Die Seeschlacht bei Salamis

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Aischylos
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Aischyl. Pers. 384-432 – Original

καὶ νὺξ ἐχώρει, κοὐ μάλ᾽ Ἑλλήνων στρατὸς
κρυφαῖον ἔκπλουν οὐδαμῇ καθίστατο: 385
ἐπεί γε μέντοι λευκόπωλος ἡμέρα
πᾶσαν κατέσχε γαῖαν εὐφεγγὴς ἰδεῖν,
πρῶτον μὲν ἠχῇ κέλαδος Ἑλλήνων πάρα
μολπηδὸν ηὐφήμησεν, ὄρθιον δ᾽ ἅμα
ἀντηλάλαξε νησιώτιδος πέτρας 390
ἠχώ: φόβος δὲ πᾶσι βαρβάροις παρῆν
γνώμης ἀποσφαλεῖσιν: οὐ γὰρ ὡς φυγῇ
παιᾶν᾽ ἐφύμνουν σεμνὸν Ἕλληνες τότε,
ἀλλ᾽ ἐς μάχην ὁρμῶντες εὐψύχῳ θράσει:
σάλπιγξ δ᾽ ἀϋτῇ πάντ᾽ ἐκεῖν᾽ ἐπέφλεγεν. 395
εὐθὺς δὲ κώπης ῥοθιάδος ξυνεμβολῇ
ἔπαισαν ἅλμην βρύχιον ἐκ κελεύματος,
θοῶς δὲ πάντες ἦσαν ἐκφανεῖς ἰδεῖν.
τὸ δεξιὸν μὲν πρῶτον εὐτάκτως κέρας
ἡγεῖτο κόσμῳ, δεύτερον δ᾽ ὁ πᾶς στόλος 400
ἐπεξεχώρει, καὶ παρῆν ὁμοῦ κλύειν
πολλὴν βοήν, ‘ὦ παῖδες Ἑλλήνων ἴτε,
ἐλευθεροῦτε πατρίδ᾽, ἐλευθεροῦτε δὲ
παῖδας, γυναῖκας, θεῶν τέ πατρῴων ἕδη,
θήκας τε προγόνων: νῦν ὑπὲρ πάντων ἀγών.’ 405
καὶ μὴν παρ᾽ ἡμῶν Περσίδος γλώσσης ῥόθος
ὑπηντίαζε, κοὐκέτ᾽ ἦν μέλλειν ἀκμή.
εὐθὺς δὲ ναῦς ἐν νηὶ χαλκήρη στόλον
ἔπαισεν: ἦρξε δ᾽ ἐμβολῆς Ἑλληνικὴ
ναῦς, κἀποθραύει πάντα Φοινίσσης νεὼς 410
κόρυμβ᾽, ἐπ᾽ ἄλλην δ᾽ ἄλλος ηὔθυνεν δόρυ.
τὰ πρῶτα μέν νυν ῥεῦμα Περσικοῦ στρατοῦ
ἀντεῖχεν: ὡς δὲ πλῆθος ἐν στενῷ νεῶν
ἤθροιστ᾽ ἀρωγὴ δ᾽ οὔτις ἀλλήλοις παρῆν,
αὐτοὶ δ᾽ ὑφ᾽ αὑτῶν ἐμβόλοις χαλκοστόμοις 415
παίοντ᾽, ἔθραυον πάντα κωπήρη στόλον,
Ἑλληνικαί τε νῆες οὐκ ἀφρασμόνως
κύκλῳ πέριξ ἔθεινον, ὑπτιοῦτο δὲ
σκάφη νεῶν, θάλασσα δ᾽ οὐκέτ᾽ ἦν ἰδεῖν,
ναυαγίων πλήθουσα καὶ φόνου βροτῶν. 420
ἀκταὶ δὲ νεκρῶν χοιράδες τ᾽ ἐπλήθυον,
φυγῇ δ᾽ ἀκόσμῳ πᾶσα ναῦς ἠρέσσετο,
ὅσαιπερ ἦσαν βαρβάρου στρατεύματος.
τοὶ δ᾽ ὥστε θύννους ἤ τιν᾽ ἰχθύων βόλον
ἀγαῖσι κωπῶν θραύμασίν τ᾽ ἐρειπίων 425
ἔπαιον, ἐρράχιζον: οἰμωγὴ δ᾽ ὁμοῦ
κωκύμασιν κατεῖχε πελαγίαν ἅλα,
ἕως κελαινῆς νυκτὸς ὄμμ᾽ ἀφείλετο.
κακῶν δὲ πλῆθος, οὐδ᾽ ἂν εἰ δέκ᾽ ἤματα
στοιχηγοροίην, οὐκ ἂν ἐκπλήσαιμί σοι. 430
εὖ γὰρ τόδ᾽ ἴσθι, μηδάμ᾽ ἡμέρᾳ μιᾷ
πλῆθος τοσουτάριθμον ἀνθρώπων θανεῖν.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Herbert Weir Smyth
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Übersetzung

Night began to wane, [385] yet the fleet of the Hellenes in no way attempted to put forth by stealth. When, however, radiant Day with her white horses shone over all the land, a loud cheer like a song of triumph first rang out from the Hellenes, and, at the same instant, [390] clear from the island crags, an echo returned an answering cry. Terror fell on all the barbarians, balked of their purpose; for then the Hellenes chanted their solemn paean, not as in flight, but as men rushing to the onset with the courage of gallant hearts. [395] The trumpet with its blast set all their side afire, and instantly, at the word of command, with the even stroke of foaming oars they struck the briny deep. Swiftly they all came clear into view. Their right wing, well marshalled, [400] led on in orderly advance, next their whole army pressed on against us, and at the same time a loud shout met our ears: “On, you men of Hellas! Free your native land. Free your children, your wives, the temples of your fathers‘ gods, [405] and the tombs of your ancestors. Now you are fighting for all you have.” Then from our side arose in response the mingled clamor of Persian speech, and straightaway the ships dashed together their bronze prows. It was a ship of Hellas [410] that began the charge and chopped off in its entirety the curved stern of a Phoenician boat. Each captain drove his ship straight against some other ship. At first the stream of the Persian army held its own. When, however, the mass of our ships had been crowded in the narrows, and none could render another aid, [415] and each crashed its bronze prow against each of its own line, they splintered their whole bank of oars. Then the Hellenic galleys, not heedless of their chance, hemmed them in and battered them on every side. The hulls of our vessels rolled over, and the sea was hidden from our sight, [420] strewn as it was with wrecks and slaughtered men. The shores and reefs were crowded with our dead, and every ship that formed a part of the barbarian fleet plied its oars in disorderly flight. But, as if our men were tuna or some haul of fish, [425] the foe kept striking and hacking them with broken oars and fragments of wrecked ships. Groans and shrieks together filled the open sea until the face of black night hid the scene. But as for the the full extent of our disasters, this, even if I had ten days in succession to do so, I could not describe to you. [430] However, you can be sure that so great a multitude of men never perished in a single day.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Niklas Rempe
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Aischyl. Pers. 384-432

Leitfragen:

1) Geben Sie den Ablauf der Seeschlacht bei Salamis wieder.

2) Was für Rückschlüsse lassen sich über die Taktik der Griechen aus der Quelle ziehen?

3) Warum konnten die Griechen vor Salamis nach Aischylos‘ Darstellung den Sieg davontragen?

Kommentar:

Der berühmte athenische Tragödiendichter Aischylos (525–456 v. Chr.) gibt in dem Stück die Perser die Geschehnisse um den griechischen Sieg bei Salamis aus persischer Sicht wieder. Das Stück wurde nur acht Jahre nach der Schlacht (472 v. Chr.) in Athen aufgeführt und bietet einen nicht zu unterschätzenden Einblick in die Ereignisse – Aischylos und viele seiner Zuhörer hatten selbst in eben jener Seeschlacht gegen die persische Flotte gekämpft. In der Quellenpassage tritt ein persischer Bote vor den in Susa versammelten persischen Hof und berichtet von der Niederlage: Im Morgengrauen hätten die Griechen ihren Gesang (Paian) angestimmt, der in der Meerenge vor der Insel Salamis durch das Echo noch verstärkt geworden sei, und seien auf ihren Schiffen geordnet gegen die persische Flotte gesegelt. Die Perser – eingeschüchtert von diesem Anblick – hätten sich zwar noch formieren können, doch schon hätten die griechischen Schiffe sie schnell erreicht und der Kampf habe begonnen. Die persische Flotte soll zunächst standgehalten haben, doch durch das furchtlose und geschickte Angreifen der Griechen hätten sie immer weiter zurückweichen müssen. In dieser Situation nun sei den Persern die Größe ihre Flotte zum Verhängnis geworden. Als sich zurückziehende Masse von Schiffen konnten sie in der Meerenge nicht ausreichend manövrieren und seien so leichte Beute für die erfahrenen griechischen Seemänner geworden. Wie Fischer sollen die Griechen letztendlich die fliehenden und schiffbrüchigen Perser niedergemetzelt haben.

Die Quellenpassage gibt einen guten Einblick in die damalige Strategie und Taktik bei Seekämpfen. Das Schiff war sowohl das Transportmittel der Mannschaft als auch eine Waffe im Kampf. Der von den Griechen bevorzugte Schiffstyp, die Triere (Dreiruderer), hatte eine Mannschaft von ungefähr 200 Männern (170 Ruderer, ca. 15 Matrosen und nochmal so viele Hopliten). Schnell wird deutlich, dass das Ziel bei einer derartigen Besatzung nicht sein konnte, die feindlichen Schiffe zu entern. In der Quelle wird deutlich, dass vielmehr versucht wurde, den am Bug der Triere angebrachten Rammsporn in das gegnerische Schiff zu rammen, um es zu versenken oder manövrierunfähig zu machen. Hier wird deutlich, wie gut der Schauplatz des Kampfes in der Meerenge von Salamis gewählt war. Wieder – wie in der Schlacht bei den Thermopylen – können die Perser ihre Überzahl nicht ausspielen. Aischylos zeigt, dass sie ihnen sogar hinderlich wurde, indem sie sich keinen Platz zum Manövrieren ließen und somit von den gut disziplinierten und erfahrenen griechischen Seemännern und ihren Trieren leicht versenkt werden konnten.

Der Tragödiendichter Aischylos, der selbst an der Schlacht teilgenommen hat, gibt die Ereignisse vor Salamis aus persischer Sicht wieder – die Geschehnisse mussten schließlich tragisch sein. Nichtsdestoweniger ist aber natürlich die griechische Einschätzung über den Sieg bei Salamis aus der Quelle herauszulesen. Im Zuge dessen kann man auch einen Eindruck davon gewinnen, wodurch der Sieg gegen die persische Übermacht schlussendlich möglich wurde. Zum einen betont der Dichter die ausweglose Situation der Griechen. Für ihre eigene Freiheit, aber auch für die ihrer Familien und ganz Griechenlands hätten sie die persische Flotte besiegen müssen – ihre gesamte Kultur hätte auf dem Spiel gestanden. Dass Aischylos diese Verse nicht allein aus der Luft griff, um seine Zuhörer zu unterhalten, muss an dieser Stelle betont werden; schließlich mussten die Athener kurz zuvor aus ihrer Heimat fliehen und sie den plündernden Persern überlassen. Schutz suchten sie auf der Insel Salamis – eben jener Insel, vor der die Seeschlacht stattfand. Bei einer Niederlage der Griechen wären die Familien der Seeleute – bei den Ruderern der Trieren handelte es sich um freie Bürger der jeweiligen Poleis – den Persern schutzlos ausgeliefert gewesen. Hoch motiviert segelten die Griechen demnach in den Kampf, zumal die Meerenge den Persern den Vorteil der Überzahl nahm – auch dies ist sicherlich ein Grund für den griechischen Sieg. Außerdem sind nochmals die seemännischen Fähigkeiten der Griechen zu betonen, die es ihnen ermöglichten, ihre Trieren in der Meerenge geschickt in die persischen Schiffe zu rammen.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Die Perserkriege“. Um einen breiteren Einblick in die griechische Klassik zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Griechische Geschichte II – Klassik“.
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Die Schlacht von Marathon

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Herodot/ Lysias
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Hdt. 6.111.3-113.2, 117.1 – Original:

