniuriae non ferendae. Haec quoque tolerari non possunt quae ad exhibendos milites spectant. Idem insatiabili avaritia thesauros numquam minui volebat, sed semper extraordinarias opes ac largitiones congerebat, ut ea quae recondebat, integra atque inviolata servaret. Idem cum variis iniquitatibus inmensam faceret cupiditatem, legem pretiis rerum venalium statuere conatus est. Tunc ob exigua et vilia multus sanguis effusus, nec venale quicquam metu apparebat et caritas multo deterius exarsit, noc lex necessitate ipsa post multorum exitium solveretur. Huc accedebat infinita quaedam cupiditas aedificandi, non minor provinciarum exactio in exhibendis operariis et artificibus et plaustris omnibusque quaecumque sint fabricandis operibus necessaria. Hic basilicae, hic circus, hic moneta, hic armorum fabrica, hic uxori domus, hic filiae.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Aloys Hartl
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

[7] Diokletian, groß in Erfindung von Verbrechen und im Anstiften von Unheil, konnte bei dem allgemeinen Verderben, das er verbreitete, auch von Gott die Hand nicht zurückhalten. Zweu Eigenschaften wirkten bei ihm zusammen, um den Erdkreis zu verderben: seine Habsucht und seine Furchtsamkeit. Er teilte das gesamte Reich in vier Teile und nahm drei Mitregenten an. Die Heere wurden vervielfältigt; jeder trachtete danach, eine weit größere Anzahl Soldaten zu besitzen, als die früheren Herrscher zur Zeit der Alleinherrschaft gehabt hatten. So ser stieg allmählich die Zahl der Empfänger über die Zahl der Geber, daß bei der Maßlosigkeit der Auflagen die Kräfte der Landsleute sich erschöpften, die Ländereien verlassen wurden und die Saatfelder sich in Wald verwandelten. Und um alles mit Schrecken zu erfüllen, wurden auch die Provinzen in Stücke geteilt. Statthalter in Menge mit zahlreichen Unterbeamten übten den Druck ihrer Herrschaft aus über jedes Gebiet und fast schon über jede Stadt. Dazu kam noch eine Menge von Schatzmeistern, Verwaltungsbeamten, Unterbefehlshabern, und bei all diesen gab es gar selten Verhandlungen in bürgerlichen Rechtssachenm sondern nur Verurteilungen und Gütereinziehungen. Die Einforderungen unzähliger Dinge kehrten nicht bloß häufig wieder, sondern dauerten immerfort, und bei der Einhebung kam es zu unerträglichen Ungerechtigkeiten. Doch das hätte man noch ertragen können, was zum Unterhalt der Soldaten notwendig ist. Aber Diokletian wollte zugleich in unersättlicher Habsucht seine Schatzammern nie vermindert sehen, sondern unaufhörlich raffte er auf außerordentlichem Wege Schätze und Gaben zusammen, um das, was er hinterlegt hatte, unversehrt und ungeschmälert zu bewahren. Durch mannigfaltige Ungerechtigkeiten hatte er eine ungeheure Teuerung hervorgerufen, und nun unternahm er es, den Preis der Lebensmittel durch Gesetz zu bestimmen. Jetzt kam es wegen geringfügiger und unbedeutender Dinge zu vielem Blutvergießen. Aus Furcht brachte man nichts Verkäufliches mehr auf den Markt, und die Teuerung nahm in weit schlimmerem Grade zu, bis die Notwendigkeit selbst das Gesetz nach dem Untergange wieder außer Gebrauch setzte. Zur Habsucht gesellte sich eine grenzenlose Baulust und eine nicht minder schrankenlose Ausplünderung der Provinzen, von denen Werkleute, Künstler, Lastwagen und alle Erfordernisse zur Herstellung der Bauten zu liefern waren. Hier gab es Gerichtshallen zu errichten, hier eine Rennbahn, hier eine Münzstätte, hier eine Waffenwerkstätte, hier ein Haus für die Gemahlin, hier eines für die Tochter.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Lact. De mort. pers. 7,2

Leitfragen:

1) Wie beschreibt Laktanz das Höchstpreisedikt?

2) Welche Position nimmt er zu Diokletian, seinem Edikt und dessen Folgen ein?

3) Wie kann man aus heutiger Sicht die Erfolgsaussichten eines derartigen Ediktes beurteilen?

Kommentar:

Laktanz ist einer der wichtigsten christlichen Schriftsteller des dritten und vierten Jahrhunderts. Er erlebte die Christenverfolgungen am eigenen Leib mit und wurde um 315 der Hoflehrer für Crispus, den Sohn des Kaisers Konstantin. In dieser Stelle aus seiner Schrift De mortibus persecutorum („Über die Todesarten der Verfolger“) berichtet er uns von einer wirtschaftlichen Maßnahme Diokletians: dem Höchstpreisedikt.

Laut Laktanz hatte der Kaiser durch eigene Fehler für eine hohe Inflation gesorgt, weswegen er ein Edikt herausgab, mit dem er Höchstpreise für bestimmte Dinge des täglichen Bedarfs und Dienstleistungen festlegte. Das Edikt hatte jedoch nicht den gewünschten Effekt, sondern führte zu Aufständen, bis man das Gesetz schließlich ignorierte und verwarf.

Laktanz nimmt dabei eine ausgesprochen negative Position gegenüber Diokletian ein, was aufgrund seiner eigenen Erfahrungen in den Christenverfolgungen nicht verwundert. Er lastet Diokletian sowohl die Inflation, als auch die Fehler des Ediktes und die Verantwortung für dessen Folgen an. Einen Vorschlag, was Diokletian hätte besser machen können, bringt er dabei jedoch nicht.

Aus heutiger Sicht sind die Dinge differenzierter zu sehen. Die Inflation und die Geldentwertung waren mehreren Ursachen geschuldet, die aber nicht unbedingt beim Kaiser liegen. Eine große Menge an Münzen mit geringem Edelmetallgehalt war in Umlauf gebracht worden, was ihren Wert schmälerte und so die Preise nach oben trieb, eine Wirtschaftskrise im Reich tat ihren Teil. Natürlich war aus heutiger wirtschaftswissenschaftlicher Sicht eine Festlegung von Höchstpreisen von vornherein zum Scheitern verurteilt. Aber in Ermangelung dieser wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnisse ist die Vorgehensweise Diokletians durchaus logisch: Wieso sollte es nicht möglich sein, Preise festzulegen? Immerhin hatte der Kaiser doch auch überall sonst die absolute Verfügungsgewalt. Diokletians Edikt mag nicht funktioniert haben, stellte aber damals eine innovative Idee dar, mit der wirtschaftlichen Problematik umzugehen. Nicht zu handeln wäre womöglich eine noch schlechtere Option gewesen.

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Siehe zu dieser Stelle auch den Bericht Laktanz‘ über Diokletian, zur Münzprägung der Spätantike auch die Münze Konstantins. Zu anderen Dekreten Diokletians siehe auch sein Opfergebot.

