Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Homer
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Hom. Od. 6.2-12 – Original:
αὐτὰρ Ἀθήνη
βῆ ῥ᾽ ἐς Φαιήκων ἀνδρῶν δῆμόν τε πόλιν τε,
οἳ πρὶν μέν ποτ᾽ ἔναιον ἐν εὐρυχόρῳ Ὑπερείῃ,
5ἀγχοῦ Κυκλώπων ἀνδρῶν ὑπερηνορεόντων, 5
οἵ σφεας σινέσκοντο, βίηφι δὲ φέρτεροι ἦσαν.
ἔνθεν ἀναστήσας ἄγε Ναυσίθοος θεοειδής,
εἷσεν δὲ Σχερίῃ, ἑκὰς ἀνδρῶν ἀλφηστάων,
ἀμφὶ δὲ τεῖχος ἔλασσε πόλει, καὶ ἐδείματο οἴκους,
10καὶ νηοὺς ποίησε θεῶν, καὶ ἐδάσσατ᾽ ἀρούρας. 10
ἀλλ᾽ ὁ μὲν ἤδη κηρὶ δαμεὶς Ἄϊδόσδε βεβήκει,
Ἀλκίνοος δὲ τότ᾽ ἦρχε, θεῶν ἄπο μήδεα εἰδώς.
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung:: A.T.Murray
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Übersetzung
[…] but Athena went to the land and city of the Phaeacians. These dwelt of old in spacious Hypereia [5] hard by the Cyclopes, men overweening in pride who plundered them continually and were mightier than they. From thence Nausithous, the godlike, had removed them, and led and settled them in Scheria far from men that live by toil. About the city he had drawn a wall, he had built houses [10] and made temples for the gods, and divided the ploughlands; but he, ere now, had been stricken by fate and had gone to the house of Hades, and Alcinous was now king, made wise in counsel by the gods.
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Niklas Rempe
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Hom. Od. 6.2-12
Leitfragen:
1) Beschreiben Sie die Motive für die Gründung von Scheria.
2) Durch welche Maßnahmen zeichnet sich die in der Quelle beschriebene Kolonisation aus?
3) Welche Rückschlüsse lassen sich über die Kolonisation der Griechen generell aus der Quelle ziehen?
Kommentar:
Die vorliegende Quellenpassage aus Homers Odyssee kann trotz ihrer Kürze viel über die frühe griechische Kolonisation aussagen. Allen voran gibt sie einen guten Einblick in die Motivation, welche die Kolonisten dazu bewegte, die mitunter gefährliche und keineswegs immer glücklich endende Unternehmung auf sich zu nehmen. Es wird dargestellt, wie das ursprünglich in Hypereia angesiedelte Volk der Phaiaken Scheria gründet (sowohl das Volk als auch die beiden Poleis sind fiktiv). Man erfährt, dass ihr Heimatland durchaus fruchtbar war, jedoch von den Kyklopen – den riesigen, einäugigen Menschenfressern – bedroht wurde. Diese hätten den Phaiaken durch Plünderungen und Raubzügen sehr zugesetzt. Außerdem konnten sie ob ihrer großen Kraft und Brutalität nicht von den menschlichen Siedlern daran gehindert werden. Der einzige Ausweg für die Phaiaken aus dieser misslichen Lage war die Auswanderung in weit entfernte und friedlichere Gefilde.
Einer der Phaiaken – Nausithoos – wird als Hauptverantwortlicher der Flucht vor den Kyklopen und der Gründung von Scheria dargestellt. Er und die ihm folgenden Siedler beginnen sofort nach ihrer Ankunft damit, an dem ausgewählten Landfleck verschiedene Bauten zu errichten. Die Stadtmauer wird als erstes erwähnt – der Schutz vor äußeren Feinden war es ja schließlich, der für die Kolonisationsbewegung den Ausschlag gab. Häuser für das Volk und die mindestens ebenso wichtigen Tempel für die Götter folgen. Auch werden landwirtschaftliche Flächen erschlossen und durch Nausithoos auf seine Mitbürger verteilt. Nach dessen Tod übernimmt sein Sohn Alkinoos die Führung über die nunmehr aufgeblühte Kolonie Scheria.
Die Quellenpassage kann als kurze poetische Zusammenfassung der griechischen Kolonisationsbewegung aufgefasst werden. Wichtig und allem voran zu erwähnen ist, dass die Griechen in der Regel nicht durch Abenteuerlust angetrieben die vielseitigen Gefahren der Kolonisation auf sich nahmen. Um die beschwerliche Seereise inkl. dem verbreiteten Seeräubertum, die mangelhafte Nahrungssituation auf und nach der Reise und die unsicheren Begebenheiten am neuen Siedlungsplatz zu riskieren, waren dringliche Anreize erforderlich. In der Passage aus der Odyssee wird eines dieser Motive – die Gefahr durch äußere Feinde – durch die raubenden Kyklopen eindringlich dargestellt. Andere mögliche Impulse für die Auswanderung waren z.B. ein Bevölkerungsüberschuss, der insb. zu Knappheit an verfügbarem Land und zu Nahrungsmangel führen konnte. Weiterhin kann man sich politische oder generell soziale Konflikte innerhalb des Volkes als weitere Motive vorzustellen.
Aus der Quelle wird weiterhin deutlich, wie prominent die oikistai – d.h. diejenigen Personen, welche die Siedler aus ihrer Heimatstadt in die neuen Gebiete führten (Nausithoos im Falle der Phaiaken) – waren. In der Regel bildeten sie als Adlige zusammen mit ihren politischen Gefolgsleuten (hetairoi) der Kern der jeweiligen Kolonisation und übten auch in der neugegründeten Stadt die führende Rolle aus. Die Quelle zeigt ja deutlich, wie Nausithoos die Ackerflächen ein- und verteilt und auch, wie es ihm anscheinend gelingt, eine Erbfolge zu etablieren.
Des Weiteren sind die Baumaßnahmen der Kolonisten zu betonen, welche die grundlegenden und für eine griechische Poleis charakteristischen Gebäude begründen. Neben den für die Nahrungsversorgung der Siedler unverzichtbaren Wohnräumen und Äckern bzw. Weideländern waren die Tempel ein unabdingbarer Bestandteil der griechischen Kultur. Ohne gebührende Kultpflege, z.B. durch Opfergaben, war das gute und richtige Leben – insbesondere in einer so extremen Situation wie der Auswanderung – nach griechischer Mentalität nicht möglich. Abschließend sei noch auf die Stadtmauer verweisen. Sie stellte sowohl eine Schutzmaßnahme dar als auch einen klaren Indikator eines fest abgesteckten und organisierten städtischen Raumes.