Die Gründe des Ionischen Aufstands

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Herodot
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Hdt. 5.35-38.1 – Original:

Ἀρισταγόρης δὲ οὐκ εἶχε τὴν ὑπόσχεσιν τῷ Ἀρταφρένεϊ ἐκτελέσαι: ἅμα δὲ ἐπίεζέ μιν ἡ δαπάνη τῆς στρατιῆς ἀπαιτεομένη, ἀρρώδεέ τε τοῦ στρατοῦ πρήξαντος κακῶς καὶ Μεγαβάτῃ διαβεβλημένος, ἐδόκεέ τε τὴν βασιληίην τῆς Μιλήτου ἀπαιρεθήσεσθαι. [2] ἀρρωδέων δὲ τούτων ἕκαστα ἐβουλεύετο ἀπόστασιν: συνέπιπτε γὰρ καὶ τὸν ἐστιγμένον τὴν κεφαλὴν ἀπῖχθαι ἐκ Σούσων παρὰ Ἱστιαίου, σημαίνοντα ἀπίστασθαι Ἀρισταγόρην ἀπὸ βασιλέος. [3] ὁ γὰρ Ἱστιαῖος βουλόμενος τῷ Ἀρισταγόρῃ σημῆναι ἀποστῆναι ἄλλως μὲν οὐδαμῶς εἶχε ἀσφαλέως σημῆναι ὥστε φυλασσομενέων τῶν ὁδῶν, ὁ δὲ τῶν δούλων τὸν πιστότατον ἀποξυρήσας τὴν κεφαλὴν ἔστιξε καὶ ἀνέμεινε ἀναφῦναι τὰς τρίχας, ὡς δὲ ἀνέφυσαν τάχιστα, ἀπέπεμπε ἐς Μίλητον ἐντειλάμενος αὐτῷ ἄλλο μὲν οὐδέν, ἐπεὰν δὲ ἀπίκηται ἐς Μίλητον, κελεύειν Ἀρισταγόρην ξυρήσαντά μιν τὰς τρίχας κατιδέσθαι ἐς τὴν κεφαλήν. τὰ δὲ στίγματα ἐσήμαινε, ὡς καὶ πρότερόν μοι εἴρηται, ἀπόστασιν. [4] ταῦτα δὲ ὁ Ἱστιαῖος ἐποίεε συμφορὴν ποιεύμενος μεγάλην τὴν ἑωυτοῦ κατοχὴν τὴν ἐν Σούσοισι: ἀποστάσιος ὦν γινομένης πολλὰς εἶχε ἐλπίδας μετήσεσθαι ἐπὶ θάλασσαν, μὴ δὲ νεώτερόν τι ποιεύσης τῆς Μιλήτου οὐδαμὰ ἐς αὐτὴν ἥξειν ἔτι ἐλογίζετο. Ἱστιαῖος μέν νυν ταῦτα διανοεύμενος ἀπέπεμπε τὸν ἄγγελον, Ἀρισταγόρῃ δὲ συνέπιπτε τοῦ αὐτοῦ χρόνου πάντα ταῦτα συνελθόντα. ἐβουλεύετο ὦν μετὰ τῶν στασιωτέων, ἐκφήνας τήν τε ἑωυτοῦ γνώμην καὶ τὰ παρὰ τοῦ Ἱστιαίου ἀπιγμένα. [2] οἱ μὲν δὴ ἄλλοι πάντες γνώμην κατὰ τὠυτὸ ἐξεφέροντο, κελεύοντες ἀπίστασθαι […] [4] […] αὕτη μὲν δὴ οὐκ ἐνίκα ἡ γνώμη, ἐδόκεε δὲ ὅμως ἀπίστασθαι, ἕνα τε αὐτῶν πλώσαντα ἐς Μυοῦντα ἐς τὸ στρατόπεδον τὸ ἀπὸ τῆς Νάξου ἀπελθόν, ἐὸν ἐνθαῦτα, συλλαμβάνειν πειρᾶσθαι τοὺς ἐπὶ τῶν νεῶν ἐπιπλέοντας στρατηγούς. […] [1] […] οὕτω δὴ ἐκ τοῦ ἐμφανέος ὁ Ἀρισταγόρης ἀπεστήκεε, πᾶν ἐπὶ Δαρείῳ μηχανώμενος. [2] καὶ πρῶτα μὲν λόγῳ μετεὶς τὴν τυραννίδα ἰσονομίην ἐποίεε τῇ Μιλήτῳ, ὡς ἂν ἑκόντες αὐτῷ οἱ Μιλήσιοι συναπισταίατο, μετὰ δὲ καὶ ἐν τῇ ἄλλῃ Ἰωνίῃ τὠυτὸ τοῦτο ἐποίεε, τοὺς μὲν ἐξελαύνων τῶν τυράννων, τοὺς δ᾽ ἔλαβε τυράννους ἀπὸ τῶν νεῶν τῶν συμπλευσασέων ἐπὶ Νάξον, τούτους δὲ φίλα βουλόμενος ποιέεσθαι τῇσι πόλισι ἐξεδίδου, ἄλλον ἐς ἄλλην πόλιν παραδιδούς, ὅθεν εἴη ἕκαστος. [1] Κώην μέν νυν Μυτιληναῖοι ἐπείτε τάχιστα παρέλαβον, ἐξαγαγόντες κατέλευσαν, Κυμαῖοι δὲ τὸν σφέτερον αὐτῶν ἀπῆκαν: ὣς δὲ καὶ ἄλλοι οἱ πλεῦνες ἀπίεσαν.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung:: A.D.Godley
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Übersetzung

Aristagoras had no way of fulfilling his promise to Artaphrenes, and he was hard-pressed by demands for the costs of the force. Furthermore he feared what might come of the failure of the army and Megabates‘ displeasure against him. It was likely, he thought, that his lordship of Miletus would be taken away from him. [2] With all these fears in his mind, he began to plan revolt, for it chanced that at that very time there came from Susa Histiaeus‘ messenger, the man with the marked head, signifying that Aristagoras should revolt from the king. [3] Since Histiaeus desired to give word to Aristagoras that he should revolt and had no other safe way of doing so because the roads were guarded, he shaved and branded the head of his most trustworthy slave. He waited till the hair had grown again, and as soon as it was grown, he sent the man to Miletus with no other message except that when he came to Miletus he must bid Aristagoras shave his hair and examine his head. The writing branded on it signified revolt, as I have already said. [4] This Histiaeus did because he greatly disliked his detention at Susa and fully expected to be sent away to the coast in the case that there should be a revolt. If, however, Miletus remained at peace, he calculated that he would never return there. [1] With this intent, then, Histiaeus sent his messenger, and it chanced that all these things came upon Aristagoras at one and the same time. He accordingly took counsel with the members of his faction, stating his own opinion as well as the message which had come to him from Histiaeus. [2] All the rest spoke their minds to the same effect, favoring revolt […]. [4] […] One out of their number was to sail to Myus, to the army which had left Naxos and was there, and attempt to seize the generals who were aboard the ships. […] [1] […] Then Aristagoras revolted openly, devising all he could to harm Darius. [2] First he made pretence of giving up his tyranny and gave Miletus equality of government so that the Milesians might readily join in his revolt. Then he proceeded to do the same things in the rest of Ionia. Some of the tyrants he banished, and as for those tyrants whom he had taken out of the ships that sailed with him against Naxos, he handed them each over to their respective cities, which he wished to please. [1] Coes, when the Mytilenaeans received him, was taken out and stoned, but the Cymaeans, as well as most of the others, let their own man go.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Niklas Rempe
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Hdt. 5.35-38.1

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie die Gründe für den Ionischen Aufstand, die sich aus der Quelle ergeben.

2) Welche Maßnahmen ergriff Aristagoras nach Herodot zu Beginn des Aufstands?

3) Was für Rückschlüsse können aus der Quelle über die politische Herrschaft in den ionischen Poleis zu Beginn des Aufstands gezogen werden?

Kommentar:

Herodot stellt den Tyrannen der kleinasiatischen Polis Milet – Aristagoras – in den Mittelpunkt seiner Beschreibung des Beginns des Ionischen Aufstands. Nach einem misslungenen militärischen Manöver gegen Naxos befindet sich Aristagoras in einer prekären Situation. Er befürchtet durch seine Niederlage die Perser, welche ihn und die anderen Tyrannen der griechischen Poleis in Kleinasien eingesetzt hatten, zu sehr verärgert zu haben, um seine Herrschaft in Milet weiter ausüben zu können. Seinen Vorgänger und Schwiegervater Histiaios hatte dieses Schicksal schon ereilt und er musste sein Leben unter der Aufsicht des Großkönigs im persischen Susa fristen. Eben jener Histiaios schickt Aristagoras in dieser misslichen Lage eine Nachricht und fordert ihn auf, den Aufstand gegen die persische Oberherrschaft zu wagen. Auf diese Art von seinem Vorgänger in seinem Ansinnen bestätigt, berät sich Aristagoras mit seinen Vertrauten und leitetet schlussendlich aus einem egoistischen Motiv – Machterhalt – den Aufstand ein, der später als der „Ionische Aufstand“ bekannt wurde und als Auslöser der Perserkriege gilt.

Aristagoras beginnt sofort zu handeln. Man solle die Tyrannen der anderen griechischen Poleis in Kleinasien, die kurz zuvor noch mit ihm zusammen gegen Naxos gezogen waren, festnehmen. Des Weiteren tritt Aristagoras selber als Tyrann von Milet zurück – ein Vorwand, wie Herodot schreibt – und gibt sich demokratisch, indem er der Bürgerschaft ein Mitspracherecht in rechtlichen und politischen Dingen gibt. Sein Ziel ist es, die Bürger Milets durch diese Zugeständnisse vom Sinn eines Aufstands zu überzeugen und seine Führungsposition zu festigen. Auch in den anderen Poleis in Ionien verfuhr er ähnlich. Er unterstrich dies damit, dass er die Tyrannen, die unter der persischen Schirmherrschaft diese Städte beherrschten, an die jeweilige Poleis auslieferte. Auch hiermit soll Aristagoras nach Herodot versucht haben, die Griechen der kleinasiatischen Küste hinter sich zu vereinen.

Die Darstellung des Beginns des Ionischen Aufstands gibt einen guten Eindruck von der politischen Lage am Anfang des fünften Jh. v. Chr. bzw. von Herodots Einschätzung diesbezüglich. Die ionischen Poleis standen unter persischer Herrschaft, wobei diese nicht unbedingt direkt durchgesetzt wurde. Vielmehr machten die Perser sich vor Ort die politischen Streitigkeiten zwischen den oligarchisch und den demokratisch gesinnten Teilen der Bürgerschaft zu Nutze (ein Streit der sich durch die gesamte griechische Antike zieht) und förderten in der Regel erstere, indem sie einen Aristokraten als Tyrannen der Polis einsetzten. Die Gefahr diese Herrschaft – und damit seine persönliche Macht – zu verlieren, war nach Herodot der maßgebliche Grund für Aristagoras, den ionischen Aufstand anzuzetteln. Auch sein Vorgänger Histiaios hatte ähnlich egoistische Motive. Zu betonen ist: Nicht etwa ist ein Zwang von Seiten der „demokratischen“ Bürgerschaft nachzuvollziehen, die das Joch der Tyrannei abschütteln wollten, sondern vielmehr die Angst der Oligarchen, ihre Macht zu verlieren. Nichtsdestoweniger hatte die Aussicht auf politische und rechtliche Mitsprache sicherlich Einfluss auf die Motivation einer breiten Schicht von Bürgern. Der Umgang mit den gestürzten Tyrannen, die Aristagoras an die ionischen Städte auslieferte, ist allerdings bezeichnend dafür, dass die oligarchische bzw. tyrannische Herrschaft keineswegs als Hauptauslöser des Aufstands angesehen werden sollte. Einzig Mytilene schien mit ihrem tyrannischen Herrscher Koes derart unzufrieden gewesen zu sein, dass er den Tod durch Steinigung fand.