[3] τότε δὲ τασσομένων τῶν Ἀθηναίων ἐν τῷ Μαραθῶνι ἐγίνετο τοιόνδε τι: τὸ στρατόπεδον ἐξισούμενον τῷ Μηδικῷ στρατοπέδῳ, τὸ μὲν αὐτοῦ μέσον ἐγίνετο ἐπὶ τάξιας ὀλίγας, καὶ ταύτῃ ἦν ἀσθενέστατον τὸ στρατόπεδον, τὸ δὲ κέρας ἑκάτερον ἔρρωτο πλήθεϊ. [1] ὡς δέ σφι διετέτακτο καὶ τὰ σφάγια ἐγίνετο καλά, ἐνθαῦτα ὡς ἀπείθησαν οἱ Ἀθηναῖοι δρόμῳ ἵεντο ἐς τοὺς βαρβάρους. ἦσαν δὲ στάδιοι οὐκ ἐλάσσονες τὸ μεταίχμιον αὐτῶν ἢ ὀκτώ. [2] οἱ δὲ Πέρσαι ὁρέοντες δρόμῳ ἐπιόντας παρεσκευάζοντο ὡς δεξόμενοι, μανίην τε τοῖσι Ἀθηναίοισι ἐπέφερον καὶ πάγχυ ὀλεθρίην, ὁρέοντες αὐτοὺς ὀλίγους καὶ τούτους δρόμῳ ἐπειγομένους, οὔτε ἵππου ὑπαρχούσης σφι οὔτε τοξευμάτων. [3] ταῦτα μέν νυν οἱ βάρβαροι κατείκαζον: Ἀθηναῖοι δὲ ἐπείτε ἀθρόοι προσέμιξαν τοῖσι βαρβάροισι, ἐμάχοντο ἀξίως λόγου. πρῶτοι μὲν γὰρ Ἑλλήνων πάντων τῶν ἡμεῖς ἴδμεν δρόμῳ ἐς πολεμίους ἐχρήσαντο, πρῶτοι δὲ ἀνέσχοντο ἐσθῆτά τε Μηδικὴν ὁρέοντες καὶ τοὺς ἄνδρας ταύτην ἐσθημένους: τέως δὲ ἦν τοῖσι Ἕλλησι καὶ τὸ οὔνομα τὸ Μήδων φόβος ἀκοῦσαι. [1] μαχομένων δὲ ἐν τῷ Μαραθῶνι χρόνος ἐγίνετο πολλός, καὶ τὸ μὲν μέσον τοῦ στρατοπέδου ἐνίκων οἱ βάρβαροι, τῇ Πέρσαι τε αὐτοὶ καὶ Σάκαι ἐτετάχατο: κατὰ τοῦτο μὲν δὴ ἐνίκων οἱ βάρβαροι καὶ ῥήξαντες ἐδίωκον ἐς τὴν μεσόγαιαν, τὸ δὲ κέρας ἑκάτερον ἐνίκων Ἀθηναῖοί τε καὶ Πλαταιέες: [2] νικῶντες δὲ τὸ μὲν τετραμμένον τῶν βαρβάρων φεύγειν ἔων, τοῖσι δὲ τὸ μέσον ῥήξασι αὐτῶν συναγαγόντες τὰ κέρεα ἀμφότερα ἐμάχοντο, καὶ ἐνίκων Ἀθηναῖοι. φεύγουσι δὲ τοῖσι Πέρσῃσι εἵποντο κόπτοντες, ἐς ὃ ἐς τὴν θάλασσαν ἀπικόμενοι πῦρ τε αἴτεον καὶ ἐπελαμβάνοντο τῶν νεῶν. […] [1] ἐν ταύτῃ τῇ ἐν Μαραθῶνι μάχῃ ἀπέθανον τῶν βαρβάρων κατὰ ἑξακισχιλίους καὶ τετρακοσίους ἄνδρας, Ἀθηναίων δὲ ἑκατὸν καὶ ἐνενήκοντα καὶ δύο. ἔπεσον μὲν ἀμφοτέρων τοσοῦτοι.

Lys. 2.24-26 – Original:

[24] ταῦτα μιᾷ γνώμῃ πάντες γνόντες ἀπήντων ὀλίγοι πρὸς πολλούς: ἐνόμιζον γὰρ ἀποθανεῖν μὲν αὐτοῖς μετὰ πάντων προσήκειν, ἀγαθοὺς δ᾽ εἶναι μετ᾽ ὀλίγων, καὶ τὰς μὲν ψυχὰς ἀλλοτρίας διὰ τὸν θάνατον κεκτῆσθαι, τὴν δ᾽ ἐκ τῶν κινδύνων μνήμην ἰδίαν καταλείψειν. ἠξίουν δέ, οὓς μὴ μόνοι νικῷεν, οὐδ᾽ ἂν μετὰ τῶν συμμάχων δύνασθαι: καὶ ἡττηθέντες μὲν ὀλίγῳ τῶν ἄλλων προαπολεῖσθαι, νικήσαντες δὲ καὶ τοὺς ἄλλους ἐλευθερώσειν. [25] ἄνδρες δ᾽ ἀγαθοὶ γενόμενοι, καὶ τῶν μὲν σωμάτων ἀφειδήσαντες, ὑπὲρ δὲ τῆς ἀρετῆς οὐ φιλοψυχήσαντες, καὶ μᾶλλον τοὺς παρ᾽ αὑτοῖς νόμους αἰσχυνόμενοι ἢ τὸν πρὸς τοὺς πολεμίους κίνδυνον φοβούμενοι, ἔστησαν μὲν τρόπαιον ὑπὲρ τῆς Ἑλλάδος τῶν βαρβάρων ἐν τῇ αὑτῶν, ὑπὲρ χρημάτων εἰς τὴν ἀλλοτρίαν ἐμβαλόντων, [26] παρὰ τοὺς ὅρους τῆς χώρας, οὕτω δὲ διὰ ταχέων τὸν κίνδυνον ἐποιήσαντο, ὥστε οἱ αὐτοὶ τοῖς ἄλλοις ἀπήγγειλαν τήν τ᾽ ἐνθάδε ἄφιξιν τῶν βαρβάρων καὶ τὴν νίκην τῶν προγόνων. καὶ γάρ τοι οὐδεὶς τῶν ἄλλων ἔδεισεν ὑπὲρ τοῦ μέλλοντος κινδύνου, ἀλλ᾽ ἀκούσαντες ὑπὲρ τῆς αὑτῶν ἐλευθερίας ἥσθησαν. ὥστε οὐδὲν θαυμαστόν, πάλαι τῶν ἔργων γεγενημένων, ὥσπερ καινῶν ὄντων ἔτι καὶ νῦν τὴν ἀρετὴν αὐτῶν ὑπὸ πάντων ἀνθρώπων ζηλοῦσθαι.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung:: A.D.Godley / W. R. M. Lamb
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Hdt. 6.111.3-113.2, 117.1 – Übersetzung:

[3] As the Athenians were marshalled at Marathon, it happened that their line of battle was as long as the line of the Medes. The center, where the line was weakest, was only a few ranks deep, but each wing was strong in numbers. [1] When they had been set in order and the sacrifices were favorable, the Athenians were sent forth and charged the foreigners at a run. The space between the armies was no less than eight stadia. [2] The Persians saw them running to attack and prepared to receive them, thinking the Athenians absolutely crazy, since they saw how few of them there were and that they ran up so fast without either cavalry or archers. [3] So the foreigners imagined, but when the Athenians all together fell upon the foreigners they fought in a way worthy of record. These are the first Hellenes whom we know of to use running against the enemy. They are also the first to endure looking at Median dress and men wearing it, for up until then just hearing the name of the Medes caused the Hellenes to panic. [1] They fought a long time at Marathon. In the center of the line the foreigners prevailed, where the Persians and Sacae were arrayed. The foreigners prevailed there and broke through in pursuit inland, but on each wing the Athenians and Plataeans prevailed. [2] In victory they let the routed foreigners flee, and brought the wings together to fight those who had broken through the center. The Athenians prevailed, then followed the fleeing Persians and struck them down. When they reached the sea they demanded fire and laid hold of the Persian ships. […] [1] In the battle at Marathon about six thousand four hundred men of the foreigners were killed, and one hundred and ninety-two Athenians; that many fell on each side.

Lys. 2.24-26 – Übersetzung:

[24] With this one resolve in the minds of all, they marched to the encounter, though few against many: for death, in their opinion, was a thing for them to share with all men, but prowess with a few; and while they possessed their lives, because of mortality, as alien things, they would leave behind something of their own in the memory attached to their perils. And they deemed that a victory which they could not win alone would be as impossible with the aid of their allies. If vanquished, they would perish a little before the others; if victorious, they would liberate the others with themselves. [25] They proved their worth as men, neither sparing their limbs nor cherishing their lives when valor called, and had more reverence for their city’s laws than fear of their perils in face of the enemy; and so in their own land they set up on behalf of Greece a trophy of victory over the barbarians, who had invaded others‘ territory for money, [26] past the frontiers of their land; and so swiftly did they surmount their ordeal that by the same messengers information reached the other Greeks both of the barbarians‘ arrival here and of our ancestors‘ triumph. For indeed none of the other Greeks knew fear for the peril to come; they only heard the news and rejoiced over their own liberation. No wonder, then, that these deeds performed long ago should be as though they were new, and that even to this day the valor of that band should be envied by all mankind.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Hdt. 6.111.3-113.2, 117.1 & Lys. 2.24-26

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie, wie Herodot den Ablauf der Schlacht von Marathon darstellt.

2) Vergleichen Sie die beiden Berichte über die Schlacht von Marathon.

3) Was bezweckt der Athener Lysias Ihrer Meinung nach mit seiner Darstellung?

Kommentar:

Herodot beschreibt in der Quellenpassage die Ereignisse, die sich im Zuge der persischen Strafaktion für den Ionischen Aufstand abspielten. Eine große persische Flotte sei demnach nach Griechenland geschickt worden, um Vergeltung zu nehmen. Bei Marathon, ca. 40 Kilometer nord-östlich von Athen gelegen, seien die Perser gelandet und hätten sich zum Kampf vorbereitet. Die Athener seien außer einem Kontingent Plataier auf sich allein gestellt gewesen – die Spartaner hätten sich aufgrund eines religiösen Festes geweigert ins Feld zu ziehen. Die Athener sollen nun ihr Hoplitenheer in einer Phalanxformation aufgestellt und ihre Schlachtreihe der persischen angepasst haben. Durch ihre Unterzahl bedingt sei demnach das Zentrum des Heeres nur wenige Reihen tief gewesen. Nichtsdestoweniger sollen die Athener auf das persische Heer los gestürmt sein – etwas für die Perser völlig Unerwartetes. Den Persern soll es zwar gelungen sein, das griechische Zentrum aufzureiben; an den gut besetzen Flanken jedoch hätten die Griechen die Oberhand gewonnen. Indem sie die besiegten Kontingente ziehen ließen, sei es ihnen nun möglich gewesen, die zuvor durchgebrochenen Perser in die Zange zu nehmen und zu besiegen.

Herodot beschreibt im Gegensatz zu Lysias das Schlachtgeschehen relativ genau. So gibt er z.B. über die Aufstellung der beiden Heere Auskunft und beschreibt auch, dass die Griechen den Persern im Laufschritt entgegengestürmt sein sollen. Ebenso unterscheidet er im griechischen Heer zwischen dem athenischen Kontingent und dem der Plataier; ähnlich verhält es sich in Bezug auf die Gegenseite, wenn er sowohl die Perser als auch Saken als Stämme des Heeres unterschiedet. Interessant sind auch seine Angaben über die Gefallenen der Schlacht: So sollen 6400 Männer aus dem persischen Heer den Tod gefunden haben – die Zahl scheint erhöht. Vermutlich korrekt ist allerdings die von ihm überlieferte Zahl der 192 gefallener Athener; ihr Hügelgrab ist heute noch in der Ebene von Marathon zu sehen. Bei dem Athener Lysias sind derartige Angaben vergeblich zu suchen. Er erwähnt lediglich, dass seine athenischen Vorfahren in Unterzahl gewesen sein sollen und den Sieg derart schnell errungen hätten, dass die anderen griechischen Poleis die Nachricht vom Ausgang der Schlacht genauso schnell überbracht bekommen hätten wie die Nachricht, dass die Perser überhaupt angekommen seien.

Eine genaue Beschreibung des Schlachtverlaufs scheint also nicht die Intention des Lysias gewesen zu sein. Man sieht vielmehr, wie der attische Redner nunmehr ca. 100 Jahre nach der Schlacht von Marathon die vergangenen Geschehnisse benutzt, um seinen athenischen Mitbürgern eine emotionale Rede zu bieten. Athen befindet sich zu dieser Zeit einmal mehr im Krieg (Korinthischer Krieg) und Lysias weiß geschickt den Mut und die Todesverachtung der Kämpfer von Marathon zu betonen. Auch hätten die Athener keiner Verbündeten gebraucht, um die übermächtigen Perser zu besiegen – dass die Plataier an ihrer Seite kämpften, verschweigt er. Allein den Athenern sei es also nach Lysias zu verdanken gewesen, dass Griechenland vor den raubenden und brandschatzenden Perser geschützt wurde – wiederum verschweigt er, dass Athen einige Jahre nach Marathon sehr wohl durch die Perser geplündert und fast gänzlich zerstört wurde. Dass er seine athenischen Zuhörer auffordert, die Kämpfer von Marathon und ihren Mut in Erinnerung zu halten, passt zu dem Eindruck, dass Lysias hier eine heldenhafte Version der Schlacht von Marathon erzählt, die durch ihre Emotionalität seine athenischen Zeitgenossen positiv beeinflussen sollte.

