Stiersprungfresko aus Knossos


Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Agnes von der Decken
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Stiersprungfresko aus Knossos

Leitfragen

1) Was ist auf dem Fresko zu sehen?

2) Was genau passierte beim Stiersprung und wer nahm teil?

3) Welche Funktion kann der Stiersprung gehabt haben?

Kommentar:

Dieses Stiersprung-Fresko stammt aus dem Ostflügel des Palastes von Knossos und ist, wie nahezu alle Fresken, in der Spätphase der jüngeren Paläste, also etwa 1600-1400 v. Chr., entstanden. Auch in diesem Fresko sind lediglich kleinere und größere Verputzbrocken erhalten, die zu einem Gesamtbild rekonstruiert werden mussten. Dank der Rekonstruktion ist die Szene, die das Fresko darstellt, aber deutlich erkennbar: Ein sich im Sprung befindender Stier wird von einer vor dem Stier stehenden männlichen Figur an den gesenkten Hörern gepackt. Über den Rücken des Stieres vollzieht eine weitere männliche Figur gleichzeitig einen Handstandüberschlag. Hinter dem Stier steht eine dritte männliche Figur, die die Arme in Richtung Stier ausstreckt. Das Motiv eines solchen Stiersprungs hat dabei in der Forschung großes Interesse geweckt, weil es in der minoischen Kultur allgegenwärtig ist.

Arthur Evans, der den Palast von Knossos Ende des 19. Jahrhunderts ausgrub, war der erste, der versuchte, den Akt des Stiersprunges zu rekonstruieren. Er vermutete, dass es sich bei der Darstellung um einen Sprung handelt, bei dem ein Springer den Stier bei den Hörnern greift, sich an diesen hochschwingt, einen Salto über den Stier macht, auf dessen Rücken landet und am Ende abspringt. Laut Evans handelt es sich bei den drei männlichen Figuren also um ein und den selben Mann in unterschiedlichen Stadien des Sprunges. Diese Rekonstruktion des Sprunges wird heute jedoch als undurchführbar abgetan. Viel eher sehen wir hier einen Springer, der im Begriff ist, einen Handstandüberschlag über den Rücken des Tieres zu vollziehen und der dabei von zwei anderen Männern assistiert wird (ein Mann verlangsamt den Stier durch den Griff an die Hörner, der andere sorgt beim Absprung für Hilfestellung). Dafür spricht auch die unterschiedliche Farbgebung der Figuren: Die springende Figur ist rot, die anderen beiden sind weiß.

Der auf diesem Fresko dargestellte Stiersprung ist eine rein männliche Angelegenheit. Das Geschlecht der Figuren lässt sich hier anhand ihrer Kleidung und anatomischer Merkmale wie der Penistasche, der fehlenden weiblichen Brust oder der Bein- und Bauchmuskulatur eindeutig bestimmen. Ob auch Frauen an Stiersprüngen teilnahmen, ist umstritten aber nicht sehr wahrscheinlich. Unbestritten ist hingegen, dass die Akteure, die dieses Fresko zeigt, jungen Alters und edler Abstammung waren. Dies zeigen ihre Physis, ihr gepflegtes und elegantes Aussehen sowie der edle Schmuck, den sie tragen. Die Größe des Stieres ist dabei wohl keine künstlerische Übertreibung – Knochenfunde beweisen, dass auf Kreta der bos primigenius lebte, der riesige Vorfahre der heutigen Stiere. Dieser wurde vermutlich gefangen und eine Zeit lang am Hof oder in Gutshöfen gehalten, bis er dann für das Spektakel geholt wurde. Hierbei wurde er so lange gereizt und provoziert, bis der Sprung über das heranrasende Tier möglich war.

Wo die Stiersprünge aufgeführt wurden, ist nicht eindeutig bestimmbar. In Erwägung gezogen wurden freie Plätze in der Stadt oder in Palastnähe oder sogar die Zentralhöfe der minoischen Paläste. Dies erscheint jedoch unwahrscheinlich, weil die Gefahr der Verletzung für Stier und Springer durch die Pflastersteine in den Höfen zu groß gewesen sein muss. Zudem hätte ein Zentralhof aufgrund seiner Größe die Anzahl an Zuschauern deutlich beschränkt, was in Anbetracht der Tatsache, dass der Stiersprung vermutlich der ganzen Gemeinde zugänglich gemacht werden sollte, kaum sinnvoll erscheint. Weil aber anzunehmen ist, dass in den Zentralhöfen Rituale abgehalten wurden, soll nicht ausgeschlossen werden, dass hier Stieropfer vollzogen wurden. Das Spektakel der Stiersprünge ist hingegen eher an einem Ort mit weichem, erdigen Boden zu verorten.

Die Bedeutung des Stiersprunges zeigt sich durch die enorme Signifikanz des Motives und seinen palatialen Charakter. Nicht nur in unzähligen Reliefs und Fresken in Knossos, sondern auch auf Goldringen, Siegeln, Steingefäßen oder Reliefverzierungen begegnet das Motiv des Stiersprungs. Dabei ähneln sich die Darstellungen und zeigen eine stereotype Sequenz. Alles spricht daher dafür, dass die Stiersprünge kultischen Charakter hatten. Dies ist auch deswegen anzunehmen, weil der Stier eine zentrale Rolle im Kult der Minoer spielte. Nicht nur hatte Zeus sich in einen Stier verwandelt, um die Europa nach Kreta zu entführen, sondern auch Minos, König von Knossos, ließ sich von Poseidon einen Stier schenken, der zusammen mit Minos‘ Frau Pasiphae den berühmten Minotauros zeugte. Ob der Stier im Anschluss an die Stiersprünge geopfert wurde, ist fraglich.

Es ist möglich, dass es sich bei dem Stiersprung um Teil eines Ernte- oder Vegetationsfestes handelte: Der Stier galt auch in der ägyptischen Religion als Symbol der Fruchtbarkeit. Denkbar ist auch, dass die gefährliche Begegnung zwischen Mensch und Tier – der Stier stand symbolisch für Stärke und Potenz – ein Initiationsritual minoischer Eliten war. Junge Adlige stellten ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten unter Beweis. Einige Fresken zeigen dabei einen städtischen Kontext sowie Zuschauer, die dem Spektakel beiwohnen und verweisen damit auf das städtische Kollektiv, das am Ritualgeschehen teilnahm.
Schlussendlich kann keine klare Unterscheidung zwischen Sport, Spiel und Ritual vorgenommen werden. Dass der Stiersprung dabei jedoch eine hohe kulturelle Bedeutung hatte, ist nicht von der Hand zu weisen.

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Stierkopf Rhyton

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Stierkopf Rhyton

Leitfragen

1) Was ist ein Rhyton?

2) Wozu wurde das Rython verwendet?

3) Welche Bedeutung hat die Stierkopf-Form?

Kommentar:

Hier zu sehen ist ein sogenanntes Rhyton in Form eines Stierkopfes. Ein Rhyton ist ein Trinkgefäß, das meist oben offen ist und an seinem unteren Ende in einem Kopf oder Protom eines Tieres endet. Am Boden des Gefäßes, also im Maulbereich, befindet sich ein kleines Loch, aus der Flüssigkeit, die in eine Öffnung im Nacken des Tieres eingegossen wird, austreten kann. Dies erklärt auch den Namen des Gefäßes, da sich der Begriff Rhyton von ῥυσις/rhýsis = „Strom“ ableitet.
Dieses Stierkopf-Rython, das in die jüngere Palastzeit datiert, ist das beste und vollständigste Beispiel dieser Art Gefäß aus minoischer Zeit. In der ersten Hälfte des 15. Jh. v. Chr. waren Rhyta überaus gängig: Zahllose Rhyta wurden in den Ruinen von Palästen und Häusern gefunden, die wohl im Zuge der Zerstörung der jüngeren Paläste zwischen 1500 und 1450 v. Chr. vernichtet wurden. Arthur Evans entdeckte das Stierkopf-Rhyton Anfang des 20. Jh. bei Ausgrabungen des sogenannten „Kleinen Palastes von Knossos“, der nordwestlich des großen Palastes liegt. Das aus schwarzem Speckstein gefertigte Rhyton zeichnet sich durch seinen detailgetreuen Stil aus und zeugt von großer handwerklicher Leistung bei seiner Herstellung. Die Hörner des Stiers, die rekonstruiert wurden, sind aus vergoldetem Holz, die Augen aus Bergkristall und die Schnauze aus Muschel. Detaillgetreu wurden Locken und zotteliges Fell eingraviert.

Die minoischen Rhyta sind von den späteren griechischen Rhyta zu unterscheiden. Letztere begegnen auf bildlichen Darstellungen vorrangig als Trinkgefäße. Dabei wurde vermutlich Wein oder ein anders Getränk in das Rhyton gegossen, was dann in einem Strom aus dem Loch im Boden des Gefäßes in den Mund floss. Die minoischen Rhyta sind hingegen wahrscheinlich primär im Kult verwendet worden. Allerdings ist ihre sakrale Verwendung nicht abschließend bewiesen, und es darf nicht ausgeschlossen werden, dass Rhyta in minoischer Zeit auch in alltäglichem Gebrauch waren. So könnten sie etwa als Behältnisse für Wein oder andere Getränke bei Festen oder Banketts gedient haben. Für eine sakrale Verwendung spricht jedoch das Fehlen einer für Trinkzwecke ausgebildeten Mündung oder Gefäßlippe. Auch waren die Rhyta – zumal, wenn sie wie hier aus Stein waren – oft sehr schwer, was einen alltäglichen Gebrauch eher ausschließt.

Dass das Rython die Form eines Stierkopfes hat, so wie viele andere Rhyta auch, verweist auf die besondere Rolle des Stieres in der minoischen Kultur und insofern auf den sakralen Charakter des Gefäßes. So könnte dieses Rhyton vor einem kultischen Hintergrund verwendet worden sein, um etwa das Blut von geopferten Stieren zu sammeln, das im Anschluss an die Opferung als Libation, also als Trankopfer, vergossen werden konnte. Eine interessante Theorie in Bezug auf die Verwendung des Stierkopf-Rython ist auch, dass das Rython Teil eines „re-enactment“ gewesen sein könnte, bei welcher es symbolisch für den geopferten Stier stand, der dabei noch einmal metaphorisch stirbt, während die Flüssigkeit aus dem Stierkopf tropft.

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Die Schlangengöttin

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Die Schlangengöttin

Leitfragen

1) Wie sieht die Statuette aus?

2) Welcher Kult verbindet sich mit der Schlangengöttin?

3) Warum trägt das Idol eine Schlange?

Kommentar:

Das Idol der hier abgebildeten und von Evans so genannten „Schlangengöttin“ entstammt einem Fund aus Knossos: Unter dem Fußboden eines Zimmers im südwestlichen, also dem kultischen, Teil des Palastes, wurden zwei Steinkisten gefunden, in denen eine große Anzahl verschiedener Gegenstände entdeckt wurden. In einer der beiden Kisten wurden zwei relativ gut erhaltene weibliche Figuren mit Schlangen gefunden, von denen eine die hier abgebildete Schlangengöttin ist. Neben den beiden Schlangengöttinnen befanden sich in den Steinkisten weitere Fayencefunde, wie Votivgürtel und -kleidungsstücke für die Figuren oder Modelle von Fischen und Muscheln. Der Fund datiert in das Ende der mittel-minoischen Periode, wie an Vasen, die ebenfalls in den Steinkisten gefunden wurden, nachgewiesen werden konnte.
Die Statuette der Schlangengöttin ist aus Fayence, einer Metallmischung aus gestoßenem Quarzkristall. Sie ist etwa 35 cm groß. Die Schlangengöttin hält eine kleine Schlange in der Hand des ausgestreckten rechten Armes. Ihr linker Arm sowie ihr Kopf sind abgebrochen. Die Figur trägt einen bodenlangen Volantrock. Um ihre Taille hängt eine Schürze und ihre Brüste sind freigelegt.
Wie so oft in der minoischen Kultur, stellt sich bei menschlichen Gestalten wie der Fayencestatuette der Schlangengöttin die Frage, ob sie Götter oder menschliche Verehrer darstellen oder gar Priesterinnen oder Königinnen sind, die Götter imitieren. Möglich ist auch, dass hier eine Epiphanie gezeigt wird, wobei die Gottheit im Körper der Schlange erscheint. Meist wurde jedoch aufgrund der erhobenen Arme der Figur angenommen, dass es sich bei dem Idol um die Göttin selbst handelt. Die in der Hand gehaltene Schlange könnte dabei auf einen übermenschlichen Status hinweisen.