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Der Hilfsgesuch in Sparta

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Herodot
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Hdt. 5.49-50 – Original:

ἀπικνέεται δὲ ὦν ὁ Ἀρισταγόρης ὁ Μιλήτου τύραννος ἐς τὴν Σπάρτην Κλεομένεος ἔχοντος τὴν ἀρχήν: τῷ δὴ ἐς λόγους ἤιε, ὡς Λακεδαιμόνιοι λέγουσι, ἔχων χάλκεον πίνακα ἐν τῷ γῆς ἁπάσης περίοδος ἐνετέτμητο καὶ θάλασσά τε πᾶσα καὶ ποταμοὶ πάντες. [2] ἀπικνεόμενος δὲ ἐς λόγους ὁ Ἀρισταγόρης ἔλεγε πρὸς αὐτὸν τάδε. ‘Κλεόμενες, σπουδὴν μὲν τὴν ἐμὴν μὴ θωμάσῃς τῆς ἐνθαῦτα ἀπίξιος: τὰ γὰρ κατήκοντα ἐστὶ τοιαῦτα: Ἰώνων παῖδας δούλους εἶναι ἀντ᾽ ἐλευθέρων ὄνειδος καὶ ἄλγος μέγιστον μὲν αὐτοῖσι ἡμῖν, ἔτι δὲ τῶν λοιπῶν ὑμῖν, ὅσῳ προέστατε τῆς Ἑλλάδος. [3] νῦν ὦν πρὸς θεῶν τῶν Ἑλληνίων ῥύσασθε Ἴωνας ἐκ δουλοσύνης ἄνδρας ὁμαίμονας. εὐπετέως δὲ ὑμῖν ταῦτα οἷά τε χωρέειν ἐστί: οὔτε γὰρ οἱ βάρβαροι ἄλκιμοι εἰσί, ὑμεῖς τε τὰ ἐς τὸν πόλεμον ἐς τὰ μέγιστα ἀνήκετε ἀρετῆς πέρι, ἥ τε μάχη αὐτῶν ἐστὶ τοιήδε, τόξα καὶ αἰχμὴ βραχέα: ἀναξυρίδας δὲ ἔχοντες ἔρχονται ἐς τὰς μάχας καὶ κυρβασίας ἐπὶ τῇσι κεφαλῇσι. [4] οὕτω εὐπετέες χειρωθῆναι εἰσί. ἔστι δὲ καὶ ἀγαθὰ τοῖσι τὴν ἤπειρον ἐκείνην νεμομένοισι ὅσα οὐδὲ τοῖσι συνάπασι ἄλλοισι, ἀπὸ χρυσοῦ ἀρξαμένοισι, ἄργυρος καὶ χαλκὸς καὶ ἐσθὴς ποικίλη καὶ ὑποζύγιά τε καὶ ἀνδράποδα: τὰ θυμῷ βουλόμενοι αὐτοὶ ἂν ἔχοιτε. [5] κατοίκηνται δὲ ἀλλήλων ἐχόμενοι ὡς ἐγὼ φράσω, Ἰώνων μὲν τῶνδε οἵδε Λυδοί, οἰκέοντές τε χώρην ἀγαθὴν καὶ πολυαργυρώτατοι ἐόντες.’ δεικνὺς δὲ ἔλεγε ταῦτα ἐς τῆς γῆς τὴν περίοδον, τὴν ἐφέρετο ἐν τῷ πίνακι ἐντετμημένην. ‘Λυδῶν δέ’ ἔφη λέγων ὁ Ἀρισταγόρης ‘οἵδε ἔχονται Φρύγες οἱ πρὸς τὴν ἠῶ, πολυπροβατώτατοί τε ἐόντες πάντων τῶν ἐγὼ οἶδα καὶ πολυκαρπότατοι. […] [8] ἀλλὰ περὶ μὲν χώρης ἄρα οὐ πολλῆς οὐδὲ οὕτω χρηστῆς καὶ οὔρων σμικρῶν χρεόν ἐστι ὑμέας μάχας ἀναβάλλεσθαι πρός τε Μεσσηνίους ἐόντας ἰσοπαλέας καὶ Ἀρκάδας τε καὶ Ἀργείους, τοῖσι οὔτε χρυσοῦ ἐχόμενον ἐστι οὐδὲν οὔτε ἀργύρου, τῶν πέρι καί τινα ἐνάγει προθυμίη μαχόμενον ἀποθνήσκειν: παρέχον δὲ τῆς Ἀσίης πάσης ἄρχειν εὐπετέως, ἄλλο τι αἱρήσεσθε;’ [9] Ἀρισταγόρης μὲν ταῦτα ἔλεξε, Κλεομένης δὲ ἀμείβετο τοῖσιδε. ‘ὦ ξεῖνε Μιλήσιε, ἀναβάλλομαί τοι ἐς τρίτην ἡμέρην ὑποκρινέεσθαι.’ [1] τότε μὲν ἐς τοσοῦτον ἤλασαν: ἐπείτε δὲ ἡ κυρίη ἡμέρη ἐγένετο τῆς ὑποκρίσιος καὶ ἦλθον ἐς τὸ συγκείμενον, εἴρετο ὁ Κλεομένης τὸν Ἀρισταγόρην ὁκοσέων ἡμερέων ἀπὸ θαλάσσης τῆς Ἰώνων ὁδὸς εἴη παρὰ βασιλέα. [2] ὁ δὲ Ἀρισταγόρης τἆλλα ἐὼν σοφὸς καὶ διαβάλλων ἐκεῖνον εὖ ἐν τούτῳ ἐσφάλη: χρὲον γάρ μιν μὴ λέγειν τὸ ἐόν, βουλόμενόν γε Σπαρτιήτας ἐξαγαγεῖν ἐς τὴν Ἀσίην, λέγει δ᾽ ὦν τριῶν μηνῶν φὰς εἶναι τὴν ἄνοδον. ὁ δὲ ὑπαρπάσας τὸν ἐπίλοιπον λόγον τὸν ὁ Ἀρισταγόρης ὥρμητο λέγειν περὶ τῆς ὁδοῦ, εἶπε [3] ‘ὦ ξεῖνε Μιλήσιε, ἀπαλλάσσεο ἐκ Σπάρτης πρὸ δύντος ἡλίου: οὐδένα γὰρ λόγον εὐεπέα λέγεις Λακεδαιμονίοισι, ἐθέλων σφέας ἀπὸ θαλάσσης τριῶν μηνῶν ὁδὸν ἀγαγεῖν.’

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Übersetzung:: A.D.Godley
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Übersetzung

It was in the reign of Cleomenes that Aristagoras the tyrant of Miletus came to Sparta. When he had an audience with the king, as the Lacedaemonians report, he brought with him a bronze tablet on which the map of all the earth was engraved, and all the sea and all the rivers. [2] Having been admitted to converse with Cleomenes, Aristagoras spoke thus to him: “Do not wonder, Cleomenes, that I have been so eager to come here, for our present situation is such that the sons of the Ionians are slaves and not free men, which is shameful and grievous particularly to ourselves but also, of all others, to you, inasmuch as you are the leaders of Hellas. [3] Now, therefore, we entreat you by the gods of Hellas to save your Ionian kinsmen from slavery. This is a thing which you can easily achieve, for the strangers are not valiant men while your valor in war is preeminent. As for their manner of fighting, they carry bows and short spears, and they go to battle with trousers on their legs and turbans on their heads. [4] Accordingly, they are easy to overcome. Furthermore, the inhabitants of that continent have more good things than all other men together, gold first but also silver, bronze, colored cloth, beasts of burden, and slaves. All this you can have to your heart’s desire. [5] The lands in which they dwell lie next to each other, as I shall show: next to the Ionians are the Lydians, who inhabit a good land and have great store of silver.” (This he said pointing to the map of the earth which he had brought engraved on the tablet.) “Next to the Lydians,” said Aristagoras, “you see the Phrygians to the east, men that of all known to me are the richest in flocks and in the fruits of the earth. […] [8] You should suspend your war, then, for strips of land of no great worth—for that fight with with Messenians, who are matched in strength with you, and Arcadians and Argives, men who have nothing in the way of gold or silver (for which things many are spurred by zeal to fight and die). Yet when you can readily be masters of all Asia, will you refuse to attempt it?” [9] Thus spoke Aristagoras, and Cleomenes replied: “Milesian, my guest, wait till the third day for my answer.” [1] At that time, then, they got so far. When, on the day appointed for the answer, they came to the place upon which they had agreed, Cleomenes asked Aristagoras how many days‘ journey it was from the Ionian sea to the king. [2] Till now, Aristagoras had been cunning and fooled the Spartan well, but here he made a false step. If he desired to take the Spartans away into Asia he should never have told the truth, but he did tell it, and said that it was a three months‘ journey inland. [3] At that, Cleomenes cut short Aristagoras‘ account of the prospective journey. He then bade his Milesian guest depart from Sparta before sunset, for never, he said, would the Lacedaemonians listen to the plan, if Aristagoras desired to lead them a three months‘ journey from the sea.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Niklas Rempe
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Hdt. 5.49-50

Leitfragen:

1) Geben Sie die Argumente des Aristagoras wieder, mit denen er Kleomenes zu überzeugen versucht.

2) Welches Hilfsmittel gebraucht Aristagoras für seine Argumentation und wie erfolgreich ist es?

3) Bewerten Sie das Vorgehen und die Argumente des Aristagoras.

Kommentar:

Aristagoras, dessen egoistisches Motiv des Machterhalts als ein wesentlicher Grund für den Ionischen Aufstand angesehen werden sollte, versucht in Sparta Verbündete in seinem Kampf gegen die Perser zu gewinnen. Herodot überliefert verschiedene Argumente, die der Herrscher von Milet in diesem Zuge dem spartansichen König Kleomenes dargelegt haben soll: Die ionischen Griechen an der kleinasiatischen Küste seien Sklaven und keine freien Männer. Bei den Spartanern müsse dieses schlimme Schicksal der ionischen Poleis sicher Mitleid erregen – schließlich seien es griechische Männer, die nunmehr in Sklaverei leben müssten. Außerdem würde es den Lakedaimoniern überhaupt nicht schwer fallen, sich gegen die Perser militärisch behaupten zu können. Deren leicht gerüsteten Männer würden für die kampferfahrenen und gut ausgestatteten Spartaner keine Herausforderung darstellen. Darüber hinaus erwarte sie in den Ländern des persischen Großreichs eine Fülle an Reichtümern, und sollten sie den Griechen in Kleinasien zu Hilfe kommen, könnten die Spartaner sowohl Erze, wie Gold und Silber, als auch Stoffe, Tiere und Sklaven erbeuten. Derartig leicht zu erringende und ergiebige Kriegsbeute könnten sie sich bei den Kämpfen auf der Peloponnes mit anderen griechischen Poleis nicht erhoffen.

Nach Herodot kommt Aristagoras mit einer bronzenen Tafel zum spartanischen König. Mit dieser veranschaulichte er anscheinend seine mündliche Darlegung, mit der er versuchte Kleomenes zu überreden. Diese Karte habe demnach Länder und Wasserwege abgezeichnet. So konnte Aristagoras nach Herodot z.B. durch einen Fingerzeig dem spartanischen König erklären, wo das Land der Lyder sei. Diese optische Unterstützung des Hilfsgesuchs scheint bei Kleomenes allerdings wenig Eindruck und Wirkung erzielt zu haben. Nach seiner Bedenkzeit sei die erste – und einzige – Frage gewesen, wie weit der persische Hof in Susa entfernt sei. Die bronzene Tafel konnte den Spartanern nach Herodots Beschreibung also keine Auskunft über die Entfernungen der einzelnen Gebiete und Städte des großen Perserreichs machen. Derartige frühe Karten sollten sich entsprechend als rudimentär und einfach vorgestellt werden. Auch ist es möglich, dass es sich eher um eine Art Routenplan handelte, auf dem die einzelnen Völker und Reiseabschnitte des persischen Großreichs verzeichnet waren.

Kleomenes habe Aristagoras‘ Gesuch jedenfalls abgelehnt – die Entfernung zwischen Sparta und dem im Zweistromland gelegenen Susa sei zu groß gewesen (ein Marsch von drei Monaten). Die Argumente, die der Herrscher von Milet vorbrachte, scheinen also nicht überzeugt zu haben. Daraus kann man einige Rückschlüsse ziehen: Das Gemeinschaftsgefühl, an welches Aristagoras appelliert, war in einer so ausgeprägten Form, dass sich die Spartaner verpflichtet gefühlt hätten, den kleinasiatischen Griechen zur Hilfe zu kommen, in dieser Zeit bei den Griechen so noch nicht vorhanden. Sicherlich waren sich die einzelnen griechischen Poleis ihrer gemeinsamen Abstammung und Kultur bewusst, doch prägte sich diese Gemeinschaftsgefühl erst nach den Perserkriegen wirklich aus. Auch die Abwertung des militärischen Könnens der Perser erscheint als ein verzweifeltes Argument. Sicherlich wussten die Spartaner, dass allein die schiere Anzahl an Truppen, die der persische Großkönig aufstellen konnte, eine für sie allein nicht zu besiegende Überzahl darstellen würde. Entsprechend fehl geht auch die Betonung der möglichen Kriegsbeute. Neben der Gefahr der militärischen Niederlage kommt hier noch die lange Marschroute ins Spiel, die das Ansammeln von derartigen Reichtümern weiterhin erschwert. Kurz: Ein risikoreicher Feldzug von mehreren Monaten gegen eine erdrückende Überzahl von Feinden, der kaum Beute verspricht, kam für Kleomenes nicht in Frage. Diese konservative und auf ihr griechisches Heimatland fokussierte Außenpolitik war für Sparta typisch und zieht sich bis zu dem Peloponnesischen Krieg hin.