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Die Schlacht bei den Thermopylen

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Herodot
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Hdt. 7.223.2-228.2 – Original:

[2] οἵ τε δὴ βάρβαροι οἱ ἀμφὶ Ξέρξην προσήισαν, καὶ οἱ ἀμφὶ Λεωνίδην Ἕλληνες, ὡς τὴν ἐπὶ θανάτῳ ἔξοδον ποιεύμενοι, ἤδη πολλῶ μᾶλλον ἢ κατ᾽ ἀρχὰς ἐπεξήισαν ἐς τὸ εὐρύτερον τοῦ αὐχένος. τὸ μὲν γὰρ ἔρυμα τοῦ τείχεος ἐφυλάσσετο, οἳ δὲ ἀνὰ τὰς προτέρας ἡμέρας ὑπεξιόντες ἐς τὰ στεινόπορα ἐμάχοντο. [3] τότε δὲ συμμίσγοντες ἔξω τῶν στεινῶν ἔπιπτον πλήθεϊ πολλοὶ τῶν βαρβάρων: ὄπισθε γὰρ οἱ ἡγεμόνες τῶν τελέων ἔχοντες μάστιγας ἐρράπιζον πάντα ἄνδρα, αἰεὶ ἐς τὸ πρόσω ἐποτρύνοντες. πολλοὶ μὲν δὴ ἐσέπιπτον αὐτῶν ἐς τὴν θάλασσαν καὶ διεφθείροντο, πολλῷ δ᾽ ἔτι πλεῦνες κατεπατέοντο ζωοὶ ὑπ᾽ ἀλλήλων: ἦν δὲ λόγος οὐδεὶς τοῦ ἀπολλυμένου. [4] ἅτε γὰρ ἐπιστάμενοι τὸν μέλλοντα σφίσι ἔσεσθαι θάνατον ἐκ τῶν περιιόντων τὸ ὄρος, ἀπεδείκνυντο ῥώμης ὅσον εἶχον μέγιστον ἐς τοὺς βαρβάρους, παραχρεώμενοί τε καὶ ἀτέοντες. [1] δόρατα μέν νυν τοῖσι πλέοσι αὐτῶν τηνικαῦτα ἤδη ἐτύγχανε κατεηγότα, οἳ δὲ τοῖσι ξίφεσι διεργάζοντο τοὺς Πέρσας. καὶ Λεωνίδης τε ἐν τούτῳ τῷ πόνῳ πίπτει ἀνὴρ γενόμενος ἄριστος καὶ ἕτεροι μετ᾽ αὐτοῦ ὀνομαστοὶ Σπαρτιητέων, τῶν ἐγὼ ὡς ἀνδρῶν ἀξίων γενομένων ἐπυθόμην τὰ οὐνόματα, ἐπυθόμην δὲ καὶ ἁπάντων τῶν τριηκοσίων. […] [1] […] τοῦτο δὲ συνεστήκεε μέχρι οὗ οἱ σὺν Ἐπιάλτῃ παρεγένοντο. [2] ὡς δὲ τούτους ἥκειν ἐπύθοντο οἱ Ἕλληνες, ἐνθεῦτεν ἤδη ἑτεροιοῦτο τὸ νεῖκος: ἔς τε γὰρ τὸ στεινὸν τῆς ὁδοῦ ἀνεχώρεον ὀπίσω, καὶ παραμειψάμενοι τὸ τεῖχος ἐλθόντες ἵζοντο ἐπὶ τὸν κολωνὸν πάντες ἁλέες οἱ ἄλλοι πλὴν Θηβαίων. ὁ δὲ κολωνὸς ἐστὶ ἐν τῇ ἐσόδῳ, ὅκου νῦν ὁ λίθινος λέων ἕστηκε ἐπὶ Λεωνίδῃ. [3] ἐν τούτῳ σφέας τῷ χώρῳ ἀλεξομένους μαχαίρῃσι, τοῖσι αὐτῶν ἐτύγχανον ἔτι περιεοῦσαι, καὶ χερσὶ καὶ στόμασι κατέχωσαν οἱ βάρβαροι βάλλοντες, οἳ μὲν ἐξ ἐναντίης ἐπισπόμενοι καὶ τὸ ἔρυμα τοῦ τείχεος συγχώσαντες, οἳ δὲ περιελθόντες πάντοθεν περισταδόν.
[…] [1] θαφθεῖσι δέ σφι αὐτοῦ ταύτῃ τῇ περ ἔπεσον, καὶ τοῖσι πρότερον τελευτήσασι ἢ ὑπὸ Λεωνίδεω ἀποπεμφθέντας οἴχεσθαι, ἐπιγέγραπται γράμματα λέγοντα τάδε. “μυριάσιν ποτὲ τῇδε τριηκοσίαις ἐμάχοντο ἐκ Πελοποννάσου χιλιάδες τέτορες.” [2] ταῦτα μὲν δὴ τοῖσι πᾶσι ἐπιγέγραπται, τοῖσι δὲ Σπαρτιήτῃσι ἰδίῃ. “ὦ ξεῖν᾽, ἀγγέλλειν Λακεδαιμονίοις ὅτι τῇδε κείμεθα τοῖς κείνων ῥήμασι πειθόμενοι.”

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung:: A.D.Godley
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

[2] Xerxes and his barbarians attacked, but Leonidas and his Hellenes, knowing they were going to their deaths, advanced now much farther than before into the wider part of the pass. In all the previous days they had sallied out into the narrow way and fought there, guarding the defensive wall. [3] Now, however, they joined battle outside the narrows and many of the barbarians fell, for the leaders of the companies beat everyone with whips from behind, urging them ever forward. Many of them were pushed into the sea and drowned; far more were trampled alive by each other, with no regard for who perished. [4] Since the Hellenes knew that they must die at the hands of those who had come around the mountain, they displayed the greatest strength they had against the barbarians, fighting recklessly and desperately. [1] By this time most of them had had their spears broken and were killing the Persians with swords. Leonidas, proving himself extremely valiant, fell in that struggle and with him other famous Spartans, whose names I have learned by inquiry since they were worthy men. Indeed, I have learned by inquiry the names of all three hundred. […] [1] […] The battle went on until the men with Epialtes arrived. [2] When the Hellenes saw that they had come, the contest turned, for they retired to the narrow part of the way, passed behind the wall, and took their position crowded together on the hill, all except the Thebans. This hill is at the mouth of the pass, where the stone lion in honor of Leonidas now stands. [3] In that place they defended themselves with swords, if they still had them, and with hands and teeth. The barbarians buried them with missiles, some attacking from the front and throwing down the defensive wall, others surrounding them on all sides. […] [1] There is an inscription written over these men, who were buried where they fell, and over those who died before the others went away, dismissed by Leonidas. It reads as follows: “Here four thousand from the Peloponnese once fought three million.” [2] That inscription is for them all, but the Spartans have their own: “Foreigner, go tell the Spartans that we lie here obedient to their commands.”
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
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Hdt. 7.223.2-228.2

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie den Ablauf der Schlacht bei den Thermopylen.

2) Wie unterschiedet sich die Kampfweise und Motivation der Griechen von den Männern im persischen Heer?

3) Was für Rückschlüsse lassen sich aus der Quellenpassage über die Rezeption der Schlacht zur Zeit Herodots ziehen?

Kommentar:

Die Quellenpassage beschreibt die letzte Phase der Kämpfe bei den Thermopylen. An diesem natürlichen Engpass zwischen dem Meer und dem Kallidromosgebirge hatte sich ein Heer von einigen Tausend Griechen unter der Führung des spartanischen Königs Leonoidas und dessen Kontingent von 300 Spartanern schon zwei Tage lang erfolgreich gegen die zahlenmäßig überlegenen Perser gewehrt. Als aber bekannt wurde, dass die Perser durch Verrat einen Weg gefunden haben sollen, den Griechen in den Rücken zu fallen, soll sich das Heer aufgelöst haben und allein die 300 Spartaner und kleine Verbände der Thespier und Thebaner zurückgeblieben sein. Der Tod war ihnen nun gewiss, und so hätten sie sich nach Herodot ein letztes Mal aufgestellt, um den Persern entgegenzutreten. Die zahlenmäßige Überlegenheit des persischen Heeres gibt schlussendlich den Ausschlag, und doch sei es den Persern nur unter großen Verlusten gelungen, die Griechen zu besiegen. Leonidas und alle 300 Spartaner fallen im Kampf.

Die Quellenpassage gibt einen guten Überblick über die jeweilige Kampfweise und Motivation der beiden Heere. Die Griechen nutzen den natürlichen Engpass der Thermopylen gut aus, indem sie ihn mit wenigen – in Hoplitenphalanx aufgestellten – Truppen schließen. Herodot beschreibt, wie die persischen Heerführer ihre Männer mit Gewalt dazu bringen müssen gegen diese Wand aus Speeren und Schilden anzulaufen. So seien sie nicht nur durch die Hände der Griechen, sondern auch durch das Abstürzen ins Meer und das Niedertrampeln durch ihre eigenen Männer gestorben. Schlussendlich konnte allerdings bei den Thermopylen die Phalanx nicht ewig aufrecht erhalten werden. Während des Rückzugs auf eine Anhöhe soll den Spartanern anfangs zwar noch das Schwert zum Kampf geblieben sein, später jedoch nur noch der Dolch und am Ende allein ihre Hände und Zähne. Dies scheint zwar von Herodot sehr pathetisch beschrieben, doch ist nichtsdestoweniger ersichtlich, wie die wenigen Griechen sich buchstäblich mit Händen und Füßen bis zum letzten Mann gewehrt zu haben scheinen. Im Unterschied zu den Persern verteidigten sie als alleinige nördliche Verteidigungslinie schließlich ihre Heimat.

Herodot schreibt einige Jahrzehnte nach dem Geschehen, und es wird deutlich, dass die Schlacht bei den Thermopylen schnell zum Inbegriff für Opferbereitschaft und Pflichtbewusstsein wurde. Er gibt nicht nur relativ genau Auskunft über den Ablauf der Schlacht, sondern legt auch besonderes Augenmerk auf die 300 Spartaner – allen voran auf König Leonidas. So gibt er an, dass er die Namen aller dort Gefallenen kenne; zu vermuten ist, dass er dieses Wissen aus einer Gefallenenliste hat – derartige inschriftliche Verlustlisten sind zum Teil für andere Schlachten überliefert. Zwei weitere Inschriften, beide direkt auf dem Schlachtfeld errichtet, gibt Herodot wörtlich wieder. Erstere zeugt davon, wie die Griechen das Ausharren ihrer Landsleute bewunderten und schlussendlich verklärten (die von Herodot genannte Zahl von drei Millionen Persern ist deutlich zu hoch gegriffen). Die zweite Inschrift betont dies einmal mehr im Hinblick auf die 300 Spartaner. Warum Leonidas und seine Männer bei den Thermopylen ausharrten – sie hätten ja mit den anderen Teilen des Heeres den Rückzug antreten können – ist nicht mehr mit Sicherheit zu klären. Jedenfalls scheint die Schlacht den übrigen Griechen Zeit gegeben zu haben, ihre Städte zu evakuieren. Sehr wohl ist allerdings sicher – und das zeigt schon Herodot –, wie die Schlacht bei den Thermopylen die Reputation der Spartaner als überlegene und pflichtbewusste Kämpfer zementierte; zumal diese bis in die heutige Zeit anhält.

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Die Gründe des Ionischen Aufstands

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Herodot
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Hdt. 5.35-38.1 – Original:

Ἀρισταγόρης δὲ οὐκ εἶχε τὴν ὑπόσχεσιν τῷ Ἀρταφρένεϊ ἐκτελέσαι: ἅμα δὲ ἐπίεζέ μιν ἡ δαπάνη τῆς στρατιῆς ἀπαιτεομένη, ἀρρώδεέ τε τοῦ στρατοῦ πρήξαντος κακῶς καὶ Μεγαβάτῃ διαβεβλημένος, ἐδόκεέ τε τὴν βασιληίην τῆς Μιλήτου ἀπαιρεθήσεσθαι. [2] ἀρρωδέων δὲ τούτων ἕκαστα ἐβουλεύετο ἀπόστασιν: συνέπιπτε γὰρ καὶ τὸν ἐστιγμένον τὴν κεφαλὴν ἀπῖχθαι ἐκ Σούσων παρὰ Ἱστιαίου, σημαίνοντα ἀπίστασθαι Ἀρισταγόρην ἀπὸ βασιλέος. [3] ὁ γὰρ Ἱστιαῖος βουλόμενος τῷ Ἀρισταγόρῃ σημῆναι ἀποστῆναι ἄλλως μὲν οὐδαμῶς εἶχε ἀσφαλέως σημῆναι ὥστε φυλασσομενέων τῶν ὁδῶν, ὁ δὲ τῶν δούλων τὸν πιστότατον ἀποξυρήσας τὴν κεφαλὴν ἔστιξε καὶ ἀνέμεινε ἀναφῦναι τὰς τρίχας, ὡς δὲ ἀνέφυσαν τάχιστα, ἀπέπεμπε ἐς Μίλητον ἐντειλάμενος αὐτῷ ἄλλο μὲν οὐδέν, ἐπεὰν δὲ ἀπίκηται ἐς Μίλητον, κελεύειν Ἀρισταγόρην ξυρήσαντά μιν τὰς τρίχας κατιδέσθαι ἐς τὴν κεφαλήν. τὰ δὲ στίγματα ἐσήμαινε, ὡς καὶ πρότερόν μοι εἴρηται, ἀπόστασιν. [4] ταῦτα δὲ ὁ Ἱστιαῖος ἐποίεε συμφορὴν ποιεύμενος μεγάλην τὴν ἑωυτοῦ κατοχὴν τὴν ἐν Σούσοισι: ἀποστάσιος ὦν γινομένης πολλὰς εἶχε ἐλπίδας μετήσεσθαι ἐπὶ θάλασσαν, μὴ δὲ νεώτερόν τι ποιεύσης τῆς Μιλήτου οὐδαμὰ ἐς αὐτὴν ἥξειν ἔτι ἐλογίζετο. Ἱστιαῖος μέν νυν ταῦτα διανοεύμενος ἀπέπεμπε τὸν ἄγγελον, Ἀρισταγόρῃ δὲ συνέπιπτε τοῦ αὐτοῦ χρόνου πάντα ταῦτα συνελθόντα. ἐβουλεύετο ὦν μετὰ τῶν στασιωτέων, ἐκφήνας τήν τε ἑωυτοῦ γνώμην καὶ τὰ παρὰ τοῦ Ἱστιαίου ἀπιγμένα. [2] οἱ μὲν δὴ ἄλλοι πάντες γνώμην κατὰ τὠυτὸ ἐξεφέροντο, κελεύοντες ἀπίστασθαι […] [4] […] αὕτη μὲν δὴ οὐκ ἐνίκα ἡ γνώμη, ἐδόκεε δὲ ὅμως ἀπίστασθαι, ἕνα τε αὐτῶν πλώσαντα ἐς Μυοῦντα ἐς τὸ στρατόπεδον τὸ ἀπὸ τῆς Νάξου ἀπελθόν, ἐὸν ἐνθαῦτα, συλλαμβάνειν πειρᾶσθαι τοὺς ἐπὶ τῶν νεῶν ἐπιπλέοντας στρατηγούς. […] [1] […] οὕτω δὴ ἐκ τοῦ ἐμφανέος ὁ Ἀρισταγόρης ἀπεστήκεε, πᾶν ἐπὶ Δαρείῳ μηχανώμενος. [2] καὶ πρῶτα μὲν λόγῳ μετεὶς τὴν τυραννίδα ἰσονομίην ἐποίεε τῇ Μιλήτῳ, ὡς ἂν ἑκόντες αὐτῷ οἱ Μιλήσιοι συναπισταίατο, μετὰ δὲ καὶ ἐν τῇ ἄλλῃ Ἰωνίῃ τὠυτὸ τοῦτο ἐποίεε, τοὺς μὲν ἐξελαύνων τῶν τυράννων, τοὺς δ᾽ ἔλαβε τυράννους ἀπὸ τῶν νεῶν τῶν συμπλευσασέων ἐπὶ Νάξον, τούτους δὲ φίλα βουλόμενος ποιέεσθαι τῇσι πόλισι ἐξεδίδου, ἄλλον ἐς ἄλλην πόλιν παραδιδούς, ὅθεν εἴη ἕκαστος. [1] Κώην μέν νυν Μυτιληναῖοι ἐπείτε τάχιστα παρέλαβον, ἐξαγαγόντες κατέλευσαν, Κυμαῖοι δὲ τὸν σφέτερον αὐτῶν ἀπῆκαν: ὣς δὲ καὶ ἄλλοι οἱ πλεῦνες ἀπίεσαν.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung:: A.D.Godley
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