Toleranzedikt des Galerius

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Eusebius
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Eusebius, Hist. Eccl. 8, 17 – Original

[17,1] Καὶ δὴ τοσούτοις παλαίων κακοῖς συναίσθησιν τῶν κατὰ τῶν θεοσεβῶν αὐτῷ τετολμημένων ἴσχει, συναγαγὼν δ̓ οὖν εἰς ἑαυτὸν τὴν διάνοιαν, πρῶτα μὲν ἀνθομολογεῖται τῷ τῶν ὅλων θεῷ, εἶτα τοὺς ἀμφ̓ αὐτὸν ἀνακαλέσας, μηδὲν ὑπερθεμένους τὸν κατὰ Χριστιανῶν ἀποπαῦσαι διωγμὸν νόμῳ τε καὶ δόγματι βασιλικῷ τὰς ἐκκλησίας αὐτῶν οἰκοδομεῖν ἐπισπέρχειν καὶ τὰ συνήθη διαπράττεσθαι, εὐχὰς ὑπὲρ τοῦ βασιλείου ποιουμένους, προστάττει. [2] αὐτίκα γοῦν ἔργου τῷ λόγῳ παρηκολουθηκότος, ἥπλωτο κατὰ πόλεις βασιλικὰ διατάγματα, τὴν παλινῳδίαν τῶν καθ̓ ἡμᾶς τοῦτον περιέχοντα τὸν τρόπον: ‘ Αὐτοκράτωρ ‘ [3] Καῖσαρ Γαλέριος Οὐαλέριος Μαξιμιανὸς ἀνίκητος Σεβαστός, ἀρχιερεὺς μέγιστος, Γερμανικὸς μέγιστος, Αἰγυπτιακὸς μέγιστος, Θηβαϊκὸς μέγιστος, Σαρματικὸς μέγιστος πεντάκις, Περσῶν μέγιστος δίς, Κάρπων μέγιστος ἑξάκις, Ἀρμενίων μέγιστος, Μήδων μέγιστος, Ἀδιαβηνῶν μέγιστος, δημαρχικῆς ἐξουσίας τὸ εἰκοστόν, αὐτοκράτωρ τὸ ἐννεακαιδέκατον, ὕπατος τὸ ὄγδοον, πατὴρ πατρίδος, ἀνθύπατος: ‘ [4] καὶ Αὐτοκράτωρ Καῖσαρ Φλαύιος Οὐαλέριος Κωνσταντῖνος εὐσεβὴς εὐτυχὴς ἀνίκητος Σεβαστός, ἀρχιερεὺς μέγιστος, δημαρχικῆς ἐξουσίας, αὐτοκράτωρ τὸ πέμπτον, ὕπατος, πατὴρ πατρίδος, ἀνθύπατος. ‘ [5] καὶ Αὐτοκράτωρ Καῖσαρ Οὐαλέριος Λικιννιανὸς Λικίννιος εὐσεβὴς εὐτυχὴς ἀνίκητος Σεβαστός, ἀρχιερεὺς μέγιστος, δημαρχικῆς ἐξουσίας τὸ τέταρτον, αὐτοκράτωρ τὸ τρίτον, ὕπατος, πατὴρ πατρίδος, ἀνθύπατος, ἐπαρχιώταις ἰδίοις χαίρειν. ‘ [6] μεταξὺ τῶν λοιπῶν, ἅπερ ὑπὲρ τοῦ χρησίμου καὶ λυσιτελοῦς τοῖς δημοσίοις διατυπούμεθα, ἡμεῖς μὲν βεβουλήμεθα πρότερον κατὰ τοὺς ἀρχαίους νόμους καὶ τὴν δημοσίαν ἐπιστήμην τὴν τῶν Ῥωμαίων ἅπαντα ἐπανορθώσασθαι καὶ τούτου πρόνοιαν ποιήσασθαι ἵνα καὶ οἱ Χριστιανοί, οἵτινες τῶν γονέων τῶν ἑαυτῶν καταλελοίπασιν τὴν αἵρεσιν, εἰς ἀγαθὴν πρόθεσιν ἐπανέλθοιεν: [7] ἐπείπερ τινὶ λογισμῷ τοσαύτη αὐτοὺς πλεονεξία κατεσχήκει καὶ ἄνοια κατειλήφει ὡς μὴ ἕπεσθαι τοῖς ὑπὸ τῶν πάλαι καταδειχθεῖσιν, ἅπερ ἴσως πρότερον καὶ οἱ γονεῖς αὐτῶν ᾖσαν καταστήσαντες, ἀλλὰ κατὰ τὴν αὐτῶν πρόθεσιν καὶ ὡς ἕκαστος ἐβούλετο, οὕτως ἑαυτοῖς καὶ νόμους ποιῆσαι καὶ τούτους παραφυλάσσειν καὶ ἐν διαφόροις διάφορα πλήθη συνάγειν. [8] τοιγαροῦν τοιούτου ὑφ̓ ἡμῶν προστάγματος παρακολουθήσαντος ὥστε ἐπὶ τὰ ὑπὸ τῶν ἀρχαίων κατασταθέντα ἑαυτοὺς μεταστήσαιεν, πλεῖστοι μὲν κινδύνῳ ὑποβληθέντες, πλεῖστοι δὲ ταραχθέντες παντοίους θανάτους ὑπέφερον: [9] καὶ ἐπειδὴ τῶν πολλῶν τῇ αὐτῇ ἀπονοίᾳ διαμενόντων ἑωρῶμεν μήτε τοῖς θεοῖς τοῖς ἐπουρανίοις τὴν ὀφειλομένην θρῃσκείαν προσάγειν αὐτοὺς μήτε τῷ τῶν Χριστιανῶν προσέχειν, ἀφορῶντες εἰς τὴν ἡμετέραν φιλανθρωπίαν καὶ τὴν διηνεκῆ συνήθειαν δἰ ἧς εἰώθαμεν ἅπασιν ἀνθρώποις συγγνώμην ἀπονέμειν, προθυμότατα καὶ ἐν τούτῳ τὴν συγχώρησιν τὴν ἡμετέραν ἐπεκτεῖναι δεῖν ἐνομίσαμεν, ἵνα αὖθις ὦσιν Χριστιανοὶ καὶ τοὺς οἴκους ἐν οἷς συνήγοντο, συνθῶσιν οὕτως ὥστε μηδὲν ὑπεναντίον τῆς ἐπιστήμης αὐτοὺς πράττειν. δἰ ἑτέρας δὲ ἐπιστολῆς τοῖς δικασταῖς δηλώσομεν τί αὐτοὺς παραφυλάξασθαι δεήσει: [10] ὅθεν κατὰ ταύτην τὴν συγχώρησιν τὴν ἡμετέραν ὀφείλουσιν τὸν ἑαυτῶν θεὸν ἱκετεύειν περὶ τῆς σωτηρίας τῆς ἡμετέρας καὶ τῶν δημοσίων καὶ τῆς ἑαυτῶν, ἵνα κατὰ πάντα τρόπον καὶ τὰ δημόσια παρασχεθῇ ὑγιῆ καὶ ἀμέριμνοι ζῆν ἐν τῇ ἑαυτῶν ἑστίᾳ δυνηθῶσι. [11] Ταῦτα κατὰ τὴν Ῥωμαίων φωνήν, ἐπὶ τὴν Ἑλλάδα γλῶτταν κατὰ τὸ δυνατὸν μεταληφθέντα, τοῦτον εἶχεν τὸν τρόπον. τί δὴ οὖν ἐπὶ τούτοις γίνεται, ἐπιθεωρῆσαι καιρός.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Eberhard Nestle
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Übersetzung

