Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Nathalie Klinck
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Tabula Peutingeriana
Leitfragen:
1) Was wird auf der Tabula Peutingeriana dargestellt?
2) Welche Funktion hatte die Karte?
3) Welchen Stellenwert hatte das Reisen in der Antike?
Kommentar:
Bei der hier dargestellten Quelle handelt es sich um einen (äußerst kleinen) Ausschnitt aus einem antiken Itinerar; der Tabula Peutingeriana. Diese kartographische Darstellung stammt aus einer mittelalterlichen Abschrift aus dem 12. Jh. n. Chr. und lässt sich wahrscheinlich auf eine ältere Abbildung oder Beschreibung des Römischen Reichs um das Jahr 300 n. Chr. – inklusive seines Straßennetzes und den verschiedenen Pferdewechselstationen (mansiones) – zurückführen. Dabei sind die Städte Rom, Antiochia und Konstantinopel durch besondere Stadtvingetten hervorgehoben. Die Karte zeigt die den Römern bekannte oikumene in stark gestauchter Form auf ca. 14 Pergamentstücken (670 x 33 cm), wovon nur die Teile 4-14 erhalten sind. Der hier gezeigte Segment VII der Tabula Peutingerina zeigt Teile der Provinzen Makedonien, Dalmatien, Italien und Afrika. Deutlich zu erkennen sind die „Stiefelspitze“ Italiens und die davor liegende Insel Sizilien. Die roten Linien stellen das Straßensystem dar, welches die unterschiedlichen Städte und Orte verbunden hat. Dies führte dazu, dass Entfernungsangaben oftmals lediglich in Rastplätzen angegeben wurden, wobei diese durchaus in unterschiedlicher Entfernung zueinander liegen konnten; so konnte die Entfernungsangabe von drei Rastplätzen in einem dichtbesiedelten Gebiet, wie Italien eine sehr kurze Strecke beschreiben, während es in einem weniger erschlossenem Gebiet eine sehr weite Entfernung ausmachen konnte. Es gab keine maßstabsgetreuen Karten.
Mobilität und Reisen waren schon immer wichtige Bestandteile für die zivilisatorische Weiterentwicklung und damit auch wichtige Faktoren für den Handel, die Kolonialisierung und schließlich auch für den kulturellen Austausch. Für die Römer begann mit der Kaiserzeit eine Blütezeit des Reisens; dabei begünstigten besonders die innerpolitisch friedlichen Perioden die verschiedenen Reisevorhaben. Menschen brachen aus ganz unterschiedlichen Gründen zu Reisen auf; es gab politisch motivierte Reisen, zum Beispiel von Gesandtschaften, aber auch Bildungsreisen oder Reisen, um Verwandte oder Freunde zu besuchen. Eine wichtige Kategorie machten natürlich auch religiöse Reisen zu bestimmten heiligen Stätten, Heiligtümern und Orakeln aus. Dieser Mobilitätsdrang spiegelt sich auch in der Literatur in den diversen Reisebeschreibungen, z.B. bei Pausanias oder den ethnographischen Beschreibungen des Strabon wider.
Fast das gesamte Reich war durch die öffentlichen, gut ausgebauten Straßen und die staatliche Sicherheit innerhalb der Grenzen des Imperiums gut – zu Land und zu Wasser – zu bereisen. Die Tabula Peutingeriana zeigt genau dieses Straßensystem. Neben bildlichen Darstellungen, wie der Tabula – die aufgrund ihres unhandlichen Formats wahrscheinlich nie für die praktische Nutzung gedacht war – wurden Itinerarien in Listenform verwendet, die die einzelnen Stationen zwischen einem bestimmten Start- und Zielpunkt unter der Angabe der zurückzulegenden Meilen auflisteten. Zudem gab es Meilensteine, die an den wichtigsten Knotenpunkten im Reich aufgestellt waren; außerdem hat es möglicherweise hölzerne Wegweiser gegeben, die sich allerdings nicht überliefert haben. Nichtsdestotrotz wurden die meisten Informationen, die für eine Reise benötigt wurden, wahrscheinlich mündlich weitergegeben. Im Vorweg einer Reise wird es das einfachste gewesen sein, Informationen von Menschen einzuholen, die die Reisestrecke bereits kannten. So konnte die Planung des Hinweges und einer ungefähren Reiseroute vorgenommen werden. Vor Ort angekommen war es unverzichtbar auf ortskundige Reiseführer zurückzugreifen. Der Quellenausschnitt macht deutlich, dass die Römer nicht nur eine genaue Vorstellung von ihrem imperium sine fine hatten, sondern dass sie sich in diesem auch relativ problemlos bewegen konnten, indem sie den Itinierarien – im wahrsten Sinne des Wortes – Schritt für Schritt folgten.