Aristagoras had no way of fulfilling his promise to Artaphrenes, and he was hard-pressed by demands for the costs of the force. Furthermore he feared what might come of the failure of the army and Megabates‘ displeasure against him. It was likely, he thought, that his lordship of Miletus would be taken away from him. [2] With all these fears in his mind, he began to plan revolt, for it chanced that at that very time there came from Susa Histiaeus‘ messenger, the man with the marked head, signifying that Aristagoras should revolt from the king. [3] Since Histiaeus desired to give word to Aristagoras that he should revolt and had no other safe way of doing so because the roads were guarded, he shaved and branded the head of his most trustworthy slave. He waited till the hair had grown again, and as soon as it was grown, he sent the man to Miletus with no other message except that when he came to Miletus he must bid Aristagoras shave his hair and examine his head. The writing branded on it signified revolt, as I have already said. [4] This Histiaeus did because he greatly disliked his detention at Susa and fully expected to be sent away to the coast in the case that there should be a revolt. If, however, Miletus remained at peace, he calculated that he would never return there. [1] With this intent, then, Histiaeus sent his messenger, and it chanced that all these things came upon Aristagoras at one and the same time. He accordingly took counsel with the members of his faction, stating his own opinion as well as the message which had come to him from Histiaeus. [2] All the rest spoke their minds to the same effect, favoring revolt […]. [4] […] One out of their number was to sail to Myus, to the army which had left Naxos and was there, and attempt to seize the generals who were aboard the ships. […] [1] […] Then Aristagoras revolted openly, devising all he could to harm Darius. [2] First he made pretence of giving up his tyranny and gave Miletus equality of government so that the Milesians might readily join in his revolt. Then he proceeded to do the same things in the rest of Ionia. Some of the tyrants he banished, and as for those tyrants whom he had taken out of the ships that sailed with him against Naxos, he handed them each over to their respective cities, which he wished to please. [1] Coes, when the Mytilenaeans received him, was taken out and stoned, but the Cymaeans, as well as most of the others, let their own man go.

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Autor_in: Niklas Rempe
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Hdt. 5.35-38.1

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie die Gründe für den Ionischen Aufstand, die sich aus der Quelle ergeben.

2) Welche Maßnahmen ergriff Aristagoras nach Herodot zu Beginn des Aufstands?

3) Was für Rückschlüsse können aus der Quelle über die politische Herrschaft in den ionischen Poleis zu Beginn des Aufstands gezogen werden?

Kommentar:

Herodot stellt den Tyrannen der kleinasiatischen Polis Milet – Aristagoras – in den Mittelpunkt seiner Beschreibung des Beginns des Ionischen Aufstands. Nach einem misslungenen militärischen Manöver gegen Naxos befindet sich Aristagoras in einer prekären Situation. Er befürchtet durch seine Niederlage die Perser, welche ihn und die anderen Tyrannen der griechischen Poleis in Kleinasien eingesetzt hatten, zu sehr verärgert zu haben, um seine Herrschaft in Milet weiter ausüben zu können. Seinen Vorgänger und Schwiegervater Histiaios hatte dieses Schicksal schon ereilt und er musste sein Leben unter der Aufsicht des Großkönigs im persischen Susa fristen. Eben jener Histiaios schickt Aristagoras in dieser misslichen Lage eine Nachricht und fordert ihn auf, den Aufstand gegen die persische Oberherrschaft zu wagen. Auf diese Art von seinem Vorgänger in seinem Ansinnen bestätigt, berät sich Aristagoras mit seinen Vertrauten und leitetet schlussendlich aus einem egoistischen Motiv – Machterhalt – den Aufstand ein, der später als der „Ionische Aufstand“ bekannt wurde und als Auslöser der Perserkriege gilt.

Aristagoras beginnt sofort zu handeln. Man solle die Tyrannen der anderen griechischen Poleis in Kleinasien, die kurz zuvor noch mit ihm zusammen gegen Naxos gezogen waren, festnehmen. Des Weiteren tritt Aristagoras selber als Tyrann von Milet zurück – ein Vorwand, wie Herodot schreibt – und gibt sich demokratisch, indem er der Bürgerschaft ein Mitspracherecht in rechtlichen und politischen Dingen gibt. Sein Ziel ist es, die Bürger Milets durch diese Zugeständnisse vom Sinn eines Aufstands zu überzeugen und seine Führungsposition zu festigen. Auch in den anderen Poleis in Ionien verfuhr er ähnlich. Er unterstrich dies damit, dass er die Tyrannen, die unter der persischen Schirmherrschaft diese Städte beherrschten, an die jeweilige Poleis auslieferte. Auch hiermit soll Aristagoras nach Herodot versucht haben, die Griechen der kleinasiatischen Küste hinter sich zu vereinen.

Die Darstellung des Beginns des Ionischen Aufstands gibt einen guten Eindruck von der politischen Lage am Anfang des fünften Jh. v. Chr. bzw. von Herodots Einschätzung diesbezüglich. Die ionischen Poleis standen unter persischer Herrschaft, wobei diese nicht unbedingt direkt durchgesetzt wurde. Vielmehr machten die Perser sich vor Ort die politischen Streitigkeiten zwischen den oligarchisch und den demokratisch gesinnten Teilen der Bürgerschaft zu Nutze (ein Streit der sich durch die gesamte griechische Antike zieht) und förderten in der Regel erstere, indem sie einen Aristokraten als Tyrannen der Polis einsetzten. Die Gefahr diese Herrschaft – und damit seine persönliche Macht – zu verlieren, war nach Herodot der maßgebliche Grund für Aristagoras, den ionischen Aufstand anzuzetteln. Auch sein Vorgänger Histiaios hatte ähnlich egoistische Motive. Zu betonen ist: Nicht etwa ist ein Zwang von Seiten der „demokratischen“ Bürgerschaft nachzuvollziehen, die das Joch der Tyrannei abschütteln wollten, sondern vielmehr die Angst der Oligarchen, ihre Macht zu verlieren. Nichtsdestoweniger hatte die Aussicht auf politische und rechtliche Mitsprache sicherlich Einfluss auf die Motivation einer breiten Schicht von Bürgern. Der Umgang mit den gestürzten Tyrannen, die Aristagoras an die ionischen Städte auslieferte, ist allerdings bezeichnend dafür, dass die oligarchische bzw. tyrannische Herrschaft keineswegs als Hauptauslöser des Aufstands angesehen werden sollte. Einzig Mytilene schien mit ihrem tyrannischen Herrscher Koes derart unzufrieden gewesen zu sein, dass er den Tod durch Steinigung fand.

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Der Hilfsgesuch in Sparta

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Herodot
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Hdt. 5.49-50 – Original:

ἀπικνέεται δὲ ὦν ὁ Ἀρισταγόρης ὁ Μιλήτου τύραννος ἐς τὴν Σπάρτην Κλεομένεος ἔχοντος τὴν ἀρχήν: τῷ δὴ ἐς λόγους ἤιε, ὡς Λακεδαιμόνιοι λέγουσι, ἔχων χάλκεον πίνακα ἐν τῷ γῆς ἁπάσης περίοδος ἐνετέτμητο καὶ θάλασσά τε πᾶσα καὶ ποταμοὶ πάντες. [2] ἀπικνεόμενος δὲ ἐς λόγους ὁ Ἀρισταγόρης ἔλεγε πρὸς αὐτὸν τάδε. ‘Κλεόμενες, σπουδὴν μὲν τὴν ἐμὴν μὴ θωμάσῃς τῆς ἐνθαῦτα ἀπίξιος: τὰ γὰρ κατήκοντα ἐστὶ τοιαῦτα: Ἰώνων παῖδας δούλους εἶναι ἀντ᾽ ἐλευθέρων ὄνειδος καὶ ἄλγος μέγιστον μὲν αὐτοῖσι ἡμῖν, ἔτι δὲ τῶν λοιπῶν ὑμῖν, ὅσῳ προέστατε τῆς Ἑλλάδος. [3] νῦν ὦν πρὸς θεῶν τῶν Ἑλληνίων ῥύσασθε Ἴωνας ἐκ δουλοσύνης ἄνδρας ὁμαίμονας. εὐπετέως δὲ ὑμῖν ταῦτα οἷά τε χωρέειν ἐστί: οὔτε γὰρ οἱ βάρβαροι ἄλκιμοι εἰσί, ὑμεῖς τε τὰ ἐς τὸν πόλεμον ἐς τὰ μέγιστα ἀνήκετε ἀρετῆς πέρι, ἥ τε μάχη αὐτῶν ἐστὶ τοιήδε, τόξα καὶ αἰχμὴ βραχέα: ἀναξυρίδας δὲ ἔχοντες ἔρχονται ἐς τὰς μάχας καὶ κυρβασίας ἐπὶ τῇσι κεφαλῇσι. [4] οὕτω εὐπετέες χειρωθῆναι εἰσί. ἔστι δὲ καὶ ἀγαθὰ τοῖσι τὴν ἤπειρον ἐκείνην νεμομένοισι ὅσα οὐδὲ τοῖσι συνάπασι ἄλλοισι, ἀπὸ χρυσοῦ ἀρξαμένοισι, ἄργυρος καὶ χαλκὸς καὶ ἐσθὴς ποικίλη καὶ ὑποζύγιά τε καὶ ἀνδράποδα: τὰ θυμῷ βουλόμενοι αὐτοὶ ἂν ἔχοιτε. [5] κατοίκηνται δὲ ἀλλήλων ἐχόμενοι ὡς ἐγὼ φράσω, Ἰώνων μὲν τῶνδε οἵδε Λυδοί, οἰκέοντές τε χώρην ἀγαθὴν καὶ πολυαργυρώτατοι ἐόντες.’ δεικνὺς δὲ ἔλεγε ταῦτα ἐς τῆς γῆς τὴν περίοδον, τὴν ἐφέρετο ἐν τῷ πίνακι ἐντετμημένην. ‘Λυδῶν δέ’ ἔφη λέγων ὁ Ἀρισταγόρης ‘οἵδε ἔχονται Φρύγες οἱ πρὸς τὴν ἠῶ, πολυπροβατώτατοί τε ἐόντες πάντων τῶν ἐγὼ οἶδα καὶ πολυκαρπότατοι. […] [8] ἀλλὰ περὶ μὲν χώρης ἄρα οὐ πολλῆς οὐδὲ οὕτω χρηστῆς καὶ οὔρων σμικρῶν χρεόν ἐστι ὑμέας μάχας ἀναβάλλεσθαι πρός τε Μεσσηνίους ἐόντας ἰσοπαλέας καὶ Ἀρκάδας τε καὶ Ἀργείους, τοῖσι οὔτε χρυσοῦ ἐχόμενον ἐστι οὐδὲν οὔτε ἀργύρου, τῶν πέρι καί τινα ἐνάγει προθυμίη μαχόμενον ἀποθνήσκειν: παρέχον δὲ τῆς Ἀσίης πάσης ἄρχειν εὐπετέως, ἄλλο τι αἱρήσεσθε;’ [9] Ἀρισταγόρης μὲν ταῦτα ἔλεξε, Κλεομένης δὲ ἀμείβετο τοῖσιδε. ‘ὦ ξεῖνε Μιλήσιε, ἀναβάλλομαί τοι ἐς τρίτην ἡμέρην ὑποκρινέεσθαι.’ [1] τότε μὲν ἐς τοσοῦτον ἤλασαν: ἐπείτε δὲ ἡ κυρίη ἡμέρη ἐγένετο τῆς ὑποκρίσιος καὶ ἦλθον ἐς τὸ συγκείμενον, εἴρετο ὁ Κλεομένης τὸν Ἀρισταγόρην ὁκοσέων ἡμερέων ἀπὸ θαλάσσης τῆς Ἰώνων ὁδὸς εἴη παρὰ βασιλέα. [2] ὁ δὲ Ἀρισταγόρης τἆλλα ἐὼν σοφὸς καὶ διαβάλλων ἐκεῖνον εὖ ἐν τούτῳ ἐσφάλη: χρὲον γάρ μιν μὴ λέγειν τὸ ἐόν, βουλόμενόν γε Σπαρτιήτας ἐξαγαγεῖν ἐς τὴν Ἀσίην, λέγει δ᾽ ὦν τριῶν μηνῶν φὰς εἶναι τὴν ἄνοδον. ὁ δὲ ὑπαρπάσας τὸν ἐπίλοιπον λόγον τὸν ὁ Ἀρισταγόρης ὥρμητο λέγειν περὶ τῆς ὁδοῦ, εἶπε [3] ‘ὦ ξεῖνε Μιλήσιε, ἀπαλλάσσεο ἐκ Σπάρτης πρὸ δύντος ἡλίου: οὐδένα γὰρ λόγον εὐεπέα λέγεις Λακεδαιμονίοισι, ἐθέλων σφέας ἀπὸ θαλάσσης τριῶν μηνῶν ὁδὸν ἀγαγεῖν.’