[17, 1] Und während er in alle diese Übel geworfen war, fühlte er diejenigen, welche er gegen die Gottesfürchtigen gewagt hatte. Er sammelte aber bei sich seinen Sinn und zuerst bekannte er dem Gott des Alls und nachher rief er seine Nächsten und sagte zu ihnen, es sollte aufhören die Verfolger der Christen ohne Zögern. Und wie nach dem Gesetz und Befehl des Königs sollte sie eilen zu bauen ihre Kirchen, und in ihren Gewohnheiten sollten sie sich führen, und Gebet zu gunsten der Regierung befahl er, dass sie machten. [2] Und dann folgte die That nach seinem Wort. Und Befehle der Könige in jeder Stadt wurden ausgebreitet der Veränderungen ihrer Worte gegen uns, in denen sie war. „Autokrator Cäsar Galerius Valerius Maximianus und Augustus. Autokrator Cäsar Quistinus […] [6] Mit dem Rest der Dinge der Regierung welche zu gunsten der Pflichten der allgemeinen Vorteile, wollten wir zuerst, dass wir nach den ersten Gesetzen und nach den Satzungen der Regierung der Römer alles zurechtbringen, indem wir auch Sorge darüber machten, dass die Christen, welche die Furcht ihrer Väter verlassen hatten, zu ihr umkehrten. [7] Und wenn nicht in irgend welchem Gedanken hat die ganze solche Habsucht sie erreicht, dass sie nach dem, was die Ersten zeigten, nicht gehen, während ihre Väter früher darin standen, sondern nach ihrem Sinn und wie ein jeder von ihnen will, so haben sie gethan, dass sie ihr Gesetz bewahren und mit allen Unterschieden verschiedene Versammlungen versammeln. [8] Deswegen nun wurde ein solcher Befehl gesetzt, dass sie dem was von den Ersten festgestellt wurde, sich zukehren. Und viele von ihnen überlieferten sich der Gefahr und viele wurden verwirrt und alle Arten von Tod trugen sie. [9] Und weil wir die vielen sehen, dass sie in der Weise beharren, dass sie nicht den Göttern im Himmeln den Dienst, der ihnen schuldig ist, darbringen, und auch nicht in den Dienst der Christen eintreten, so sind wir in unser Barmherzigkeit und in unserer beständigen Gewohnheit, die wir gewöhnt sind, die Fehler zu vergeben allen Menschenkindern, auch in diesem von unserem vollen Willen gesinnt, dass wir ihnen Verzeihung geben, dass sie wieder Christen seien , und die Tempel, in denen sie sich versammelten, wieder aufrichten, und etwas, was gegen diese Bestimmung ist, nicht thun. Und durch einen andern Brief machen wir bekannt den Richtern, was ihnen erforderlich ist, dass sie (es) bewahren. [10] Deswegen wie diese unsere Verzeihung sind sie schuldig, dass sie flehen zugunsten unseres Lebens zu ihrem Gott und der Angelegenheiten der Regierung und zu gunsten ihrer Seele selbst, dass auf jede Weise auch den Angelegenheiten der Regierung Gesundheit gegeben werde und sie ohne Sorge leben können in ihrer Wohnung. Dieses ist von der römischen Sprache in die griechische genommen, wie es möglich war, worin es so war. Mit diesem aber, was geschieht, ist uns Zeit, dass wir es verstehen.“
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Eusebius, Hist. Eccl. 8, 17

Leitfragen:

  1. Was ist der Inhalt des sogenannten Toleranzediktes?

  2. Welche Neuerung enthält es im Gegensatz zum bisherigen Umgang mit den Christen?

  3. Welche Rückschlüsse lässt das Edikt auf die Motive zu, die zu seiner Abfassung führten?

Kommentar:

Eusebius von Cäsarea schrieb mit seiner Kirchengeschichte eine der zentralen Quellen zur Spätantike, nicht nur, aber insbesondere für die Geschichte des Christentums. Geboren um 260 und gestorben um 340 n. Chr. hat Eusebius, der Bischof von Cäsarea wurde, viele der umwälzenden Ereignisse seiner Zeit direkt miterlebt. So auch die Verabschiedung des 311 n. Chr. vom Augustus Galerius herausgegebenen „Toleranzediktes“.

Direkt vorausgegangen war dem Dekret eine lange Zeit der Verfolgungen, die schon unter Diokletian angefangen und viele Opfer im ganzen Reich gefordert hatten. Diese beendete Galerius mit dem hier beschriebenen Edikt zumindest in seinem Reichsteil. Inhaltlich birgt das Dekret eine ganze Reihe von wichtigen Neuerungen: Alle Verfolgungen werden eingestellt, es soll niemand mehr wegen seines christlichen Glaubens verhaftet, gefoltert oder hingerichtet werden. Ferner sollen die Christen die Erlaubnis bekommen, die zerstörten Kirchen wieder aufzubauen und sich ganz offen als Christen zu bekennen. Eine wichtige Bedingung stellt Galerius jedoch in seinem Edikt: Die Christen müssen bereit sein, zu ihrem Gott für das Wohl des Kaisers zu beten.

Diese Inhalte sind durchaus revolutionär zu nennen, denn in den 300 Jahren zuvor war es nie ohne große Gefahr möglich, sich offen als Christ zu erkennen zu geben, da man Repressalien befürchten musste. Das Christentum ist nun religio licita geworden, eine anerkannte Religion innerhalb des römischen Reiches.

Die Stoßrichtung und Wirkung dieses Dekretes ist offensichtlich, weniger deutlich treten die Motive hervor. Zuerst einmal ist zu bemerken, dass Galerius mitnichten Christ wurde, es findet sich in dem Edikt auch kein Wort darüber, dass die Verfolgungen verurteilt würden. Was geschehen ist, ist geschehen, vielmehr verzeiht Galerius den Christen und nicht den Verfolgern! Nirgendwo ist die Rede davon, dass etwa Strafen für Denunzianten verhängt würden. Die Christenverfolgungen waren laut Dekret kein Unrecht, sie werden schlichtweg eingestellt, als Gnade des Augustus Galerius. Und diese hat auch ihre Grenzen, denn die Christen müssen bereit sein, für Galerius zu ihrem Gott zu beten. Die Forschung geht davon aus, dass Galerius schlicht keine Erfolgsaussichten mehr für die Verfolgung sah und den inneren Frieden im Reich wiederherstellen wollte. Das Christentum war zu dieser Zeit bereits sehr weit verbreitet, trotz oder vielleicht gerade wegen der Verfolgungen. Die Verfolger mussten einsehen, dass sie kaum mehr Aussichten auf Erfolg hatten. Man muss also eher politische und taktische Gründe für die Abfassung dieses Dekretes annehmen als tatsächliches Mitgefühl, auch wenn dies im Text gesagt wird. Doch ungeachtet der wohl profanen Motive war dieses Dekret ein wichtiger Schritt für das Christentum, auch wenn man nicht davon ausgehen darf, dass die Verfolgungen damit überall sofort endeten.

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Siehe zu den Christenverfolgungen auch die entsprechenden Berichte (I; II; III).

Opfergebot des Diokletian

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Lactanz
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Lact. Mort. Pers. 15 – Original

Furebat ergo Imperator non iam in domesticos tantum, sed in omnes, et primam omnium filiam Valeriam, coniugemque Priscam sacrificio pollui coegit. Potentissimi quondam eunuchi necati, per quos palatium et ipse ante constabat. Comprehensi Presbyteri ac ministri, et sine ulla probatione ac confessione damnati, cum omnibus suis deducebantur. Omnis sexus et aetatis homines ad exustionem rapti: nec singuli, quoniam tanta erat multitudo, sed gregatim circumdato igni amburebantur; domestici, alligatis ad collum molaribus, mari mergebantur. Nec minus in ceterum populum persecutio violenter incubuit. Nam iudices per omnia templa dispersi, universos ad sacrificia cogebant. Pleni carceres erant. Tormentorum genera inaudita excogitabantur; et ne cui temere ius diceretur, arae in secretariis ac pro tribunali positae, ut litigatores prius sacrificarent, atque ita causas suas dicerent; soc ergo ad iudices, tanquam ad deos adiretur. Etiam litterae ad Maximianum atque Constantium commeaverant, ut eadem facerent. Eorum sententia in tantis rebus exspectata non erat. Et quidem senex Maximianus libens paruit per Italiam, homo non adeo clemens. Nam Constantius, ne dissentire a maiorum praeceptis videretur, conventicula, id est, parietes, qui restitui poterant, dirui passus est: verum autem Dei templum, quod est in hominibus, incolume servavit.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Aloys Hartl
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