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Übernahme der phönizischen Schrift

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Herodot
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Hdt. 5.58-59 – Original:

οἱ δὲ Φοίνικες οὗτοι οἱ σὺν Κάδμῳ ἀπικόμενοι, τῶν ἦσαν οἱ Γεφυραῖοι, ἄλλα τε πολλὰ οἰκήσαντες ταύτην τὴν χώρην ἐσήγαγον διδασκάλια ἐς τοὺς Ἕλληνας καὶ δὴ καὶ γράμματα, οὐκ ἐόντα πρὶν Ἕλλησι ὡς ἐμοὶ δοκέειν, πρῶτα μὲν τοῖσι καὶ ἅπαντες χρέωνται Φοίνικες: μετὰ δὲ χρόνου προβαίνοντος ἅμα τῇ φωνῇ μετέβαλλον καὶ τὸν ῥυθμὸν τῶν γραμμάτων. [2] περιοίκεον δὲ σφέας τὰ πολλὰ τῶν χώρων τοῦτον τὸν χρόνον Ἑλλήνων Ἴωνες, οἳ παραλαβόντες διδαχῇ παρὰ τῶν Φοινίκων τὰ γράμματα, μεταρρυθμίσαντες σφέων ὀλίγα ἐχρέωντο, χρεώμενοι δὲ ἐφάτισαν, ὥσπερ καὶ τὸ δίκαιον ἔφερε, ἐσαγαγόντων Φοινίκων ἐς τὴν Ἑλλάδα, Φοινικήια κεκλῆσθαι. [3] καὶ τὰς βύβλους διφθέρας καλέουσι ἀπὸ τοῦ παλαιοῦ οἱ Ἴωνες, ὅτι κοτὲ ἐν σπάνι βύβλων ἐχρέωντο διφθέρῃσι αἰγέῃσί τε καὶ οἰέῃσι: ἔτι δὲ καὶ τὸ κατ᾽ ἐμὲ πολλοὶ τῶν βαρβάρων ἐς τοιαύτας διφθέρας γράφουσι. [1] εἶδον δὲ καὶ αὐτὸς Καδμήια γράμματα ἐν τῷ ἱρῷ τοῦ Ἀπόλλωνος τοῦ Ἰσμηνίου ἐν Θήβῃσι τῇσι Βοιωτῶν, ἐπὶ τρίποσι τισὶ ἐγκεκολαμμένα, τὰ πολλὰ ὅμοια ἐόντα τοῖσι Ἰωνικοῖσι. ὁ μὲν δὴ εἷς τῶν τριπόδων ἐπίγραμμα ἔχει “ἀμφιτρύων μ᾽ ἀνέθηκ᾽ ἐνάρων ἀπὸ Τηλεβοάων.” ταῦτα ἡλικίην εἴη ἂν κατὰ Λάιον τὸν Λαβδάκου τοῦ Πολυδώρου τοῦ Κάδμου.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung:: A.D.Godley
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Übersetzung

These Phoenicians who came with Cadmus and of whom the Gephyraeans were a part brought with them to Hellas, among many other kinds of learning, the alphabet, which had been unknown before this, I think, to the Greeks. As time went on the sound and the form of the letters were changed. [2] At this time the Greeks who were settled around them were for the most part Ionians, and after being taught the letters by the Phoenicians, they used them with a few changes of form. In so doing, they gave to these characters the name of Phoenician, as was quite fair seeing that the Phoenicians had brought them into Greece. [3] The Ionians have also from ancient times called sheets of papyrus skins, since they formerly used the skins of sheep and goats due to the lack of papyrus. Even to this day there are many foreigners who write on such skins. [1] I have myself seen Cadmean writing in the temple of Ismenian Apollo at Thebes of Boeotia engraved on certain tripods and for the most part looking like Ionian letters. On one of the tripods there is this inscription: “Amphitryon dedicated me from the spoils of Teleboae.” This would date from about the time of Laius the son of Labdacus, grandson of Polydorus and great-grandson of Cadmus.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
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Hdt. 5.58-59

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie den Ablauf der Übernahme der Schrift der Phönizier.

2) Was kann man aus der Quellenpassage über die frühe Verwendung der Schriftzeichen erfahren?

3) Was für Rückschlüsse lassen sich aus der Quelle über Herodots Ansichten hinsichtlich der Entwicklung der griechischen Schriftzeichen ziehen?

Kommentar:

Herodot beginnt seinen kurzen Exkurs über den Ursprung der griechischen Schrift mit Kadmos – dem mythischen Gründer Kadmeias (dem späteren Theben). Aus Phönizien stammend haben er und seine Gefährten, die sich schlussendlich in Boiotien ansiedelten, ihre Schriftzeichen mitgebracht. Die Verbindung dieser phönizischen Schrift und dem lokalen griechischen Dialekt führte zu einer Veränderung der Schriftzeichen. Herodot verweist zudem generell auf die Nachbarschaft bzw. enge Verbindung zwischen den Phöniziern und Griechen. Neben der mythischen Verbreitung der Schrift durch Kadmos hebt er parallel die Nähe zu den Griechen, die sich durch den ionischen Dialekt auszeichnen, hervor. Zu denken ist hier insbesondere an die griechischen Poleis an der kleinasiatischen Küste und an Zypern, wo sich sowohl griechische als auch phönizische Siedlungen befanden. Auch den praktischen Umgang mit der Schrift – Herodot erwähnt die Verwendung von Leder als beschriebenem Material – übernahmen die Griechen von ihren östlichen Nachbarn, bevor sie ihre Eigenarten diesbezüglich entwickelten. Die frühen Schriftzeugnisse, die zur Zeit Herodots noch überliefert waren, spiegeln diese Entwicklung wieder, da die Buchstaben nunmehr in Keramik geritzt und in einem frühen Stadium der späteren ionisch-griechischen Schrift verfasst wurden.

Herodot gibt nach seiner Darstellung der Herkunft der griechischen Schrift drei Beispiele für die frühe Verwendung jener Zeichen an. Es handelt sich um Inschriften auf verschiedenen Dreifüßen, die als Weihgabe in Tempeln abgelegt wurden. Zum einen ist der religiöse und kultische Kontext für diese Weihgaben hervorzuheben. Die Griechen applizierten das für sie relativ neue Konzept von Schrift anscheinend schnell innerhalb diesem für sie so wichtigen Bereich ihrer Lebenswelt. Auch der Inhalt der Inschriften zeugt davon, wenn in zwei der Beispiele dem Gott Apollon – in dessen Tempel die Dreifüße ja auch stehen – für sein Tun gedankt wird. Bzgl. dieser zwei Inschriften ist zudem hervorzuheben, dass sie in Hexametern – einem Versmaß, welches sich auch in der frühen Dichtung Homers und Hesiods finden lässt – verfasst sind. Das weist auf den hohen Stellenwert der Dichtung in der griechischen Welt hin. Obwohl erst einige Jahre in Verwendung scheinen die Griechen das Mittel der Schrift früh poetisch und künstlerisch genutzt zu haben.

Abschließend lässt sich aus Herodots Darstellung der Entwicklung der griechischen Schrift noch Verschiedenes über die Zeit des Autors (5. Jh. v. Chr) sagen. Herodot gibt dem Ursprung der griechischen Schriftzeichen durch die Verbindung zu Kadmos einen mythischen Anstrich. Derartiges ist in vielen Lebensbereichen und zu verschiedenen Zeiten im griechischen Raum nachzuvollziehen. Die Autorität, die eine derartige Person aus der mythischen Vergangenheit mit sich brachte, ging auf den Gegenstand, der auf sie zurückgeführt wurde, über (weitere Beispiele sind z.B. Städtegründer und/oder Gesetzgeber). Herodot und die Griechen seiner Zeit hielten diese Persönlichkeiten und die mit ihnen in Verbindung gebrachten Taten durchaus für historisch, was seine Kommentare zu den Inschriften zeigen. Erstere Inschrift sei zur Zeit von Kadmos‘ Enkel entstanden und die zweite in der Zeit des Ödipus. Herodot überschätzt damit allerdings das Alter der Inschriften deutlich, was zeigt, dass er sich der relativen Neuartigkeit der griechischen Schrift (sie wurde im 8. Jh. v. Chr. eingeführt) nicht gänzlich bewusst gewesen zu sein scheint. Die knapp 300 Jahre bis zur Lebenszeit Herodots haben zwar den plausiblen Ursprung der Schriftzeichen aus den phönizischen noch nicht vollends in Vergessenheit gerückt, doch wird von ihm die Veränderung der Buchstaben als deutlich langsamer, als sie konkret vonstatten ging, veranschlagt.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Die große Kolonisation / Der Orient“. Um einen breiteren Einblick in die griechische Archaik zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Griechische Geschichte I – Archaik“.
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Phönizier in Griechenland

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Homer
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Hom. Od. 15.415-483 – Original:

‘ἔνθα δὲ Φοίνικες ναυσίκλυτοι ἤλυθον ἄνδρες, 415
τρῶκται, μυρί᾽ ἄγοντες ἀθύρματα νηῒ μελαίνῃ.
ἔσκε δὲ πατρὸς ἐμοῖο γυνὴ Φοίνισσ᾽ ἐνὶ οἴκῳ,
καλή τε μεγάλη τε καὶ ἀγλαὰ ἔργα ἰδυῖα:
τὴν δ᾽ ἄρα Φοίνικες πολυπαίπαλοι ἠπερόπευον.
πλυνούσῃ τις πρῶτα μίγη κοίλῃ παρὰ νηῒ 420
εὐνῇ καὶ φιλότητι, τά τε φρένας ἠπεροπεύει
θηλυτέρῃσι γυναιξί, καὶ ἥ κ᾽ εὐεργὸς ἔῃσιν.
εἰρώτα δὴ ἔπειτα τίς εἴη καὶ πόθεν ἔλθοι:
ἡ δὲ μάλ᾽ αὐτίκα πατρὸς ἐπέφραδεν ὑψερεφὲς δῶ:
‘ἐκ μὲν Σιδῶνος πολυχάλκου εὔχομαι εἶναι, 425
κούρη δ᾽ εἴμ᾽ Ἀρύβαντος ἐγὼ ῥυδὸν ἀφνειοῖο:
ἀλλά μ᾽ ἀνήρπαξαν Τάφιοι ληΐστορες ἄνδρες
ἀγρόθεν ἐρχομένην, πέρασαν δέ τε δεῦρ᾽ ἀγαγόντες
τοῦδ᾽ ἀνδρὸς πρὸς δώμαθ᾽: ὁ δ᾽ ἄξιον ὦνον ἔδωκε.’
τὴν δ᾽ αὖτε προσέειπεν ἀνήρ, ὃς ἐμίσγετο λάθρη: 430
‘ἦ ῥά κε νῦν πάλιν αὖτις ἅμ᾽ ἡμῖν οἴκαδ᾽ ἕποιο,
ὄφρα ἴδῃ πατρὸς καὶ μητέρος ὑψερεφὲς δῶ
αὐτούς τ᾽; ἦ γὰρ ἔτ᾽ εἰσὶ καὶ ἀφνειοὶ καλέονται.’
τὸν δ᾽ αὖτε προσέειπε γυνὴ καὶ ἀμείβετο μύθῳ:
‘εἴη κεν καὶ τοῦτ᾽, εἴ μοι ἐθέλοιτέ γε, ναῦται, 435
ὅρκῳ πιστωθῆναι ἀπήμονά μ᾽ οἴκαδ᾽ ἀπάξειν.’
ὣς ἔφαθ᾽, οἱ δ᾽ ἄρα πάντες ἐπώμνυον ὡς ἐκέλευεν.
αὐτὰρ ἐπεί ῥ᾽ ὄμοσάν τε τελεύτησάν τε τὸν ὅρκον,
τοῖς δ᾽ αὖτις μετέειπε γυνὴ καὶ ἀμείβετο μύθῳ:
‘σιγῇ νῦν, μή τίς με προσαυδάτω ἐπέεσσιν 440
ὑμετέρων ἑτάρων, ξυμβλήμενος ἢ ἐν ἀγυιῇ,
ἤ που ἐπὶ κρήνῃ: μή τις ποτὶ δῶμα γέροντι
ἐλθὼν ἐξείπῃ, ὁ δ᾽ ὀϊσάμενος καταδήσῃ
δεσμῷ ἐν ἀργαλέῳ, ὑμῖν δ᾽ ἐπιφράσσετ᾽ ὄλεθρον.
ἀλλ᾽ ἔχετ᾽ ἐν φρεσὶ μῦθον, ἐπείγετε δ᾽ ὦνον ὁδαίων. 445
ἀλλ᾽ ὅτε κεν δὴ νηῦς πλείη βιότοιο γένηται,
ἀγγελίη μοι ἔπειτα θοῶς ἐς δώμαθ᾽ ἱκέσθω:
οἴσω γὰρ καὶ χρυσόν, ὅτις χ᾽ ὑποχείριος ἔλθῃ:
καὶ δέ κεν ἄλλ᾽ ἐπίβαθρον ἐγὼν ἐθέλουσά γε δοίην.
παῖδα γὰρ ἀνδρὸς ἑῆος ἐνὶ μεγάροις ἀτιτάλλω, 450
κερδαλέον δὴ τοῖον, ἅμα τροχόωντα θύραζε:
τόν κεν ἄγοιμ᾽ ἐπὶ νηός, ὁ δ᾽ ὑμῖν μυρίον ὦνον
ἄλφοι, ὅπῃ περάσητε κατ᾽ ἀλλοθρόους ἀνθρώπους.’
‘ἡ μὲν ἄρ᾽ ὣς εἰποῦσ᾽ ἀπέβη πρὸς δώματα καλά,
οἱ δ᾽ ἐνιαυτὸν ἅπαντα παρ᾽ ἡμῖν αὖθι μένοντες 455
ἐν νηῒ γλαφυρῇ βίοτον πολὺν ἐμπολόωντο.
ἀλλ᾽ ὅτε δὴ κοίλη νηῦς ἤχθετο τοῖσι νέεσθαι,
καὶ τότ᾽ ἄρ᾽ ἄγγελον ἧκαν, ὃς ἀγγείλειε γυναικί.
ἤλυθ᾽ ἀνὴρ πολύϊδρις ἐμοῦ πρὸς δώματα πατρὸς
χρύσεον ὅρμον ἔχων, μετὰ δ᾽ ἠλέκτροισιν ἔερτο. 460
τὸν μὲν ἄρ᾽ ἐν μεγάρῳ δμῳαὶ καὶ πότνια μήτηρ
χερσίν τ᾽ ἀμφαφόωντο καὶ ὀφθαλμοῖσιν ὁρῶντο,
ὦνον ὑπισχόμεναι: ὁ δὲ τῇ κατένευσε σιωπῇ.
ἦ τοι ὁ καννεύσας κοίλην ἐπὶ νῆα βεβήκει,
ἡ δ᾽ ἐμὲ χειρὸς ἑλοῦσα δόμων ἐξῆγε θύραζε. 465
εὗρε δ᾽ ἐνὶ προδόμῳ ἠμὲν δέπα ἠδὲ τραπέζας
ἀνδρῶν δαιτυμόνων, οἵ μευ πατέρ᾽ ἀμφεπένοντο.
οἱ μὲν ἄρ᾽ ἐς θῶκον πρόμολον, δήμοιό τε φῆμιν,
ἡ δ᾽ αἶψα τρί᾽ ἄλεισα κατακρύψασ᾽ ὑπὸ κόλπῳ
ἔκφερεν: αὐτὰρ ἐγὼν ἑπόμην ἀεσιφροσύνῃσι. 470
δύσετό τ᾽ ἠέλιος, σκιόωντό τε πᾶσαι ἀγυιαί:
ἡμεῖς δ᾽ ἐς λιμένα κλυτὸν ἤλθομεν ὦκα κιόντες,
ἔνθ᾽ ἄρα Φοινίκων ἀνδρῶν ἦν ὠκύαλος νηῦς.
οἱ μὲν ἔπειτ᾽ ἀναβάντες ἐπέπλεον ὑγρὰ κέλευθα,
νὼ ἀναβησάμενοι: ἐπὶ δὲ Ζεὺς οὖρον ἴαλλεν. 475
ἑξῆμαρ μὲν ὁμῶς πλέομεν νύκτας τε καὶ ἦμαρ:
ἀλλ᾽ ὅτε δὴ ἕβδομον ἦμαρ ἐπὶ Ζεὺς θῆκε Κρονίων,
τὴν μὲν ἔπειτα γυναῖκα βάλ᾽ Ἄρτεμις ἰοχέαιρα,
ἄντλῳ δ᾽ ἐνδούπησε πεσοῦσ᾽ ὡς εἰναλίη κήξ.
καὶ τὴν μὲν φώκῃσι καὶ ἰχθύσι κύρμα γενέσθαι 480
ἔκβαλον: αὐτὰρ ἐγὼ λιπόμην ἀκαχήμενος ἦτορ:
τοὺς δ᾽ Ἰθάκῃ ἐπέλασσε φέρων ἄνεμός τε καὶ ὕδωρ,
ἔνθα με Λαέρτης πρίατο κτεάτεσσιν ἑοῖσιν.