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung:: A.D.Godley
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Übersetzung

It was in the reign of Cleomenes that Aristagoras the tyrant of Miletus came to Sparta. When he had an audience with the king, as the Lacedaemonians report, he brought with him a bronze tablet on which the map of all the earth was engraved, and all the sea and all the rivers. [2] Having been admitted to converse with Cleomenes, Aristagoras spoke thus to him: “Do not wonder, Cleomenes, that I have been so eager to come here, for our present situation is such that the sons of the Ionians are slaves and not free men, which is shameful and grievous particularly to ourselves but also, of all others, to you, inasmuch as you are the leaders of Hellas. [3] Now, therefore, we entreat you by the gods of Hellas to save your Ionian kinsmen from slavery. This is a thing which you can easily achieve, for the strangers are not valiant men while your valor in war is preeminent. As for their manner of fighting, they carry bows and short spears, and they go to battle with trousers on their legs and turbans on their heads. [4] Accordingly, they are easy to overcome. Furthermore, the inhabitants of that continent have more good things than all other men together, gold first but also silver, bronze, colored cloth, beasts of burden, and slaves. All this you can have to your heart’s desire. [5] The lands in which they dwell lie next to each other, as I shall show: next to the Ionians are the Lydians, who inhabit a good land and have great store of silver.” (This he said pointing to the map of the earth which he had brought engraved on the tablet.) “Next to the Lydians,” said Aristagoras, “you see the Phrygians to the east, men that of all known to me are the richest in flocks and in the fruits of the earth. […] [8] You should suspend your war, then, for strips of land of no great worth—for that fight with with Messenians, who are matched in strength with you, and Arcadians and Argives, men who have nothing in the way of gold or silver (for which things many are spurred by zeal to fight and die). Yet when you can readily be masters of all Asia, will you refuse to attempt it?” [9] Thus spoke Aristagoras, and Cleomenes replied: “Milesian, my guest, wait till the third day for my answer.” [1] At that time, then, they got so far. When, on the day appointed for the answer, they came to the place upon which they had agreed, Cleomenes asked Aristagoras how many days‘ journey it was from the Ionian sea to the king. [2] Till now, Aristagoras had been cunning and fooled the Spartan well, but here he made a false step. If he desired to take the Spartans away into Asia he should never have told the truth, but he did tell it, and said that it was a three months‘ journey inland. [3] At that, Cleomenes cut short Aristagoras‘ account of the prospective journey. He then bade his Milesian guest depart from Sparta before sunset, for never, he said, would the Lacedaemonians listen to the plan, if Aristagoras desired to lead them a three months‘ journey from the sea.

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Autor_in: Niklas Rempe
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Hdt. 5.49-50

Leitfragen:

1) Geben Sie die Argumente des Aristagoras wieder, mit denen er Kleomenes zu überzeugen versucht.

2) Welches Hilfsmittel gebraucht Aristagoras für seine Argumentation und wie erfolgreich ist es?

3) Bewerten Sie das Vorgehen und die Argumente des Aristagoras.

Kommentar:

Aristagoras, dessen egoistisches Motiv des Machterhalts als ein wesentlicher Grund für den Ionischen Aufstand angesehen werden sollte, versucht in Sparta Verbündete in seinem Kampf gegen die Perser zu gewinnen. Herodot überliefert verschiedene Argumente, die der Herrscher von Milet in diesem Zuge dem spartansichen König Kleomenes dargelegt haben soll: Die ionischen Griechen an der kleinasiatischen Küste seien Sklaven und keine freien Männer. Bei den Spartanern müsse dieses schlimme Schicksal der ionischen Poleis sicher Mitleid erregen – schließlich seien es griechische Männer, die nunmehr in Sklaverei leben müssten. Außerdem würde es den Lakedaimoniern überhaupt nicht schwer fallen, sich gegen die Perser militärisch behaupten zu können. Deren leicht gerüsteten Männer würden für die kampferfahrenen und gut ausgestatteten Spartaner keine Herausforderung darstellen. Darüber hinaus erwarte sie in den Ländern des persischen Großreichs eine Fülle an Reichtümern, und sollten sie den Griechen in Kleinasien zu Hilfe kommen, könnten die Spartaner sowohl Erze, wie Gold und Silber, als auch Stoffe, Tiere und Sklaven erbeuten. Derartig leicht zu erringende und ergiebige Kriegsbeute könnten sie sich bei den Kämpfen auf der Peloponnes mit anderen griechischen Poleis nicht erhoffen.

Nach Herodot kommt Aristagoras mit einer bronzenen Tafel zum spartanischen König. Mit dieser veranschaulichte er anscheinend seine mündliche Darlegung, mit der er versuchte Kleomenes zu überreden. Diese Karte habe demnach Länder und Wasserwege abgezeichnet. So konnte Aristagoras nach Herodot z.B. durch einen Fingerzeig dem spartanischen König erklären, wo das Land der Lyder sei. Diese optische Unterstützung des Hilfsgesuchs scheint bei Kleomenes allerdings wenig Eindruck und Wirkung erzielt zu haben. Nach seiner Bedenkzeit sei die erste – und einzige – Frage gewesen, wie weit der persische Hof in Susa entfernt sei. Die bronzene Tafel konnte den Spartanern nach Herodots Beschreibung also keine Auskunft über die Entfernungen der einzelnen Gebiete und Städte des großen Perserreichs machen. Derartige frühe Karten sollten sich entsprechend als rudimentär und einfach vorgestellt werden. Auch ist es möglich, dass es sich eher um eine Art Routenplan handelte, auf dem die einzelnen Völker und Reiseabschnitte des persischen Großreichs verzeichnet waren.

Kleomenes habe Aristagoras‘ Gesuch jedenfalls abgelehnt – die Entfernung zwischen Sparta und dem im Zweistromland gelegenen Susa sei zu groß gewesen (ein Marsch von drei Monaten). Die Argumente, die der Herrscher von Milet vorbrachte, scheinen also nicht überzeugt zu haben. Daraus kann man einige Rückschlüsse ziehen: Das Gemeinschaftsgefühl, an welches Aristagoras appelliert, war in einer so ausgeprägten Form, dass sich die Spartaner verpflichtet gefühlt hätten, den kleinasiatischen Griechen zur Hilfe zu kommen, in dieser Zeit bei den Griechen so noch nicht vorhanden. Sicherlich waren sich die einzelnen griechischen Poleis ihrer gemeinsamen Abstammung und Kultur bewusst, doch prägte sich diese Gemeinschaftsgefühl erst nach den Perserkriegen wirklich aus. Auch die Abwertung des militärischen Könnens der Perser erscheint als ein verzweifeltes Argument. Sicherlich wussten die Spartaner, dass allein die schiere Anzahl an Truppen, die der persische Großkönig aufstellen konnte, eine für sie allein nicht zu besiegende Überzahl darstellen würde. Entsprechend fehl geht auch die Betonung der möglichen Kriegsbeute. Neben der Gefahr der militärischen Niederlage kommt hier noch die lange Marschroute ins Spiel, die das Ansammeln von derartigen Reichtümern weiterhin erschwert. Kurz: Ein risikoreicher Feldzug von mehreren Monaten gegen eine erdrückende Überzahl von Feinden, der kaum Beute verspricht, kam für Kleomenes nicht in Frage. Diese konservative und auf ihr griechisches Heimatland fokussierte Außenpolitik war für Sparta typisch und zieht sich bis zu dem Peloponnesischen Krieg hin.

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Übernahme der phönizischen Schrift

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Hdt. 5.58-59 – Original:

οἱ δὲ Φοίνικες οὗτοι οἱ σὺν Κάδμῳ ἀπικόμενοι, τῶν ἦσαν οἱ Γεφυραῖοι, ἄλλα τε πολλὰ οἰκήσαντες ταύτην τὴν χώρην ἐσήγαγον διδασκάλια ἐς τοὺς Ἕλληνας καὶ δὴ καὶ γράμματα, οὐκ ἐόντα πρὶν Ἕλλησι ὡς ἐμοὶ δοκέειν, πρῶτα μὲν τοῖσι καὶ ἅπαντες χρέωνται Φοίνικες: μετὰ δὲ χρόνου προβαίνοντος ἅμα τῇ φωνῇ μετέβαλλον καὶ τὸν ῥυθμὸν τῶν γραμμάτων. [2] περιοίκεον δὲ σφέας τὰ πολλὰ τῶν χώρων τοῦτον τὸν χρόνον Ἑλλήνων Ἴωνες, οἳ παραλαβόντες διδαχῇ παρὰ τῶν Φοινίκων τὰ γράμματα, μεταρρυθμίσαντες σφέων ὀλίγα ἐχρέωντο, χρεώμενοι δὲ ἐφάτισαν, ὥσπερ καὶ τὸ δίκαιον ἔφερε, ἐσαγαγόντων Φοινίκων ἐς τὴν Ἑλλάδα, Φοινικήια κεκλῆσθαι. [3] καὶ τὰς βύβλους διφθέρας καλέουσι ἀπὸ τοῦ παλαιοῦ οἱ Ἴωνες, ὅτι κοτὲ ἐν σπάνι βύβλων ἐχρέωντο διφθέρῃσι αἰγέῃσί τε καὶ οἰέῃσι: ἔτι δὲ καὶ τὸ κατ᾽ ἐμὲ πολλοὶ τῶν βαρβάρων ἐς τοιαύτας διφθέρας γράφουσι. [1] εἶδον δὲ καὶ αὐτὸς Καδμήια γράμματα ἐν τῷ ἱρῷ τοῦ Ἀπόλλωνος τοῦ Ἰσμηνίου ἐν Θήβῃσι τῇσι Βοιωτῶν, ἐπὶ τρίποσι τισὶ ἐγκεκολαμμένα, τὰ πολλὰ ὅμοια ἐόντα τοῖσι Ἰωνικοῖσι. ὁ μὲν δὴ εἷς τῶν τριπόδων ἐπίγραμμα ἔχει “ἀμφιτρύων μ᾽ ἀνέθηκ᾽ ἐνάρων ἀπὸ Τηλεβοάων.” ταῦτα ἡλικίην εἴη ἂν κατὰ Λάιον τὸν Λαβδάκου τοῦ Πολυδώρου τοῦ Κάδμου.

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Übersetzung:: A.D.Godley
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Übersetzung

These Phoenicians who came with Cadmus and of whom the Gephyraeans were a part brought with them to Hellas, among many other kinds of learning, the alphabet, which had been unknown before this, I think, to the Greeks. As time went on the sound and the form of the letters were changed. [2] At this time the Greeks who were settled around them were for the most part Ionians, and after being taught the letters by the Phoenicians, they used them with a few changes of form. In so doing, they gave to these characters the name of Phoenician, as was quite fair seeing that the Phoenicians had brought them into Greece. [3] The Ionians have also from ancient times called sheets of papyrus skins, since they formerly used the skins of sheep and goats due to the lack of papyrus. Even to this day there are many foreigners who write on such skins. [1] I have myself seen Cadmean writing in the temple of Ismenian Apollo at Thebes of Boeotia engraved on certain tripods and for the most part looking like Ionian letters. On one of the tripods there is this inscription: “Amphitryon dedicated me from the spoils of Teleboae.” This would date from about the time of Laius the son of Labdacus, grandson of Polydorus and great-grandson of Cadmus.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
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Hdt. 5.58-59

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie den Ablauf der Übernahme der Schrift der Phönizier.

2) Was kann man aus der Quellenpassage über die frühe Verwendung der Schriftzeichen erfahren?

3) Was für Rückschlüsse lassen sich aus der Quelle über Herodots Ansichten hinsichtlich der Entwicklung der griechischen Schriftzeichen ziehen?