Fraglich ist, in welchem genauen Zusammenhang die Schlangengöttin zur minoischen Religion stand. Zwar existieren keine architektonischen Überreste eines Heiligtums, jedoch gehört das Schlangenidol dem Fundort nach zu urteilen einem Kult an, der in Häusern vonstattenging. Die minoische Religion pflegte Kulträume in den Palästen und Häusern und kannte keine Tempel. Ausgrabungen und Funde haben gezeigt, dass der Kultraum dabei eine gewisse Grundausstattung hatte: So war es etwa üblich, dass neben anderen Kulteinrichtungen (unterschiedliche Kultgefäße und ein in die Mitte gestellter Dreifußtisch) eine Bank aus Stein oder Lehm an der Hauswand stand, auf welcher wichtige oder heilige Gegenstände aufgestellt waren. So könnte auch unsere Schlangengöttin für eine ähnliche Aufstellung gedacht gewesen sein. Dieser Art Idole wurden lediglich in Hausheiligtümern gefunden. Die neben der Schlangengöttin entdeckten Fayencefunde in den Steinkisten könnten demnach ihre Kultausstattung gewesen sein. Die detailreiche Ausgestaltung der Funde zeigt uns darüber hinaus übrigens auch, dass das kretische Handwerk von besonders hohem technischen Niveau gewesen ist.

Interessant ist zudem die Frage, warum die Figur eine Schlange in der Hand hält (bzw. zwei Schlangen, da sie vermutlich in der anderen Hand ebenfalls eine Schlange hält) und insofern auch, in welchem Zusammenhang Hauskult und Schlange standen. Eine Vermutung ist, dass die Schlange symbolisch als Wächterin des Hauses fungierte. Die Schlange, seit je her ein angsteinflößendes Tier, könnte dieser Erklärung nach als Abschreckung und Schutz vor Bösem und Fremdem dienen. Kleine Futternäpfchen, die man in Knossos gefunden hat, wurden deshalb dahingehend interpretiert. Eine andere Deutung erkennt in dem weiblichen Idol eine Herrin der Tiere. Wenn man die Schlange mit der Erde und der Unterwelt in Verbindung bringt, wie es einige Forscher für die minoische Religion angenommen haben, so könnte die weibliche Figur als Göttin der Erde angesprochen werden. Weilbliche Idole in Verbindung mit Fischen (besonders Delphinen) oder Vögeln, können den Herrschaftsbereich Meer und Himmel abdecken. Die Fayencefunde, die neben der Schlangengöttin in Knossos entdeckt wurden, können dieser Interpretation zur Folge auch den Herrschaftsbereich der Göttin repräsentieren. Eine weitere These ist es, dass in der Schlange, die sich immer wieder häutet, ein Symbol von Heilung und Wiedergeburt zu erkennen ist.
Die Vielfalt der unterschiedlichen Erklärungsmodelle zeigt, dass eine abschließende Klärung der Frage nach der Bedeutung der Schlange jedoch nicht möglich ist.

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Die Doppelaxt

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Die Doppelaxt

Leitfragen

1) Wie sehen die Doppeläxte aus?

2) Welche Rückschlüsse lassen sich anhand des Aussehens über die Doppelaxt ziehen?

3) Welche Rolle spielte die Doppelaxt in der minoischen Kultur?

Kommentar:

Doppeläxte gehören zu den zentralen Elementen der minoischen Kultur, weil sie sowohl zahlreich in Gräbern, Palästen oder andern Kultstätten gefunden wurden als auch fortwährend auf Pfeilern, Wänden, Goldringen, Siegeln oder Sarkophagen abgebildet ist. Hier zu sehen sind eine Reihe kleiner, metallener Doppeläxte, die Anfang des 20. Jahrhunderts in einer Höhle bei Arkalochori entdeckt wurden. Charakteristisch für Doppeläxte ist, dass zu beiden Seiten des runden Schaftes zwei gegenüberliegende Klingen abgehen, die stark geschwungen sind. Die Schneiden der Doppeläxte sind hier mit feinen Querornamenten verziert und auf beiden Klingen identisch, jedoch spiegelverkehrt. Der Schaft ist dicker und am unteren Ende befindet sich manchmal eine Öse, sodass die Axt aufgehängt werden kann.

Doppeläxte konnten als Handwerkszeug etwa zum Baumfällen oder zur Bearbeitung des Holzes fungieren. Auch in ihrer Funktion als Waffe ist die Doppelaxt geläufig. Jedoch war sie in diesen Fällen schwer und ihre Schneide kaum gekrümmt. Die hier vorliegenden Doppeläxte können aufgrund ihrer Größe (maximal 70 cm) und ihres Materials (Gold, Silber oder Bronze) nicht als Handwerkszeug in Gebrauch gewesen sein. Bei diesen Doppeläxten muss es sich daher um Nachbildungen handeln. Solche Nachbildungen waren überaus häufig und wurden aus Gold, Blei, Bronze, Silber oder Stein hergestellt. Welche genaue Funktion die Nachbildung einer Doppelaxt besaß, ist nicht mehr nachvollziehbar. Aufgrund ihres Fund- und Darstellungskontextes kann jedoch vermutet werden, dass eine besondere Verbindung zur minoischen Religion bestand.

Schon in frühminoischer Zeit wurden Doppeläxte in ihrer Funktion als kultische Symbole in Gräbern oder an andern kultischen Orten wie Höhlen und Palästen (etwa in großer Zahl im Palast von Knossos) aber auch Häusern, entdeckt. Doch welche genaue Funktion erfüllte die Doppelaxt im Kult? Eine Möglichkeit ist eine rein praktische Funktion: Die Doppelaxt war das Instrument, mit dem Opfertiere getötet wurden. Damit erhielt die Doppelaxt in ihrer Rolle als Gebrauchsgerät eine säkulare Konnotation und wäre selbst Kultgegenstand gewesen. Bestätigt werden könnte diese These durch die vielen Abbildungen von Doppeläxten zwischen den Hörnern von Rinderschädeln. Gleichzeitig konnte die Doppelaxt damit auch zum Symbol des Standes der OpferpristerInnen werden, was für Kultgegenstände nicht unüblich war. Gegen die These der Doppelaxt als Schlachtinstrument spricht allerdings die Beschaffenheit vieler Doppeläxte, die zum Töten von Tieren nicht geeignet schien (Material, Größe, Stärke). Auch die vielen Darstellungen von Doppeläxten, die in keinem Zusammenhang zu einem Opfer stehen, sprechen dagegen. Dass die hier abgebildeten Doppeläxte zum Opfern von Tieren gedacht waren, kann aufgrund ihrer Größe ebenfalls ausgeschlossen werden. Jedoch soll nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass eine Doppelaxt auch diese praktische Funktion gehabt haben kann.
Eine andere Erklärung ist, dass viele Doppeläxte als Votivbeigaben gedient haben. Diese These ergibt sich aus ihrem Fundort in Gräbern und Heiligtümern. So könnte die Doppelaxt als Werkzeug-Votiv von Schmieden oder Zimmermännern dargebracht worden sein, von Priestern als Opferinstrument-Votiv und von Kriegern als Waffen-Votiv. Teilweise wird auch angenommen, dass kleine, goldene Doppeläxte aufgrund ihrer Wertigkeit der Vermehrung des Tempelschatzes gedient haben und insofern als Weihgabe fungierten. Andererseits könnte die Existenz von Doppeläxten in Gräbern und Heiligtümern auch bedeuten, dass ein heiliger Ort markiert werden sollte. So wird die Doppelaxt vielfach als Symbol göttlicher Macht interpretiert, das sogar eine göttliche Gegenwart anzeigen konnte.
Großer Beliebtheit erfreute sich schließlich auch die These, dass die Doppelaxt Zeichen eines minoischen Matriarchates gewesen sei, weil sie auf Darstellungen häufig von vermeintlichen Göttinnen, Frauen oder Kultdienerinnen getragen wurde. Die Doppelaxt avancierte deswegen zu einem Symbol feministischer oder lesbischer Frauenbewegungen. Die Vorstellung eines minoischen Matriarchates, die wesentlich auf Evans Annahme der Existenz einer großen Muttergöttin zurückgeht, sieht die Forschung heute allerdings als pazifistische Utopie an. Und so müssen die tatsächliche Bedeutung und Funktion der Doppelaxt daher, wie Vieles in der minoischen Kultur, im Reich der Spekulationen bleiben.

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Der Tag von Eleusis

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Autor_in: Livius / Polybios
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Original:

Liv. 45.11.5-1

[5] apparebat claustra Aegypti teneri, ut, cum vellet, rursus exercitum induceret; bello intestino cum fratre eum exitum fore, ut victor fessus certamine nequaquam par Antiocho futurus esset. [6] haec prudenter animadversa a maiore cum adsensu minor frater quique cum eo erant acceperunt; soror plurimum adiuvit non consilio modo, sed etiam precibus. [7] itaque consentientibus cunctis pace facta Alexandream recipitur, […] [8] his cum laetari Antiochum conveniens esset, si reducendi eius causa exercitum Aegyptum induxisset, quo specioso titulo ad omnis Asiae et Graeciae civitates legationibus recipiendis litterisque dimittendis usus erat, adeo est offensus ut multo acrius infestiusque adversus duos quam ante adversus unum pararet bellum. [9] cyprum extemplo classem misit; ipse primo vere cum exercitu Aegyptum petens in Coelen Syriam processit. [10] circa Rhinocolura Ptolemaei legatis agentibus gratias, quod per eum regnum patrium recepisset, petentibusque ut suum munus tueretur et diceret potius quid fieri vellet quam hostis ex socio factus vi atque armis ageret, [11] respondit non aliter neque classem revocaturum neque exercitum reducturum, nisi sibi et tota Cypro et Pelusio agroque, qui circa Pelusiacum ostium Nili esset, cederetur, diemque praestituit intra quam de condicionibus peractis responsum acciperet.

Pol. 29.27.1-11

[1] ὅτι τοῦ Ἀντιόχου πρὸς Πτολεμαῖον ἕνεκεν τοῦ Πηλούσιον κατασχεῖν ἀφικομένου, [2] ὁ Ποπίλιος ὁ τῶν Ῥωμαίων στρατηγός, τοῦ βασιλέως πόρρωθεν ἀσπαζομένου διὰ τῆς φωνῆς καὶ τὴν δεξιὰν προτείνοντος, πρόχειρον ἔχων τὸ δελτάριον, ἐν ᾧ τὸ τῆς συγκλήτου δόγμα κατετέτακτο, προύτεινεν αὐτῷ καὶ τοῦτ᾽ ἐκέλευσε πρῶτον ἀναγνῶναι τὸν Ἀντίοχον, [3] ὡς μὲν ἐμοὶ δοκεῖ, μὴ πρότερον ἀξιώσας τὸ τῆς φιλίας σύνθημα ποιεῖν πρὶν ἢ τὴν προαίρεσιν ἐπιγνῶναι τοῦ δεξιουμένου, πότερα φίλιος ἢ πολέμιός ἐστιν. [4] ἐπεὶ δ᾽ ὁ βασιλεὺς ἀναγνοὺς ἔφη βούλεσθαι μεταδοῦναι τοῖς φίλοις ὑπὲρ τῶν προσπεπτωκότων, ἀκούσας ὁ Ποπίλιος ἐποίησε πρᾶγμα βαρὺ μὲν δοκοῦν εἶναι καὶ τελέως ὑπερήφανον: [5] ἔχων γὰρ πρόχειρον ἀμπελίνην βακτηρίαν περιέγραφε τῷ κλήματι τὸν Ἀντίοχον ἐν τούτῳ τε τῷ γύρῳ τὴν ἀπόφασιν ἐκέλευσε δοῦναι περὶ τῶν γεγραμμένων: [6] ὁ δὲ βασιλεὺς ξενισθεὶς τὸ γινόμενον καὶ τὴν ὑπεροχήν, βραχὺν χρόνον ἐναπορήσας ἔφη ποιήσειν πᾶν τὸ παρακαλούμενον ὑπὸ Ῥωμαίων. οἱ δὲ περὶ τὸν Ποπίλιον τότε τὴν δεξιὰν αὐτοῦ λαμβάνοντες ἅμα πάντες ἠσπάζοντο φιλοφρόνως. [7] ἦν δὲ τὰ γεγραμμένα λύειν ἐξ αὐτῆς τὸν πρὸς Πτολεμαῖον πόλεμον. [8] διὸ καὶ δοθεισῶν αὐτῷ τακτῶν ἡμερῶν, οὗτος μὲν ἀπῆγε τὰς δυνάμεις εἰς τὴν Συρίαν, βαρυνόμενος καὶ στένων, εἴκων δὲ τοῖς καιροῖς κατὰ τὸ παρόν: [9] οἱ δὲ περὶ τὸν Ποπίλιον καταστησάμενοι τὰ κατὰ τὴν Ἀλεξάνδρειαν καὶ παρακαλέσαντες τοὺς βασιλεῖς ὁμονοεῖν, ἅμα δὲ προστάξαντες αὐτοῖς Πολυάρατον ἀναπέμπειν εἰς Ῥώμην, ἀνέπλευσαν ἐπὶ τῆς Κύπρου, βουλόμενοι καὶ τὰς ἐκεῖ καθυπαρχούσας δυνάμεις ἐκβαλεῖν ἐκ τῆς νήσου κατὰ σπουδήν. [10] ἀφικόμενοι δὲ καὶ καταλαβόντες ἡττημένους μάχῃ τοὺς τοῦ Πτολεμαίου στρατηγοὺς καὶ καθόλου φερόμενα τὰ κατὰ τὴν Κύπρον ἄνω καὶ κάτω ταχέως ἀνέστησαν τὸ στρατόπεδον ἐκ τῆς χώρας καὶ παρήδρευσαν, ἕως ἀπέπλευσαν αἱ δυνάμεις ἐπὶ Συρίας. [11] καὶ Ῥωμαῖοι μὲν ὅσον οὔπω καταπεπονημένην τὴν Πτολεμαίου βασιλείαν τούτῳ τῷ τρόπῳ διέσωσαν […].