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Übersetzung

[415] “Thither came Phoenicians, men famed for their ships, greedy knaves, bringing countless trinkets in their black ship. Now there was in my father’s house a Phoenician woman, comely and tall, and skilled in glorious handiwork. Her the wily Phoenicians beguiled. [420] First, as she was washing clothes, one of them lay with her in love by the hollow ship; for this beguiles the minds of women, even though one be upright. Then he asked her who she was, and whence she came, and she straightway shewed him the high-roofed home of my father, and said: [425] “‘Out of Sidon, rich in bronze, I declare that I come, and I am the daughter of Arybas, to whom wealth flowed in streams. But Taphian pirates seized me, as I was coming from the fields, and brought me hither, and sold me to the house of yonder man, and he paid for me a goodly price.’ [430] “Then the man who had lain with her in secret answered her: ‘Wouldest thou then return again with us to thy home, that thou mayest see the high-roofed house of thy father and mother, and see them too? For of a truth they yet live, and are accounted rich.’ “Then the woman answered him, and said: [435] ‘This may well be, if you sailors will pledge yourselves by an oath, that you will bring me safely home.’ “So she spoke, and they all gave an oath thereto, as she bade them. But when they had sworn and made an end of the oath, the woman again spoke among them, and made answer: [440] “‘Be silent now, and let no one of your company speak to me, if he meets me in the street or haply at the well, lest some one go to the palace and tell the old king, and he wax suspicious and bind me with grievous bonds, and devise death for you. [445] Nay, keep my words in mind, and speed the barter of your wares. But, when your ship is laden with goods, let a message come quickly to me at the palace; for I will also bring whatever gold comes under my hand. Aye, and I would gladly give another thing for my
passage. [450] There is a child of my noble master, whose nurse I am in the palace, such a cunning child, who ever runs abroad with me. Him would I bring on board, and he would fetch you a vast price, wherever you might take him for sale among men of strange speech.’ “So saying, she departed to the fair palace. [455] And they remained there in our land a full year, and got by trade much substance in their hollow ship. But when their hollow ship was laden for their return, then they sent a messenger to bear tidings to the woman. There came a man, well versed in guile, to my father’s house [460] with a necklace of gold, and with amber beads was it strung between. This the maidens in the hall and my honored mother were handling, and were gazing on it, and were offering him their price; but he nodded to the woman in silence. Then verily when he had nodded to her, he went his way to the hollow ship, [465] but she took me by the hand, and led me forth from the house. Now in the fore-hall of the palace she found the cups and tables of the banqueters, who waited upon my father. They had gone forth to the council and the people’s place of debate, but she quickly hid three goblets in her bosom, [470] and bore them away; and I followed in my heedlessness. Then the sun set, and all the ways grew dark. And we made haste and came to the goodly harbor, where was the swift ship of the Phoenicians. Then they embarked, [475] putting both of us on board as well, and sailed over the watery ways, and Zeus sent them a favorable wind. For six days we sailed, night and day alike; but when Zeus, son of Cronos, brought upon us the seventh day, then Artemis, the archer, smote the woman, and she fell with a thud into the hold, as a sea bird plunges. [480] Her they cast forth to be a prey to seals and fishes, but I was left, my heart sore stricken. Now the wind, as it bore them, and the wave, brought them to Ithaca, where Laertes bought me with his wealth.
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Autor_in: Niklas Rempe
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Hom. Od. 15.415-383

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie die Taten und Handlungen der Phönizier in Griechenland.

2) Was kann man aus der Quelle über die Phönizier erfahren?

3) Was für Schlüsse kann man aus der Beziehung zwischen den Phöniziern und Griechen ziehen?

Kommentar:

Die Quellenpassage ist ein Teil einer Unterhaltung zwischen dem nach Ithaka zurückgekehrten Odysseus und Eumaios. Letzterer erzählt warum er, als Sohn adliger Eltern, nunmehr sein Leben als Schweinehirte fristet. Im Mittelpunkt seiner Erzählung steht die Mannschaft eines Schiffs aus Phönizien. Man erfährt, dass sie des Handels wegen in seine Heimatstadt kamen und mit einer ebenfalls aus Phönizien stammenden Sklavin einen Pakt schlossen: Sobald die Schiffsmannschaft ihre Geschäfte abschließen würde und bereit zur Abfahrt sei, solle die Frau möglichst viel aus dem Haus ihres Herren stehlen und auch den ihr als Amme anvertrauten Sohn des Hausherren – es handelte sich um eben jenen Schweinehirten Eumaios – entführen. Ihr Ziel sei gewesen, sich so von der Mannschaft die Heimreise zu erkaufen. Man erfährt, dass auch sie von adligem Geschlecht sei und einst von griechischen Seefahrern von den taphischen Inseln aus ihrer Heimatstadt Sidon entführt wurde. Ein ganzes Jahr brauchten die Phönizier, um ihre Handelsgeschäfte abzuschließen und das Schiff mit den vielen Gütern zu befüllen, bevor der Plan umgesetzt werden konnte. Sowohl der Diebstahl als auch die Entführung gelang, und die Phönizier, die geflohene Sklavin und der unglückliche Eumaios machten sich auf den Weg. Lange konnte die Frau ihre Freiheit jedoch nicht genießen: am siebten Tag ihrer Flucht starb sie. Die Phönizier setzten ihre Reise fort und kamen nach Ithaka, wo ihnen Odysseus‘ Vater Laertes den jungen Eumaios abkaufte.

Aus der Beschreibung der unglücklichen Entführung und Versklavung des Schweinehirten Eumaios kann vieles über die Phönizier – bzw. über das Bild, welches die archaischen Griechen von ihnen hatten – erfahren werden. Die Phönizier werden als Händler charakterisiert. Mit ihren Schiffen befahren sie schon zu dieser Zeit das gesamte Mittelmeer und verteilen so ihre Waren im ganzen mediterranen Raum. Entsprechend langwierig und schwierig waren ihre Handelsreisen – allein in der Heimatstadt des Eumaios trieben sie ja ein ganzes Jahr Handel, und auch danach führte sie ihre Reise nicht etwa zurück in die Heimat, sondern weiter bis nach Ithaka. Nichtsdestoweniger erscheinen die Phönizier in der Quelle in keinem guten Licht. Zum einen werden die Männer des Schiffes als Vergewaltiger und Räuber dargestellt, zum anderen sticht die phönizischen Sklavin durch ihre List und Skrupellosigkeit hervor.

Die dargestellte Verbindung zwischen den Griechen und Phöniziern in dieser sehr frühen literarischen Darstellung unterstreicht verschiedene Aspekte der antiken Lebenswelt. Zum einen dürfen die Griechen nicht – auch nicht in dieser frühen Zeit – als Gruppe ohne externe Beziehungen betrachtet werden. Am Beispiel der Phönizier wird deutlich, dass sie schon früh in Form von Handelsbeziehungen bestanden. Dass diese zudem als durchaus weiträumig und nicht zuletzt auch ertragreich vorgestellt werden müssen, unterstreicht die Quelle. Die phönizische Sklavin in griechischen Landen zeugt zudem von einem weiteren – wenn auch weniger friedlichen – Berührungspunkt unterschiedlicher Völker: der Sklaverei. Auch die Griechen fuhren weite Strecken auf dem Mittelmeer und auch sie waren nicht zimperlich, im Umgang mit erbeuteter Ware, ob Mensch oder Gegenstand. Schlussendlich ist zu betonen, dass früh ein Kultur- und Warenaustausch zwischen den Griechen und anderen Völkern im Mittelmeerraum nachzuvollziehen ist. Die negative Charakterisierung der Phönizier (obwohl sie sich im Grunde ja genau so verhalten, wie es die Griechen auf ihren Handelsreisen tun) weist aber trotz der vielen Berührungspunkte der Völker darauf hin, dass diese sich jeweils ihrer Identitäten und Eigenarten bewusst waren.

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Kolonisation und Seeräubertum

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Thukydides
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Thuk. 1.7-8.2 – Original:

[1] τῶν δὲ πόλεων ὅσαι μὲν νεώτατα ᾠκίσθησαν καὶ ἤδη πλωιμωτέρων ὄντων, περιουσίας μᾶλλον ἔχουσαι χρημάτων ἐπ᾽ αὐτοῖς τοῖς αἰγιαλοῖς τείχεσιν ἐκτίζοντο καὶ τοὺς ἰσθμοὺς ἀπελάμβανον ἐμπορίας τε ἕνεκα καὶ τῆς πρὸς τοὺς προσοίκους ἕκαστοι ἰσχύος: αἱ δὲ παλαιαὶ διὰ τὴν λῃστείαν ἐπὶ πολὺ ἀντίσχουσαν ἀπὸ θαλάσσης μᾶλλον ᾠκίσθησαν, αἵ τε ἐν ταῖς νήσοις καὶ ἐν ταῖς ἠπείροις ἔφερον γὰρ ἀλλήλους τε καὶ τῶν ἄλλων ὅσοι ὄντες οὐ θαλάσσιοι κάτω ᾤκουν, καὶ μέχρι τοῦδε ἔτι ἀνῳκισμένοι εἰσίν. [1] καὶ οὐχ ἧσσον λῃσταὶ ἦσαν οἱ νησιῶται, Κᾶρές τε ὄντες καὶ Φοίνικες: οὗτοι γὰρ δὴ τὰς πλείστας τῶν νήσων ᾤκησαν. μαρτύριον δέ: Δήλου γὰρ καθαιρομένης ὑπὸ Ἀθηναίων ἐν τῷδε τῷ πολέμῳ καὶ τῶν θηκῶν ἀναιρεθεισῶν ὅσαι ἦσαν τῶν τεθνεώτων ἐν τῇ νήσῳ, ὑπὲρ ἥμισυ Κᾶρες ἐφάνησαν, γνωσθέντες τῇ τε σκευῇ τῶν ὅπλων ξυντεθαμμένῃ καὶ τῷ τρόπῳ ᾧ νῦν ἔτι θάπτουσιν. [2] καταστάντος δὲ τοῦ Μίνω ναυτικοῦ πλωιμώτερα ἐγένετο παρ᾽ ἀλλήλους οἱ γὰρ ἐκ τῶν νήσων κακοῦργοι ἀνέστησαν ὑπ᾽ αὐτοῦ, ὅτεπερ καὶ τὰς πολλὰς αὐτῶν κατῴκιζε,

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung:: Richard Crawley
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

[1] With respect to their towns, later on, at an era of increased facilities of navigation and a greater supply of capital, we find the shores becoming the site of walled towns, and the isthmuses being occupied for the purposes of commerce, and defence against a neighbor. But the old towns, on account of the great prevalence of piracy, were built away from the sea, whether on the islands or the continent, and still remain in their old sites. For the pirates used to plunder one another, and indeed all coast populations, whether seafaring or not. [1] The islanders, too, were great pirates. These islanders were Carians and Phoenicians, by whom most of the islands were colonized, as was proved by the following fact. During the purification of Delos by Athens in this war all the graves in the island were taken up, and it was found that above half their inmates were Carians: they were identified by the fashion of the arms buried with them, and by the method of interment, which was the same as the Carians still follow. [2] But as soon as Minos had formed his navy, communication by sea became easier, as he colonized most of the islands, and thus expelled the malefactors.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Thuk. 1.7-8.2

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie die Veränderungen im Kolonisationsverhalten, die sich mit der Zeit ergaben.

