Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Sueton
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Suet. Caes. 21-22 – Original
[21] Sub idem tempus Calpurniam L. Pisonis filiam successuri sibi in consulatu duxit uxorem suamque, Iuliam, Gnaeo Pompeio conlocauit repudiato priore sponso Seruilio Caepione, cuius uel praecipua opera paulo ante Bibulum inpugnauerat. ac post nouam adfinitatem Pompeium primum rogare sententiam coepit, cum Crassum soleret essetque consuetudo, ut quem ordinem interrogandi sententias consul Kal. Ianuariis instituisset, eum toto anno conseruaret. [22] Socero igitur generoque suffragantibus ex omni prouinciarum copia Gallias potissimum elegit, cuius emolumento et oportunitate idonea sit materia triumphorum. et initio quidem Galliam Cisalpinam Illyrico adiecto lege Vatinia accepit; mox per senatum Comatam quoque, ueritis patribus ne, si ipsi negassent, populus et hanc daret. [2] quo gaudio elatus non temperauit, quin paucos post dies frequenti curia iactaret, inuitis et gementibus aduersaris adeptum se quae concupisset, proinde ex eo insultaturum omnium capitibus; ac negante quodam per contumeliam facile hoc ulli feminae fore, responderit quasi adludens: in Suria quoque regnasse Sameramin magnamque Asiae partem Amazonas tenuisse quondam.
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Alexander Thomson
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Übersetzung
[21] About the same time he married Calpurnia, the daughter of Lucius Piso, who was to succeed him in the consulship, and gave his own daughter Julia to Cneius Pompey; rejecting Servilius Caepio, to whom she had been contracted, and by whose means chiefly he had but a little before baffled Bibulus. After this new alliance, he began, upon any debates in the senate, to ask Pompey’s opinion first, whereas he used before to give that distinction to Marcus Crassus; and it was the usual practice for the consul to observe throughout the year the method of consulting the senate which he had adopted on the calends (the first) of January. [22] Being, therefore, now supported by the interest of his father-in-law and son-in-law, of all the provinces he made choice of Gaul, as most likely to furnish him with matter and occasion for triumphs. At first indeed he received only Cisalpine-Gaul, with the addition of Illyricum, by a decree proposed by Vatinius to the people; but soon afterwards obtained from the senate Gallia-Comata also, the senators being apprehensive, that if they should refuse it to him, that province, also, would be granted him by the people. Elated now with his success, he could not refrain from boasting, a few days afterwards, in a full senate-house, that he had, in spite of his enemies, and to their great mortification, obtained all he desired, and that for the future he would make them, to their shame, submissive to his pleasure. One of the senators observing, sarcastically: „That will not be very easy for a woman to do,“ he jocosely replied, „Semiramis formerly reigned in Assyria, and the Amazons possessed great part of Asia.“
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Suet. Caes. 21-22
Leitfragen:
1) Wie erhält Cäsar das Kommando für den Gallischen Krieg?
2) Wieso war dieses Kommando für ihn von so großer Bedeutung?
3) Welche Rückschlüsse lässt dies über seine Einstellung zur ungeschriebenen Verfassung der Republik zu?
Kommentar:
Diese Quelle stammt aus dem Werk Suetons, eines Kaiserbiographen der hohen Kaiserzeit, der als Hofarchivar einen hervorragenden Zugang zu den Quellen hatte und somit eine wichtige Quelle für moderne Historiker darstellt. In diesem Abschnitt seiner Vita Cäsars behandelt er die Übernahme des Oberkommandos in Gallien durch Cäsar im Jahr 59 v. Chr..
Der erste Schritt Cäsars auf dem Weg zu diesem Kommando ist die Heirat mit der Tochter des einflussreichen Lucius Piso und die Verheiratung seiner Tochter an Pompeius. Durch diese Heiratsbündnisse gestärkt, erhält er die gallischen Provinzen als prokonsularische Provinzen, die er nach dem Ende seines Konsulates verwalten sollte. Da er aber zuerst nur das diesseitige Gallien, also Norditalien, und die Adriaküste des Illyricum erhielt, konnte er kaum mit vielen Kämpfen rechnen. Daher sicherte er sich über einen verbündeten Volkstribunen auch die wichtigste Provinz, das jenseitige Gallien, also das heutige Südostfrankreich.
Diese Kommandos waren für ihn von immenser Bedeutung: Zuerst einmal wollte er seinen persönlichen Ruhm und Einfluss in Rom steigern, indem er Triumphe zugesprochen bekam, die es aber nur dann gab, wenn man Kriege gewann. Da kein Krieg anstand, entschied Cäsar kaltblütig, einen zu beginnen, und Gallien war ihm gerade recht dafür, da dort die politische Situation zu seinen Gunsten lag. Ferner war das Kommando wichtig für die Aufbesserung seiner Kasse durch Beute. Am Wichtigsten aber war für ihn wohl, dass er mit einem möglichst langen und erfolgreichen Krieg Soldaten als Heeresklientel an sich binden konnte, um sie danach in seinem Sinne einsetzen zu können. Ob er schon zu diesem Zeitpunkt fest dazu entschlossen war, die Alleinherrschaft in Rom anzutreten, ist jedoch Gegenstand der Forschungsdiskussion.
Dies leitet uns zur letzten Frage über: Wie stand Cäsar zur ungeschriebenen Verfassung der Republik und ihren Grundsätzen? Die Antwort ist relativ einfach: Er nutzte alle legalen und viele nicht legale Wege, um sich dieses Kommando in Gallien zu sichern. Das Amt des Volkstribunen war ursprünglich nicht dazu gedacht gewesen, militärische Kommandos für im Grund unnötige Kriege zu vergeben. Auch sollte eigentlich ein Balancesystem innerhalb der Nobilität dafür sorgen, dass keine einzelne Person zu viel Einfluss erhielt. Das Bündnis, das Cäsar mit Crassus, Pompeius und jetzt auch Piso einging, war der Anfang vom Ende der Republik. Im Wettkampf darum, jeweils der stärkste Mann des Triumvirates zu werden, nutzte jeder jedes Mittel, um voranzukommen. Für Cäsar war es in diesem Fall ein beeinflusster Volkstribun und eine erzwungene Abstimmung im Senat, die ihm ermöglichen würde, einen Krieg zu führen, den Rom nicht brauchte. Dass ihm die Illegalität seiner Taten bewusst war, ist daran ersichtlich, dass der Bürgerkrieg am Ende an der Frage ausbrach, ob man es Cäsar zugestehen würde, aus der Immunität eines Amtes in die nächste direkt überzugehen und somit einem sicheren Prozess auszuweichen.
Siehe zu den außerordentlichen Kommandos auch den Bericht über das des Pompeius und zur Heeresklientel auch die Berichte zur Heeresreform des Marius und Sullas Marsch auf Rom.