Die Wut Diokletians beschränkte sich nun nicht mehr auf das Hausgesinde, sondern richtete sich wider alle. Und zuerst von allen zwang er seine Tochter Valeria und seine Gemahlin Priska sich mit dem heidnischen Opfer zu beflecken. Die einst einflußreichsten Kämmerer, ehedem die Stützen des Palastes und des Kaisers, verloren das Leben. Priester und Diakone wurden ergriffen und ohne alle Beweis, ohne alles Bekenntnis mit all den Ihrigen zum Tode geführt. Jedes Alter und Geschlecht wurde zum Feuertode geschleppt, und nicht mehr einzeln – so groß war die Menge -, sondern in ganzen Scharen wurden sie rings mit einem Wall von Feuer umgeben und verbrannt. Wer zur Dienerschaft gehörte, wurde mit einem Mühlstein am Halse ins Meer versenkt. Und nicht minder schwer lastete auf dem übrigen Volke die Wucht der Verfolgung; denn die Gerichtsbeamten zerstreuten sich über alle Tempel und zwangen alle zum Opfer. Die Kerker waren überfüllt. Unerhörte Arten von Martern wurden ausgedacht; und damit keinem unversehens Recht gesprochen würde, waren in den Gerichtssälen vor dem Richterstuhle Altäre aufgestellt. Dort hatten die Streitenden zuerst zu opfern und dann erst ihre Sache zu führen, so daß man nun also zu den Richtern wie zu Göttern hinzutreten mußte. Auch Maximian und Konstantius waren Schreiben ergangen, die zu gleichem Verfahren mahnten. Ihr Gutachten war in Dingen von solcher Wichtigkeit nicht abgewartet worden. Gern gehorchte für Italien der greise Maximian, ein Mann, dem Milde nicht gerade sehr eigen war. Konstantius, der den Schein des Abweichens von den Vorschriften der Höheren vermeiden wollte, gestattete zwar das Niederreißen der Versammlungsstätten, d.h. der Wände, die man wieder herstellen konnte, aber den wahren Tempel Gottes, der in den Menschen besteht, ließ er unversehrt.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Lact. Mort. Pers. 15

Leitfragen:

  1. Wie wird der Ablauf der Verfolgung unter Diokletian hier beschrieben?

  2. Welche Absicht der Verfolger lässt sich hinter den Maßnahmen erkennen?

  3. Welcher grundlegende Unterschied in der christlichen und nichtchristlichen Sicht lässt sich dadurch feststellen?

Kommentar:

Lactantius ist einer der wichtigsten christlichen Schriftsteller des dritten und vierten Jahrhunderts. Er erlebte die Christenverfolgungen am eigenen Leib mit und wurde um 315 Hoflehrer für Crispus, den Sohn Kaisers Konstantin. In dieser Stelle aus seiner Schrift De mortibus persecutorum („Über die Todesarten der Verfolger“) berichtet er von den Verfolgungen unter Diokletian.

Nach dem deutlich christlich und gegen Diokletian gerichteten Bericht des Laktanz begann die Verfolgung mit dem Gebot des Kaisers, dass die Christen opfern sollten. Zuerst erwähnt Laktanz hierbei Tochter und Frau des Kaisers sowie eine Reihe einflussreicher Hofbeamter. Schließlich geht er dazu über, die allgemeine Verfolgung zu beschreiben, in der massenhaft Menschen verbrannt wurden, weil sie sich geweigert hatten, zu opfern.

Dadurch werden Ansatz und Strategie der Verfolger deutlich: Auch die höchsten Kreise des Reiches, Kaiserfamilie und Hofstaat, werden nicht geschont, was gleichzeitig auch ein Licht darauf wirft, wie verbreitet das Christentum auch in den höchsten Schichten bereits war. Man konzentrierte sich offenbar auch besonders auf die Anführer der Kirchengemeinden, da man hoffte, die Strukturen so zerschlagen zu können. Generell sollten alle Christen zum Opfer für das römische Göterpantheon und die Kaiser gezwungen werden; wer sich widersetzte, dem drohten Folter und Tod. Dies betraf offenbar sehr viele Menschen, wenn wir dem Bericht des Laktanz Glauben schenken. Zwar sollte man mit antiken Zahlenangaben stets vorsichtig sein, aber wir können davon ausgehen, dass die Opferzahl sehr hoch war. Was ausgelassen wird, ist die Tatsache, dass viele Christen sich auch abwendeten von ihrem Glauben und unter dem Druck der Verfolgungen opferten. Damit waren die Behörden und die Verfolger dann meist zufriedengestellt, für die Kirche boten diese sogenannten „Gestrauchelten“ (lapsi) später ein ganz eigenes Problem, als sie nach Ende der Verfolgungen in die Kirche zurückwollten.

Die Verfolger werden wohl nicht verstanden haben, wieso die Christen oft eher bereit waren, den Tod durch Folter und Feuer zu sterben als den Göttern zu opfern. Dieses Unverständnis liegt in der Grundkonzeption der jeweiligen Religionen begründet. Der christliche Monotheismus sagt eindeutig: Du sollst keine Götter haben neben mir. Daher war es Christen unmöglich, ohne Glaubenskonflikt den Göttern des Reiches zu opfern, zu denen auch die amtierenden Kaiser zählten. Diese Sichtweise war wiederum den Nichtchristen vollkommen unverständlich. Für diejenigen, die an das polytheistische Pantheon der Spätantike glaubten, war es kein großer Schritt, auch Göttern aus anderen Religionen zu opfern, die auch oft genug nach einer Weile in das eigene Pantheon integriert wurden, so beispielsweise geschehen mit dem persischen Mithras oder der ägyptischen Isis. Mitglied diverser Kulte zu sein, war selbstverständlich möglich, weshalb es so unlogisch aus paganer Sicht war, dass die Christen nicht bereit sein sollten, auch anderen Göttern zu opfern. Dies geht auch aus den Briefen des Statthalters Plinius aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr. hervor. Da aber die Teilnahme am Reichskult Pflicht für jeden Bürger war, um den Staat zu erhalten, waren die Christen mit ihrer Haltung sogleich Staatsfeinde, was die Heftigkeit der Verfolgungen zumindest zum Teil erklärt. Die Positionen waren unvereinbar, was auch an dieser Stelle allzu deutlich wird. Nicht lange nach diesen Ereignissen wurden die Verfolgungen eingestellt, und den Christen von Galerius zugestanden, nicht den anderen Göttern opfern zu müssen, sofern sie für den Kaiser beteten.

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Siehe zu den Verfolgungen auch die Berichte des Eusebius (I; II) und zu früheren Verfolgungen den Bericht zur Verfolgung unter Nero. Zum Toleranzedikt siehe den entsprechenden Beitrag.

Diokletianische Christenverfolgung

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Eusebius
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Euseb. Hist. Eccl. 8,2,4-5 und 8, 6, 7-10 – Original