2) Welche Gefahr gab es für die frühen Kolonien und wie wurde sie beseitigt?

3) Was lässt sich aus der Quelle über die Voraussetzungen der Kolonisation im Mittelmeerraum herausfinden?

Kommentar:

Thukydides beginnt sein Werk über den Peloponnesichen Krieg mit einigen einleitenden Überlegungen über die frühe griechische Geschichte. Unter anderem gibt er seine Meinung über die erste Besiedlung und Kolonisation des Mittelmeerraumes wieder. Nach Thukydides sei das Gründen von Kolonien und Befestigungen an der Küste eine relativ neue Entwicklung. Ursprünglich habe man sich eher im Landesinneren angesiedelt. Dies sei aus Schutz vor den Seeräubern geschehen, welche die Regionen an der Küste zu unsicher gemacht hätten. Neuerdings könne man dieser Gefahren allerdings durch eigene Flotten und andere Ressourcen begegnen und hätte sich somit auch die Küstenregion zur Besiedlung erschlossen (zu denken ist an Poleis wie Syrakus und Milet). Insbesondere Engpässe und Landengen wurden so durch ihre strategische Position zu begehrten Siedlungsplätzen. Gleiches gilt nach Thukydides für die vielen Inseln im Ägäischen Meer, deren ursprünglichen Bewohner – Phönizier und Karer – zuvor vertrieben wurden.

Nach Thukydides geht die größte Gefahr für die frühen Kolonien von Seeräubern aus. Hier ist allerdings nicht an einzelne Schiffe und Mannschaften zu denken, die allein auf Plünderung und Raub aus waren. Eher sollte man sich sowohl kleinere Flotten, die von den jeweiligen mächtigeren Siedlungen gegeneinander ausgeschickt wurden, vorstellen als auch Handelsschiffe, die bei schlechtem Ertrag nicht davor zurückschreckten, sich die Ware gewaltsam zu nehmen. Thukydides betont, dass derartiges Verhalten insbesondere bei den Völkern des östlichen Mittelmeerraumes (Karer und Phönizier), die zu der Zeit viele der Inseln bewohnten, der Fall gewesen sei. Erst Minos – der mythische König von Kreta – soll diese Gefahr gebannt bzw. gemindert haben. Er konnte erstmals genügend militärische Mittel – das heißt in diesem Fall eine große Flotte – bereitstellen, um sich den Seeräubern entgegenzustellen. Dadurch wurde der Seeverkehr friedlicher und reger, was wiederum neue Handelswege und Einnahmequellen zur Folge hatte. Dass Minos nach Thukydides zudem die Phönizier und Karer als einen Unruheherd von den Inseln vertrieb, beförderte dann schlussendlich deren Kolonisation durch Griechen.

Thukydides beschreibt hier zu seiner Zeit (5 Jh. v. Chr.) schon lange zurückliegende Ereignisse. Nichtsdestoweniger gibt die Passage einen guten Einblick in die Kolonisationsbewegungen der griechischen Welt. Zum einen hebt Thukydides die unterschiedlichen Begebenheiten und Möglichkeiten, was die Lage der Kolonie angeht, hervor. Im Landesinneren gelegene Orte seien zwar vor den gefährlichen Seeräubern geschützt gewesen, hätten allerdings selber auch nicht die so lukrative Seefahrerei betreiben können. Die Völker, die vor den Griechen den Mittelmeerraum bewohnten, hätten durch ihre schon bestehenden Siedlungen auf den Mittelmeerinseln eine Bremse in der griechischen Ausbreitung dargestellt. Ob es wirklich der sagenhafte König Minos auf Kreta war, der sowohl Phönizier und Karer vertrieb als auch die anderen Bedrohungen für neue Siedlungen im Mittelmeerraum beseitigte, ist sicherlich fraglich. Dennoch ist es plausibel, dass derartige Gefahren für die frühen Kolonisten in irgend einer Form behoben werden mussten – oder die Risiken wurden irgendwann durch das wirtschaftliche Potenzial in Kauf genommen; zumal jenes Potenzial enorm war. Thukydides der zu seiner Lebenszeit mit dem Delisch-Attischen Seebund ein Paradebeispiel dafür vor Augen hatte, wusste um den Reichtum und damit um den Machtzuwachs, den eine starke Präsenz in der Ägäis erlangen konnte.

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Gründe und Ablauf früher Kolonisation

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Homer
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Hom. Od. 6.2-12 – Original:

αὐτὰρ Ἀθήνη
βῆ ῥ᾽ ἐς Φαιήκων ἀνδρῶν δῆμόν τε πόλιν τε,
οἳ πρὶν μέν ποτ᾽ ἔναιον ἐν εὐρυχόρῳ Ὑπερείῃ,
5ἀγχοῦ Κυκλώπων ἀνδρῶν ὑπερηνορεόντων, 5
οἵ σφεας σινέσκοντο, βίηφι δὲ φέρτεροι ἦσαν.
ἔνθεν ἀναστήσας ἄγε Ναυσίθοος θεοειδής,
εἷσεν δὲ Σχερίῃ, ἑκὰς ἀνδρῶν ἀλφηστάων,
ἀμφὶ δὲ τεῖχος ἔλασσε πόλει, καὶ ἐδείματο οἴκους,
10καὶ νηοὺς ποίησε θεῶν, καὶ ἐδάσσατ᾽ ἀρούρας. 10
ἀλλ᾽ ὁ μὲν ἤδη κηρὶ δαμεὶς Ἄϊδόσδε βεβήκει,
Ἀλκίνοος δὲ τότ᾽ ἦρχε, θεῶν ἄπο μήδεα εἰδώς.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung:: A.T.Murray
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

[…] but Athena went to the land and city of the Phaeacians. These dwelt of old in spacious Hypereia [5] hard by the Cyclopes, men overweening in pride who plundered them continually and were mightier than they. From thence Nausithous, the godlike, had removed them, and led and settled them in Scheria far from men that live by toil. About the city he had drawn a wall, he had built houses [10] and made temples for the gods, and divided the ploughlands; but he, ere now, had been stricken by fate and had gone to the house of Hades, and Alcinous was now king, made wise in counsel by the gods.
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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Hom. Od. 6.2-12

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie die Motive für die Gründung von Scheria.

2) Durch welche Maßnahmen zeichnet sich die in der Quelle beschriebene Kolonisation aus?

3) Welche Rückschlüsse lassen sich über die Kolonisation der Griechen generell aus der Quelle ziehen?

Kommentar:

Die vorliegende Quellenpassage aus Homers Odyssee kann trotz ihrer Kürze viel über die frühe griechische Kolonisation aussagen. Allen voran gibt sie einen guten Einblick in die Motivation, welche die Kolonisten dazu bewegte, die mitunter gefährliche und keineswegs immer glücklich endende Unternehmung auf sich zu nehmen. Es wird dargestellt, wie das ursprünglich in Hypereia angesiedelte Volk der Phaiaken Scheria gründet (sowohl das Volk als auch die beiden Poleis sind fiktiv). Man erfährt, dass ihr Heimatland durchaus fruchtbar war, jedoch von den Kyklopen – den riesigen, einäugigen Menschenfressern – bedroht wurde. Diese hätten den Phaiaken durch Plünderungen und Raubzügen sehr zugesetzt. Außerdem konnten sie ob ihrer großen Kraft und Brutalität nicht von den menschlichen Siedlern daran gehindert werden. Der einzige Ausweg für die Phaiaken aus dieser misslichen Lage war die Auswanderung in weit entfernte und friedlichere Gefilde.

Einer der Phaiaken – Nausithoos – wird als Hauptverantwortlicher der Flucht vor den Kyklopen und der Gründung von Scheria dargestellt. Er und die ihm folgenden Siedler beginnen sofort nach ihrer Ankunft damit, an dem ausgewählten Landfleck verschiedene Bauten zu errichten. Die Stadtmauer wird als erstes erwähnt – der Schutz vor äußeren Feinden war es ja schließlich, der für die Kolonisationsbewegung den Ausschlag gab. Häuser für das Volk und die mindestens ebenso wichtigen Tempel für die Götter folgen. Auch werden landwirtschaftliche Flächen erschlossen und durch Nausithoos auf seine Mitbürger verteilt. Nach dessen Tod übernimmt sein Sohn Alkinoos die Führung über die nunmehr aufgeblühte Kolonie Scheria.

Die Quellenpassage kann als kurze poetische Zusammenfassung der griechischen Kolonisationsbewegung aufgefasst werden. Wichtig und allem voran zu erwähnen ist, dass die Griechen in der Regel nicht durch Abenteuerlust angetrieben die vielseitigen Gefahren der Kolonisation auf sich nahmen. Um die beschwerliche Seereise inkl. dem verbreiteten Seeräubertum, die mangelhafte Nahrungssituation auf und nach der Reise und die unsicheren Begebenheiten am neuen Siedlungsplatz zu riskieren, waren dringliche Anreize erforderlich. In der Passage aus der Odyssee wird eines dieser Motive – die Gefahr durch äußere Feinde – durch die raubenden Kyklopen eindringlich dargestellt. Andere mögliche Impulse für die Auswanderung waren z.B. ein Bevölkerungsüberschuss, der insb. zu Knappheit an verfügbarem Land und zu Nahrungsmangel führen konnte. Weiterhin kann man sich politische oder generell soziale Konflikte innerhalb des Volkes als weitere Motive vorzustellen.

Aus der Quelle wird weiterhin deutlich, wie prominent die oikistai – d.h. diejenigen Personen, welche die Siedler aus ihrer Heimatstadt in die neuen Gebiete führten (Nausithoos im Falle der Phaiaken) – waren. In der Regel bildeten sie als Adlige zusammen mit ihren politischen Gefolgsleuten (hetairoi) der Kern der jeweiligen Kolonisation und übten auch in der neugegründeten Stadt die führende Rolle aus. Die Quelle zeigt ja deutlich, wie Nausithoos die Ackerflächen ein- und verteilt und auch, wie es ihm anscheinend gelingt, eine Erbfolge zu etablieren.

Des Weiteren sind die Baumaßnahmen der Kolonisten zu betonen, welche die grundlegenden und für eine griechische Poleis charakteristischen Gebäude begründen. Neben den für die Nahrungsversorgung der Siedler unverzichtbaren Wohnräumen und Äckern bzw. Weideländern waren die Tempel ein unabdingbarer Bestandteil der griechischen Kultur. Ohne gebührende Kultpflege, z.B. durch Opfergaben, war das gute und richtige Leben – insbesondere in einer so extremen Situation wie der Auswanderung – nach griechischer Mentalität nicht möglich. Abschließend sei noch auf die Stadtmauer verweisen. Sie stellte sowohl eine Schutzmaßnahme dar als auch einen klaren Indikator eines fest abgesteckten und organisierten städtischen Raumes.

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Die Gründung Smyrnas

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Strabon
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Strab. 14.1.4 – Original:

ἀπελθόντες δὲ παρὰ τῶν Ἐφεσίων οἱ Σμυρναῖοι στρατεύουσιν ἐπὶ τὸν τόπον, ἐν ᾧ νῦν ἔστιν ἡ Σμύρνα, Λελέγων κατεχόντων: ἐκβαλόντες δ᾽ αὐτοὺς ἔκτισαν τὴν παλαιὰν Σμύρναν διέχουσαν τῆς νῦν περὶ εἴκοσι σταδίους. ὕστερον δὲ ὑπὸ Αἰολέων ἐκπεσόντες κατέφυγον εἰς Κολοφῶνα, καὶ μετὰ τῶν ἐνθένδε ἐπιόντες τὴν σφετέραν ἀπέλαβον: καθάπερ καὶ Μίμνερμος ἐν τῇ Ναννοῖ φράζει μνησθεὶς τῆς Σμύρνης ὅτι περιμάχητος ἀεί
“ἡμεῖς δηὖτε Πύλον Νηλήιον ἄστυ λιπόντες
ἱμερτὴν Ἀσίην νηυσὶν ἀφικόμεθα:
ἐς δ᾽ ἐρατὴν Κολοφῶνα βίην ὑπέροπλον ἔχοντες
ἑζόμεθ᾽ ἀργαλέης ὕβριος ἡγεμόνες.
κεῖθεν δ᾽ ἀστήεντος ἀπορνύμενοι ποταμοῖο
θεῶν βουλῇ Σμύρνην εἵλομεν Αἰολίδα.”