Kommentar:

Herodot beginnt seinen kurzen Exkurs über den Ursprung der griechischen Schrift mit Kadmos – dem mythischen Gründer Kadmeias (dem späteren Theben). Aus Phönizien stammend haben er und seine Gefährten, die sich schlussendlich in Boiotien ansiedelten, ihre Schriftzeichen mitgebracht. Die Verbindung dieser phönizischen Schrift und dem lokalen griechischen Dialekt führte zu einer Veränderung der Schriftzeichen. Herodot verweist zudem generell auf die Nachbarschaft bzw. enge Verbindung zwischen den Phöniziern und Griechen. Neben der mythischen Verbreitung der Schrift durch Kadmos hebt er parallel die Nähe zu den Griechen, die sich durch den ionischen Dialekt auszeichnen, hervor. Zu denken ist hier insbesondere an die griechischen Poleis an der kleinasiatischen Küste und an Zypern, wo sich sowohl griechische als auch phönizische Siedlungen befanden. Auch den praktischen Umgang mit der Schrift – Herodot erwähnt die Verwendung von Leder als beschriebenem Material – übernahmen die Griechen von ihren östlichen Nachbarn, bevor sie ihre Eigenarten diesbezüglich entwickelten. Die frühen Schriftzeugnisse, die zur Zeit Herodots noch überliefert waren, spiegeln diese Entwicklung wieder, da die Buchstaben nunmehr in Keramik geritzt und in einem frühen Stadium der späteren ionisch-griechischen Schrift verfasst wurden.

Herodot gibt nach seiner Darstellung der Herkunft der griechischen Schrift drei Beispiele für die frühe Verwendung jener Zeichen an. Es handelt sich um Inschriften auf verschiedenen Dreifüßen, die als Weihgabe in Tempeln abgelegt wurden. Zum einen ist der religiöse und kultische Kontext für diese Weihgaben hervorzuheben. Die Griechen applizierten das für sie relativ neue Konzept von Schrift anscheinend schnell innerhalb diesem für sie so wichtigen Bereich ihrer Lebenswelt. Auch der Inhalt der Inschriften zeugt davon, wenn in zwei der Beispiele dem Gott Apollon – in dessen Tempel die Dreifüße ja auch stehen – für sein Tun gedankt wird. Bzgl. dieser zwei Inschriften ist zudem hervorzuheben, dass sie in Hexametern – einem Versmaß, welches sich auch in der frühen Dichtung Homers und Hesiods finden lässt – verfasst sind. Das weist auf den hohen Stellenwert der Dichtung in der griechischen Welt hin. Obwohl erst einige Jahre in Verwendung scheinen die Griechen das Mittel der Schrift früh poetisch und künstlerisch genutzt zu haben.

Abschließend lässt sich aus Herodots Darstellung der Entwicklung der griechischen Schrift noch Verschiedenes über die Zeit des Autors (5. Jh. v. Chr) sagen. Herodot gibt dem Ursprung der griechischen Schriftzeichen durch die Verbindung zu Kadmos einen mythischen Anstrich. Derartiges ist in vielen Lebensbereichen und zu verschiedenen Zeiten im griechischen Raum nachzuvollziehen. Die Autorität, die eine derartige Person aus der mythischen Vergangenheit mit sich brachte, ging auf den Gegenstand, der auf sie zurückgeführt wurde, über (weitere Beispiele sind z.B. Städtegründer und/oder Gesetzgeber). Herodot und die Griechen seiner Zeit hielten diese Persönlichkeiten und die mit ihnen in Verbindung gebrachten Taten durchaus für historisch, was seine Kommentare zu den Inschriften zeigen. Erstere Inschrift sei zur Zeit von Kadmos‘ Enkel entstanden und die zweite in der Zeit des Ödipus. Herodot überschätzt damit allerdings das Alter der Inschriften deutlich, was zeigt, dass er sich der relativen Neuartigkeit der griechischen Schrift (sie wurde im 8. Jh. v. Chr. eingeführt) nicht gänzlich bewusst gewesen zu sein scheint. Die knapp 300 Jahre bis zur Lebenszeit Herodots haben zwar den plausiblen Ursprung der Schriftzeichen aus den phönizischen noch nicht vollends in Vergessenheit gerückt, doch wird von ihm die Veränderung der Buchstaben als deutlich langsamer, als sie konkret vonstatten ging, veranschlagt.

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Phönizier in Griechenland

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Homer
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Hom. Od. 15.415-483 – Original:

‘ἔνθα δὲ Φοίνικες ναυσίκλυτοι ἤλυθον ἄνδρες, 415
τρῶκται, μυρί᾽ ἄγοντες ἀθύρματα νηῒ μελαίνῃ.
ἔσκε δὲ πατρὸς ἐμοῖο γυνὴ Φοίνισσ᾽ ἐνὶ οἴκῳ,
καλή τε μεγάλη τε καὶ ἀγλαὰ ἔργα ἰδυῖα:
τὴν δ᾽ ἄρα Φοίνικες πολυπαίπαλοι ἠπερόπευον.
πλυνούσῃ τις πρῶτα μίγη κοίλῃ παρὰ νηῒ 420
εὐνῇ καὶ φιλότητι, τά τε φρένας ἠπεροπεύει
θηλυτέρῃσι γυναιξί, καὶ ἥ κ᾽ εὐεργὸς ἔῃσιν.
εἰρώτα δὴ ἔπειτα τίς εἴη καὶ πόθεν ἔλθοι:
ἡ δὲ μάλ᾽ αὐτίκα πατρὸς ἐπέφραδεν ὑψερεφὲς δῶ:
‘ἐκ μὲν Σιδῶνος πολυχάλκου εὔχομαι εἶναι, 425
κούρη δ᾽ εἴμ᾽ Ἀρύβαντος ἐγὼ ῥυδὸν ἀφνειοῖο:
ἀλλά μ᾽ ἀνήρπαξαν Τάφιοι ληΐστορες ἄνδρες
ἀγρόθεν ἐρχομένην, πέρασαν δέ τε δεῦρ᾽ ἀγαγόντες
τοῦδ᾽ ἀνδρὸς πρὸς δώμαθ᾽: ὁ δ᾽ ἄξιον ὦνον ἔδωκε.’
τὴν δ᾽ αὖτε προσέειπεν ἀνήρ, ὃς ἐμίσγετο λάθρη: 430
‘ἦ ῥά κε νῦν πάλιν αὖτις ἅμ᾽ ἡμῖν οἴκαδ᾽ ἕποιο,
ὄφρα ἴδῃ πατρὸς καὶ μητέρος ὑψερεφὲς δῶ
αὐτούς τ᾽; ἦ γὰρ ἔτ᾽ εἰσὶ καὶ ἀφνειοὶ καλέονται.’
τὸν δ᾽ αὖτε προσέειπε γυνὴ καὶ ἀμείβετο μύθῳ:
‘εἴη κεν καὶ τοῦτ᾽, εἴ μοι ἐθέλοιτέ γε, ναῦται, 435
ὅρκῳ πιστωθῆναι ἀπήμονά μ᾽ οἴκαδ᾽ ἀπάξειν.’
ὣς ἔφαθ᾽, οἱ δ᾽ ἄρα πάντες ἐπώμνυον ὡς ἐκέλευεν.
αὐτὰρ ἐπεί ῥ᾽ ὄμοσάν τε τελεύτησάν τε τὸν ὅρκον,
τοῖς δ᾽ αὖτις μετέειπε γυνὴ καὶ ἀμείβετο μύθῳ:
‘σιγῇ νῦν, μή τίς με προσαυδάτω ἐπέεσσιν 440
ὑμετέρων ἑτάρων, ξυμβλήμενος ἢ ἐν ἀγυιῇ,
ἤ που ἐπὶ κρήνῃ: μή τις ποτὶ δῶμα γέροντι
ἐλθὼν ἐξείπῃ, ὁ δ᾽ ὀϊσάμενος καταδήσῃ
δεσμῷ ἐν ἀργαλέῳ, ὑμῖν δ᾽ ἐπιφράσσετ᾽ ὄλεθρον.
ἀλλ᾽ ἔχετ᾽ ἐν φρεσὶ μῦθον, ἐπείγετε δ᾽ ὦνον ὁδαίων. 445
ἀλλ᾽ ὅτε κεν δὴ νηῦς πλείη βιότοιο γένηται,
ἀγγελίη μοι ἔπειτα θοῶς ἐς δώμαθ᾽ ἱκέσθω:
οἴσω γὰρ καὶ χρυσόν, ὅτις χ᾽ ὑποχείριος ἔλθῃ:
καὶ δέ κεν ἄλλ᾽ ἐπίβαθρον ἐγὼν ἐθέλουσά γε δοίην.
παῖδα γὰρ ἀνδρὸς ἑῆος ἐνὶ μεγάροις ἀτιτάλλω, 450
κερδαλέον δὴ τοῖον, ἅμα τροχόωντα θύραζε:
τόν κεν ἄγοιμ᾽ ἐπὶ νηός, ὁ δ᾽ ὑμῖν μυρίον ὦνον
ἄλφοι, ὅπῃ περάσητε κατ᾽ ἀλλοθρόους ἀνθρώπους.’
‘ἡ μὲν ἄρ᾽ ὣς εἰποῦσ᾽ ἀπέβη πρὸς δώματα καλά,
οἱ δ᾽ ἐνιαυτὸν ἅπαντα παρ᾽ ἡμῖν αὖθι μένοντες 455
ἐν νηῒ γλαφυρῇ βίοτον πολὺν ἐμπολόωντο.
ἀλλ᾽ ὅτε δὴ κοίλη νηῦς ἤχθετο τοῖσι νέεσθαι,
καὶ τότ᾽ ἄρ᾽ ἄγγελον ἧκαν, ὃς ἀγγείλειε γυναικί.
ἤλυθ᾽ ἀνὴρ πολύϊδρις ἐμοῦ πρὸς δώματα πατρὸς
χρύσεον ὅρμον ἔχων, μετὰ δ᾽ ἠλέκτροισιν ἔερτο. 460
τὸν μὲν ἄρ᾽ ἐν μεγάρῳ δμῳαὶ καὶ πότνια μήτηρ
χερσίν τ᾽ ἀμφαφόωντο καὶ ὀφθαλμοῖσιν ὁρῶντο,
ὦνον ὑπισχόμεναι: ὁ δὲ τῇ κατένευσε σιωπῇ.
ἦ τοι ὁ καννεύσας κοίλην ἐπὶ νῆα βεβήκει,
ἡ δ᾽ ἐμὲ χειρὸς ἑλοῦσα δόμων ἐξῆγε θύραζε. 465
εὗρε δ᾽ ἐνὶ προδόμῳ ἠμὲν δέπα ἠδὲ τραπέζας
ἀνδρῶν δαιτυμόνων, οἵ μευ πατέρ᾽ ἀμφεπένοντο.
οἱ μὲν ἄρ᾽ ἐς θῶκον πρόμολον, δήμοιό τε φῆμιν,
ἡ δ᾽ αἶψα τρί᾽ ἄλεισα κατακρύψασ᾽ ὑπὸ κόλπῳ
ἔκφερεν: αὐτὰρ ἐγὼν ἑπόμην ἀεσιφροσύνῃσι. 470
δύσετό τ᾽ ἠέλιος, σκιόωντό τε πᾶσαι ἀγυιαί:
ἡμεῖς δ᾽ ἐς λιμένα κλυτὸν ἤλθομεν ὦκα κιόντες,
ἔνθ᾽ ἄρα Φοινίκων ἀνδρῶν ἦν ὠκύαλος νηῦς.
οἱ μὲν ἔπειτ᾽ ἀναβάντες ἐπέπλεον ὑγρὰ κέλευθα,
νὼ ἀναβησάμενοι: ἐπὶ δὲ Ζεὺς οὖρον ἴαλλεν. 475
ἑξῆμαρ μὲν ὁμῶς πλέομεν νύκτας τε καὶ ἦμαρ:
ἀλλ᾽ ὅτε δὴ ἕβδομον ἦμαρ ἐπὶ Ζεὺς θῆκε Κρονίων,
τὴν μὲν ἔπειτα γυναῖκα βάλ᾽ Ἄρτεμις ἰοχέαιρα,
ἄντλῳ δ᾽ ἐνδούπησε πεσοῦσ᾽ ὡς εἰναλίη κήξ.
καὶ τὴν μὲν φώκῃσι καὶ ἰχθύσι κύρμα γενέσθαι 480
ἔκβαλον: αὐτὰρ ἐγὼ λιπόμην ἀκαχήμενος ἦτορ:
τοὺς δ᾽ Ἰθάκῃ ἐπέλασσε φέρων ἄνεμός τε καὶ ὕδωρ,
ἔνθα με Λαέρτης πρίατο κτεάτεσσιν ἑοῖσιν.