[8, 2, 4] Ἔτος τοῦτο ἦν ἐννεακαιδέκατον τῆς Διοκλητιανοῦ βασιλείας, Δύστρος μήν, λέγοιτο δ̓ ἂν οὗτος Μάρτιος κατὰ Ῥωμαίους, ἐν ᾧ τῆς τοῦ σωτηρίου πάθους ἑορτῆς ἐπελαυνούσης ἥπλωτο πανταχόσε βασιλικὰ γράμματα, τὰς μὲν ἐκκλησίας εἰς ἔδαφος φέρειν, τὰς δὲ γραφὰς ἀφανεῖς πυρὶ γενέσθαι προστάττοντα, καὶ τοὺς μὲν τιμῆς ἐπειλημμένους ἀτίμους, τοὺς δ̓ ἐν οἰκετίαις, εἰ ἐπιμένοιεν τῇ τοῦ Χριστιανισμοῦ προθέσει, ἐλευθερίας στερεῖσθαι προαγορεύοντα. [5] καὶ ἡ μὲν πρώτη καθ̓ ἡμῶν γραφὴ τοιαύτη τις ἦν: μετ̓ οὐ πολὺ δὲ ἑτέρων ἐπιφοιτησάντων γραμμάτων, προσετάττετο τοὺς τῶν ἐκκλησιῶν προέδρους πάντας τοὺς κατὰ πάντα τόπον πρῶτα μὲν δεσμοῖς παραδίδοσθαι, εἶθ̓ ὕστερον πάσῃ μηχανῇ θύειν ἐξαναγκάζεσθαι.
[…] [8, 6, 7] τοὺς δέ γε βασιλικοὺς μετὰ θάνατον παῖδας, γῇ μετὰ τῆς προσηκούσης κηδείας παραδοθέντας, αὖθις ἐξ ὑπαρχῆς ἀνορύξαντες ἐναπορρῖψαι θαλάττῃ καὶ αὐτοὺς ᾤοντο δεῖν οἱ νενομισμένοι δεσπόται, ὡς ἂν μὴ ἐν μνήμασιν ἀποκειμένους προσκυνοῖέν τινες, θεοὺς δὴ αὐτούς, ὥς γε ᾤοντο, λογιζόμενοι. Καὶ τὰ μὲν ἐπὶ τῆς Νικομηδείας κατὰ τὴν ἀρχὴν ἀποτελεσθέντα τοῦ διωγμοῦ τοιαῦτα: [8] οὐκ εἰς μακρὸν δ̓ ἑτέρων κατὰ τὴν Μελιτηνὴν οὕτω καλουμένην χώραν καὶ αὖ πάλιν ἄλλων ἀμφὶ τὴν Συρίαν ἐπιφυῆναι τῇ βασιλείᾳ πεπειραμένων, τοὺς πανταχόσε τῶν ἐκκλησιῶν προεστῶτας εἱρκταῖς καὶ δεσμοῖς ἐνεῖραι πρόσταγμα ἐφοίτα βασιλικόν. [9] καὶ ἦν ἡ θέα τῶν ἐπὶ τούτοις γινομένων πᾶσαν διήγησιν ὑπεραίρουσα, μυρίου πλήθους ἐν παντὶ τόπῳ καθειργνυμένου καὶ τὰ πανταχῇ δεσμωτήρια, ἀνδροφόνοις καὶ τυμβωρύχοις πάλαι πρότερον ἐπεσκευασμένα, τότε πληρούντων ἐπισκόπων καὶ πρεσβυτέρων καὶ διακόνων ἀναγνωστῶν τε καὶ ἐπορκιστῶν, ὡς μηδὲ χώραν ἔτι τοῖς ἐπὶ κακουργίαις κατακρίτοις αὐτόθι λείπεσθαι. [10] Αὖθις δ̓ ἑτέρων τὰ πρῶτα γράμματα ἐπικατειληφότων, ἐν οἷς τοὺς κατακλείστους θύσαντας μὲν ἐᾶν βαδίζειν ἐπ̓ ἐλευθερίας, ἐνισταμένους δὲ μυρίαις καταξαίνειν προστέτακτο βασάνοις, πῶς ἂν πάλιν ἐνταῦθα τῶν καθ̓ ἑκάστην ἐπαρχίαν μαρτύρων ἀριθμήσειέν τις τὸ πλῆθος καὶ μάλιστα τῶν κατὰ τὴν Ἀφρικὴν καὶ τὸ Μαύρων ἔθνος Θηβαΐδα τε καὶ κατ̓ Αἴγυπτον; ἐξ ἧς καὶ εἰς ἑτέρας ἤδη προελθόντες πόλεις τε καὶ ἐπαρχίας διέπρεψαν τοῖς μαρτυρίοις.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Eberhard Nestle
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

[8, 2, 4] Es war das 16te Jahr der Regierung des Diokletianus im Adar Monat. Als nahe war der Tag des Festes des Leidens unseres Erlösers, dass er komme, da wurden an jedem Ort Schreiben der Regierung ausgebreitet, welche befahlen, dass die Kirchen bis zur Erde zerstört werden sollte, und diejenigen, welche in Ehre gehalten waren, dass sie geschändet würden, und für diejenigen, welche in Knechtschaft gewesen waren und befreit wurden, wenn sie beharren im Sinn des Christentums, sollten von ihren Freiheiten beraubt werden. [5] Die erste Schrift aber, welche gesetzt wurde gegen uns, war so. Nach kurzem aber kamen andere Schreiben, in denen er befahl, dass alle, welche stehen an der Spitze der Kirche an jedem Ort, zunächst überliefert werden sollten den Gefängnissen und zuletzt mit allen Weisen genötigt werden sollten, dass sie opfern. […] [8, 6, 7] Diese Söhne der Häuser der Könige aber nach ihrem Tod, nachdem sie begleitet und in der Erde beigesetzt waren, wie es recht ist, gruben sie von neuem auf und brachten sie herauf und befahlen, dass auch sie ins Meer geworfen wurden, da, wenn sie in ihre Gräber gelegt waren, würden einige sie anbeten und für Götter rechnen. Was aber gethan wurde im Beginn der Verfolgung mit den Zeugen ist dies und solches. [8] Nach kurzer Zeit aber an einem Ort, der Melitene geheissen wird, und wieder auch in Syrien sprossten andere auf in dieser Regierung und ersannen, dass sie alle Machthaber der Kirche an jedem Ort ins Haus der Gefangenen werfen durch den Befehl. [9] Und es war ein Schauspiel, das damit gethan wurde, hoch über jede Erzählung. Denn eine Vielheit von Myriaden wurde gebunden an jedem Ort und das Haus der Gefangenen, das an jedem Platz war, welche bereitet waren von früher für Mörderer und Plünderer der Toten, jetzt von Bischöfen und Presbytern und Diakonen und Lestern und Beschwörern waren sie voll, so dass nicht übrig war ein Platz für diejenigen, welche verurteilt waren wegen böser Thaten. [10] Wieder aber andere Schreiben erreichten die ersten, in welchen geschrieben war über die, welche gebunden waren, dass, wenn sie opfern, sie entlassen werden und gehen dürften in Freiheit wohin sie wollen; wenn sie aber fest sind und nicht gehorchen, war, dass sie mit Vielheit von Qualen zerrissen werden sollten, befohlen. Und von nun wieder auch hier, wie kann einer zählen die Vielheit der Zeugen an jedem Ort, besonders diejenigen in Afrika und in dem Volk der Mauren und in Thebais und in Egypten, die welche nachher (und) auch in Städte und Orte hinausgingen und verherrlicht wurden durch das Zeugnis.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Euseb. Hist. Eccl. 8,2,4-5 und 8, 6, 7-10

Leitfragen:

1) Wie beschreibt Eusebius Beginn und Ablauf der Christenverfolgung unter Diokletian?

2) Welche Reaktion zeigen die Christen laut Eusebius daraufhin?

3) Welche Rückschlüsse lässt dies auf die Wirksamkeit der Verfolgungen zu?

Kommentar:

Eusebius von Cäsarea war ein Schriftsteller um die Wende vom dritten zum vierten Jahrhundert n. Chr., seine Kirchengeschichte ist eine der wichtigsten Quellen für die Geschichte der Spätantike, besonders des Christentums. In diesem Abschnitt berichtet er von den Verfolgungen unter Diokletian, deren Zeitzeuge er selbst war.

Zuerst gab Diokletian den Befehl, alle Kirchen zu zerstören, die führenden Christen zu entehren und die Freigelassenen, die dem Christentum nicht abschworen, erneut zu versklaven. Ein zweiter Befehl beinhaltete, die lokalen Gemeindeoberhäupter als erstes hinzurichten. Zudem erließ er ein allgemeines Opfergebot: Jeder Bürger des Reiches sollte den olympischen Göttern und dem Kaiser opfern. Die Opfer der Verfolgungen wurden nach ihrer Beisetzung, so beschreibt es Euseb, exhumiert und ins Meer geworfen. Die Opferzahlen waren nach Euseb sehr hoch, er nennt sie „Zeugen“ (Märtyrer), da sie trotz des drohenden Todes bezeugten, Christen zu sein.

Aus diesem Kapitel wird die Reaktion der Christen auf die Verfolgungen deutlich. Wir lesen, dass viele den Märtyrertod wählten. Das zeigt gleich zwei Dinge: Zum einen, dass viele Christen bereit waren, für ihren Glauben in den Tod zu gehen, zum anderen aber auch, dass es nicht alle taten, denn Euseb sagt „viele“ und nicht „alle“. Diese sogenannten lapsi („Gefallene/Gestrauchelte“) und der Umgang mit ihnen nach den Verfolgungen waren ein langwieriges Streitthema der Kirche, da viele diese Menschen schlicht für Verräter hielten. Wir lesen außerdem auch, dass offenbar schon direkt nach ihrem Tod viele Märtyrer kultisch von den Christen verehrt wurden, sonst wäre es für die Verfolger nicht notwendig gewesen, die Toten zu exhumieren und ins Meer werfen zu lassen.