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Alfred C. Schlesinger / Evelyn S. Shuckburgh
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung:

Liv. 45.11.5-1

[5] It was evident that the key to Egypt was in Antiochus‘ hands, so that he could reinvade it when he wished. The upshot of a civil war between the brothers would be that the winner, worn out by the struggle, would be no match for Antiochus. [6] This wise reasoning by the elder brother was gratefully accepted by the younger brother and his associates; the sister gave much assistance not only by her advice, but by her entreaties. [7] Accordingly, peace was made by general agreement […] [8] It would have been in order for Antiochus to rejoice at this conclusion had he led his army into Egypt for the purpose of restoring Ptolemy —the specious plea that he had employed in statements to all the states of Asia and Greece either when he received embassies or sent out messages. But he was so incensed that he prepared for war against the two brothers with much more urgency and bitterness than against the one. [9] He immediately sent a fleet to Cyprus; and in early spring he himself advanced with his army into Hollow Syria on his way to Egypt. [10] Near Rhinocolura envoys from Ptolemy met him, offering thanks for his assistance in recovering Ptolemy’s ancestral throne and requesting that he should not undo his act of kindness and rather say what he wanted done than shift from ally to enemy and act by force of arms. Antiochus replied that he would recall his fleet and lead back his army on no other terms than the cession to him of all Cyprus, Pelusium, and the region which lies around the Pelusian mouth of the Nile. [11] He also named a day before which he must receive the report of the execution of his terms.

 

Pol. 29.27.1-11

When Antiochus had advanced to attack Ptolemy in order to possess himself of Pelusium, he was met by the Roman commander Gaius Popilius Laenas. Upon the king greeting him from some distance, and holding out his right hand to him, Popilius answered by holding out the tablets which contained the decree of the Senate, and bade Antiochus read that first: not thinking it right, I suppose, to give the usual sign of friendship until he knew the mind of the recipient, whether he were to be regarded as a friend or foe. On the king, after reading the despatch, saying that he desired to consult with his friends on the situation, Popilius did a thing which was looked upon as exceedingly overbearing and insolent. Happening to have a vine stick in his hand, he drew a circle round Antiochus with it, and ordered him to give his answer to the letter before he stepped out of that circumference. The king was taken aback by this haughty proceeding. After a brief interval of embarrassed silence, he replied that he would do whatever the Romans demanded. Then Popilius and his colleagues shook him by the hand, and one and all greeted him with warmth. The contents of the despatch was an order to put an end to the war with Ptolemy at once. Accordingly a stated number of days was allowed him, within which he withdrew his army into Syria, in high dudgeon indeed, and groaning in spirit, but yielding to the necessities of the time. Popilius and his colleagues then restored order in Alexandria; and after exhorting the two kings to maintain peaceful relations with each other, and charging them at the same time to send Polyaratus to Rome, they took ship and sailed towards Cyprus, with the intention of promptly ejecting from the island the forces that were also gathered there. When they arrived, they found that Ptolemy’s generals had already sustained a defeat, and that the whole island was in a state of excitement. They promptly caused the invading army to evacuate the country, and remained there to keep watch until the forces had sailed away for Syria. Thus did the Romans save the kingdom of Ptolemy, when it was all but sinking under its disasters.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie die Begegnung zwischen Gaius Popilius Laenas und Antiochos.

2) Wie ist das Auftreten des Gaius Popilius Laenas gegenüber Antiochos zu bewerten?

3) Beurteilen Sie die Politik Antiochos‘ und die der Römer, wie man sie aus den beiden Quellenpassagen nachvollziehen kann.

Kommentar:

Polybios beschreibt in der Quellenpassage das Treffen des Königs des Seleukidenreichs Antiochos IV. mit dem römischen Gesandten Gaius Popilius Laenas bei Eleusis in Ägypten. Antiochos war zu der Zeit mit seinem Heer auf dem Weg nach Alexandria in Ägypten – der Hauptstadt des Ptolemäerreichs. Antiochos soll dem römischen Gesandten anfangs die Hand zum Gruß ausgestreckt haben. Diese Geste soll allerdings nicht erwidert worden sein und anstatt der Hand soll Antiochos ein Senatsbeschluss überreicht worden sein, der den vollständigen Abzug der seleukidischen Truppen aus Ägypten gefordert haben soll. Davon überrumpelt erbat sich der Seleukidenherrscher nach Polybios eine Besprechung mit seinen Beratern und Freunden (philoi) aus. Nicht nur hätte Popilius diesem Gesuch nicht stattgegeben, sondern er hätte Antiochos darüber hinaus gezwungen, an Ort und Stelle auf den Senatsbeschluss zu reagieren. Im Zuge dessen soll er um Antiochos eine Linie im Sand gezogen haben und ihn nicht eher heraustreten lassen, bevor dieser Popilius eine Antwort auf das Schreiben aus Rom gegeben habe. Antiochos soll keine andere Wahl gehabt haben als nachzugeben und damit dem Abzug seiner Truppen aus dem Ptolemäerreich zuzustimmen.

Gaius Popilius Laenas tritt ungemein schroff und überheblich gegenüber dem König des Seleukidenreichs auf. Allerdings – so wird es jedenfalls bei Polybios deutlich – kann sich der römische Abgesandte dieses Auftreten sehr wohl erlauben. Nicht nur versagt er Antiochos die Beratung mit seinem Stab, sondern zwingt ihn darüber hinaus zu einer sofortigen Entscheidung. Dass Antiochos klein bei gibt, obwohl er im Gegensatz zu dem Römer ein Heer vor Ort hat, ist erstaunlich und zeigt die Machtposition, welche die Römer zu dieser Zeit einzunehmen begannen. Dass Popilius den gedemütigten Herrscher der Seleukiden nach dessen Zusage seine Truppen abzuziehen, dann doch noch die Hand gereicht habe und ihn warmherzig begrüßt haben soll, unterstreicht nur einmal mehr die neuen Kräfteverhältnisse im Mittelmeeraum.

Nicht nur die neue Vormachtstellung Roms zu dieser Zeit kann aus der Quellenpassage herausgelesen werden, sondern in Verbindung mit Livius‘ Darstellung der Politik des Antiochos vor dem Aufeinandertreffen bei Eleusis in Ägypten, auch die politischen Grundsätze und Ziele beider Reiche. Antiochos war wie seine Vorgänger und die anderen Herrscher der hellenistischen Reiche, wie zu Beginn des Zeitalters der Diadochen, weiterhin daran interessiert seinen Einfluss- und Machtbereich zu erweitern. Dafür soll er unter dem Vorwand, Ptolemaios VI. bei seinem Anspruch auf die Herrschaft über das Ptolemäerreich gegen dessen Bruder Ptolemaios V. zu unterstützen, den Sechsten Syrischen Krieg begonnen haben. Als die beiden Brüder sich allerdings einigten, soll Antiochos keineswegs von dem Krieg abgelassen haben und dadurch seine nun offensichtliche Absicht, selber ägyptische Gebiete zu kontrollieren, verraten haben. Die Geschehnisse bei Eleusis in Ägypten zeigen nunmehr, dass Rom derartige Machtveränderungen bzw. Machtzunahmen einzelner Reiche nicht duldete. Kurz zuvor hatten die Römer schon das Ende des makedonischen Reiches in der Schlacht von Pydna besiegelt, um ihre Interessen in Griechenland durchzusetzen. Auch Antiochos‘ Machtstreben konnte so nicht geduldet werden, wollte sich Rom nicht in einigen Jahren mit einem deutlich stärkeren Feind im Osten konfrontiert sehen. Dass die Römer nach Polybios sicherstellten, dass die relativ schwache Regierung der beiden Ptolemaios-Brüder weiterhin Bestand hatte, verstärkt diesen Eindruck. Außerdem zeigt die Demütigung des Antiochos nur allzu deutlich, dass diese römische Politik von Erfolg gekrönt war. Ebenfalls zeigt sie, dass das Ende der Vormachtstellung der einst so mächtigen hellenistischen Reiche gekommen war.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Grundzüge der Ereignisgeschichte bis ca. 200 v. Chr.“. Um einen breiteren Einblick in den Hellenismus zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Griechische Geschichte III – Hellenismus“.
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Die Schlacht bei Kynoskephalai

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Polybios
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Pol. 18.25-26.8 – Original:

[1] γενομένης δὲ τῆς ἐξ ἀμφοῖν συμπτώσεως μετὰ βίας καὶ κραυγῆς ὑπερβαλλούσης, ὡς ἂν ἀμφοτέρων ὁμοῦ συναλαλαζόντων, ἅμα δὲ καὶ τῶν ἐκτὸς τῆς μάχης ἐπιβοώντων τοῖς ἀγωνιζομένοις, ἦν τὸ γινόμενον ἐκπληκτικὸν καὶ παραστατικὸν ἀγωνίας. [2] τὸ μὲν οὖν δεξιὸν τοῦ Φιλίππου λαμπρῶς ἀπήλλαττε κατὰ τὸν κίνδυνον, ἅτε καὶ τὴν ἔφοδον ἐξ ὑπερδεξίου ποιούμενον καὶ τῷ βάρει τῆς συντάξεως ὑπερέχον καὶ τῇ διαφορᾷ τοῦ καθοπλισμοῦ πρὸς τὴν ἐνεστῶσαν χρείαν πολὺ παραλλάττον: [3] τὰ δὲ λοιπὰ μέρη τῆς δυνάμεως αὐτῷ τὰ μὲν ἐχόμενα τῶν κινδυνευόντων ἐν ἀποστάσει τῶν πολεμίων ἦν, τὰ δ᾽ ἐπὶ τῶν εὐωνύμων ἄρτι διηνυκότα τὰς ὑπερβολὰς ἐπεφαίνετο τοῖς ἄκροις. [4] ὁ δὲ Τίτος, θεωρῶν οὐ δυναμένους τοὺς παρ᾽ αὑτοῦ στέγειν τὴν τῆς φάλαγγος ἔφοδον, ἀλλ᾽ ἐκπιεζουμένους τοὺς ἐπὶ τῶν εὐωνύμων, καὶ τοὺς μὲν ἀπολωλότας ἤδη, τοὺς δ᾽ ἐπὶ πόδα ποιουμένους τὴν ἀναχώρησιν, ἐν δὲ τοῖς δεξιοῖς μέρεσι καταλειπομένας τῆς σωτηρίας τὰς ἐλπίδας, [5] ταχέως ἀφορμήσας πρὸς τούτους, καὶ συνθεασάμενος [τῆς] τῶν πολεμίων τὰ μὲν συνεχῆ τοῖς διαγωνιζομένοις, τὰ δ᾽ ἐκ τῶν ἄκρων ἀκμὴν ἐπικαταβαίνοντα, τὰ δ᾽ ἔτι τοῖς ἄκροις ἐφεστῶτα, προθέμενος τὰ θηρία προσῆγε τὰς σημαίας τοῖς πολεμίοις. [6] οἱ δὲ Μακεδόνες, οὔτε τὸν παραγγελοῦντ᾽ ἔχοντες οὔτε συστῆναι δυνάμενοι καὶ λαβεῖν τὸ τῆς φάλαγγος ἴδιον σχῆμα διά τε τὰς τῶν τόπων δυσχερείας καὶ διὰ τὸ τοῖς ἀγωνιζομένοις ἑπόμενοι πορείας ἔχειν διάθεσιν καὶ μὴ παρατάξεως, [7] οὐδὲ προσεδέξαντο τοὺς Ῥωμαίους εἰς τὰς χεῖρας ἔτι, δι᾽ αὐτῶν δὲ τῶν θηρίων πτοηθέντες καὶ διασπασθέντες ἐνέκλιναν. [1] οἱ μὲν οὖν πλείους τῶν Ῥωμαίων ἑπόμενοι τούτους ἔκτεινον: [2] εἷς δὲ τῶν χιλιάρχων τῶν ἅμα τούτοις, σημαίας ἔχων οὐ πλείους εἴκοσι, καὶ παρ᾽ αὐτὸν τὸν τῆς χρείας καιρὸν συμφρονήσας ὃ δέον εἴη ποιεῖν, μεγάλα συνεβάλετο πρὸς τὴν τῶν ὅλων κατόρθωσιν. [3] θεωρῶν γὰρ τοὺς περὶ τὸν Φίλιππον ἐπὶ πολὺ προπεπτωκότας τῶν ἄλλων καὶ πιεζοῦντας τῷ βάρει τὸ σφέτερον εὐώνυμον, ἀπολιπὼν τοὺς ἐπὶ τοῦ δεξιοῦ νικῶντας ἤδη καταφανῶς, ἐπιστρέψας ἐπὶ τοὺς ἀγωνιζομένους καὶ κατόπιν ἐπιγενόμενος προσέβαλλε κατὰ νώτου τοῖς Μακεδόσι. [4] τῆς δὲ τῶν φαλαγγιτῶν χρείας ἀδυνάτου καθεστώσης ἐκ μεταβολῆς καὶ κατ᾽ ἄνδρα κινδυνεύειν, οὗτος μὲν ἐπέκειτο κτείνων τοὺς ἐν ποσίν, οὐ δυναμένους αὑτοῖς βοηθεῖν, [5] ἕως οὗ ῥίψαντες τὰ ὅπλα φεύγειν ἠναγκάσθησαν οἱ Μακεδόνες, συνεπιθεμένων αὐτοῖς ἐκ μεταβολῆς καὶ τῶν κατὰ πρόσωπον ἐγκεκλικότων. ὁ δὲ Φίλιππος ἐν μὲν ταῖς ἀρχαῖς, [6] καθάπερ εἶπα, τεκμαιρόμενος ἐκ τοῦ καθ᾽ αὑτὸν μέρους ἐπέπειστο τελέως νικᾶν: [7] τότε δὲ συνθεασάμενος ἄφνω ῥιπτοῦντας τὰ ὅπλα τοὺς Μακεδόνας καὶ τοὺς πολεμίους κατὰ νώτου προσβεβληκότας, βραχὺ γενόμενος ἐκ τοῦ κινδύνου μετ᾽ ὀλίγων ἱππέων καὶ πεζῶν συνεθεώρει τὰ ὅλα. [8] κατανοήσας δὲ τοὺς Ῥωμαίους κατὰ τὸ δίωγμα τοῦ λαιοῦ κέρως τοῖς ἄκροις ἤδη προσπελάζοντας, ἐγίνετο πρὸς τὸ φεύγειν, ὅσους ἐδύνατο πλείστους ἐκ τοῦ καιροῦ συναθροίσας τῶν Θρᾳκῶν καὶ Μακεδόνων.

