Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Thukydides
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Thuk. 5, 71, 1 – Original
τὰ στρατόπεδα ποιεῖ μὲν καὶ ἅπαντα τοῦτο: ἐπὶ τὰ δεξιὰ κέρατα αὐτῶν ἐν ταῖς ξυνόδοις μᾶλλον ἐξωθεῖται, καὶ περιίσχουσι κατὰ τὸ τῶν ἐναντίων εὐώνυμον ἀμφότεροι τῷ δεξιῷ, διὰ τὸ φοβουμένους προσστέλλειν τὰ γυμνὰ ἕκαστον ὡς μάλιστα τῇ τοῦ ἐν δεξιᾷ παρατεταγμένου ἀσπίδι καὶ νομίζειν τὴν πυκνότητα τῆς ξυγκλῄσεως εὐσκεπαστότατον εἶναι: καὶ ἡγεῖται μὲν τῆς αἰτίας ταύτης ὁ πρωτοστάτης τοῦ δεξιοῦ κέρως, προθυμούμενος ἐξαλλάσσειν αἰεὶ τῶν ἐναντίων τὴν ἑαυτοῦ γύμνωσιν, ἕπονται δὲ διὰ τὸν αὐτὸν φόβον καὶ οἱ ἄλλοι.
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: J. M. Dent
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Übersetzung
All armies are alike in this: on going into action they get forced out rather on their right wing, and one and the other overlap with this their adversary’s left; because fear makes each man do his best to shelter his unarmed side with the shield of the man next him on the right, thinking that the closer the shields are locked together the better will he be protected. The man primarily responsible for this is the first upon the right wing, who is always striving to withdraw from the enemy his unarmed side; and the same apprehension makes the rest follow him.
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Agnes von der Decken
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Leitfragen:
1) Worum geht es in dieser Quellenstelle?
2) Welche Besonderheiten fallen bei der Beschreibung der Phalanxformation auf?
3) Welche Rückschlüsse können im Allgemeinen über die Phalanx gezogen werden?
Kommentar:
Der attische Historiker Thukydides beschreibt in dieser Quellenstelle eine Szene aus der Schlacht bei Mantinea, die 418 v. Chr. stattfand. Diese Schlacht war eine der Schlachten im Peloponnesischen Krieg, bei welcher die Großmacht Sparta auf verbündete Truppen aus Argos, Mantinea und Athen traf. Thukydides berichtet darüber, wie beide Heere bei Mantinea aufeinanderstießen und es zur größten offenen Feldschlacht des Peloponnesischen Krieges kam. In der hier angeführten Quellenstelle beschreibt der Historiker die spartanische Heeresaufstellung, wobei er lediglich die Vorgänge in der ersten Schlachtenreihe darstellt. Durch seine objektive Erzählweise suggeriert Thukydides dabei eine gewisse Authentizität, was ihm, wie er in dem dem Werk vorangestellten Methodenkapitel erklärt, besonders wichtig gewesen ist. So stellt er dar, wie allen Heeren in der Phalanxtaktik das Gleiche widerfahre: Der rechte Flügel des Heeres schwenke beim Aufeinandertreffen weit aus, sodass die Linke des Gegners mit der eigenen Rechten überflügelt werde. Dies passiere, da jeder einzelne Hoplit Schutz hinter dem Schild des rechten Nebenmannes suche, in der Annahme, in diesem dichten Zusammenschluss am besten geschützt zu sein. Dadurch bleibe die rechte Seite des vordersten rechten Flügelmannes ungeschützt, sodass dieser bestrebt sei, mit der eigenen ungeschützten rechten Seite über den Gegner hinauszukommen. Ihm würden aus der gleichen Angst heraus die Anderen folgen.
Durch Thukydidesʼ Bericht erhalten wir an dieser Stelle eine der ausführlichsten Beschreibungen einer Phalanxformation. So erfahren wir etwa, dass der Schild des Hopliten ein entscheidenden Teil der Hoplitenausrüstung, die daneben aus Beinschienen, einem Brustharnisch (-panzer), einem Helm sowie einer Lanze und einem kurzen Schwert für den Nahkampf bestand, war. Der Schild war normalerweise aus Holz gefertigt und wurde mit dem Unterarm in einer Schlaufe in der Schildmitte (dem sogenannten Schildband) getragen. Der Schild spielte vor allem deswegen eine wichtige Rolle, da der Hoplit mit ihm, wie Thukydides anschaulich beschreibt, seinen linken Nebenmann abschirmte. Jeder einzelne Schild eines Hopliten ragte dabei offenbar so weit nach links, dass die ungeschützte rechte Seite des Nachbarmannes gedeckt wurde. In dieser dichten Formation waren die einzelnen Hopliten gut geschützt. Die so entstandene Kampfaufstellung glich dabei den Nachteil der durch die Ausrüstung gegebenen geringen Beweglichkeit aus. Andrerseits entstand aufgrund des Abschirmens des linken Nebenmannes auch der (so erstmals von Thukydides beschriebene) Rechtsdrall der Phalanx, denn der äußerste rechte Phalangit versuchte, seine ungeschützte rechte Seite über den Gegner hinauszubringen, was den Rest der Reihe nach sich zog, da jeder Hoplit so eng wie möglich hinter den Schild des rechten Nebenmannes drängte.
An der Beschreibung der Phalanxtaktik durch Thukydides wird ersichtlich, auf welche Weise ein Angriff in Phalanxformation vonstattenging: Attackiert wurde vom rechten Flügel, der die linke Seite des Gegners zu überflügeln und den Rest der Armee aufzurollen versuchte. Auf diese Weise besiegten die Spartaner in der Schlacht von Mantinea ihre Gegner. Die bei Thukydides beschriebene Phalanxformation zeigt zudem, dass eine solche Formation für unebenes Gelände kaum geeignet war. Die meisten Schlachten in Hoplitenformation wurden daher in Ebenen geschlagen. Zudem zeigt sich an Thukydidesʼ Bericht, wie sehr die Soldaten innerhalb der Phalanx aufeinander angewiesen waren. Ein Ausbruch aus der Phalanx nach vorne oder hinten hätte den Zusammenhalt und die Geschlossenheit des Heeres bedroht. Dies zeigt, dass Ordnung, Disziplin und kontrollierter Mut die wesentlichen Tugenden eines Hopliten sein mussten. Diese Ideale werden schon in der Kriegslyrik des Spartaners Tyrtaios (7. Jh. v. Chr.) besungen oder zeigen sich an der Darstellung der sogenannten Chigi-Kanne (um 650 v. Chr.).
Sehen Sie zu diesem Beitrag auch die Kommentare zur Chigi-Kanne und zum aristokratischen Machtkampf.