Diese Informationen unterrichten uns über die Wirksamkeit dieser Verfolgungen. Wir sehen keinen Hinweis darauf, dass die Christen unter der Gewaltandrohung reihenweise abgeschworen hätten und wieder zum paganen Kult zurückgekehrt wären, wie es die Verfolger zweifellos gehofft hatten. Auch weder die Zerstörung der Kirchen noch die Ermordung der Gemeindeoberhäupter scheinen für das Ende des Kultes gesorgt zu haben. Wir wissen aus anderen Quellen, dass die Verfolgungen bald eingestellt wurden, denn bei aller Brutalität konnten sie ihr Ziel nicht erreichen, da zu viele Christen bereit waren, den Märtyrertod zu sterben und daraufhin wiederum als Vorbilder von den übrigen Christen verehrt wurden. Nur wenige Jahre später endeten die Verfolgungen mit dem Toleranzedikt des Galerius. An diesem Beispiel wird deutlich, was die Geschichte auch an anderen Beispielen zeigt: Ideen und Religionen lassen sich nicht gewaltsam unterdrücken, auch wenn dies allzu oft versucht wurde und wird.

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Vergleiche zu den Christenverfolgungen auch den anderen Bericht des Eusebius. Zum Opfergebot des Diokletian und dem Toleranzedikt des Galerius vergleiche die entsprechenden Beiträge. Zur Meinung der Christen über Diokletian, siehe auch den Bericht des Laktanz. Zu früheren Christenverfolgungen, siehe auch den Bericht des Tacitus.

Christenverfolgung in Palästina

Originalquelle

 

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Andreas Bigelmair
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

[3] Im Verlauf des zweiten Jahres entbrannte der Kampf gegen uns noch furchtbarer. Zu der Zeit, da Urbanus Statthalter der Provinz (Palästina) war, erging nämlich zum ersten Male ein Schreiben der Kaiser, das den allgemein verpflichtenden Befehl enthielt: allenthalben haben alle Einwohner den Götterbildern Opfer und Trankspenden zu entrichten. Damals legte Timotheus in Gaza, einer Stadt in Palästina, durch seine Ausdauer in allen Leiden eine glänzende Probe von der Echtheit seines Glaubens an Gott ab und erlangte die Krone der Sieger in den heiligen Kämpfen für die Religion: nach zahllosen Folterqualen, die er erdulden mußte, wurde er einem kleinen und langsam brennenden Feuer übergeben. Gleichzeitig mit ihm bewährten auch Agapius und unsere Zeitgenossin Thekla edelste Standhaftigkeit: sie wurden verurteilt, den wilden Tieren zum Fraße vorgeworfen zu werden. Doch wen hätte nicht Staunen erfaßt, wenn er mit ansah, was weiter geschah, wen hätte es nicht bis in die Seele hinein ergriffen, wenn er auch nur davon gehört? Als nämlich die Heiden ein Volksfest und die dabei üblichen Schauspiele feierten, sprach man vielfach davon, daß außer denen, die sonst schon vor ihnen zu kämpfen hatten, auch die jüngst zu den wilden Tieren Verurteilten zum Kampf erscheinen würden. Als das Gerücht hiervon sich immer weiter verbreitete und mehr und mehr zu allen drang, banden sich sechs Jünglinge, um ihre völlige Bereitwilligkeit zum Martyrium auszurücken, selbst die Hände, traten in raschem Schritte vor Urbanus, der eben gehen wollte und bekannten sich vor ihm als Christen. Ihr Aufnehmen eines Kampfes mit allen Schrecknisse zeigte es, daß diejenigen, welche sich des Glaubens an den Gott des Alls rühmen dürfen, auch vor den Angriffen von wilden Tieren kein Bangen empfinden. Der eine von ihnen hieß Timolaus und stammte aus dem Pontus, der zweite, aus Tripolis in Phönizien gebürtig, nannte sich Dionysius, der dritte von ihnen, mit Namen Romulus, war Subdiakon der Kirche in Diospolis; dazu kamen zwei Ägypter, Paesis und Alexander, und ein mit dem letzteren gleichnamiger Alexander von Gaza. Nicht gering war das Erstaunen, in das sie den Statthalter und seine Umgebung versetzten. Sofort wurden sie in das Gefängnis gebracht. Nachdem wenige Tage später ihnen zwei andere zugestellt worden waren – der eine, ebenfalls mit dem Namen Agapius, hatte schon vor ihnen ob seines wiederholten früheren Bekenntnisses schreckliche und mannigfache Foltern zu überstehen gehabt, der andere, der auch den Namen Dionysius trug, hatte ihnen das zum Lebensunterhalt nötige gebracht – , wurden alle, jetzt acht an der Zahl, an einem Tage in Cäsarea enthauptet, am vierundzwanzigsten Tage des Monats Dystrus, das ist am neunten Tage vor den Aprilkalenden.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Euseb. De. Mart. Palaest. 3,1

Leitfragen:

1) Wie ist der Ablauf der Verfolgung in Palästina hier geschildert?

2) Welche Botschaft möchte der Autor mit diesem Bericht übermitteln?

3) Welche Rückschlüsse lässt die Quelle auf die Erfolgsaussichten der Verfolgung zu?

Kommentar:

Eusebius von Cäsarea war ein Schriftsteller um die Wende vom dritten zum vierten Jahrhundert n. Chr., seine Kirchengeschichte ist eine der wichtigsten Quellen für die Geschichte der Spätantike, besonders des Christentums. In diesem Abschnitt berichtet er von den Verfolgungen unter Diokletian, deren Zeitzeuge er selbst war.

Ebenso wie in den anderen Teilen des Reiches wurde das Opfergebot Diokletians auch in Palästina umgesetzt. Hier war das Christentum besonders stark, da es dort schließlich auch entstanden war. Wie vom Kaiser befohlen, ordnete der Statthalter an, dass alle Bürger opfern sollten. Die Christen, die sich aus Glaubensgründen weigerten, wurden verhaftet und zum Tode verurteilt. Dabei wichen viele, so berichtet Eusebius, nicht einmal unter Folter von ihrem Glauben ab, sondern gingen bereitwillig in den Tod. Diese sogenannten „Zeugen“ (martyroi – Märtyrer) wurden für die Kirche später zu Helden. Eusebius berichtet uns hier von Szenen, in denen die Christen so demonstrativ todesverachtend auftraten, dass der Statthalter sie nicht im Circus hinrichten, sondern nach weiteren Tagen im Gefängnis enthaupten ließ. Da es Eusebius auch darum ging, das Andenken an das Vorbild der Märtyrer hochzuhalten, nennt er viele von ihnen hier namentlich.

Die Botschaft des Autors ist deutlich aus dem Text zu sehen. Die Verfolger, in diesem Fall der Statthalter, schrecken vor keiner Brutalität zurück, um die Christen entweder zum Opfer zu zwingen, oder hinzurichten. Die Christen jedoch, so Eusebius‘ Botschaft, wehrten sich standhaft, indem sie für ihren Glauben bereitwillig in den Tod gingen, so qualvoll er auch sein mochte. Diese Opferbereitschaft trug sicherlich einen großen Teil dazu bei, dass die Verfolgungen nur wenige Jahre später von Galerius als offensichtlich aussichtslos eingestellt wurden. Allerdings ist zu erwähnen, dass nicht alle Christen sich so verhielten, wie es Eusebius hier suggeriert. Viele brachen mit ihrem Glauben und opferten, wie es verlangt wurde, um der Folter zu entgehen und ihr Leben zu retten. Der Umgang mit diesen „Gestrauchelten“ (lapsi) war später für die Kirche kein geringes Problem.