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Pol. 18.25-26.8 – Übersetzung:

The charge was made with great violence and loud shouting on both sides: for both advancing parties raised their war cry, while those who were not actually engaged shouted encouragement to those that were; and the result was a scene of the wildest excitement, terrible in the last degree. Philip’s right wing came off brilliantly in the encounter, for they were charging down hill and were superior in weight, and their arms were far more suited for the actual conditions of the struggle: but as for the rest of the army, that part of it which was in the rear of the actual fighters did not get into contact with the enemy; while the left wing, which had but just made the ascent, was only beginning to show on the ridge. Seeing that his men were unable to stand the charge of the phalanx, and that his left wing was losing ground, some having already fallen and the rest slowly retiring, but that hopes of saving himself still remained on the right, Flamininus hastily transferred himself to the latter wing; and when he perceived that the enemy’s force was not well together—part being in contact with the actual fighters, part just in the act of mounting the ridge, and part halting on it and not yet beginning to descend,— keeping the elephants in front he led the maniples of his right against the enemy. The Macedonians having no one to give them orders, and unable to form a proper phalanx, owing to the inequalities of the ground and to the fact that, being engaged in trying to come up with the actual combatants, they were still in column of march, did not even wait for the Romans to come to close quarters: but, thrown into confusion by the mere charge of the elephants, their ranks were disordered and they broke into flight. [26] The main body of the Roman right followed and slaughtered the flying Macedonians. But one of the tribunes, with about twenty maniples, having made up his mind on his own account what ought to be done next, contributed by his action very greatly to the general victory. He saw that the division which was personally commanded by Philip was much farther forward than the rest of the enemy, and was pressing hard upon the Roman left by its superior weight; he therefore left the right, which was by this time clearly victorious, and directing his march towards the part of the field where a struggle was still going on, he managed to get behind the Macedonians and charge them on the rear. The nature of the phalanx is such that the men cannot face round singly and defend themselves: this tribune, therefore, charged them and killed all he could get at; until, being unable to defend themselves, they were forced to throw down their shields and fly; whereupon the Romans in their front, who had begun to yield, faced round again and charged them too. At first, as I have said, Philip, judging from the success of his own division, felt certain of a complete victory; but when he saw his Macedonians all on a sudden throwing away their shields, and the enemy close upon their rear, he withdrew with a small body of foot and horse a short distance from the field and took a general survey of the whole battle: and when he observed that the Romans in their pursuit of his left wing were already approaching the tops of the hills, he rallied as many Thracians and Macedonians as he could at the moment, and fled.

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Pol. 18.25-26.8

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie den Ablauf der Schlacht.

2) Was ist nach Polybios ausschlaggebend für den römischen Sieg?

3) Welche Rückschlüsse lässt ein Vergleich zwischen der römischen und makedonischen Kampfweise zu?

Kommentar:

An den Hängen der Bergkette Kynoskephalai kam es im Frühjahr 197 v. Chr. zur entscheidenden Schlacht des zweiten Makedonisch-Römischen Krieges. Polybios gibt an, dass die beiden Heere unter lautem Geschrei aufeinander gestürmt seien. Die Makedonen unter der Führung ihres Königs Philipp V. sollen vom Berghang hinunter vorgerückt und auf halber Höhe auf die Römer, die wiederum aus dem Tal heraufgezogen sein sollen, getroffen sein. Die rechte Flanke der Makedonen – als Phalanx aufgestellte Fußsoldaten – soll sich anfänglich gegen die bergauf kämpfenden römischen Truppen durchgesetzt haben. Die restlichen Truppen Philipps waren nach Polybios allerdings durch ihren Abstieg vom Berg noch nicht bzw. nur ungeordnet in den Kampf eingetreten. Der römische Feldheer, der Konsul Titus Quinctius Flamininus, soll dies von seiner Position aus – anders als Philipp – rechtzeitig erkannt und so seine Truppen entsprechend auf den rechten Flügel der römischen Schlachtreihe verlagert haben. Außerdem soll Flamininus das römische Kontingent an Kriegselefanten gegen die Makedonen gesendet haben und die gegnerischen Truppen dadurch genügend verwirrt haben, um deren linke Flanke zur Flucht zu treiben. Die römischen Truppen sollen so auf ihrer rechten Seite durchgebrochen und Philipps restlicher Phalanx in den Rücken gefallen sein. Dies soll nach Polybios für Philipp völlig überraschend gekommen sein, zumal er sich auf seiner Flanke im Vorteil gesehen habe. Erst als er sich auf eine Position zurückgezogen hatte, von der aus er den ganzen Kampf überblicken konnte, soll er sich schlussendlich der Gefahr bewusst geworden sein und die Schlacht durch seine Flucht aufgegeben haben.

Polybios betont verschiedene Elemente, die den Sieg der Römer gegen Philipp V. bei Kynoskephalai bewirkten. Zum einen ist auf die topographische Lage hinzuweisen. Die Makedonen hatten zwar auf ihrer rechten Flanke durch das bergab Kämpfen einen Vorteil gegen die römischen Truppen, doch machte das unwegsame Gelände es den restlichen Teilen des Heeres unmöglich, sich zur gleichen Zeit am Kampf zu beteiligen. Anders als Philipp, der seine Truppen nach Polybios weder richtig aufgestellt hatte, noch den Überblick über die zerfahrene Situation behielt, soll Flamininus schnell auf die Gegebenheiten reagiert und so den Vorteil der Makedonen zunichte gemacht haben. Das strategische Geschick des jeweiligen Feldheeres ist entsprechend als weiterer ausschlaggebender Grund für den römischen Sieg zu nennen.

Der Vergleich der römischen und makedonischen Kampfweise ist im Kontext von Polybios Darstellung der Schlacht von Kynoskephalai besonders fruchtbar. Zu der schnellen Auffassungsgabe ihres Feldherren Flamininus kommt die Flexibilität der römischen Truppen hinzu. Ihre – im Gegensatz zu der schweren Phalanx der Makedonen – leichte Ausrüstung macht es ihnen möglich, die topographischen Nachteile auszugleichen und sich schnell auch auf unebenem Gelände zu bewegen und entsprechende Truppen zu verschieben. Die starre Phalanx der Makedonen war zwar, sobald richtig aufgestellt, den römischen Truppen überlegen, doch bleib dieser Vorteil aus, sofern sie sich nicht formieren konnten oder noch auf dem Marsch waren. Genau in dieser Situation befand sich allerdings der linke Flügel der Makedonen bei Kynoskephalai, und entsprechend erfolgreich gingen die Römer hier aus der Schlacht hervor. Weiterhin sei betont, dass die Makedonen nach Polybios allzu abhängig von ihrem Feldherren waren. Durch seine schlechte strategische Position konnte er der Niederlage auf der einen Flanke nicht entgegenwirken, und seine Soldaten entschlossen sich derart führerlos zur Flucht. Beim römischen Herr allerdings, welches durch seine strenge militärische Hierachie hervorstach, konnten die Unterführer auch ohne Flamininus‘ direkten Befehl klug und erfahren agieren. Eben dies sei in der Schlacht passiert, wenn einer dieser Unterführer seine Truppen der makedonischen Phalanx aus eigener Initiative hin in den Rücken fallen ließ. Abschließend sei auch noch auf das von Polybios erwähnte Kontingent an Kriegselefanten hingewiesen. Diese Einheit zeigt, wie anpassungsfähig die Römer mit ihrer Kriegstechnik waren, insofern als dass sie diese in Italien keineswegs einheimischen Tiere in ihr Heer eingliederten, nachdem die Kämpfe mit Karthago und Pyrrhos sie mit diesen konfrontiert hatten. Zusammenfassend zeigt die Schlacht bei Kynoskephalai, dass das römischen Militär durch seine Anpassungsfähigkeit den konservativ kämpfenden Griechen – sie kämpften seit der Archaik in der Phalanxformation – überlegen war. Diese Überlegenheit war ein wesentlicher Grund für die sich nach der Schlacht von Kynoskephalai durchsetzende Hegemonialstellung der Römer – erst in Griechenland und dann auch in den restlichen Teilen des östlichen Mittelmeerraums.

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Podcast-Hinweise
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Hellenistische Außenpolitik

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Autor_in: Polybios
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Pol. 2.45, 47, 51 – Original:

[45] ὁλοσχερεστέρας δὲ γενομένης αὐξήσεως διὰ ταῦτα καὶ προκοπῆς περὶ τὸ ἔθνος, Αἰτωλοὶ διὰ τὴν ἔμφυτον ἀδικίαν καὶ πλεονεξίαν φθονήσαντες, τὸ δὲ πλεῖον ἐλπίσαντες καταδιελέσθαι τὰς πόλεις, καθάπερ καὶ πρότερον τὰς μὲν Ἀκαρνάνων διενείμαντο πρὸς Ἀλέξανδρον, τὰς δὲ τῶν Ἀχαιῶν ἐπεβάλοντο πρὸς Ἀντίγονον τὸν Γονατᾶν, καὶ τότε παραπλησίαις ἐλπίσιν ἐπαρθέντες ἀπετόλμησαν Ἀντιγόνῳ τε τῷ κατ᾽ ἐκείνους τοὺς καιροὺς προεστῶτι Μακεδόνων, ἐπιτροπεύοντι δὲ Φιλίππου παιδὸς ὄντος, καὶ Κλεομένει τῷ βασιλεῖ Λακεδαιμονίων κοινωνεῖν καὶ συμπλέκειν ἀμφοτέροις ἅμα τὰς χεῖρας. ὁρῶντες γὰρ τὸν Ἀντίγονον κυριεύοντα μὲν τῶν κατὰ Μακεδονίαν ἀσφαλῶς, ὁμολογούμενον δὲ καὶ πρόδηλον ἐχθρὸν ὄντα τῶν Ἀχαιῶν διὰ τὸ τὸν Ἀκροκόρινθον πραξικοπήσαντας καταλαβεῖν, ὑπέλαβον, εἰ τοὺς Λακεδαιμονίους προσλαβόντες ἔτι κοινωνοὺς σφίσι τῆς ἐπιβολῆς προεμβιβάσαιεν εἰς τὴν πρὸς τὸ ἔθνος ἀπέχθειαν, ῥᾳδίως ἂν καταγωνίσασθαι τοὺς Ἀχαιοὺς ἐν καιρῷ συνεπιθέμενοι καὶ πανταχόθεν περιστήσαντες αὐτοῖς τὸν πόλεμον […] [47] […] προορώμενος Ἄρατος τὸ μέλλον καὶ δεδιὼς τήν τε τῶν Αἰτωλῶν ἀπόνοιαν καὶ τόλμαν ἔκρινε πρὸ πολλοῦ λυμαίνεσθαι τὴν ἐπιβολὴν αὐτῶν. κατανοῶν δὲ τὸν Ἀντίγονον καὶ πρᾶξιν ἔχοντα καὶ σύνεσιν καὶ πίστεως ἀντιποιούμενον, τοὺς δὲ βασιλεῖς σαφῶς εἰδὼς φύσει μὲν οὐδένα νομίζοντας οὔτε συνεργὸν οὔτε πολέμιον, ταῖς δὲ τοῦ συμφέροντος ψήφοις αἰεὶ μετροῦντας τὰς ἔχθρας καὶ τὰς φιλίας, ἐπεβάλετο λαλεῖν πρὸς τὸν εἰρημένον βασιλέα καὶ συμπλέκειν τὰς χεῖρας, ὑποδεικνύων αὐτῷ τὸ συμβησόμενον ἐκ τῶν πραγμάτων. […] [51] καταφεύγειν ἐπὶ τὰς τῶν φίλων βοηθείας. ἐπισημηναμένου δὲ τοῦ πλήθους, ἔδοξε μένειν ἐπὶ τῶν ὑποκειμένων καὶ δι᾽ αὑτῶν ἐπιτελεῖν τὸν ἐνεστῶτα πόλεμον. ἐπεὶ δὲ Πτολεμαῖος ἀπογνοὺς μὲν τὸ ἔθνος Κλεομένει χορηγεῖν ἐπεβάλετο, βουλόμενος αὐτὸν ἐπαλείφειν ἐπὶ τὸν Ἀντίγονον διὰ τὸ πλείους ἐλπίδας ἔχειν ἐν τοῖς Λακεδαιμονίοις ἤπερ ἐν τοῖς Ἀχαιοῖς τοῦ δύνασθαι διακατέχειν τὰς τῶν ἐν Μακεδονίᾳ βασιλέων ἐπιβολάς, οἱ δ᾽ Ἀχαιοὶ τὸ μὲν πρῶτον ἠλαττώθησαν περὶ τὸ Λύκαιον, συμπλακέντες κατὰ πορείαν τῷ Κλεομένει, τὸ δὲ δεύτερον ἐκ παρατάξεως ἡττήθησαν ἐν τοῖς Λαδοκείοις καλουμένοις τῆς Μεγαλοπολίτιδος, ὅτε καὶ Λυδιάδας ἔπεσε, τὸ δὲ τρίτον ὁλοσχερῶς ἔπταισαν ἐν τῇ Δυμαίᾳ περὶ τὸ καλούμενον Ἑκατόμβαιον, πανδημεὶ διακινδυνεύοντες, τότ᾽ ἤδη τῶν πραγμάτων οὐκέτι διδόντων ἀναστροφὴν ἠνάγκαζε τὰ περιεστῶτα καταφεύγειν ὁμοθυμαδὸν ἐπὶ τὸν Ἀντίγονον. ἐν ᾧ καιρῷ πρεσβευτὴν τὸν υἱὸν ἐξαποστείλας Ἄρατος πρὸς Ἀντίγονον ἐβεβαιώσατο τὰ περὶ τῆς βοηθείας. παρεῖχε δ᾽ αὐτοῖς ἀπορίαν καὶ δυσχρηστίαν μεγίστην τὸ μήτε τὸν βασιλέα δοκεῖν ἂν βοηθῆσαι χωρὶς τοῦ κομίσασθαι τὸν Ἀκροκόρινθον καὶ λαβεῖν ὁρμητήριον πρὸς τὸν ἐνεστῶτα πόλεμον τὴν τῶν Κορινθίων πόλιν, μήτε τοὺς Ἀχαιοὺς ἂν τολμῆσαι Κορινθίους ἄκοντας ἐγχειρίσαι Μακεδόσι. […]

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Übersetzung: Evelyn S. Shuckburgh
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Pol. 2.45, 47, 51 – Übersetzung:

[45] But the increased power and national advancement which these events brought to the Achaeans excited the envy of the Aetolians; who, besides their natural inclination to unjust and selfish aggrandisement, were inspired with the hope of breaking up the union of Achaean states, as they had before succeeded in partitioning those of Acarnania with Alexander, and had planned to do those of Achaia with Antigonus Gonatas. Instigated once more by similar expectations, they had now the assurance to enter into communication and close alliance at once with Antigonus (at that time ruling Macedonia as guardian of the young King Philip), and with Cleomenes, King of Sparta. They saw that Antigonus had undisputed possession of the throne of Macedonia, while he was an open and avowed enemy of the Achaeans owing to the surprise of the Acrocorinthus; and they supposed that if they could get the Lacedaemonians to join them in their hostility to the league, they would easily subdue it, by selecting a favourable opportunity for their attack, and securing that it should be assaulted on all sides at once. […] [47] […] seeing clearly what would happen, and fearing the reckless audacity of the Aetolians, Aratus determined that his first duty was to be well beforehand in frustrating their plans. He satisfied himself that Antigonus was a man of activity and practical ability, with some pretensions to the character of a man of honour; he however knew perfectly well that kings look on no man as a friend or foe from personal considerations, but ever measure friendships and enmities solely by the standard of expediency. He, therefore, conceived the idea of addressing himself to this monarch, and entering into friendly relations with him, taking occasion to point out to him the certain result of his present policy. […] [51] But when Ptolemy, despairing of retaining the league’s friendship, began to furnish Cleomenes with supplies,—which he did with a view of setting him up as a foil to Antigonus, thinking the Lacedaemonians offered him better hopes than the Achaeans of being able to thwart the policy of the Macedonian kings; and when the Achaeans themselves had suffered three defeats,—one at Lycaeum in an engagement with Cleomenes whom they had met on a march; and again in a pitched battle at Ladocaea in the territory of Megalopolis, in which Lydiades fell; and a third time decisively at a place called Hecatomboeum in the territory of Dyme where their whole forces had been engaged,—after these misfortunes, no further delay was possible, and they were compelled by the force of circumstances to appeal unanimously to Antigonus. Thereupon Aratus sent his son to Antigonus, and ratified the terms of the subvention. The great difficulty was this: it was believed to be certain that the king would send no assistance, except on the condition of the restoration of the Acrocorinthus, and of having the city of Corinth put into his hands as a base of operations in this war; and on the other hand it seemed impossible that the Achaeans should venture to put the Corinthians in the king’s power against their own consent.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
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Pol. 2.45, 47, 51

Leitfragen:

1) Geben Sie die Bündniskonstellationen wieder, wie sie Polybios darstellt.

2) Wie versucht Aratos Antigonos von der Sache des Achaiischen Bundes zu überzeugen?

3) Was kann aus der Quellenpassage über die außenpolitischen Verhältnisse der Zeit gesagt werden?

Kommentar:

Polybios beginnt in der Quellenpassage damit, die Spannungen zwischen dem Aitolischen und dem Achaiischen Bund darzustellen. So soll die außenpolitische Lage die Aitoler dazu veranlasst haben, gegen den Achaiischen Bund Hilfe sowohl bei Kleomenes III. – König von Sparta – als auch bei Antigonos III. Doson – König der Makedonen – zu suchen. Ersterer soll diesem Gesuch nachgekommen sein und sich mit ihnen gegen den Achaiischen Bund gestellt haben, um sich die spartanische Vorherrschaft im Süden Griechenlands zu sichern. Aratos von Siykon – der Anführer des Achaiischen Bundes – habe dieses Bündnis mit Kleomenes zwar nicht mehr verhindern können, doch soll er nach Polybios das Bündnis mit Antigonos vorausgeahnt haben. Um dieses zu durchkreuzen, soll er deswegen versucht haben, die eigentlich feindlich gesinnten Makedonen von der Sache des Achaiischen Bundes zu überzeugen. Das potentielle Eingreifen des Antigonos soll wiederum dessen Konkurrenten Ptolemaios III. – Herrscher des Ptolemäerreichs in Ägypten – auf den Plan gerufen haben, der sich in den Konflikt eingeschaltet haben soll, indem er nunmehr Sparta Unterstützung anbot, um mit Kleomenes einen weiteren Verbündeten gegen die Makedonen zu erlangen. Dadurch sollen Kleomenes und der Aitolische Bund anfänglich einige militärische Siege erreicht haben, welche Aratos und den Achaiiern nur noch das schon vorbereitete Hilfsgesuch an Antigonos als Ausweg offen gelassen haben soll. Antigonos wiederum hätte für seine Hilfe sowohl die Kontrolle über Akrokorinth als auch Kortinth gefordert.

Aratos war sich nach Polybios der Gefahr bewusst, vor welcher der Achaiische Bund stehen würde, sofern sich Antigonos auf die Seite der Aitoler stellen sollte. Das Verhältnis zwischen dem Achaiischen Bund und den Makedonen war allerdings schon lange angespannt bzw. sogar feindselig. Nichtsdestoweniger soll sich Aratos um Verhandlungen bemüht haben, da er Antigonos als pragmatischen Mann angesehen habe. Nach Polybios soll Antigonos nicht anders als die übrigen Könige der hellenischen Reiche gewesen sein. Sie alle hätten sich nicht so sehr von ihren Gefühlen oder Freundschaften leiten lassen, sondern allein ihr eigener Vorteil hätte bei derartigen Entscheidungen eine Rolle gespielt. Entsprechend verhält sich Antigonos auch, wenn er durchaus bereit dazu scheint, sich gegen die Aitoler, Sparta und später auch das Ptolemäerriech zu stellen, sofern er einen Vorteil für sich sieht. In diesem Falle soll er die Kontrolle über Akrokorinth und Korinth gefordert haben.

Dieser sich in der Entscheidung Antigonos‘ abzeichnende Pragmatismus bzw. Opportunismus ist ein wesentliches Merkmal der Außenpolitik der hellenischen Staatenwelt. So wird aus Polybios die vertrackte Bündniskonstellation deutlich, zu der sich der Konflikt zwischen dem Aitolischen und Achaiischen Bund entwickelte. Vorherige Bündnisse oder Feindschaften wurden beiseite geschoben, um auf die neue Situation zu reagieren. Die Aitoler ersuchten die Spartaner und Makedonen um Hilfe – erstere gingen darauf ein. Danach suchten auch die Achaiier Unterstützung bei den Makedonen. Deren Beteiligung wiederum rief andere Diadochenreiche auf den Plan und auch sie versuchten, aus der Situation Profit zu erzielen. Überhaupt ist zu betonen, wie ausufernd derartige lokale Konflikte werden konnten. Einzelne griechische Poleis wie Sparta waren zu der Zeit nicht mehr in der Lage, sich aus eigener Kraft als Machtfaktor zu etablieren – Kleomenes und auch sein Sohn Nabis scheitern damit. Bünde zwischen verschiedenen Städten und allen voran die immer noch großen und mächtigen Diadochenreiche bestimmten die Politik. Deren Herrscher versuchten weiterhin, genau wie es ihre Vorgänger seit der Entstehung der Diadochenreiche nach Alexanders Tod taten, sich gegen ihre Konkurrenten durchzusetzen und die eigene Herrschaft auszubauen.

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Die Schlacht bei Ipsos

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Autor_in: Plutarch
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Plut. Demetrios 28.1-3, 29.3-30.1 – Original:

[1] […] τῶν γὰρ ἄλλων βασιλέων ἁπάντων συνισταμένων ἐπὶ τὸν Ἀντίγονον καὶ συμφερόντων εἰς ταὐτὸ τὰς δυνάμεις, ἀπῆρεν ὁ Δημήτριος ἐκ τῆς Ἑλλάδος, καὶ τῷ πατρὶ συμμίξας φιλοτιμουμένῳ παρ᾽ ἡλικίαν πρὸς τὸν πόλεμον, ἔτι μᾶλλον αὐτὸς ἐπερρώσθη. [2] καίτοι δοκεῖ γε Ἀντίγονος, εἰ μικρῶν τινων ὑφεῖτο καὶ τῆς ἄγαν φιλαρχίας ἐχάλασε, μέχρι παντὸς ἂν αὑτῷ διαφυλάξαι κἀκείνῳ καταλιπεῖν τὸ πρῶτον εἶναι. φύσει δὲ βαρὺς ὢν καὶ ὑπερόπτης, καὶ τοῖς λόγοις οὐχ ἧττον ἢ τοῖς πράγμασι τραχύς, πολλοὺς καὶ νέους καὶ δυνατοὺς ἄνδρας ἐξηγρίαινε καὶ παρώξυνε: καὶ τήν γε τότε σύστασιν καὶ κοινωνίαν αὐτῶν ἔλεγεν ὥσπερ ὀρνίθων σπερμολόγων συνδρομὴν ἑνὶ λίθῳ καὶ ψόφῳ συνδιαταράξειν. [3] ἦγε δὲ πεζοὺς μὲν ἑπτακισμυρίων πλείους, ἱππεῖς δὲ μυρίους, ἐλέφαντας δὲ ἑβδομήκοντα πέντε, τῶν ἐναντίων ἐχόντων πεζοὺς μὲν ἑξακισμυρίους καὶ τετρακισχιλίους, ἱππεῖς δὲ πεντακοσίους τῶν ἐκείνου πλείονας, ἐλέφαντας δὲ τετρακοσίους, ἅρματα δὲ ἑκατὸν εἴκοσι. γενομένῳ δ᾽ ἐγγὺς αὐτῶν τροπὴν ἔσχεν ἡ διάνοια τῆς ἐλπίδος μᾶλλον ἢ τῆς γνώμης. […] [3] γενομένης δὲ τῆς μάχης ἐν χερσὶ Δημήτριος ἔχων τοὺς πλείστους καὶ κρατίστους τῶν ἱππέων Ἀντιόχῳ τῷ Σελεύκου συνέπεσε, καὶ μέχρι τροπῆς τῶν πολεμίων λαμπρῶς ἀγωνισάμενος ἐν τῇ διώξει σοβαρᾷ καὶ φιλοτίμῳ παρὰ καιρὸν γενομένῃ τὴν νίκην διέφθειρεν. αὐτὸς μὲν γὰρ οὐκ ἔσχε πάλιν ἀναστρέψας συμμῖξαι τοῖς πεζοῖς τῶν ἐλεφάντων ἐν μέσῳ γενομένων, τὴν δὲ φάλαγγα γυμνὴν ἱππέων κατιδόντες οἱ περι Σέλευκον οὐκ ἐνέβαλον μέν, ὡς δὲ ἐμβαλοῦντες ἐφόβουν καὶ περιήλαυνον, μεταβάλλεσθαι διδόντες αὐτοῖς: ὃ καὶ συνέβη. [4] πολὺ γὰρ μέρος ἀπορραγὲν ἑκουσίως μετεχώρησε πρὸς ἐκείνους, τὸ δὲ λοιπὸν ἐτράπη. φερομένων δὲ πολλῶν ἐπὶ τὸν Ἀντίγονον καί τινος τῶν περὶ αὐτὸν εἰπόντος, ‘ἐπὶ σὲ οὗτοι, βασιλεῦ,’ ‘τίνα γάρ,’ εἶπε, ‘πλὴν ἐμοῦ σκοπὸν ἔχουσιν; ἀλλὰ Δημήτριος ἀφίξεται βοηθῶν.’ [5] καὶ τοῦτο μέχρι παντὸς ἐλπίζων καὶ περισκοπῶν τὸν υἱὸν ἅμα πολλῶν ἀκοντισμάτων εἰς αὐτὸν ἀφεθέντων ἔπεσε: καὶ τῶν ἄλλων ἀπολιπόντων ὀπαδῶν καὶ φίλων μόνος παρέμεινε τῷ νεκρῷ Θώραξ ὁ Λαρισσαῖος. [1] οὕτω δὲ κριθείσης τῆς μάχης, οἱ μὲν νενικηκότες βασιλεῖς τὴν ὑπ᾽ Ἀντιγόνῳ καὶ Δημητρίῳ πᾶσαν ἀρχὴν ὥσπερ μέγα σῶμα κατακόπτοντες ἐλάμβανον μερίδας, καὶ προσδιενείμαντο τὰς ἐκείνων ἐπαρχίας αἷς εἶχον αὐτοὶ πρότερον. Δημήτριος δὲ μετὰ πεντακισχιλίων πεζῶν καὶ τετρακισχιλίων ἱππέων φεύγων καὶ συντόνως ἐλάσας εἰς Ἔφεσον […].

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Bernadotte Perrin
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Plut. Demetrios 28.1-3, 29.3-30.1 – Übersetzung:

[1] […] For all the other kings leagued themselves together against Antigonus and united their forces, and so Demetrius set forth from Greece, and finding his father eager beyond his years for the war, he was himself still more encouraged. [2] And yet it would seem that if Antigonus had made some trifling concessions and had slackened his excessive passion for dominion, he might have always retained the supremacy for himself and have left it to his son. But he was naturally stern and haughty, and was harsh in what he said no less than in what he did, and therefore exasperated and incited against himself many young and powerful men; and their combination and partnership at this time he said he would scatter asunder with a single stone and a single shout, as if they were a flock of granivorous birds. [3] He took the field with more than seventy thousand infantry, ten thousand horse, and seventy-five elephants; while his adversaries had sixty-four thousand infantry, five hundred more horse than he, four hundred elephants, and a hundred and twenty chariots. […] [3] After the armies had engaged, Demetrius, with the largest and best part of the cavalry, clashed with Antiochus, the son of Seleucus; he fought brilliantly and routed his enemy, but by pursuing him too fiercely and eagerly he threw away the victory. For he himself was not able to turn back and rejoin his infantry, since the enemy’s elephants were thrown in his way; and Seleucus, observing that his opponents‘ phalanx was unprotected by cavalry, took measures accordingly. He did not actually charge upon them, but kept them in fear of a charge by continually riding around them, thus giving them an opportunity to come over to his side. And this was what actually came to pass. [4] For a large body of them, detached from the rest, came over to him of their own accord, and the rest were routed. Then, as throngs of his enemies bore down upon him and one of his followers said, ‘They are making at thee, O King,’ ‘Who else, pray,’ said Antigonus, ‘should be their mark? But Demetrius will come to my aid.’ [5] This was his hope to the last, and to the last he kept watching eagerly for his son; then a whole cloud of javelins were let fly at him and lie fell. The rest of his friends and attendants abandoned him, and one only remained by his dead body, Thorax of Larissa. [1] The battle having been decided in this manner, the victorious kings carved up the entire domain which had been subject to Antigonus and Demetrius, as if it had been a great carcass, and took each his portion, adding thus to the provinces which the victors already had, those of the vanquished kings. But Demetrius, with five thousand foot and four thousand horse, came in unbroken flight to Ephesus. […]

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Niklas Rempe
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Plut. Demetrios 28.1-3, 29.3-30.1

Leitfragen:

1) Geben Sie den Ablauf der Schlacht gemäß der Quellenpassage wieder.

2) Wie können Antigonos‘ Gegner den Sieg erringen?

3) Welche Rückschlüsse lässt die Quelle bzgl. des Herrschaftsverständnisses der Diadochen zu?

Kommentar:

Plutarch gibt in seiner Biographie über Demetrios Poliorketes, den Sohn des Diadochen Antigonos I. Monophthalmos, den Ablauf der Schlacht bei Ipsos wieder. Antigonos, der anders als die übrigen Diadorchen weiterhin bestrebt war sich zum Nachfolger Alexanders des Großen und zum Alleinherrscher des gesamten Alexanderreiches aufzuschwingen, sah sich bei Ipsos mit Truppen des Seleukos und des Lysimachos – zwei weiteren Diadochenherrschern – konfrontiert. Er soll daraufhin seinen Sohn Demetrios aus Griechenland hergeordert haben und konnte so nach Plutarch ein ca. 80.000 Mann starkes Heer aufbieten. Seine Gegner hätten auf der einen Seite zwar weniger Infanterie zur Verfügung gehabt, doch dies auf der anderen Seite durch eine stärkere Reiterei inklusive einem größeren Kontingent von Kriegselefanten und Streitwagen ausgeglichen. Demetrios Poliorketes soll als Führer der Reiterei die gegnerische trotz Unterzahl in die Flucht geschlagen haben. Im Schlachtzentrum sei die Phalanx des Antigonos allerdings stark bedrängt worden, und Demetrios hätte der Infanterie und seinem Vater nicht rechtzeitig zur Hilfe kommen können, was schlussendlich zum Tod des Antigonos geführt haben soll. Die Niederlage sei damit besiegelt gewesen und die siegreichen Diadochen hätten sich das Antigonidenreich untereinander aufgeteilt.

Die Darstellung Plutarchs gibt einen guten Einblick in die Kampfweise zur Zeit der Diadochen. Von zentraler Bedeutung war immer das Zentrum des Heeres – die zur Phalanx aufgestellte Infanterie. Antigonos hatte hier einen zahlenmäßigen Vorteil, doch wussten seine Gegner diesen strategisch klug zu umgehen: Es soll ihnen nach Plutarch gelungen sein, die Reiterei unter der Führung des Demetrios weit von der Schlachtreihe fortzuziehen und deren Rückweg durch ihr großes Kontingent an Kriegselefanten abzuschneiden. Die Flanke der Phalanx des Antigonos stand somit ungeschützt da. Anstatt seine eigene Reiterei nun gegen die Fußtruppen einzusetzen, soll Seleukos nur Ausfälle vorgetäuscht haben. Das Ergebnis davon war nach Plutarch, dass die völlig verunsicherten Truppen des Antigonos diesem Druck nicht mehr standhielten – zumal ihre eigene Reiterei weit abgeschlagen war – und zum Feind überliefen. Antigonos‘ Stellung im Zentrum des Heeres konnte danach leicht besiegt werden und sein Tod führte zum Ende der Schlacht.

Die Quellenpassage lässt einige Rückschlüsse auf das Herrschaftsverständnis der Diadochen und ihrer Untertanen zu. Anfänglich sei auf den Übermut hingewiesen, den Plutarch Antigonos zuschreibt. Er hätte die Schlacht durch Zugeständnisse an die anderen Diadochen verhindern können, doch lehnte er dies aus Zuversicht siegreich aus dem Kampf hervorzugehen ab. Er zog sich damit den Groll der anderen Diadochen zu, zumal sein Anspruch auf die Nachfolge Alexanders des Großen dieses Ressentiment gegen ihn nochmals verstärkte. Sein Sohn Demtrios wird ähnlich charakterisiert, wenn er sowohl vor als auch in der Schlacht, zwar fähig, aber im Endeffekt zu übermütig und überheblich dargestellt wird. Nach Plutarch führt sein Eifer, die gegnerische Reiterei zu verfolgen, zur Niederlage, da er dem Rest des Heeres nicht mehr zur Hilfe kommen kann. Der fähige Feldherr Seleukos nutzt dies aus, indem er die Fußtruppen demoralisiert und zum Abfall bewegen kann. Hier wiederum zeigt sich, dass nur ein kompetenter Feldherr auch von seinen Truppen respektiert wurde. Der Tod des Antigonos ist hier außerdem gleichbedeutend mit dem Verlust des Antigonidenreiches. Zwar war sein Nachfolger Demetrios noch am Leben, doch reichten dessen Truppen nicht aus, das große Gebiet weiterhin unter Kontrolle zu halten. Die siegreichen Diadochen legitimierten ihre Stellung als Führer ihrer jeweiligen Heere und Herrscher ihrer Reiche, zumal – typisch für die Zeit – mit dem Sieg auch die Erweiterung des eigenen Gebiets einherging.

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Die Diadochen als Könige

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Appian
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App. Syr. 9.53-54 – Original:

[53] Ἀντίγονος δ᾽ ἦν Φρυγίας μὲν καὶ Λυκίας καὶ Παμφυλίας σατράπης, ἐπίσκοπος δ᾽ εἶναι τῆς ὅλης Ἀσίας ἐξ Ἀντιπάτρου περῶντος ἐς τὴν Εὐρώπην ἀπολελειμμένος Εὐμένη τὸν Καππαδοκίας σατράπήν, ψηφισαμένων εἶναι πολέμιον τῶν Μακεδόνων, ἐπολιόρκει. ὁ δὲ αὐτὸν ἐκφεύγει, καὶ τὴν Μηδικὴν ἐκρατύνετο ἑαυτῷ. ἀλλ᾽ Εὐμένη μὲν κτείνει καταλαβὼν ὁ Ἀντίγονος, καὶ ἐπανιὼν ὑπεδέχθη λαμπρῶς ὑπὸ Σελεύκου σατραπεύοντος ἐν Βαβυλῶνι. ὑβρίσαντος δέ τινα τῶν ἡγεμόνων τοῦ Σελεύκου, καὶ οὐ κοινώσαντος Ἀντιγόνῳ παρόντι, χαλεπήνας ὁ Ἀντίγονος ᾔτει λογισμοὺς χρημάτων τε καὶ κτημάτων. ὁ δὲ ἀσθενέστερος ὢν Ἀντίγονου πρὸς Πτολεμαῖον ἐς Αἴγυπτον ὑπεχώρει. καὶ ὁ Ἀντίγονος εὐθὺς ἐπὶ τῇ φυγῇ τοῦ Σελεύκου Βλίτορά τε, Μεσοποταμίας ἡγούμενον, παρέλυσε τῆς ἀρχῆς, ὅτι Σέλευκον μεθῆκεν ἀπιόντα, καὶ τὴν Βαβυλωνίαν καὶ τὴν Μεσοποταμίαν καὶ ὅσα ἄλλα ἐκ Μήδων ἐπὶ τὸν Ἑλλήσποντον ἔθνη, καθίστατο ἑαυτῷ, ἤδη καὶ Ἀντιπάτρου τεθνεῶτος. ἐπίφθονός τε εὐθὺς ἐκ τῶνδε τοῖς ἄλλοῖς σατράπαις ἐγίγνετο, γῆς ἄρχων τοσῆσδε. διὸ καὶ μάλιστα τῷ Σελεύκῳ παρακαλοῦντι συνέθεντο Πτολεμαῖός τε καὶ Λυσίμαχος ὁ Θρᾴκης σατράπης καὶ Κάσσανδρος ὁ Ἀντιπάτρου, Μακεδόνων ἐπὶ τῷ πατρὶ ἡγούμενος: καὶ ὁμοῦ πρεσβευσάμενοι τὸν Ἀντίγονον ἠξίουν τὴν ἐπίκτητον αὐτῷ γενομένην γῆν τε καὶ χρήματα πρός τε σφᾶς νείμασθαι καὶ πρὸς ἑτέρους Μακεδόνας, οἳ τῶν σατραπειῶν ἐξεπεπτώκεσαν. ἐπιχλευάσαντος δὲ αὐτοὺς τοῦ Ἀντιγόνου οἱ μὲν ἐς πόλεμον καθίσταντο κοινόν, ὁ δὲ ἀντιπαρεσκευάζετο, καὶ ἐξέβαλλε τὰς φρουρὰς ὅσαι ἔτι ἦσαν ἐν τῇ Συρίᾳ Πτολεμαίου, καὶ Φοινίκης τε καὶ τῆς λεγομένης κοίλης τὰ ἔτι ὑπήκοα τοῦ Πτολεμαίου πρὸς ἑαυτὸν ἀθρόως περιέσπα. [54] χωρῶν δ᾽ ὑπὲρ τὰς Κιλικίους πύλας, Δημήτριον τὸν υἱόν, ἀμφὶ δύο καὶ εἴκοσιν ἔτη γεγονότα, ἐν Γάζῃ μετὰ τοῦ στρατοῦ καταλείπει πρὸς τὰς ὁρμὰς Πτολεμαίου τὰς ἀπ᾽ Αἰγύπτου. τοῦτον ὁ Πτολεμαῖος ἐνίκα περὶ τὴν Γάζαν μάχῃ λαμπρῶς, καὶ τὸ μειράκιον ἐς τὸν πατέρα ἐχώρει. Πτολεμαῖος δ᾽ αὐτίκα τὸν Σέλευκον ἐς τῆν Βαβυλῶνα πέμπει, τὴν ἀρχὴν ἀναληψόμενον: καὶ πεζοὺς ἐς τοῦτο ἔδωκεν αὐτῷ χιλίους, καὶ τριακοσίους ἱππέας. καὶ σὺν οὕτως ὀλίγοις ὁ Σέλευκος τήν τε Βαβυλωνίαν, προθύμως αὐτὸν ἅμα τῶν ἀνδρῶν ἐκδεχομένων, ἀνέλαβε, καὶ τὴν ἀρχὴν μετ᾽ οὐ πολὺ ἐς μέγα προήγαγεν. ὁ δ᾽ Ἀντίγονος Πτολεμαῖον ἠμύνετο, καὶ ναυμαχίᾳ περὶ Κύπρον ἐνίκα περιφανεῖ, Δημητρίου τοῦ παιδὸς στρατηγοῦντος: ἐφ᾽ ὅτῳ λαμπροτάτῳ γενομένῳ ὁ στρατὸς ἀνεῖπεν ἄμφω βασιλέας, Ἀντίγονόν τε καὶ Δημήτριον, ἤδη καὶ τῶν βασιλέων τεθνεώτων, Ἀριδαίου τε τοῦ Φιλίππου καὶ Ὀλυμπιάδος καὶ τῶν υἱῶν Ἀλεξάνδρου. ἀνεῖπε δὲ καὶ Πτολεμαῖον ὁ οἰκεῖος αὐτοῦ στρατὸς βασιλέα, ὡς μή τι διὰ τὴν ἧσσαν μειονεκτοίη τῶν νενικηκότων. τοῖσδε μὲν δὴ τυχεῖν ὁμοίων συνηνέχθη κατ᾽ ἐναντίας αἰτίας, εἵποντο δ᾽ εὐθὺς αὐτοῖς οἱ λοιποί, καὶ βασιλεῖς ἅπαντες ἐκ σατραπῶν ἐγίγνοντο.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: L. Mendelssohn
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Übersetzung:

[53] Antigonus was satrap of Phrygia, Lycia, and Pamphylia. Having been left as overseer of all Asia when Antipater went to Europe, he besieged Eumenes, the satrap of Cappadocia, who had been publicly declared an enemy of the Macedonians. The latter fled and brought Media under his power, but Antigonus afterward captured and killed him. When he returned he was received magnificently by Seleucus, the satrap of Babylon. One day Seleucus punished one of the governors without consulting Antigonus, who was present, and the latter became angry and demanded an accounting of his money and possessions. As Seleucus was inferior to Antigonus in power he fled to Ptolemy in Egypt. Thereupon Antigonus removed Blitor, the governor of Mesopotamia, from office, because he allowed Seleucus to escape, and took upon himself the government of Babylon, Mesopotamia, and all the countries from Media to the Hellespont, Antipater having died in the meantime. The other satraps at once became envious of his possession of so large a share of the territory; for which reason chiefly, and at the instance of Seleucus, Ptolemy, Lysimachus, the satrap of Thrace, and Cassander, the son of Antipater and leader of the Macedonians after his father’s death, entered into a league with each other. They sent a joint embassy to Antigonus and demanded that he should share with them and with the other Macedonians who had lost their satrapies, his newly acquired lands and money. Antigonus treated their demand with scorn, and they jointly made war against him. Antigonus prepared to meet them. He drove out all of Ptolemy’s garrisons in Syria and stripped him of all the possessions that he still retained in Phoenicia and Cœle-Syria. [54] Then he marched beyond the Cilician gates, leaving his son Demetrius, who was about twenty-two years of age, at Gaza with an army to meet Ptolemy, who was coming from Egypt, but the latter defeated the young man badly in a battle near Gaza and compelled him to fly to his father. Ptolemy immediately sent Seleucus to Babylon to resume the government and gave him 1000 foot-soldiers and 300 horse for the purpose. With this small force Seleucus took Babylon, the inhabitants receiving him with enthusiasm, and within a short time he augmented his power greatly. Nevertheless Antigonus warded off the attack of Ptolemy and gained a splendid naval victory over him near Cyprus, in which his son Demetrius was the commander. On account of this very notable exploit the army began to call both Antigonus and Demetrius kings, as their own kings (Ardiæus, the son of Philip and Olympias, and the two sons of Alexander) were now dead. Ptolemy’s army also saluted him as king lest by inferiority of rank he should be deemed less lofty than the victors in the late battle. Thus for these men similar consequences followed contrary events. All the others followed suit, and all the satraps became kings.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Niklas Rempe
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App. Syr. 9.53-54

Leitfragen:

1) Geben Sie Appians Darstellung der Geschehnisse nach Alexanders Tod wieder.

2) Wer ruft sich nach Appian zum König (basileus) aus?

3) Welches Herrschaftsverständnis der Diadochen wird in der Quellenpassage deutlich?

Kommentar:

Appian – ein römischer Geschichtsschreiber, der im zweiten Jahrhundert n. Chr. wirkte – beschreibt in der vorliegenden Quellenpassage verschiedene Ereignisse aus der Zeit nach Alexanders Tod bis zur Annahme des Königstitels (basileus) durch die Diadochen (321–305 v. Chr.). Antigonos, der unter Alexander Satrap (Statthalter/Gouverneur) großer Teile Kleinasiens war, soll nach dem Tod des so einflussreichen Herrschers begonnen haben, seine Herrschaft über verschiedene Teile Asiens weiter auszubauen. Er wendet sich damit gegen andere von Alexander eingesetzte Satrapen. Kappadokien habe er so Eumenes abgerungen und auch in Medien soll er Krieg geführt haben. Des Weiteren sei er so nach Babylon – anfangs unter freundlichen Umständen – gekommen, doch habe er schließlich durch seine nunmehr angewachsene Machtstellung unter den Satrapen den dortigen Herrscher Seleukos zur Flucht gezwungen und außerdem Mesopotamien unter seine Kontrolle gebracht. Die übrigen Satrapen bzw. Diadochen hätten sich deswegen aus Neid gegen Antigonos verbündet (zweiter, dritter und vierter Diadochenkrieg) und diesen zum Abzug aus verschiedenen Teilen seines Reiches zwingen wollen. Antigonos sei nicht willens gewesen seine Macht zu mindern – im Gegenteil. Ihm sei es anfangs gelungen, Ptolemaios weite Gebiete in der Levante abzuringen. In Gaza allerdings habe dieser den Sohn des Antigonos – Demetrios – besiegen können. Auch soll Ptolemaios den zuvor daraus vertriebenen Seleukos mit Truppen zurück nach Babylon gesendet haben. Bei Zypern habe Demetrios seine Niederlage bei Gaza wieder gut machen können, indem er Ptolamaios dort in einem Seegefecht besiegt habe. Das Heer des Antigonos soll diesen und seinen Sohn daraufhin zum König (basileus) ausgerufen haben. Doch auch Ptolemaios‘ Soldaten sollen diesem zum König erhoben haben – die übrigen Diadochen folgen nach Appian prompt und auch sie hätten den Königstitel angenommen.

Nach Appian rufen sich in den Jahren 306 bzw. 305 verschiedene Personen zum König (basileus) aus. Antigonos als einer der Diadochen und Satrapen Alexanders des Großen soll zusammen mit seinem Sohn Demtrios als erster zum König gekürt worden sein. Initiator sei nach Appian sein Heer gewesen, welches zuvor mit ihm in den Diadochenkriegen große Gebiete erobern konnte. Interessant ist, dass auch der Verlierer – Ptolemaios – diesen Titel von seinen Soldaten verliehen bekommen haben soll, da er ob seiner Niederlage den Siegern in nichts nachstehen sollte. Die anderen ursprünglich von Alexander eingesetzten Satrapen hätten mit diesen drei ebenfalls gleichziehen wollen und so riefen sich auch Seleukos, Kassander und Lysimachos zum König aus. Damit wurden alle Diadochenreiche nach Appian nunmehr von Königen regiert.

Die Annahme des Königstitels verrät viel über das Herrschaftsverständnis der Diadochen. Appian beschreibt, wie dieser Titel eigentlich allein Alexander dem Großen bzw. dessen Erben zustehen würde. Sowohl sein Bruder als auch seine Söhne waren zu dem Zeitpunkt allerdings schon tot. Dass die verschiedenen Herrscher sich nun als Könige und nicht mehr als Satrapen bzw. Diadochen profilierten, ist ein klares Indiz dafür, dass sie sich jeweils als rechtmäßiger Erbe Alexanders sahen. Schon wenige Jahre davor (311 v. Chr.) hatten die Diadochen sich gegenseitig im sog. „Diadochenfrieden“ als Herrscher ihrer jeweiligen Reiche anerkannt, doch erst der Königstitel stellte sie auf eine Stufe mit Alexander, dessen Ruhm auch einige Jahre nach seinem Tod weiterhin bestand hatte. Die Annahme des Königstitels ist entsprechend ein Versuch, den Nimbus ihres so fähigen und berühmten Vorgängers auf sich zu übertragen. Zu betonen ist auch, wie keiner aus dieser Gruppe dem anderen nachstehen wollte. Dass das Geschlecht der Antigoniden diesen Titel alleine beanspruchte war für dessen Konkurrenten undenkbar. Sowohl ihr persönliches Verständnis als Gleichrangige als auch die propagandistischen Möglichkeiten bzw. Gefahren, die dieser Titel mit sich brachte, ließen die übrigen Diadochen schnell nachziehen.

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Der Lamische Krieg

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Pausanias / Hyperides / Plutarch
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Paus. 1.25.3-5 – Original:

[3] τὸ γὰρ ἀτύχημα τὸ ἐν Χαιρωνείᾳ ἅπασι τοῖς Ἕλλησιν ἦρξε κακοῦ καὶ οὐχ ἥκιστα δούλους ἐποίησε τοὺς ὑπεριδόντας καὶ ὅσοι μετὰ Μακεδόνων ἐτάχθησαν. τὰς μὲν δὴ πολλὰς Φίλιππος τῶν πόλεων εἷλεν, Ἀθηναίοις δὲ λόγῳ συνθέμενος ἔργῳ σφᾶς μάλιστα ἐκάκωσε, νήσους τε ἀφελόμενος καὶ τῆς ἐς τὰ ναυτικὰ παύσας ἀρχῆς. καὶ χρόνον μέν τινα ἡσύχασαν Ἀθηναῖοι Φιλίππου βασιλεύοντος καὶ ὕστερον Ἀλεξάνδρου: τελευτήσαντος δὲ Ἀλεξάνδρου Μακεδόνες μὲν βασιλεύειν εἵλοντο Ἀριδαῖον, Ἀντιπάτρῳ δὲ ἐπετέτραπτο ἡ πᾶσα ἀρχή, καὶ Ἀθηναίοις οὐκέτι ἀνεκτὰ ἐφαίνετο εἰ τὸν πάντα χρόνον ἔσται ἐπὶ Μακεδόσι τὸ Ἑλληνικόν, ἀλλ᾽ αὐτοί τε πολεμεῖν ὥρμηντο καὶ ἄλλους ἐς τὸ ἔργον ἤγειρον. […] [5] τοὺς δὲ ἐς τὸ συμμαχικὸν ταχθέντας κατὰ πόλεις τε ἑκάστους ἦγον στρατηγοὶ καὶ τοῦ παντὸς ἄρχειν ᾕρητο Ἀθηναῖος Λεωσθένης πόλεώς τε ἀξιώματι καὶ αὐτὸς εἶναι δοκῶν πολέμων ἔμπειρος. ὑπῆρχε δέ οἱ καὶ πρὸς πάντας εὐεργεσία τοὺς Ἕλληνας: ὁπόσοι γὰρ μισθοῦ παρὰ Δαρείῳ καὶ σατράπαις ἐστρατεύοντο Ἕλληνες, ἀνοικίσαι σφᾶς ἐς τὴν Περσίδα θελήσαντος Ἀλεξάνδρου Λεωσθένης ἔφθη κομίσας ναυσὶν ἐς τὴν Εὐρώπην. καὶ δὴ καὶ τότε ὧν ἐς αὐτὸν ἤλπισαν τὰ ἔργα λαμπρότερα ἐπιδειξάμενος παρέσχεν ἀποθανὼν ἀθυμῆσαι πᾶσι καὶ δι᾽ αὐτὸ οὐχ ἥκιστα σφαλῆναι: φρουρά τε Μακεδόνων ἐσῆλθεν Ἀθηναίοις, οἳ Μουνυχίαν, ὕστερον δὲ καὶ Πειραιᾶ καὶ τείχη μακρὰ ἔσχον.