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung:: H. L. Jones
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

On departing from the Ephesians, the Smyrnaeans marched to the place where Smyrna now is, which was in the possession of the Leleges, and, having driven them out, they founded the ancient Smyrna, which is about twenty stadia distant from the present Smyrna. But later, being driven out by the Aeolians, they fled for refuge to Colophon, and then with the Colophonians returned to their own land and took it back, as Mimnermus tells us in his Nanno, after recalling that Smyrna was always an object of contention: “After we left Pylus, the steep city of Neleus, we came by ship to lovely Asia, and with our overweening might settled in beloved Colophon, taking the initiative in grievous insolence. And from there, setting out from the Astëeis River, by the will of the gods we took Aeolian Smyrna.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Strab. 14.1.4

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie die Gründung und Entwicklung Smyrnas.

2) Was kann über die Art und Weise der Gründung und Erhaltung der Stadt ausgesagt werden?

3) Interpretieren Sie Strabons Umgang mit archaischer Dichtung.

Kommentar:

Strabon beschreibt in der Quellenpassage die Gründung der Polis Smyrna – dem heutigen Izmir in der Türkei. Er wirkte um die Zeitenwende und stellt damit Ereignisse dar, die mehrere Jahrhunderte vor seiner Geburt stattfanden. Das Gebiet, in dem später Smyrna errichtet werden sollte, gehörte nach Strabon ursprünglich den Lelegern. Dieses in Kleinasien ansässige Volk wurde allerdings von ionischen Griechen gewaltsam vertrieben. Letztere sind es, die daraufhin die Stadt Smyrna gründeten. Die Früchte ihrer Eroberung konnten sie allerdings nicht lange genießen, da sie später selber das Schicksal der Leleger erlitten. Auch sie wurden demnach gewaltsam vertrieben, wobei diesmal aiolische Griechen dafür verantwortlich gewesen sein sollen. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als ins benachbarte Kolophon zu fliehen. Dort konnten sie ihre Kräfte allerdings sammeln und mit Unterstützung durch die Bewohner Kolophons das von den Aiolern besetzte Smyrna zurückerobern.

Hervorzuheben ist, dass sowohl die Gründung als auch die weitere Entwicklung Smyrnas von Gewalt und Umwälzungen geprägt war. Die ionischen Siedler gründeten die Polis nicht etwa auf unbesiedeltem Gebiet, sondern drangen ins Land der Leleger ein und vertrieben diese gewaltsam. Dies war keineswegs ein Novum in der Geschichte der Kolonisation. Der Mittelmeerraum war auch bzw. schon vor der archaischen Zeit zum Teil eng besiedelt, und günstige Siedlungsplätze entsprechend rar gesät. Unterstrichen wird dieser Umstand dadurch, dass die Ionier selber aus diesem stark umkämpften Gebiet vertrieben wurden. Ihre freundschaftlichen Verbindungen zur Nachbarstadt Kolphon konnten in dieser bedrängten Situation allerdings das Schlimmste verhindern. Es war ihnen möglich, einen Gegenangriff zu starten und Smyrna wieder unter ionische Kontrolle zu bringen. Zu betonen ist diesbezüglich noch, dass die Kämpfe um gutes Siedlungsland nicht etwa nur zwischen Griechen und Nicht-Griechen, wie z.B. den Lelegern, ausgefochten wurden, sondern es auch unter den Griechen zu gewaltsamen Konflikten kam. Lange konnten die Ionier die Früchte ihrer Anstrengung übrigens nicht genießen – die Lyder unter König Alyattes II. zerstörten die Polis um 600 v. Chr. fast vollständig.

Die Dichtung – genauer einige Verse des archaischen Lyrikers Mimnermos – ist ein besonders interessanter Aspekt dieser Quellenpassage. Strabon zitiert mehrere Verse des Dichters und gibt auch den Namen des Werkes an, aus denen sie stammen würden. Der Geograph benutzt sie als Beleg für seine These, dass die aus Smyrna vertriebenen Ionier mit Hilfe aus Kolophon die Polis von den Aiolern zurückeroberten. Dieser Umgang mit frücharchaischer Dichtung bedeutet sowohl, dass Strabon Zugriff auf diese Jahrhunderte alte Poesie hatte, als auch, dass er ihren Inhalt studierte und interpretierte. Interessanter Weise befand sich der Geograph in einer ganz ähnlichen Situation wie es die heutige historische Forschung ist, die sich mit Begebenheiten in der Archaik auseinandersetzt: Einige wenige überlieferte Fragmente und Werke der archaischen Lyriker sind es, aus denen – in Ermangelung anderer literarischer Quellen – Aussagen über diese Periode der Geschichte gemacht werden müssen. Das vom Geographen erwähnte Werk des Dichters (Nanno) ist heute nicht mehr überliefert. Dies bedeutet, dass derartige Zitate, wie man sie bei Strabon häufiger findet, heutzutage oftmals die einzigen Überlieferungskontexte der frühen Dichtung darstellen.

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Die frühe Besiedlung Siziliens

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Thukydides
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Thuk. 6.2-3 – Original:

[1] ᾠκίσθη δὲ ὧδε τὸ ἀρχαῖον, καὶ τοσάδε ἔθνη ἔσχε τὰ ξύμπαντα. παλαίτατοι μὲν λέγονται ἐν μέρει τινὶ τῆς χώρας Κύκλωπες καὶ Λαιστρυγόνες οἰκῆσαι, ὧν ἐγὼ οὔτε γένος ἔχω εἰπεῖν οὔτε ὁπόθεν ἐσῆλθον ἢ ὅποι ἀπεχώρησαν: ἀρκείτω δὲ ὡς ποιηταῖς τε εἴρηται καὶ ὡς ἕκαστός πῃ γιγνώσκει περὶ αὐτῶν. [2] Σικανοὶ δὲ μετ᾽ αὐτοὺς πρῶτοι φαίνονται ἐνοικισάμενοι, ὡς μὲν αὐτοί φασι, καὶ πρότεροι διὰ τὸ αὐτόχθονες εἶναι, ὡς δὲ ἡ ἀλήθεια εὑρίσκεται, Ἴβηρες ὄντες καὶ ἀπὸ τοῦ Σικανοῦ ποταμοῦ τοῦ ἐν Ἰβηρίᾳ ὑπὸ Λιγύων ἀναστάντες. καὶ ἀπ᾽ αὐτῶν Σικανία τότε ἡ νῆσος ἐκαλεῖτο, πρότερον Τρινακρία καλουμένη: οἰκοῦσι δὲ ἔτι καὶ νῦν τὰ πρὸς ἑσπέραν τὴν Σικελίαν. [3] Ἰλίου δὲ ἁλισκομένου τῶν Τρώων τινὲς διαφυγόντες Ἀχαιοὺς πλοίοις ἀφικνοῦνται πρὸς τὴν Σικελίαν, καὶ ὅμοροι τοῖς Σικανοῖς οἰκήσαντες ξύμπαντες μὲν Ἔλυμοι ἐκλήθησαν, πόλεις δ᾽ αὐτῶν Ἔρυξ τε καὶ Ἔγεστα. προσξυνῴκησαν δὲ αὐτοῖς καὶ Φωκέων τινὲς τῶν ἀπὸ Τροίας τότε χειμῶνι ἐς Λιβύην πρῶτον, ἔπειτα ἐς Σικελίαν ἀπ᾽ αὐτῆς κατενεχθέντες. [4] Σικελοὶ δ᾽ ἐξ Ἰταλίας (ἐνταῦθα γὰρ ᾤκουν) διέβησαν ἐς Σικελίαν, φεύγοντες Ὀπικούς, ὡς μὲν εἰκὸς καὶ λέγεται, ἐπὶ σχεδιῶν, τηρήσαντες τὸν πορθμὸν κατιόντος τοῦ ἀνέμου, τάχα ἂν δὲ καὶ ἄλλως πως ἐσπλεύσαντες. εἰσὶ δὲ καὶ νῦν ἔτι ἐν τῇ Ἰταλίᾳ Σικελοί, καὶ ἡ χώρα ἀπὸ Ἰταλοῦ βασιλέως τινὸς Σικελῶν, τοὔνομα τοῦτο ἔχοντος, οὕτως Ἰταλία ἐπωνομάσθη. [5] ἐλθόντες δὲ ἐς τὴν Σικελίαν στρατὸς πολὺς τούς τε Σικανοὺς κρατοῦντες μάχῃ ἀνέστειλαν πρὸς τὰ μεσημβρινὰ καὶ ἑσπέρια αὐτῆς καὶ ἀντὶ Σικανίας Σικελίαν τὴν νῆσον ἐποίησαν καλεῖσθαι, καὶ τὰ κράτιστα τῆς γῆς ᾤκησαν ἔχοντες, ἐπεὶ διέβησαν, ἔτη ἐγγὺς τριακόσια πρὶν Ἕλληνας ἐς Σικελίαν ἐλθεῖν: ἔτι δὲ καὶ νῦν τὰ μέσα καὶ τὰ πρὸς βορρᾶν τῆς νήσου ἔχουσιν. [6] ᾤκουν δὲ καὶ Φοίνικες περὶ πᾶσαν μὲν τὴν Σικελίαν ἄκρας τε ἐπὶ τῇ θαλάσσῃ ἀπολαβόντες καὶ τὰ ἐπικείμενα νησίδια ἐμπορίας ἕνεκεν τῆς πρὸς τοὺς Σικελούς: ἐπειδὴ δὲ οἱ Ἕλληνες πολλοὶ κατὰ θάλασσαν ἐπεσέπλεον, ἐκλιπόντες τὰ πλείω Μοτύην καὶ Σολόεντα καὶ Πάνορμον ἐγγὺς τῶν Ἐλύμων ξυνοικήσαντες ἐνέμοντο, ξυμμαχίᾳ τε πίσυνοι τῇ τῶν Ἐλύμων, καὶ ὅτι ἐντεῦθεν ἐλάχιστον πλοῦν Καρχηδὼν Σικελίας ἀπέχει. βάρβαροι μὲν οὖν τοσοίδε Σικελίαν καὶ οὕτως ᾤκησαν. [1] Ἑλλήνων δὲ πρῶτοι Χαλκιδῆς ἐξ Εὐβοίας πλεύσαντες μετὰ Θουκλέους οἰκιστοῦ Νάξον ᾤκισαν, καὶ Ἀπόλλωνος Ἀρχηγέτου βωμὸν ὅστις νῦν ἔξω τῆς πόλεώς ἐστιν ἱδρύσαντο, ἐφ᾽ ᾧ, ὅταν ἐκ Σικελίας θεωροὶ πλέωσι, πρῶτον θύουσιν. [2] Συρακούσας δὲ τοῦ ἐχομένου ἔτους Ἀρχίας τῶν Ἡρακλειδῶν ἐκ Κορίνθου ᾤκισε, Σικελοὺς ἐξελάσας πρῶτον ἐκ τῆς νήσου ἐν ᾗ νῦν οὐκέτι περικλυζομένῃ ἡ πόλις ἡ ἐντός ἐστιν: ὕστερον δὲ χρόνῳ καὶ ἡ ἔξω προστειχισθεῖσα πολυάνθρωπος ἐγένετο. [3] Θουκλῆς δὲ καὶ οἱ Χαλκιδῆς ἐκ Νάξου ὁρμηθέντες ἔτει πέμπτῳ μετὰ Συρακούσας οἰκισθείσας Λεοντίνους τε πολέμῳ τοὺς Σικελοὺς ἐξελάσαντες οἰκίζουσι, καὶ μετ᾽ αὐτοὺς Κατάνην: οἰκιστὴν δὲ αὐτοὶ Καταναῖοι ἐποιήσαντο Εὔαρχον.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung:: Richard Crawley
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

It was settled originally as follows, and the peoples that occupied it are these. The earliest inhabitants spoken of in any part of the country are the Cyclopes and Laestrygones; but I cannot tell of what race they were, or whence they came or whither they went, and must leave my readers to what the poets have said of them and to what may be generally known concerning them. [2] The Sicanians appear to have been the next settlers, although they pretend to have been the first of all and aborigines; but the facts show that they were Iberians, driven by the Ligurians from the river Sicanus in Iberia. It was from them that the island, before called Trinacaria, took its name of Sicania, and to the present day they inhabit the west of Sicily. [3] On the fall of Ilium, some of the Trojans escaped from the Achaeans, came in ships to Sicily, and settled next to the Sicanians under the general name of Elymi; their towns being called Eryx and Egesta. With them settled some of the Phocians carried on their way from Troy by a storm, first to Libya, and afterwards from thence to Sicily. [4] The Sicels crossed over to Sicily from their first home Italy, flying from the Opicans, as tradition says and as seems not unlikely, upon rafts, having watched till the wind set down the strait to effect the passage; although perhaps they may have sailed over in some other way. Even at the present day there are still Sicels in Italy; and the country got its name of Italy from Italus, a king of the Sicels, so called. [5] These went with a great host to Sicily, defeated the Sicanians in battle and forced them to remove to the south and west of the island, which thus came to be called Sicily instead of Sicania, and after they crossed over continued to enjoy the richest parts of the country for near three hundred years before any Hellenes came to Sicily; indeed they still hold the centre and north of the island. [6] There were also Phoenicians living all round Sicily, who had occupied promontories upon the sea coasts and the islets adjacent for the purpose of trading with the Sicels. But when the Hellenes began to arrive in considerable numbers by sea, the Phoenicians abandoned most of their stations, and drawing together took up their abode in Motye, Soloeis, and Panormus, near the Elymi, partly because they confided in their alliance, and also because these are the nearest points, for the voyage between Carthage and Sicily. [1] These were the barbarians in Sicily, settled as I have said. Of the Hellenes, the first to arrive were Chalcidians from Euboea with Thucles, their founder. They founded Naxos and built the altar to Apollo Archegetes, which now stands outside the town, and upon which the deputies for the games sacrifice before sailing from Sicily. [2] Syracuse was founded the year afterwards by Archias, one of the Heraclids from Corinth, who began by driving out the Sicels from the island upon which the inner city now stands, though it is no longer surrounded by water: in process of time the outer town also was taken within the walls and became populous. [3] Meanwhile Thucles and the Chalcidians set out from Naxos in the fifth year after the foundation of Syracuse, and drove out the Sicels by arms and founded Leontini and afterwards Catana; the Catanians themselves choosing Evarchus as their founder.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Thuk. 6.2-3

Leitfragen:

1) Beschreiben Sie Thukydides Darstellung der Kolonisation Siziliens.