Aus der Quelle lässt sich denn auch einiges auf die Erfolgsaussichten der Verfolgungen schließen. Zuerst einmal ist die große Zahl offensichtlich, die die Christen inzwischen darstellten. Eine derartig brutale Behandlung so großer Teile der Bevölkerung hätte womöglich früher oder später auch zu Aufständen geführt, trotz der hier so eindrücklich demonstrierten Gewaltfreiheit der Märtyrer. Gleichzeitig sind diese Märtyrer auch das eigentliche Problem für die Verfolger. Wenn die Christen nicht vor der Hinrichtung zurückschrecken und sich sogar absichtlich aneinander fesseln, um ihre Opferbereitschaft auszudrücken, kann der Statthalter so viele hinrichten wie er will: Er hat den Kampf auf der moralischen und massenpsychologischen Ebene schon verloren. Seine Reaktion zeigt, dass er dies begriffen hatte. Anstatt den Märtyrern im Circus eine Bühne zu bieten, lässt er sie Tage später enthaupten, damit sie sich nicht in derart performativer Art und Weise für ihren Glauben würden opfern können.

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Siehe zur Christenverfolgung auch den anderen Bericht des Eusebius, den des Laktanz und zu den frühen Verfolgungen den des Tacitus. Zum Toleranzedikt siehe die entsprechende Stelle.

Laktanz zur Tetrarchie

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Lactanz
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Lact. De mort. pers. 7,2 – Original:

[7] Diocletianus, qui scelerum inventor et malorum machinator fuit, cum disperderet omnia, ne a deo quidem manus potuit abstinere. Hic orbem terrae simul et avaritia et timiditate subuerit. Tres enim particeps regni sui fecit in quattuor partes orbe diviso et multiplicatis exercitibus, cum singuli eorum longe maiorem numerum militum habere contenderent, quam priores principes habuerant, cum soli rem publicam gererent. Adeo maior esse coeperat numerus accipientium quam dantium, ut enormitate indictionum consumptis viribus colonorum desererentur agri et culturae verterentur in silvam. Et ut omnia terrore conplerentur, provinciae quoque in frustra concisae: multi praesides et plura officia singulis regionibus ac paene iam civitatibus incubare, item rationales multi et magistri et vicarii praefectorum, quibus omnibus civiles actus admodum rari, sed condemnationes tantum et proscriptiones frequentes, exactiones rerum innumerabilium non dicam crebrae, sed perpetuae, et in exactionibus iniuriae non ferendae. Haec quoque tolerari non possunt quae ad exhibendos milites spectant. Idem insatiabili avaritia thesauros numquam minui volebat, sed semper extraordinarias opes ac largitiones congerebat, ut ea quae recondebat, integra atque inviolata servaret. Idem cum variis iniquitatibus inmensam faceret cupiditatem, legem pretiis rerum venalium statuere conatus est. Tunc ob exigua et vilia multus sanguis effusus, nec venale quicquam metu apparebat et caritas multo deterius exarsit, noc lex necessitate ipsa post multorum exitium solveretur. Huc accedebat infinita quaedam cupiditas aedificandi, non minor provinciarum exactio in exhibendis operariis et artificibus et plaustris omnibusque quaecumque sint fabricandis operibus necessaria. Hic basilicae, hic circus, hic moneta, hic armorum fabrica, hic uxori domus, hic filiae.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Aloys Hartl
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

[7] Diokletian, groß in Erfindung von Verbrechen und im Anstiften von Unheil, konnte bei dem allgemeinen Verderben, das er verbreitete, auch von Gott die Hand nicht zurückhalten. Zwei Eigenschaften wirkten bei ihm zusammen, um den Erdkreis zu verderben: seine Habsucht und seine Furchtsamkeit. Er teilte das gesamte Reich in vier Teile und nahm drei Mitregenten an. Die Heere wurden vervielfältigt; jeder trachtete danach, eine weit größere Anzahl Soldaten zu besitzen, als die früheren Herrscher zur Zeit der Alleinherrschaft gehabt hatten. So ser stieg allmählich die Zahl der Empfänger über die Zahl der Geber, daß bei der Maßlosigkeit der Auflagen die Kräfte der Landsleute sich erschöpften, die Ländereien verlassen wurden und die Saatfelder sich in Wald verwandelten. Und um alles mit Schrecken zu erfüllen, wurden auch die Provinzen in Stücke geteilt. Statthalter in Menge mit zahlreichen Unterbeamten übten den Druck ihrer Herrschaft aus über jedes Gebiet und fast schon über jede Stadt. Dazu kam noch eine Menge von Schatzmeistern, Verwaltungsbeamten, Unterbefehlshabern, und bei all diesen gab es gar selten Verhandlungen in bürgerlichen Rechtssachenm sondern nur Verurteilungen und Gütereinziehungen. Die Einforderungen unzähliger Dinge kehrten nicht bloß häufig wieder, sondern dauerten immerfort, und bei der Einhebung kam es zu unerträglichen Ungerechtigkeiten. Doch das hätte man noch ertragen können, was zum Unterhalt der Soldaten notwendig ist. Aber Diokletian wollte zugleich in unersättlicher Habsucht seine Schatzammern nie vermindert sehen, sondern unaufhörlich raffte er auf außerordentlichem Wege Schätze und Gaben zusammen, um das, was er hinterlegt hatte, unversehrt und ungeschmälert zu bewahren. Durch mannigfaltige Ungerechtigkeiten hatte er eine ungeheure Teuerung hervorgerufen, und nun unternahm er es, den Preis der Lebensmittel durch Gesetz zu bestimmen. Jetzt kam es wegen geringfügiger und unbedeutender Dinge zu vielem Blutvergießen. Aus Furcht brachte man nichts Verkäufliches mehr auf den Markt, und die Teuerung nahm in weit schlimmerem Grade zu, bis die Notwendigkeit selbst das Gesetz nach dem Untergange wieder außer Gebrauch setzte. Zur Habsucht gesellte sich eine grenzenlose Baulust und eine nicht minder schrankenlose Ausplünderung der Provinzen, von denen Werkleute, Künstler, Lastwagen und alle Erfordernisse zur Herstellung der Bauten zu liefern waren. Hier gab es Gerichtshallen zu errichten, hier eine Rennbahn, hier eine Münzstätte, hier eine Waffenwerkstätte, hier ein Haus für die Gemahlin, hier eines für die Tochter.
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Lact. De mort. pers. 7,2

Leitfragen:

1) Welche konkreten Anordnungen Diokletians werden von Laktanz beschrieben?

2) Welche Meinung hat der Autor nach dieser Quelle von Diokletian?

3) Wie sind Diokletians Handlungen zu beurteilen?

Kommentar:

Lactantius ist einer der wichtigsten christlichen Schriftsteller des dritten und vierten Jahrhunderts. Er erlebte die Christenverfolgungen am eigenen Leib mit und wurde um 315 Hoflehrer für Crispus, den Sohn des Kaisers Konstantin. In dieser Stelle aus seiner Schrift De mortibus persecutorum („Über die Todesarten der Verfolger“) berichtet er über Maßnahmen Diokletians.

Nach dem Bericht des Laktanz teilte Diokletian die Herrschaft des Reiches auf mehrere Personen auf, insgesamt vier, ein System, das wir Tetrarchie nennen. Das Heer wurde bedeutend vergrößert und die Anzahl der Provinzen durch ihre Verkleinerung vervielfacht. Ferner vermehrte Diokletian das Verwaltungspersonal, begann eine große Bautätigkeit und versuchte sogar, die im Reich herrschende Inflation zu bekämpfen.

Die Stellung des Laktanz zum Kaiser ist dabei eindeutig negativ. Nur aus Herrschsucht habe Diokletian so gehandelt, sein Preisedikt habe zu Unruhen geführt, er plünderte die Provinzen aus und unterjochte jeden einzelnen Untertanen mit seinen zahllosen Beamten, damit er seine Schatzkammern füllen und sich große Prachtbauten errichten konnte. Da Diokletian auch eine Christenverfolgung angeordnet hatte, ist die negative Haltung Laktanz‘ verständlich, die Forschung jedoch kommt in Bezug auf Diokletian zu anderen Urteilen.

