[wpdm_package id=’1702′]
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Res gestae Divi Augusti, 1-3
Leitfragen:
1) Wie stellt Augustus seine Rolle in den Bürgerkriegen dar?
2) Inwiefern ist sein Vorgehen rechtmäßig?
3) Wieso stellt Augustus in einer Monumentalinschrift diesen Teil seiner Autobiographie dar?
Kommentar:
Die res gestae Divi Augusti, also der Tatenbericht des ersten römischen Kaisers, sind eine sehr wertvolle Quelle für die Historiker, da wir hier die Selbstdarstellung eines Herrschers finden und viele Informationen zu seiner Herrschaft erhalten. Diese sind außerdem nicht durch Überlieferungsprobleme beeinflusst, da die Inschrift so erhalten ist, wie sie um 14 n. Chr. abgefasst wurde.
Augustus stellt hier eine Rechtfertigung seiner Teilnahme an der Bürgerkriegen dar, und wir müssen uns bei der Lektüre dieser Quelle immer vor Augen halten, dass wir hier Geschichtsschreibung aus der Hand des Siegers vor uns haben.
Seine eigene Rolle stellt er in ein sehr positives Licht. Er beschloss, dem bedrohten Staat zu helfen, stellte aus seinem Vermögen ein Heer auf, wurde in die ordnungsgemäßen Ämter gewählt, besiegte die Mörder seines Vaters, die Staatsfeinde, und richtete sie nach rechtmäßigen Prinzipien hin.
Soweit klingt alles relativ positiv, aber ein genauerer Blick fördert ein anderes Bild zu Tage. Nimmt man chronologisch den Anfang, so setzen die Ereignisse mit der Ermordung seines Adoptivvaters Caesar im Jahre 44 v. Chr. ein. Octavian stellt sie als ein Verbrechen dar, die Mörder Caesars sahen sich jedoch als Tyrannenmörder und Befreier des Staates von einer Diktatur und wurden so auch von nicht wenigen im Staat gesehen. Es beginnt dann ein Bürgerkrieg zwischen den Caesarmördern und den Nachfolgern des Diktators, Marcus Antonius und Octavian; die Schuld dafür schiebt Octavian vollkommen den Gegnern zu, ein beliebter Topos in der Geschichte. Man muss bedenken: Hätten die Caesarmörder bei Philippi gewonnen, dann würde heute möglicherweise eine Inschrift kursieren, die die Hinrichtung des Diktators Octavian preist – der Sieger schreibt hier, wie in vielen Fällen, die Geschichte.
Besonders interessant ist an dieser Quellenstelle, dass Augustus erwähnt, wie er sein Heer aufstellte. Ein Privatmann, der aus dem reichen Erbe Caesars und seinen Veteranen eine Armee formt, kann auch durchaus als Putschist gesehen werden – er stellt sich hier als Held dar. Er erwähnt nicht, dass niemand eine andere Wahl hatte, als ihn nach dem Tod der beiden Konsuln zum Konsul zu wählen, da er mit einem großen Heer vor Rom stand. Wer hätte ihm diesen Titel verweigern sollen, den er sich mit handfesten Drohungen holte? Noch zynischer ist die Behauptung, dass das zweite Triumvirat bestehend aus ihm, Marcus Antonius und Lepidus, rechtmäßig gewesen sei: Auch hier konnte niemand den drei Männern, die alle größeren Armeen befehligten, irgendetwas abschlagen. Ebenso unerwähnt bleibt, dass die „Rettung“ des Staates neben den erwähnten Schlachten durch groß angelegte Proskriptionen von Statten ging, also der Ermordung einer Vielzahl von politisch missliebigen Menschen. Darunter waren auch Republikaner wie Cicero, also Repräsentanten der staatlichen Ordnung, die Octavian angeblich rettete.
Die Gründe für die Erstellung dieser Inschrift liegen auf der Hand. Augustus möchte damit versuchen, die Kontrolle über die Darstellung der Bürgerkriege zu erlangen. Jahrzehnte nach ihrem Ende lebte ohnehin kaum noch jemand, der sie direkt miterlebt hatte und erst recht niemand, der Augustus‘ Version widersprochen hätte – diese gehörten alle zu den „inneren und äußeren Feinden“, die er beseitigt hatte.
Vergleiche zu Augustus Autobiographie auch die beiden anderen besprochenen Abschnitte aus den res gestae (I; II). Zu seiner Propaganda vergleiche auch seine Münzprägung. Zu den moralischen Gründen des Bürgerkriegs aus Sicht des Sallust vergleiche den entsprechenden Abschnitt.