2) Welche Unterschiede lassen sich zwischen der „barbarischen“ und griechischen Kolonisation ausmachen?

3) Was für Rückschlüsse lassen sich aus der Quelle über den geographischen und historischen Horizont der Griechen ziehen?

Kommentar:

Thukydides beginnt seine Beschreibung der Kolonisation Siziliens in der mythischen Vergangenheit und beruft sich für diese Informationen auf Dichter und ihre Werke (zu denken ist hier an Homer): Kyklopen und Laistrygonen – beides Geschlechter von riesigen Menschenfressern – hätten in der Frühzeit Sizilien bewohnt. Den Platz dieser Ungeheuer auf der Insel sollen allerdings schon früh die Sikaner eingenommen haben. Ursprünglich stammten diese aus der Gegend um den Sikanosfluss in Iberien und seien von dort gewaltsam vertrieben worden. Sizilien hätte zu dieser Zeit entsprechend Sikanien geheißen. Ihnen folgten nach der Zerstörung Trojas durch das Heer um Agamemnon einige trojanische Flüchtlinge und nannten sich Elymer. Mit ihnen hätten einige Phoker die Insel erreicht und sich angesiedelt. Auch die Sikeler fassten Fuß auf Sizilien, nachdem ihre italische Heimat – benannt nach dem sikelischen König Italos – von Opikern erobert wurde. Sie drangen mit einem Heer auf die Insel und verdrängten die Sikaner in die südlichen und westlichen Gebiete. Ebenfalls zu dieser Zeit an den Küsten der Insel ansässig, die nach der Eroberung durch die Sikeler nunmehr Sizilien hieß, waren die Phönizier. Sie waren insbesondere durch ihren Handel im gesamten Mittelmeerraum und ihre nahe gelegene Kolonie Karthago an Sizilien interessiert. Vor der Ankunft der Griechen war Sizilien demnach von Sikanern, Elymern (inklusive einigen Phokern), Sikelern und Phöniziern bewohnt.

Von den Griechen kamen zuerst Kolonisten unter der Führung von Thukles auf die Insel und gründeten die nach Thukydides älteste griechische Kolonie Siziliens: Naxos. Ihre Religion und Kultur auch in der Ferne beibehaltend, errichteten sie einen Altar des Apollon. Archaias – ein Heraklide aus Korinth – gründete darauffolgend Syrakus, nicht jedoch ohne zuvor die dort ansässigen Sikeler gewaltsam vertrieben zu haben. Der Bau einer großen Befestigungsmauer garantierte Syrakus in den folgenden Jahren Sicherheit und ein immer weiter wachsendes Volk. Auch Thukles, der vor einiger Zeit noch Naxos gründet hatte, zog ein weiteres mal aus und auch er besiegte die Sikeler, um in deren ursprünglichem Gebiet Leontinoi und Katane zu gründen. Die Einwohner von Katane scheinen dieser Darstellung nach Thukydides allerdings zu widersprechen und geben den Euarchos als ihren Städtegründer an.

Die Besiedlung durch die – wie Thukydides sie nennt – „Barbarenstämme“ und Griechen läuft in der Quelle sehr verschieden ab. Es ist auffällig, dass alle „barbarischen“ Völker der Insel (mit Ausnahme der im Mittelmeerraum sehr verbreiteten Phönizier) gewaltsam aus ihrer ursprünglichen Heimat vertrieben wurden. Sie kamen als Flüchtlinge nach Sizilien, und allein die Sikeler konnten einen militärischen Sieg gegen die nunmehr zweimal geschlagenen Sikaner erringen. Anders verhält es sich mit den Griechen. Sie kamen nicht als Flüchtende auf die Insel und eroberten sich ihre jeweiligen Siedlungsplätze. Wieder wurden hier also die „Barbaren“ geschlagen. Auch erfährt man aus der Quelle von den prestigeträchtigen Bauprojekten der Griechen, und die Siedler um Archaias bemühten sich schnell und erfolgreich um eine Stadtmauer zur Verteidigung von Syrakus – sie wollten sich nicht wie die Sikeler wieder vertreiben lassen. Weiterhin sind die immer namentlich genannten Städtegründer zu betonen. Diese oikistai waren Adlige, die mit ihren Anhängern (hetairoi) und durch Unterstützung der Mutterstadt das Wagnis der Kolonisation eingingen. Sie stellten wiederum später auch den Kern der neugegründeten Siedlung dar und wurden nicht selten in späterer Zeit als Heroen verehrt.

Die Quelle lässt einige Rückschlüsse über das Wissen der Griechen zu Thukyides‘ Zeit hinsichtlich der verschiedenen sowohl zeitgenössischen als auch historischen Völker und Regionen zu. Zum einen muss betont werden, wie viele Informationen Thukydides über die Besiedlung und Kolonisation auf Sizilien zu haben scheint. Er weiß sowohl von verschiedenen nicht-griechischen Völkern der Insel als auch von deren Ursprüngen und Geschichte. Diese Ereignisse, die sich hunderte Jahre vor dem Verfassen der Quelle abgespielt haben sollen, werden fast minutiös wiedergegeben. Selbes gilt für die griechische Besiedlung der Insel. Man erkennt zudem, dass dem Athener Thukydides Orte wie das ferne Spanien oder Karthago und Libyen an der Nordküste Afrika bekannt sind und die Griechen seiner Zeit ihren Blick keineswegs nur auf ihre Heimatgefilde beschränkten. Nichtsdestoweniger sollte die Darstellung – das gilt für jede Quelle – nicht gänzlich für bare Münze genommen werden. Wie aus den Unterschieden der Kolonisation zwischen Griechen und den anderen Völkern zu sehen ist, kann sich auch Thukydides nicht immer eines parteiischen Anstrichs entraten. Dennoch gilt: der zwar subjektive, aber doch enorme Erfahrungshorizont des Autors und anderer Griechen der Zeit darf nicht unterschätzt werden.

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Stellung des basileus

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Homer
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Hom. Il. 9.9-78 – Original:

Ἀτρεΐδης δ᾽ ἄχεϊ μεγάλῳ βεβολημένος ἦτορ
φοίτα κηρύκεσσι λιγυφθόγγοισι κελεύων 10
κλήδην εἰς ἀγορὴν κικλήσκειν ἄνδρα ἕκαστον,
μὴ δὲ βοᾶν: αὐτὸς δὲ μετὰ πρώτοισι πονεῖτο.
ἷζον δ᾽ εἰν ἀγορῇ τετιηότες: ἂν δ᾽ Ἀγαμέμνων
ἵστατο δάκρυ χέων ὥς τε κρήνη μελάνυδρος
ἥ τε κατ᾽ αἰγίλιπος πέτρης δνοφερὸν χέει ὕδωρ: 15
ὣς ὃ βαρὺ στενάχων ἔπε᾽ Ἀργείοισι μετηύδα:
‘ὦ φίλοι Ἀργείων ἡγήτορες ἠδὲ μέδοντες
Ζεύς με μέγα Κρονίδης ἄτῃ ἐνέδησε βαρείῃ
σχέτλιος, ὃς τότε μέν μοι ὑπέσχετο καὶ κατένευσεν
Ἴλιον ἐκπέρσαντ᾽ εὐτείχεον ἀπονέεσθαι, 20
νῦν δὲ κακὴν ἀπάτην βουλεύσατο, καί με κελεύει
δυσκλέα Ἄργος ἱκέσθαι, ἐπεὶ πολὺν ὤλεσα λαόν.
οὕτω που Διὶ μέλλει ὑπερμενέϊ φίλον εἶναι,
ὃς δὴ πολλάων πολίων κατέλυσε κάρηνα
ἠδ᾽ ἔτι καὶ λύσει: τοῦ γὰρ κράτος ἐστὶ μέγιστον. 25
ἀλλ᾽ ἄγεθ᾽ ὡς ἂν ἐγὼ εἴπω πειθώμεθα πάντες:
φεύγωμεν σὺν νηυσὶ φίλην ἐς πατρίδα γαῖαν:
οὐ γὰρ ἔτι Τροίην αἱρήσομεν εὐρυάγυιαν.’
ὣς ἔφαθ᾽, οἳ δ᾽ ἄρα πάντες ἀκὴν ἐγένοντο σιωπῇ.
δὴν δ᾽ ἄνεῳ ἦσαν τετιηότες υἷες Ἀχαιῶν: 30
ὀψὲ δὲ δὴ μετέειπε βοὴν ἀγαθὸς Διομήδης:
‘Ἀτρεΐδη σοὶ πρῶτα μαχήσομαι ἀφραδέοντι,
ἣ θέμις ἐστὶν ἄναξ ἀγορῇ: σὺ δὲ μή τι χολωθῇς.
ἀλκὴν μέν μοι πρῶτον ὀνείδισας ἐν Δαναοῖσι
φὰς ἔμεν ἀπτόλεμον καὶ ἀνάλκιδα: ταῦτα δὲ πάντα 35
ἴσασ᾽ Ἀργείων ἠμὲν νέοι ἠδὲ γέροντες.
σοὶ δὲ διάνδιχα δῶκε Κρόνου πάϊς ἀγκυλομήτεω:
σκήπτρῳ μέν τοι δῶκε τετιμῆσθαι περὶ πάντων,
ἀλκὴν δ᾽ οὔ τοι δῶκεν, ὅ τε κράτος ἐστὶ μέγιστον.
δαιμόνι᾽ οὕτω που μάλα ἔλπεαι υἷας Ἀχαιῶν 40
ἀπτολέμους τ᾽ ἔμεναι καὶ ἀνάλκιδας ὡς ἀγορεύεις;
εἰ δέ τοι αὐτῷ θυμὸς ἐπέσσυται ὥς τε νέεσθαι
ἔρχεο: πάρ τοι ὁδός, νῆες δέ τοι ἄγχι θαλάσσης
ἑστᾶσ᾽, αἵ τοι ἕποντο Μυκήνηθεν μάλα πολλαί.
ἀλλ᾽ ἄλλοι μενέουσι κάρη κομόωντες Ἀχαιοὶ 45
εἰς ὅ κέ περ Τροίην διαπέρσομεν. εἰ δὲ καὶ αὐτοὶ
φευγόντων σὺν νηυσὶ φίλην ἐς πατρίδα γαῖαν:
νῶϊ δ᾽ ἐγὼ Σθένελός τε μαχησόμεθ᾽ εἰς ὅ κε τέκμωρ
Ἰλίου εὕρωμεν: σὺν γὰρ θεῷ εἰλήλουθμεν.’
ὣς ἔφαθ᾽, οἳ δ᾽ ἄρα πάντες ἐπίαχον υἷες Ἀχαιῶν 50
μῦθον ἀγασσάμενοι Διομήδεος ἱπποδάμοιο.
τοῖσι δ᾽ ἀνιστάμενος μετεφώνεεν ἱππότα Νέστωρ:
Τυδεΐδη περὶ μὲν πολέμῳ ἔνι καρτερός ἐσσι,
καὶ βουλῇ μετὰ πάντας ὁμήλικας ἔπλευ ἄριστος.
οὔ τίς τοι τὸν μῦθον ὀνόσσεται ὅσσοι Ἀχαιοί, 55
οὐδὲ πάλιν ἐρέει: ἀτὰρ οὐ τέλος ἵκεο μύθων.
ἦ μὲν καὶ νέος ἐσσί, ἐμὸς δέ κε καὶ πάϊς εἴης
ὁπλότατος γενεῆφιν: ἀτὰρ πεπνυμένα βάζεις
Ἀργείων βασιλῆας, ἐπεὶ κατὰ μοῖραν ἔειπες.
‘ἀλλ᾽ ἄγ᾽ ἐγών, ὃς σεῖο γεραίτερος εὔχομαι εἶναι, 60
ἐξείπω καὶ πάντα διίξομαι: οὐδέ κέ τίς μοι
μῦθον ἀτιμήσει᾽, οὐδὲ κρείων Ἀγαμέμνων.
ἀφρήτωρ ἀθέμιστος ἀνέστιός ἐστιν ἐκεῖνος
ὃς πολέμου ἔραται ἐπιδημίου ὀκρυόεντος.
ἀλλ᾽ ἤτοι νῦν μὲν πειθώμεθα νυκτὶ μελαίνῃ 65
δόρπά τ᾽ ἐφοπλισόμεσθα: φυλακτῆρες δὲ ἕκαστοι
λεξάσθων παρὰ τάφρον ὀρυκτὴν τείχεος ἐκτός.
κούροισιν μὲν ταῦτ᾽ ἐπιτέλλομαι: αὐτὰρ ἔπειτα
Ἀτρεΐδη σὺ μὲν ἄρχε: σὺ γὰρ βασιλεύτατός ἐσσι.
δαίνυ δαῖτα γέρουσιν: ἔοικέ τοι, οὔ τοι ἀεικές. 70
πλεῖαί τοι οἴνου κλισίαι, τὸν νῆες Ἀχαιῶν
ἠμάτιαι Θρῄκηθεν ἐπ᾽ εὐρέα πόντον ἄγουσι:
πᾶσά τοί ἐσθ᾽ ὑποδεξίη, πολέεσσι δ᾽ ἀνάσσεις.
πολλῶν δ᾽ ἀγρομένων τῷ πείσεαι ὅς κεν ἀρίστην
βουλὴν βουλεύσῃ: μάλα δὲ χρεὼ πάντας Ἀχαιοὺς 75
ἐσθλῆς καὶ πυκινῆς, ὅτι δήϊοι ἐγγύθι νηῶν
καίουσιν πυρὰ πολλά: τίς ἂν τάδε γηθήσειε;
νὺξ δ᾽ ἧδ᾽ ἠὲ διαρραίσει στρατὸν ἠὲ σαώσει.’