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Übersetzung

[415] “Thither came Phoenicians, men famed for their ships, greedy knaves, bringing countless trinkets in their black ship. Now there was in my father’s house a Phoenician woman, comely and tall, and skilled in glorious handiwork. Her the wily Phoenicians beguiled. [420] First, as she was washing clothes, one of them lay with her in love by the hollow ship; for this beguiles the minds of women, even though one be upright. Then he asked her who she was, and whence she came, and she straightway shewed him the high-roofed home of my father, and said: [425] “‘Out of Sidon, rich in bronze, I declare that I come, and I am the daughter of Arybas, to whom wealth flowed in streams. But Taphian pirates seized me, as I was coming from the fields, and brought me hither, and sold me to the house of yonder man, and he paid for me a goodly price.’ [430] “Then the man who had lain with her in secret answered her: ‘Wouldest thou then return again with us to thy home, that thou mayest see the high-roofed house of thy father and mother, and see them too? For of a truth they yet live, and are accounted rich.’ “Then the woman answered him, and said: [435] ‘This may well be, if you sailors will pledge yourselves by an oath, that you will bring me safely home.’ “So she spoke, and they all gave an oath thereto, as she bade them. But when they had sworn and made an end of the oath, the woman again spoke among them, and made answer: [440] “‘Be silent now, and let no one of your company speak to me, if he meets me in the street or haply at the well, lest some one go to the palace and tell the old king, and he wax suspicious and bind me with grievous bonds, and devise death for you. [445] Nay, keep my words in mind, and speed the barter of your wares. But, when your ship is laden with goods, let a message come quickly to me at the palace; for I will also bring whatever gold comes under my hand. Aye, and I would gladly give another thing for my
passage. [450] There is a child of my noble master, whose nurse I am in the palace, such a cunning child, who ever runs abroad with me. Him would I bring on board, and he would fetch you a vast price, wherever you might take him for sale among men of strange speech.’ “So saying, she departed to the fair palace. [455] And they remained there in our land a full year, and got by trade much substance in their hollow ship. But when their hollow ship was laden for their return, then they sent a messenger to bear tidings to the woman. There came a man, well versed in guile, to my father’s house [460] with a necklace of gold, and with amber beads was it strung between. This the maidens in the hall and my honored mother were handling, and were gazing on it, and were offering him their price; but he nodded to the woman in silence. Then verily when he had nodded to her, he went his way to the hollow ship, [465] but she took me by the hand, and led me forth from the house. Now in the fore-hall of the palace she found the cups and tables of the banqueters, who waited upon my father. They had gone forth to the council and the people’s place of debate, but she quickly hid three goblets in her bosom, [470] and bore them away; and I followed in my heedlessness. Then the sun set, and all the ways grew dark. And we made haste and came to the goodly harbor, where was the swift ship of the Phoenicians. Then they embarked, [475] putting both of us on board as well, and sailed over the watery ways, and Zeus sent them a favorable wind. For six days we sailed, night and day alike; but when Zeus, son of Cronos, brought upon us the seventh day, then Artemis, the archer, smote the woman, and she fell with a thud into the hold, as a sea bird plunges. [480] Her they cast forth to be a prey to seals and fishes, but I was left, my heart sore stricken. Now the wind, as it bore them, and the wave, brought them to Ithaca, where Laertes bought me with his wealth.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Niklas Rempe
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Hom. Od. 15.415-383

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie die Taten und Handlungen der Phönizier in Griechenland.

2) Was kann man aus der Quelle über die Phönizier erfahren?

3) Was für Schlüsse kann man aus der Beziehung zwischen den Phöniziern und Griechen ziehen?

Kommentar:

Die Quellenpassage ist ein Teil einer Unterhaltung zwischen dem nach Ithaka zurückgekehrten Odysseus und Eumaios. Letzterer erzählt warum er, als Sohn adliger Eltern, nunmehr sein Leben als Schweinehirte fristet. Im Mittelpunkt seiner Erzählung steht die Mannschaft eines Schiffs aus Phönizien. Man erfährt, dass sie des Handels wegen in seine Heimatstadt kamen und mit einer ebenfalls aus Phönizien stammenden Sklavin einen Pakt schlossen: Sobald die Schiffsmannschaft ihre Geschäfte abschließen würde und bereit zur Abfahrt sei, solle die Frau möglichst viel aus dem Haus ihres Herren stehlen und auch den ihr als Amme anvertrauten Sohn des Hausherren – es handelte sich um eben jenen Schweinehirten Eumaios – entführen. Ihr Ziel sei gewesen, sich so von der Mannschaft die Heimreise zu erkaufen. Man erfährt, dass auch sie von adligem Geschlecht sei und einst von griechischen Seefahrern von den taphischen Inseln aus ihrer Heimatstadt Sidon entführt wurde. Ein ganzes Jahr brauchten die Phönizier, um ihre Handelsgeschäfte abzuschließen und das Schiff mit den vielen Gütern zu befüllen, bevor der Plan umgesetzt werden konnte. Sowohl der Diebstahl als auch die Entführung gelang, und die Phönizier, die geflohene Sklavin und der unglückliche Eumaios machten sich auf den Weg. Lange konnte die Frau ihre Freiheit jedoch nicht genießen: am siebten Tag ihrer Flucht starb sie. Die Phönizier setzten ihre Reise fort und kamen nach Ithaka, wo ihnen Odysseus‘ Vater Laertes den jungen Eumaios abkaufte.

Aus der Beschreibung der unglücklichen Entführung und Versklavung des Schweinehirten Eumaios kann vieles über die Phönizier – bzw. über das Bild, welches die archaischen Griechen von ihnen hatten – erfahren werden. Die Phönizier werden als Händler charakterisiert. Mit ihren Schiffen befahren sie schon zu dieser Zeit das gesamte Mittelmeer und verteilen so ihre Waren im ganzen mediterranen Raum. Entsprechend langwierig und schwierig waren ihre Handelsreisen – allein in der Heimatstadt des Eumaios trieben sie ja ein ganzes Jahr Handel, und auch danach führte sie ihre Reise nicht etwa zurück in die Heimat, sondern weiter bis nach Ithaka. Nichtsdestoweniger erscheinen die Phönizier in der Quelle in keinem guten Licht. Zum einen werden die Männer des Schiffes als Vergewaltiger und Räuber dargestellt, zum anderen sticht die phönizischen Sklavin durch ihre List und Skrupellosigkeit hervor.

Die dargestellte Verbindung zwischen den Griechen und Phöniziern in dieser sehr frühen literarischen Darstellung unterstreicht verschiedene Aspekte der antiken Lebenswelt. Zum einen dürfen die Griechen nicht – auch nicht in dieser frühen Zeit – als Gruppe ohne externe Beziehungen betrachtet werden. Am Beispiel der Phönizier wird deutlich, dass sie schon früh in Form von Handelsbeziehungen bestanden. Dass diese zudem als durchaus weiträumig und nicht zuletzt auch ertragreich vorgestellt werden müssen, unterstreicht die Quelle. Die phönizische Sklavin in griechischen Landen zeugt zudem von einem weiteren – wenn auch weniger friedlichen – Berührungspunkt unterschiedlicher Völker: der Sklaverei. Auch die Griechen fuhren weite Strecken auf dem Mittelmeer und auch sie waren nicht zimperlich, im Umgang mit erbeuteter Ware, ob Mensch oder Gegenstand. Schlussendlich ist zu betonen, dass früh ein Kultur- und Warenaustausch zwischen den Griechen und anderen Völkern im Mittelmeerraum nachzuvollziehen ist. Die negative Charakterisierung der Phönizier (obwohl sie sich im Grunde ja genau so verhalten, wie es die Griechen auf ihren Handelsreisen tun) weist aber trotz der vielen Berührungspunkte der Völker darauf hin, dass diese sich jeweils ihrer Identitäten und Eigenarten bewusst waren.

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Kolonisation und Seeräubertum

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Thukydides
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Thuk. 1.7-8.2 – Original:

[1] τῶν δὲ πόλεων ὅσαι μὲν νεώτατα ᾠκίσθησαν καὶ ἤδη πλωιμωτέρων ὄντων, περιουσίας μᾶλλον ἔχουσαι χρημάτων ἐπ᾽ αὐτοῖς τοῖς αἰγιαλοῖς τείχεσιν ἐκτίζοντο καὶ τοὺς ἰσθμοὺς ἀπελάμβανον ἐμπορίας τε ἕνεκα καὶ τῆς πρὸς τοὺς προσοίκους ἕκαστοι ἰσχύος: αἱ δὲ παλαιαὶ διὰ τὴν λῃστείαν ἐπὶ πολὺ ἀντίσχουσαν ἀπὸ θαλάσσης μᾶλλον ᾠκίσθησαν, αἵ τε ἐν ταῖς νήσοις καὶ ἐν ταῖς ἠπείροις ἔφερον γὰρ ἀλλήλους τε καὶ τῶν ἄλλων ὅσοι ὄντες οὐ θαλάσσιοι κάτω ᾤκουν, καὶ μέχρι τοῦδε ἔτι ἀνῳκισμένοι εἰσίν. [1] καὶ οὐχ ἧσσον λῃσταὶ ἦσαν οἱ νησιῶται, Κᾶρές τε ὄντες καὶ Φοίνικες: οὗτοι γὰρ δὴ τὰς πλείστας τῶν νήσων ᾤκησαν. μαρτύριον δέ: Δήλου γὰρ καθαιρομένης ὑπὸ Ἀθηναίων ἐν τῷδε τῷ πολέμῳ καὶ τῶν θηκῶν ἀναιρεθεισῶν ὅσαι ἦσαν τῶν τεθνεώτων ἐν τῇ νήσῳ, ὑπὲρ ἥμισυ Κᾶρες ἐφάνησαν, γνωσθέντες τῇ τε σκευῇ τῶν ὅπλων ξυντεθαμμένῃ καὶ τῷ τρόπῳ ᾧ νῦν ἔτι θάπτουσιν. [2] καταστάντος δὲ τοῦ Μίνω ναυτικοῦ πλωιμώτερα ἐγένετο παρ᾽ ἀλλήλους οἱ γὰρ ἐκ τῶν νήσων κακοῦργοι ἀνέστησαν ὑπ᾽ αὐτοῦ, ὅτεπερ καὶ τὰς πολλὰς αὐτῶν κατῴκιζε,

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung:: Richard Crawley
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

[1] With respect to their towns, later on, at an era of increased facilities of navigation and a greater supply of capital, we find the shores becoming the site of walled towns, and the isthmuses being occupied for the purposes of commerce, and defence against a neighbor. But the old towns, on account of the great prevalence of piracy, were built away from the sea, whether on the islands or the continent, and still remain in their old sites. For the pirates used to plunder one another, and indeed all coast populations, whether seafaring or not. [1] The islanders, too, were great pirates. These islanders were Carians and Phoenicians, by whom most of the islands were colonized, as was proved by the following fact. During the purification of Delos by Athens in this war all the graves in the island were taken up, and it was found that above half their inmates were Carians: they were identified by the fashion of the arms buried with them, and by the method of interment, which was the same as the Carians still follow. [2] But as soon as Minos had formed his navy, communication by sea became easier, as he colonized most of the islands, and thus expelled the malefactors.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Thuk. 1.7-8.2

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie die Veränderungen im Kolonisationsverhalten, die sich mit der Zeit ergaben.

2) Welche Gefahr gab es für die frühen Kolonien und wie wurde sie beseitigt?

3) Was lässt sich aus der Quelle über die Voraussetzungen der Kolonisation im Mittelmeerraum herausfinden?

Kommentar:

Thukydides beginnt sein Werk über den Peloponnesichen Krieg mit einigen einleitenden Überlegungen über die frühe griechische Geschichte. Unter anderem gibt er seine Meinung über die erste Besiedlung und Kolonisation des Mittelmeerraumes wieder. Nach Thukydides sei das Gründen von Kolonien und Befestigungen an der Küste eine relativ neue Entwicklung. Ursprünglich habe man sich eher im Landesinneren angesiedelt. Dies sei aus Schutz vor den Seeräubern geschehen, welche die Regionen an der Küste zu unsicher gemacht hätten. Neuerdings könne man dieser Gefahren allerdings durch eigene Flotten und andere Ressourcen begegnen und hätte sich somit auch die Küstenregion zur Besiedlung erschlossen (zu denken ist an Poleis wie Syrakus und Milet). Insbesondere Engpässe und Landengen wurden so durch ihre strategische Position zu begehrten Siedlungsplätzen. Gleiches gilt nach Thukydides für die vielen Inseln im Ägäischen Meer, deren ursprünglichen Bewohner – Phönizier und Karer – zuvor vertrieben wurden.

Nach Thukydides geht die größte Gefahr für die frühen Kolonien von Seeräubern aus. Hier ist allerdings nicht an einzelne Schiffe und Mannschaften zu denken, die allein auf Plünderung und Raub aus waren. Eher sollte man sich sowohl kleinere Flotten, die von den jeweiligen mächtigeren Siedlungen gegeneinander ausgeschickt wurden, vorstellen als auch Handelsschiffe, die bei schlechtem Ertrag nicht davor zurückschreckten, sich die Ware gewaltsam zu nehmen. Thukydides betont, dass derartiges Verhalten insbesondere bei den Völkern des östlichen Mittelmeerraumes (Karer und Phönizier), die zu der Zeit viele der Inseln bewohnten, der Fall gewesen sei. Erst Minos – der mythische König von Kreta – soll diese Gefahr gebannt bzw. gemindert haben. Er konnte erstmals genügend militärische Mittel – das heißt in diesem Fall eine große Flotte – bereitstellen, um sich den Seeräubern entgegenzustellen. Dadurch wurde der Seeverkehr friedlicher und reger, was wiederum neue Handelswege und Einnahmequellen zur Folge hatte. Dass Minos nach Thukydides zudem die Phönizier und Karer als einen Unruheherd von den Inseln vertrieb, beförderte dann schlussendlich deren Kolonisation durch Griechen.

Thukydides beschreibt hier zu seiner Zeit (5 Jh. v. Chr.) schon lange zurückliegende Ereignisse. Nichtsdestoweniger gibt die Passage einen guten Einblick in die Kolonisationsbewegungen der griechischen Welt. Zum einen hebt Thukydides die unterschiedlichen Begebenheiten und Möglichkeiten, was die Lage der Kolonie angeht, hervor. Im Landesinneren gelegene Orte seien zwar vor den gefährlichen Seeräubern geschützt gewesen, hätten allerdings selber auch nicht die so lukrative Seefahrerei betreiben können. Die Völker, die vor den Griechen den Mittelmeerraum bewohnten, hätten durch ihre schon bestehenden Siedlungen auf den Mittelmeerinseln eine Bremse in der griechischen Ausbreitung dargestellt. Ob es wirklich der sagenhafte König Minos auf Kreta war, der sowohl Phönizier und Karer vertrieb als auch die anderen Bedrohungen für neue Siedlungen im Mittelmeerraum beseitigte, ist sicherlich fraglich. Dennoch ist es plausibel, dass derartige Gefahren für die frühen Kolonisten in irgend einer Form behoben werden mussten – oder die Risiken wurden irgendwann durch das wirtschaftliche Potenzial in Kauf genommen; zumal jenes Potenzial enorm war. Thukydides der zu seiner Lebenszeit mit dem Delisch-Attischen Seebund ein Paradebeispiel dafür vor Augen hatte, wusste um den Reichtum und damit um den Machtzuwachs, den eine starke Präsenz in der Ägäis erlangen konnte.