Hyp. 6.10-12 – Original:

[10] Λεωσθένης γὰρ ὁρῶν τὴν Ἑλλάδα πᾶσαν τεταπεινωμένην καὶ … ἐπτηχυῖαν, κατεφθαρμένην ὑπὸ τῶν δωροδοκούντων παρὰ Φιλίππου καὶ Ἀλεξάνδρου κατὰ τῶν πατρίδων τῶν αὑτῶν, καὶ τὴν μὲν πόλιν ἡμῶν δεομένην ἀνδρός, τὴν δ᾽ Ἑλλάδα πᾶσαν πόλεως, ἥτις προστῆναι δυνήσεται τῆς ἡγεμονίας, ἐπέδωκεν ἑαυτὸν μὲν τῇ πατρίδι, τὴν δὲ πόλιν τοῖς Ἕλλησιν εἰς τὴν ἐλευθερίαν: [11] καὶ ξενικὴν μὲν δύναμιν συστησάμενος, τῆς δὲ πολιτικῆς ἡγεμὼν καταστάς, τοὺς πρώτους ἀντιταξαμένους τῇ τῶν Ἑλλήνων ἐλευθερίᾳ Βοιωτοὺς καὶ Μακεδόνας καὶ Εὐβοέας καὶ τοὺς ἄλλους συμμάχους αὐτῶν ἐνίκησε μαχόμενος ἐν τῇ Βοιωτίᾳ. [12] ἐντεῦθεν δ᾽ ἐλθὼν εἰς Πύλας καὶ καταλαβὼν τὰς παρόδους, δι᾽ ὧν καὶ πρότερον ἐπὶ τοὺς Ἕλληνας οἱ βάρβαροι ἐπορεύθησαν, τῆς μὲν ἐπὶ τὴν Ἑλλάδα πορείας Ἀντίπατρον ἐκώλυσεν, αὐτὸν δὲ καταλαβὼν ἐν τοῖς τόποις τούτοις καὶ μάχῃ νικήσας, ἐπολιόρκει κατακλείσας εἰς Λαμίαν.

Plut. Phokion 23.1-4 – Original:

ὡς δὲ φέρων ἐνέσεισεν ὁ Λεωσθένης τὴν πόλιν εἰς τὸν Λαμιακὸν πόλεμον, καί τοῦ Φωκίωνος δυσχεραίνοντος ἠρώτα καταγελῶν τί πεποίηκεν ἀγαθὸν τὴν πόλιν ἔτη τοσαῦτα στρατηγῶν, ‘οὐ μικρόν,’ ἔφη, ‘τὸ τοὺς πολίτας ἐν τοῖς ἰδίοις μνήμασι θάπτεσθαι.’ [2] πολλὰ δὲ θρασυνομένου καὶ κομπάζοντος ἐν τῷ δήμῳ τοῦ Λεωσθένους, ὁ Φωκίων, ‘οἱ λόγοι σου,’ εἶπεν, ‘ὦ μειράκιον, ἐοίκασι κυπαρίττοις: μεγάλοι γὰρ ὄντες καί ὑψηλοί καρποὺς οὐ φέρουσιν.’ ὡς δὲ ἐπαναστὰς ὁ Ὑπερείδης ἠρώτησε, ‘πότε οὖν, ὦ Φωκίων, συμβουλεύσεις πολεμεῖν Ἀθηναίοις;’ ‘ὅταν,’ εἶπε, ‘τοὺς μὲν νέους ἴδω τὴν τάξιν βουλομένους φυλάττειν, τοὺς δὲ πλουσίους εἰσφέρειν, τοὺς δὲ ῥήτορας ἀπέχεσθαι τοῦ κλέπτειν τὰ δημόσια.’ [3] θαυμαζόντων δὲ πολλῶν τὴν ὑπὸ τοῦ Λεωσθένους συνηγμένην δύναμιν, καί τοῦ Φωκίωνος πυνθανομένων πῶς τι παρεσκευάσθαι δοκοῦσιν αὐτῷ, ‘καλῶς,’ ἔφη, ‘πρὸς τὸ στάδιον τὸν δὲ δόλιχον τοῦ πολέμου φοβοῦμαι, μήτε χρήματα τῆς πόλεως ἕτερα μήτε ναῦς μήτε ὁπλίτας ἐχούσης.’ [4] ἐμαρτύρει δὲ αὐτῷ καί τὰ ἔργα.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: W. H. S. Jones, H. A. Ormero / J. O. Burtt / Bernadotte Perrin
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Übersetzung:

[3] For the disaster at Chaeronea was the beginning of misfortune for all the Greeks, and especially did it enslave those who had been blind to the danger and such as had sided with Macedon. Most of their cities Philip captured; with Athens he nominally came to terms, but really imposed the severest penalties upon her, taking away the islands and putting an end to her maritime empire. For a time the Athenians remained passive, during the reign of Philip and subsequently of Alexander. But when on the death of Alexander the Macedonians chose Aridaeus to be their king, though the whole empire had been entrusted to Antipater, the Athenians now thought it intolerable if Greece should be for ever under the Macedonians, and themselves embarked on war besides inciting others to join them. […] [5] Each city ranged under the alliance had its own general, but as commander-in-chief was chosen the Athenian Leosthenes, both because of the fame of his city and also because he had the reputation of being an experienced soldier. He had already proved himself a general benefactor of Greece. All the Greeks that were serving as mercenaries in the armies of Darius and his satraps Alexander had wished to deport to Persia, but Leosthenes was too quick for him, and brought them by sea to Europe. On this occasion too his brilliant actions surpassed expectation, and his death produced a general despair which was chiefly responsible for the defeat. A Macedonian garrison was set over the Athenians, and occupied first Munychia and afterwards Peiraeus also and the Long Walls.

 

[10] For Leosthenes perceived that the whole of Greece was humiliated and cowed, corrupted by men who were accepting bribes from Philip and Alexander against their native countries. He realized that our city stood in need of a commander, and Greece herself of a city, able to assume the leadership, and he gave himself to his country and the city to the Greeks, in the cause of freedom. [11] After raising a mercenary force he took command of the citizen army and defeated the first opponents of Greek freedom, the Boeotians, Macedonians and Euboeans, together with their other allies, in battle in Boeotia. [12] Thence he advanced to Pylae and occupied the pass through which, in bygone days as well, barbarians marched against the Greeks. He thus prevented the inroad of Antipater into Greece, and overtaking him in that vicinity, defeated him in battle and shut him into Lamia, which he then besieged.

 

[1] Leosthenes, who had plunged the city into the Lamian war much to Phocion’s displeasure, once asked him derisively what good he had done the city during the many years in which he had been general. ‘No slight good,’ said Phocion, ‘in that its citizens are buried in their own sepulchres.’ [2] Again, when Leosthenes was talking very boldly and boastfully in the assembly, Phocion said: ‘Thy speeches, young man, are like cypress-trees, which are large and towering, but bear no fruit.’ And when Hypereides confronted him with the question, ‘When, then, O Phocion, wilt thou counsel the Athenians to go to war?’ ‘Whenever,’ said Phocion, ‘I see the young men willing to hold their places in the ranks, the rich to make contributions, and the orators to keep their thievish hands away from the public moneys.’ [3] When many were admiring the force got together by Leosthenes, and were asking Phocion what he thought of the city’s preparations, ‘They are good,’ said he, ‘for the short course; but it is the long course which I fear in the war, since the city has no other moneys, or ships, or men-at-arms.’ [4] And events justified his fear. […]

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
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Leitfragen:

1) Geben Sie die Darstellung des Pausanias wieder.

2) Vergleichen Sie Hyperides‘ und Plutarchs Darstellung des Leosthenes.

3) Welche Rückschlüsse lassen die drei Quellenpassagen auf die Gründe für den Lamischen Krieg zu?

Kommentar:

Pausanias gibt knapp 500 Jahre nach den Ereignissen den groben Ablauf der Geschehnisse um den Lamischen Krieg wieder. Der Anfang vom Ende der herausragenden politischen Position der Griechen im Mittelmeerraum sieht Pausanias in der Schlacht von Chaironeia (338 v. Chr). Die verschiedenen griechischen Poleis hätten sich danach den siegreichen Makedonen unter Philipp II. geschlagen gegeben und ihre politische Freiheit aufgeben müssen. Auch unter Philipps Sohn und Nachfolger auf dem makedonischen Königsthron – Alexander dem Großen – sollen sich die Griechen dieser Fremdherrschaft gefügt haben. Nach Alexanders Tod (323 v. Chr.) und der dadurch plötzlich entstandenen unsichere politischen Situation hätten sich die Athener allerdings entschlossen, gegen die Makedonen – nunmehr unter der Führung von Antipater – aufzubegehren. Andere griechische Poleis sollen sich ihnen angeschlossen haben, wobei Leosthenes als athenischer Feldherr (strategos) den Oberbefehl übernommen haben soll. Dieser soll anfänglich insbesondere durch das Anwerben von griechischen Söldnern Erfolge gegen die Makedonen erzielen haben. Sein Tod bei Lamia allerdings hätte den Griechen einen schweren Schlag versetzt und soll nach Pausanias schlussendlich für die Niederlage im Lamischen Krieg verantwortlich gewesen sein. Athen sei so in ihrem Bestreben, die Herrschaft der Makedonen abzuschütteln, nicht erfolgreich gewesen.

Hyperides, ein Zeitgenosse des Leosthenes und einer der führenden Persönlichkeiten Athens der Zeit, spricht in seiner Leichenrede (epitaphios), die er für die im Krieg gefallenen hielt, lobend von dem Feldherrn. Leosthenes hätte die Niedergeschlagenheit und Demütigung, welche die Athener durch die makedonische Hegemonialstellung erlitten hätten, nicht mehr ertragen. Um das Joch der Makedonen von seiner Heimat abzuschütteln, hätte er den Oberbefehl angenommen und Athen und die anderen griechischen Poleis der Freiheit wegen in den Krieg geführt. Plutarch – ähnlich wie Pausanias eine spätere Quelle – zeichnet ein anderes Bild von Leosthenes. In seiner Biographie des Phokion, der zur Zeit der Geschehnisse der pro-makedonischen Partei in Athen angehörte, gibt er einige Wortwechsel zwischen den beiden politischen Konkurrenten wieder. So sei der überstürzte Beginn des Krieges gegen die Makedonen nicht im Sinne Phokions gewesen. Als er noch Feldherr der Athener war, hätten die Toten wenigstens in ihrer Heimat bestattet werden können. Außerdem würde Leosthenes nur große Reden schwingen, ohne entsprechende Taten folgen zu lassen. Sowieso seien die Athener nicht bereit gegen die Makedonen ins Feld zu ziehen: Die jungen Männer hätten zu wenig militärische Disziplin und die reichen würden genau wie die zahlreichen Redner allein ihren eigenen Wohlstand im Sinne haben. Auch die ersten Erfolge Leosthenes‘, die er durch seine Söldnertruppen erreichen konnte, hätten Phokion nicht von seiner Meinung abgebracht, dass der Krieg gegen Makedonien auf lange Sicht eine schlechte Idee sei – damit sollte er Recht behalten.

Die drei Quellenpassagen können zusammen einen guten Eindruck von den Geschehnissen vor und während dem Lamischen Krieg geben. Sie alle zeugen von einer Unzufriedenheit der Athener – und der anderen Griechen – mit der Fremdherrschaft der Makedonen. Die beiden großen Feldherren und Könige Philipp II. und insbesondere Alexander der Große konnte dieses Ressentiment anscheinend noch unterdrücken, wobei Hyperides dies auf Bestechungsgelder zurückführt. Nach ihrem Tod allerdings ist aus den Quellen nachzuvollziehen, wie Athen der Freiheit (eleutheria) wegen aufbegehrte – dieses Schlagwort hatte seit den Perserkriegen für die Griechen viel Gewicht. Hyperides bezeugt zudem, wie abfällig die Athener von den Makedonen dachten, wenn er sie als „Barabaren“ bezeichnet. Die von Plutarch dargestellte Unruhe im Volk und der Drang des Leosthenes sich zu beweisen, tun ihr Übriges, um die Griechen den Feldzug wagen zu lassen. So wurde der Lamische Krieg der Freiheit wegen begonnen und endete im genauen Gegenteil: Athen wurde besetzt und seiner Autonomie beraubt.

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