Diokletian war der Kaiser, der am Ende der sogenannten Reichskrise des 3. Jhs. die Herrschaft übernahm. Er war mittels Gewalt an die Macht gekommen, wie viele seiner kurzlebigen Vorgänger. Da sich offenbar das Reich nicht mehr von einem Mann beherrschen ließ, bestellte er drei Mitkaiser; zu viert sollte man alle Teile des Reiches verwalten können. Ein starkes Militär wurde benötigt, um die Einfälle von Germanen zu bekämpfen und die Parther in Schach zu halten. Diokletian war jedoch bewusst, dass aus dem Heer zahllose Usurpatoren gegen ihre jeweiligen Kaiser aufgestanden waren. Um ein solches Szenario zu verhindern, wurden die Provinzen und damit die Militärkommandos verkleinert, sodass kein einzelner General oder Statthalter mehr die Macht hätte, sich mit Erfolgsaussichten zum Kaiser auszurufen. Diokletian hatte auch erkannt, dass eine Verdichtung der Staatsverwaltung notwendig war, um die Kontrolle zu behalten, also führte er viele neue Beamte ein. Zwar sind unter seinen Bauten auch Paläste, aber selbst Laktanz kommt nicht umhin zu erwähnen, dass viele dieser Bauten durchaus dem Reich dienten, wie Münzstätten und Gerichte. Und obgleich das Höchstpreisedikt zur Bekämpfung der Inflation am Ende wirkungslos war und auch andere Maßnahmen nicht so griffen, wie Diokletian es beabsichtigt hatte, muss man aus heutiger Perspektive sagen, dass Diokletian es mit seinen Reformen bewerkstelligte, die Dauerkrise des Reiches zumindest für kurze Zeit zu beenden.

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Plotins Philosophie

Origninalquelle

 

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Hermann Friedrich Müller
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

[3,4,2] Und von dieser Seele gilt hauptsächlich der Ausspruch: „alles was Seele ist, waltet über das Unbeseelte“; von den Einzelseelen gilt er in verschiedener Weise. „Sie durchwandert den ganzen Himmel bald in dieser, bald in jener Form“ d.h. entweder im empfindenden oder denkenden oder in der bloß vegetativen Form. Denn der herrschende Theil derselben thut das ihm Zukümmliche, die anderen Theile sind unthätig, denn sie sind ausserhalb. Im Menschen aber herrscht nicht das Schlechtere, sondern es ist zugleich mit vorhanden, freilich auch nicht stets das Bessere, sondern auch das Andere nimmt einen gewissen Raum ein. Deshalb [sind auch die Menschen nicht bloss denkende, sondern] auch empfindende Wesen. Sie haben ja auch Organe der Empfindung; auch erinnert vieles in ihnen an die Pflanzen, denn der Körper wächst und erzeugt. Alle Theile wirken also zusammen, nach dem Bessern aber wird die ganze Form als Mensch bezeichnet. Wenn nun die Seele den Körper verlässt, so wird sie das was sie in überwiegendem Maasse war. Deshalb muss man zu dem Höheren seine Zuflucht nehmen, um nicht zur sensitiven Seele zu werden, indem man den Bildern der sinnlichen Wahrnehmung folgt, noch zur vegetativen, indem man dem Zeugungstriebe und der sinnlichen Begier nach Speise folgt, sondern hinan zum Intellektuellen, zum Geist, zu Gott. Diejenigen welche den Menschen bewahrt haben, werden wieder Menschen; die welche bloss in sinnlicher Empfindung gelebt haben, Thiere. War ihre sinnliche Empfindung mit Zorn gepaart, werden sie wilde Thiere, und der hierbei stattfindende Unterschied bedingt den Unterschied dieser Thiere; war sie von Begierde begleitet, von sinnlicher Lust am Begehren, so werden sie die unmässigen und gefrässigen Thiere. Bildete aber nicht einmal die Empfindung im Verein mit diesen Trieben den Grund ihres Lebens, sondern gesellte sich Trägheit der Empfindung hinzu, so werden sie gar Pflanzen; denn dieser vegetative Theil war bei ihnen allein oder doch vorwiegend thätig, ihre Sorge war darauf gerichtet, Bäume zu werden. Diejenigen welche die Musik liebten, im übrigen aber lauter waren, lässt Plato zu Singvögeln werden; die welche als Könige unvernünftig regierten, zu Adlern, wenn nicht andereweitige Schlechtigkeit ihnen anhaftet; die welche sich mit ihren Gedanken in die Lüfte versteigen und sich ohne vernünftige Einsicht stets zum Himmel erheben, zu hochfliegenden Vögeln. Wer die bürgerliche Tugend besitzt, wird Mensch; wer sie aber in ungenügendem Grade besitzt, wird ein geselliges Thier, eine Biene oder dergleichen.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Plot. Enn. 3,4,2

Leitfragen:

1) Wie vollzieht sich nach Plotin der Abstieg der Seele?

2) Auf welcher Philosophie beruht Plotins Denkmodell?

3) In welchem Verhältnis steht diese Philosophie zu anderen religiös-philosophischen Phänomenen der Spätantike?

Kommentar:

Plotin, ein griechischer Philosoph des 3. Jahrhunderts n. Chr., kam wahrscheinlich aus Ägypten. Er gilt allgemein als einer der ersten und wichtigsten Vertreter des sogenannten Neuplatonismus, einer in der Spätantike sehr wichtigen philosophischen Strömung, die auf der Auslegung von Platons Werken beruht.

In diesem Abschnitt seiner Enneaden beschreibt Plotin, wie sich der Abstieg der Seele vollzieht. Nach ihm war die Seele Teil eines Kreislaufes von Wiedergeburten, an deren Ende idealerweise die Einheit mit Gott, dem reinen Intellekt, steht oder aber der Abstieg zu einem niederen Lebewesen, wie Tieren oder Pflanzen. Plotin sieht die Ursache der jeweiligen Wiedergeburt im Verhalten der Seele im vorhergehenden Leben. Stets seien alle drei Aspekte der Seele (intellektueller, sinnlicher und vegetativer) vorhanden. Wenn ein Mensch im Wesentlichen nach dem Intellekt gelebt habe, so werde er als Mensch wiedergeboren. Sollte er sich den Sinnen und der sinnlich wahrnehmbaren Welt verschrieben haben, so wird er als Tier wiedergeboren, jeweils passend zu den Emotionen, denen er am meisten verschrieben war. Wenn ein Mensch aber nur auf Fortpflanzung und damit die vegetative Funktion der Seele gezielt habe, so werde er nach Plotin gar als Pflanze wiedergeboren.

Dieses Denkmodell beruht eindeutig auf Platons Theorie der Seelenwanderung und der Ideenlehre. Letztere besagt, dass wir, dies entstammt dem Höhlengleichnis, nur Abbilder der Wirklichkeit mit unseren Sinnen wahrnehmen; lediglich der reine Intellekt könne das Wahre erkennen. Die Seelenwanderungslehre Platons beinhaltet ebenfalls diesen Kreislauf, allerdings ist er in der Politeia noch nicht so ausführlich dargestellt wie bei Plotin.

Der Neuplatonismus fügt sich in eine ganze Reihe religiös-philosophischer Strömungen der Spätantike. Denn die Idee der Seelenwanderung und des Ab- und Aufstiegs von Seelen ist nicht weit entfernt von den Gedanken der Gnostiker oder auch der christlichen Idee der fleischlichen Auferstehung, sowie der Vorstellung von Himmel und Hölle. In der christlichen Vorstellung führt ein sündhaftes Leben in die Hölle, ein tugendhaftes in den Himmel – im Neuplatonismus führen die Triebe zur Wiedergeburt als Tier, der Intellekt zur Erlösung durch Aufstieg. Erlösungsreligionen und -philosophien hatten in der Spätantike geradezu Hochkonjunktur, und der Neuplatonismus fügt sich gut in die anderen Theorien und Glaubensrichtungen ein.

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Vergleiche zur Religion in der Spätantike auch die Sol-Invictus-Münze oder den Bericht zum Konzil von Nicäa.