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Gründe und Ablauf früher Kolonisation

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Homer
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Hom. Od. 6.2-12 – Original:

αὐτὰρ Ἀθήνη
βῆ ῥ᾽ ἐς Φαιήκων ἀνδρῶν δῆμόν τε πόλιν τε,
οἳ πρὶν μέν ποτ᾽ ἔναιον ἐν εὐρυχόρῳ Ὑπερείῃ,
5ἀγχοῦ Κυκλώπων ἀνδρῶν ὑπερηνορεόντων, 5
οἵ σφεας σινέσκοντο, βίηφι δὲ φέρτεροι ἦσαν.
ἔνθεν ἀναστήσας ἄγε Ναυσίθοος θεοειδής,
εἷσεν δὲ Σχερίῃ, ἑκὰς ἀνδρῶν ἀλφηστάων,
ἀμφὶ δὲ τεῖχος ἔλασσε πόλει, καὶ ἐδείματο οἴκους,
10καὶ νηοὺς ποίησε θεῶν, καὶ ἐδάσσατ᾽ ἀρούρας. 10
ἀλλ᾽ ὁ μὲν ἤδη κηρὶ δαμεὶς Ἄϊδόσδε βεβήκει,
Ἀλκίνοος δὲ τότ᾽ ἦρχε, θεῶν ἄπο μήδεα εἰδώς.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung:: A.T.Murray
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

[…] but Athena went to the land and city of the Phaeacians. These dwelt of old in spacious Hypereia [5] hard by the Cyclopes, men overweening in pride who plundered them continually and were mightier than they. From thence Nausithous, the godlike, had removed them, and led and settled them in Scheria far from men that live by toil. About the city he had drawn a wall, he had built houses [10] and made temples for the gods, and divided the ploughlands; but he, ere now, had been stricken by fate and had gone to the house of Hades, and Alcinous was now king, made wise in counsel by the gods.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
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Hom. Od. 6.2-12

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie die Motive für die Gründung von Scheria.

2) Durch welche Maßnahmen zeichnet sich die in der Quelle beschriebene Kolonisation aus?

3) Welche Rückschlüsse lassen sich über die Kolonisation der Griechen generell aus der Quelle ziehen?

Kommentar:

Die vorliegende Quellenpassage aus Homers Odyssee kann trotz ihrer Kürze viel über die frühe griechische Kolonisation aussagen. Allen voran gibt sie einen guten Einblick in die Motivation, welche die Kolonisten dazu bewegte, die mitunter gefährliche und keineswegs immer glücklich endende Unternehmung auf sich zu nehmen. Es wird dargestellt, wie das ursprünglich in Hypereia angesiedelte Volk der Phaiaken Scheria gründet (sowohl das Volk als auch die beiden Poleis sind fiktiv). Man erfährt, dass ihr Heimatland durchaus fruchtbar war, jedoch von den Kyklopen – den riesigen, einäugigen Menschenfressern – bedroht wurde. Diese hätten den Phaiaken durch Plünderungen und Raubzügen sehr zugesetzt. Außerdem konnten sie ob ihrer großen Kraft und Brutalität nicht von den menschlichen Siedlern daran gehindert werden. Der einzige Ausweg für die Phaiaken aus dieser misslichen Lage war die Auswanderung in weit entfernte und friedlichere Gefilde.

Einer der Phaiaken – Nausithoos – wird als Hauptverantwortlicher der Flucht vor den Kyklopen und der Gründung von Scheria dargestellt. Er und die ihm folgenden Siedler beginnen sofort nach ihrer Ankunft damit, an dem ausgewählten Landfleck verschiedene Bauten zu errichten. Die Stadtmauer wird als erstes erwähnt – der Schutz vor äußeren Feinden war es ja schließlich, der für die Kolonisationsbewegung den Ausschlag gab. Häuser für das Volk und die mindestens ebenso wichtigen Tempel für die Götter folgen. Auch werden landwirtschaftliche Flächen erschlossen und durch Nausithoos auf seine Mitbürger verteilt. Nach dessen Tod übernimmt sein Sohn Alkinoos die Führung über die nunmehr aufgeblühte Kolonie Scheria.

Die Quellenpassage kann als kurze poetische Zusammenfassung der griechischen Kolonisationsbewegung aufgefasst werden. Wichtig und allem voran zu erwähnen ist, dass die Griechen in der Regel nicht durch Abenteuerlust angetrieben die vielseitigen Gefahren der Kolonisation auf sich nahmen. Um die beschwerliche Seereise inkl. dem verbreiteten Seeräubertum, die mangelhafte Nahrungssituation auf und nach der Reise und die unsicheren Begebenheiten am neuen Siedlungsplatz zu riskieren, waren dringliche Anreize erforderlich. In der Passage aus der Odyssee wird eines dieser Motive – die Gefahr durch äußere Feinde – durch die raubenden Kyklopen eindringlich dargestellt. Andere mögliche Impulse für die Auswanderung waren z.B. ein Bevölkerungsüberschuss, der insb. zu Knappheit an verfügbarem Land und zu Nahrungsmangel führen konnte. Weiterhin kann man sich politische oder generell soziale Konflikte innerhalb des Volkes als weitere Motive vorzustellen.

Aus der Quelle wird weiterhin deutlich, wie prominent die oikistai – d.h. diejenigen Personen, welche die Siedler aus ihrer Heimatstadt in die neuen Gebiete führten (Nausithoos im Falle der Phaiaken) – waren. In der Regel bildeten sie als Adlige zusammen mit ihren politischen Gefolgsleuten (hetairoi) der Kern der jeweiligen Kolonisation und übten auch in der neugegründeten Stadt die führende Rolle aus. Die Quelle zeigt ja deutlich, wie Nausithoos die Ackerflächen ein- und verteilt und auch, wie es ihm anscheinend gelingt, eine Erbfolge zu etablieren.

Des Weiteren sind die Baumaßnahmen der Kolonisten zu betonen, welche die grundlegenden und für eine griechische Poleis charakteristischen Gebäude begründen. Neben den für die Nahrungsversorgung der Siedler unverzichtbaren Wohnräumen und Äckern bzw. Weideländern waren die Tempel ein unabdingbarer Bestandteil der griechischen Kultur. Ohne gebührende Kultpflege, z.B. durch Opfergaben, war das gute und richtige Leben – insbesondere in einer so extremen Situation wie der Auswanderung – nach griechischer Mentalität nicht möglich. Abschließend sei noch auf die Stadtmauer verweisen. Sie stellte sowohl eine Schutzmaßnahme dar als auch einen klaren Indikator eines fest abgesteckten und organisierten städtischen Raumes.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Die große Kolonisation / Der Orient“. Um einen breiteren Einblick in die griechische Archaik zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Griechische Geschichte I – Archaik“.
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Die Gründung Smyrnas

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Strabon
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Strab. 14.1.4 – Original:

ἀπελθόντες δὲ παρὰ τῶν Ἐφεσίων οἱ Σμυρναῖοι στρατεύουσιν ἐπὶ τὸν τόπον, ἐν ᾧ νῦν ἔστιν ἡ Σμύρνα, Λελέγων κατεχόντων: ἐκβαλόντες δ᾽ αὐτοὺς ἔκτισαν τὴν παλαιὰν Σμύρναν διέχουσαν τῆς νῦν περὶ εἴκοσι σταδίους. ὕστερον δὲ ὑπὸ Αἰολέων ἐκπεσόντες κατέφυγον εἰς Κολοφῶνα, καὶ μετὰ τῶν ἐνθένδε ἐπιόντες τὴν σφετέραν ἀπέλαβον: καθάπερ καὶ Μίμνερμος ἐν τῇ Ναννοῖ φράζει μνησθεὶς τῆς Σμύρνης ὅτι περιμάχητος ἀεί
“ἡμεῖς δηὖτε Πύλον Νηλήιον ἄστυ λιπόντες
ἱμερτὴν Ἀσίην νηυσὶν ἀφικόμεθα:
ἐς δ᾽ ἐρατὴν Κολοφῶνα βίην ὑπέροπλον ἔχοντες
ἑζόμεθ᾽ ἀργαλέης ὕβριος ἡγεμόνες.
κεῖθεν δ᾽ ἀστήεντος ἀπορνύμενοι ποταμοῖο
θεῶν βουλῇ Σμύρνην εἵλομεν Αἰολίδα.”

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung:: H. L. Jones
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

On departing from the Ephesians, the Smyrnaeans marched to the place where Smyrna now is, which was in the possession of the Leleges, and, having driven them out, they founded the ancient Smyrna, which is about twenty stadia distant from the present Smyrna. But later, being driven out by the Aeolians, they fled for refuge to Colophon, and then with the Colophonians returned to their own land and took it back, as Mimnermus tells us in his Nanno, after recalling that Smyrna was always an object of contention: “After we left Pylus, the steep city of Neleus, we came by ship to lovely Asia, and with our overweening might settled in beloved Colophon, taking the initiative in grievous insolence. And from there, setting out from the Astëeis River, by the will of the gods we took Aeolian Smyrna.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Strab. 14.1.4

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie die Gründung und Entwicklung Smyrnas.

2) Was kann über die Art und Weise der Gründung und Erhaltung der Stadt ausgesagt werden?

3) Interpretieren Sie Strabons Umgang mit archaischer Dichtung.

Kommentar:

Strabon beschreibt in der Quellenpassage die Gründung der Polis Smyrna – dem heutigen Izmir in der Türkei. Er wirkte um die Zeitenwende und stellt damit Ereignisse dar, die mehrere Jahrhunderte vor seiner Geburt stattfanden. Das Gebiet, in dem später Smyrna errichtet werden sollte, gehörte nach Strabon ursprünglich den Lelegern. Dieses in Kleinasien ansässige Volk wurde allerdings von ionischen Griechen gewaltsam vertrieben. Letztere sind es, die daraufhin die Stadt Smyrna gründeten. Die Früchte ihrer Eroberung konnten sie allerdings nicht lange genießen, da sie später selber das Schicksal der Leleger erlitten. Auch sie wurden demnach gewaltsam vertrieben, wobei diesmal aiolische Griechen dafür verantwortlich gewesen sein sollen. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als ins benachbarte Kolophon zu fliehen. Dort konnten sie ihre Kräfte allerdings sammeln und mit Unterstützung durch die Bewohner Kolophons das von den Aiolern besetzte Smyrna zurückerobern.

Hervorzuheben ist, dass sowohl die Gründung als auch die weitere Entwicklung Smyrnas von Gewalt und Umwälzungen geprägt war. Die ionischen Siedler gründeten die Polis nicht etwa auf unbesiedeltem Gebiet, sondern drangen ins Land der Leleger ein und vertrieben diese gewaltsam. Dies war keineswegs ein Novum in der Geschichte der Kolonisation. Der Mittelmeerraum war auch bzw. schon vor der archaischen Zeit zum Teil eng besiedelt, und günstige Siedlungsplätze entsprechend rar gesät. Unterstrichen wird dieser Umstand dadurch, dass die Ionier selber aus diesem stark umkämpften Gebiet vertrieben wurden. Ihre freundschaftlichen Verbindungen zur Nachbarstadt Kolphon konnten in dieser bedrängten Situation allerdings das Schlimmste verhindern. Es war ihnen möglich, einen Gegenangriff zu starten und Smyrna wieder unter ionische Kontrolle zu bringen. Zu betonen ist diesbezüglich noch, dass die Kämpfe um gutes Siedlungsland nicht etwa nur zwischen Griechen und Nicht-Griechen, wie z.B. den Lelegern, ausgefochten wurden, sondern es auch unter den Griechen zu gewaltsamen Konflikten kam. Lange konnten die Ionier die Früchte ihrer Anstrengung übrigens nicht genießen – die Lyder unter König Alyattes II. zerstörten die Polis um 600 v. Chr. fast vollständig.

Die Dichtung – genauer einige Verse des archaischen Lyrikers Mimnermos – ist ein besonders interessanter Aspekt dieser Quellenpassage. Strabon zitiert mehrere Verse des Dichters und gibt auch den Namen des Werkes an, aus denen sie stammen würden. Der Geograph benutzt sie als Beleg für seine These, dass die aus Smyrna vertriebenen Ionier mit Hilfe aus Kolophon die Polis von den Aiolern zurückeroberten. Dieser Umgang mit frücharchaischer Dichtung bedeutet sowohl, dass Strabon Zugriff auf diese Jahrhunderte alte Poesie hatte, als auch, dass er ihren Inhalt studierte und interpretierte. Interessanter Weise befand sich der Geograph in einer ganz ähnlichen Situation wie es die heutige historische Forschung ist, die sich mit Begebenheiten in der Archaik auseinandersetzt: Einige wenige überlieferte Fragmente und Werke der archaischen Lyriker sind es, aus denen – in Ermangelung anderer literarischer Quellen – Aussagen über diese Periode der Geschichte gemacht werden müssen. Das vom Geographen erwähnte Werk des Dichters (Nanno) ist heute nicht mehr überliefert. Dies bedeutet, dass derartige Zitate, wie man sie bei Strabon häufiger findet, heutzutage oftmals die einzigen Überlieferungskontexte der frühen Dichtung darstellen.

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