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: A.T. Murray
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

But the son of Atreus, stricken to the heart with sore grief, [10] went this way and that, bidding the clear-voiced heralds summon every man by name to the place of gathering, but not to shout aloud; and himself he toiled amid the foremost. So they sat in the place of gathering, sore troubled, and Agamemnon stood up weeping even as a fountain of dark water [15] that down over the face of a beetling cliff poureth its dusky stream; even so with deep groaning spake he amid the Argives, saying:“My friends, leaders and rulers of the Argives, great Zeus, son of Cronos, hath ensnared me in grievous blindness of heart, cruel god! seeing that of old he promised me, and bowed his head thereto, [20] that not until I had sacked well-walled Ilios should I get me home; but now hath he planned cruel deceit, and biddeth me return inglorious to Argos, when I have lost much people. So, I ween, must be the good pleasure of Zeus supreme in might, who hath laid low the heads of many cities, [25] yea, and shall lay low; for his power is above all. Nay, come, even as I shall bid let us all obey: let us flee with our ships to our dear native land; for no more is there hope that we shall take broad-wayed Troy.” So spake he, and they all became hushed in silence. [30] Long time were they silent in their grief, the sons of the Achaeans, but at length there spake among them Diomedes, good at the war-cry:“Son of Atreus, with thee first will I contend in thy folly, where it is meet, O king, even in the place of gathering: and be not thou anywise wroth thereat. My valour didst thou revile at the first amid the Danaans, [35] and saidst that I was no man of war but a weakling; and all this know the Achaeans both young and old. But as for thee, the son of crooked-counselling Cronos hath endowed thee in divided wise: with the sceptre hath he granted thee to be honoured above all, but valour he gave thee not, wherein is the greatest might. [40] Strange king, dost thou indeed deem that the sons of the Achaeans are thus unwarlike and weaklings as thou sayest? Nay, if thine own heart is eager to return, get thee gone; before thee lies the way, and thy ships stand beside the sea, all the many ships that followed thee from Mycenae. [45] Howbeit the other long-haired Achaeans will abide here until we have laid waste Troy. Nay, let them also flee in their ships to their dear native land; yet will we twain, Sthenelus and I, fight on, until we win the goal of Ilios; for with the aid of heaven are we come.” [50] So spake he, and all the sons of the Achaeans shouted aloud, applauding the word of Diomedes, tamer of horses. Then uprose and spake among them the horseman Nestor:“Son of Tydeus, above all men art thou mighty in battle, [55] and in council art the best amid all those of thine own age. Not one of all the Achaeans will make light of what thou sayest neither gainsay it; yet hast thou not reached a final end of words. Moreover, thou art in sooth but young, thou mightest e’en be my son, my youngest born; yet thou givest prudent counsel to the princes of the Argives, seeing thou speakest according to right. [60] But come, I that avow me to be older than thou will speak forth and will declare the whole; neither shall any man scorn my words, no, not even lord Agamemnon. A clanless, lawless, hearthless man is he that loveth dread strife among his own folk. [65] Howbeit for this present let us yield to black night and make ready our supper; and let sentinels post themselves severally along the digged ditch without the wall. To the young men give I this charge; but thereafter do thou, son of Atreus, take the lead, for thou art most kingly. [70] Make thou a feast for the elders; this were but right and seemly for thee. Full are thy huts of wine that the ships of the Achaeans bring thee each day from Thrace, over the wide sea; all manner of entertainment hast thou at hand, seeing thou art king over many. And when many are gathered together thou shalt follow him whoso shall devise [75] the wisest counsel. And sore need have all the Achaeans of counsel both good and prudent, seeing that foemen hard by the ships are kindling their many watchfires; what man could rejoice thereat? This night shall either bring to ruin or save our host.”

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Hom. Il. 9.9-78

Leitfragen:

1) Warum ruft Agamemnon die Heeresversammlung ein und wie reagiert Diomedes darauf

2) Welche Rolle spielt das Alter der versammelten Männer?

3) Welche Rückschlüsse lassen sich aus der Textstelle über die Stellung Agamemnons im Heer ableiten?

Kommentar:

Nach einer unglücklich verlaufenen Schlacht vor den Mauern Trojas steht der Erfolg des Trojanischen Krieges für die Griechen auf Messers Schneide. Agamemnon, der Herrscher über Argos und oberster Heerführer der Griechen, verzagt ob dieser Entwicklung. Er beruft eine Versammlung aller Männer ein und verkündet sein Vorhaben, vom weiteren Kämpfen abzulassen und in seine Heimat zurückzukehren. Zeus, der ihm einst versprach, siegreich aus Troja heimzukehren, scheint seine Unterstützung aufgekündigt zu haben – nur so ist die zuvor erlittene Niederlage zu erklären. Die Konsequenz ist klar: Abzug des Heeres aus Troja. Bestürzt schweigt das Heer bis Diomedes, Sohn des Tydeus, das Wort ergreift. Er widerspricht Agamemnon und wirft ihm Mutlosigkeit vor. Er solle sich ein Beispiel an den versammelten Griechen nehmen. Viele seien immer noch bereit, den Kampf mit den Trojanern fortzusetzen und wollen nicht eher abzuziehen, bis der Sieg errungen sei. Die Reaktion des Heeres scheint Diomedes recht zu geben, denn es bricht in Jubel aus.

Im weiteren Verlauf der Versammlung meldet sich Nestor zu Wort, der durch seine Weisheit und altersbedingte Erfahrung hervorsticht. Er dankt Diomedes für den Rat und lobt dessen jugendlichen Eifer, hebt jedoch hervor, dass die Angelegenheit noch mehr Worte und Argumente bedarf, um vollends geklärt zu werden. Er rät Agamemnon, das Nachtmahl vorbereiten zu lassen. Außerdem empfiehlt er, die jungen Männer der Griechen als Wachen abzustellen und dass die alten und erfahrenen Griechen in kleinerer Runde weiter beraten sollen. Deutlich wird hier der Wert des Alters in der Gesellschaft der frühen Griechen. Durch die damit einhergehende Erfahrung und Autorität sind die Alten (gerontes) am besten dazu geeignet Ratschläge zu erteilen. Die Anregung Diomedes‘, die Kämpfe fortzuführen, ist zwar durchaus zulässig, doch fehlen ihm die Ausgewogenheit und Erfahrung, die nur das Alter bringen kann. Er und seine Altersgenossen sind eher geeignet für Aufgaben wie die Bewachung des Heeres, wo sie ihre körperliche Überlegenheit besser einsetzen können.

Agamemon ist vordergründig der uneingeschränkte Herr über das griechische Heer, denn schließlich hat ihm Zeus diese Aufgabe anvertraut. Nichtsdestoweniger muss auch er als Führer (basileus) der Griechen den Rat seiner Standesgenossen beherzigen. Deutlich wird dies, wenn er selber die Heeresversammlung einberuft und Diomdes ihm dort – gemäß seinem Recht als einer der führenden Männer des Heeres – den Rat erteilt weiter zu kämpfen. Auch Nestor betont sowohl die Führungsrolle des Agamemnons als auch dessen Pflicht, Ratschläge zu beherzigen. Freilich sollte nicht davon ausgegangen werden, dass üblicherweise jeder Mann im Heer das Wort in einer derartigen Versammlung ergreifen konnte – die Sprecher sind selber Vorsteher (basileis) ihrer jeweiligen Männer und haben sich nur im Kontext des Trojanischen Krieges Agamemnon untergeordnet. Die Akklamation des Heeres, also die durch Jubel geäußerte Zustimmung für Diomedes Vorschlag, wurde sicherlich auch in den adligen Kreisen verstanden und berücksichtigt. Die schlussendliche Entscheidung fällt dann aber außerhalb der Heeresversammlung. Nestors Empfehlung folgend hört sich Agamemnon im späteren Verlauf der Ilias die Ratschläge seiner Standesgenossen an und kommt zu einer Entscheidung: Der Kampf um Troja wird fortgesetzt.

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Podcast-Hinweise
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Die Kyklopen

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Homer
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Hom. Od. 9.105-141 – Original:

ἔνθεν δὲ προτέρω πλέομεν ἀκαχήμενοι ἦτορ: 105
Κυκλώπων δ᾽ ἐς γαῖαν ὑπερφιάλων ἀθεμίστων
ἱκόμεθ᾽, οἵ ῥα θεοῖσι πεποιθότες ἀθανάτοισιν
οὔτε φυτεύουσιν χερσὶν φυτὸν οὔτ᾽ ἀρόωσιν,
ἀλλὰ τά γ᾽ ἄσπαρτα καὶ ἀνήροτα πάντα φύονται,
πυροὶ καὶ κριθαὶ ἠδ᾽ ἄμπελοι, αἵ τε φέρουσιν 110
οἶνον ἐριστάφυλον, καί σφιν Διὸς ὄμβρος ἀέξει.
τοῖσιν δ᾽ οὔτ᾽ ἀγοραὶ βουληφόροι οὔτε θέμιστες,
ἀλλ᾽ οἵ γ᾽ ὑψηλῶν ὀρέων ναίουσι κάρηνα
ἐν σπέσσι γλαφυροῖσι, θεμιστεύει δὲ ἕκαστος
παίδων ἠδ᾽ ἀλόχων, οὐδ᾽ ἀλλήλων ἀλέγουσιν.’ 115
νῆσος ἔπειτα λάχεια παρὲκ λιμένος τετάνυσται,
γαίης Κυκλώπων οὔτε σχεδὸν οὔτ᾽ ἀποτηλοῦ,
ὑλήεσσ᾽: ἐν δ᾽ αἶγες ἀπειρέσιαι γεγάασιν
ἄγριαι: οὐ μὲν γὰρ πάτος ἀνθρώπων ἀπερύκει,
οὐδέ μιν εἰσοιχνεῦσι κυνηγέται, οἵ τε καθ᾽ ὕλην 120
ἄλγεα πάσχουσιν κορυφὰς ὀρέων ἐφέποντες.
οὔτ᾽ ἄρα ποίμνῃσιν καταΐσχεται οὔτ᾽ ἀρότοισιν,
ἀλλ᾽ ἥ γ᾽ ἄσπαρτος καὶ ἀνήροτος ἤματα πάντα
ἀνδρῶν χηρεύει, βόσκει δέ τε μηκάδας αἶγας.
οὐ γὰρ Κυκλώπεσσι νέες πάρα μιλτοπάρῃοι, 125
οὐδ᾽ ἄνδρες νηῶν ἔνι τέκτονες, οἵ κε κάμοιεν
νῆας ἐυσσέλμους, αἵ κεν τελέοιεν ἕκαστα
ἄστε᾽ ἐπ᾽ ἀνθρώπων ἱκνεύμεναι, οἷά τε πολλὰ
ἄνδρες ἐπ᾽ ἀλλήλους νηυσὶν περόωσι θάλασσαν:
οἵ κέ σφιν καὶ νῆσον ἐυκτιμένην ἐκάμοντο. 130
οὐ μὲν γάρ τι κακή γε, φέροι δέ κεν ὥρια πάντα:
ἐν μὲν γὰρ λειμῶνες ἁλὸς πολιοῖο παρ᾽ ὄχθας
ὑδρηλοὶ μαλακοί: μάλα κ᾽ ἄφθιτοι ἄμπελοι εἶεν.
ἐν δ᾽ ἄροσις λείη: μάλα κεν βαθὺ λήιον αἰεὶ
εἰς ὥρας ἀμῷεν, ἐπεὶ μάλα πῖαρ ὑπ᾽ οὖδας. 135
ἐν δὲ λιμὴν ἐύορμος, ἵν᾽ οὐ χρεὼ πείσματός ἐστιν,
οὔτ᾽ εὐνὰς βαλέειν οὔτε πρυμνήσι᾽ ἀνάψαι,
ἀλλ᾽ ἐπικέλσαντας μεῖναι χρόνον εἰς ὅ κε ναυτέων
θυμὸς ἐποτρύνῃ καὶ ἐπιπνεύσωσιν ἀῆται.
αὐτὰρ ἐπὶ κρατὸς λιμένος ῥέει ἀγλαὸν ὕδωρ, 140
κρήνη ὑπὸ σπείους: περὶ δ᾽ αἴγειροι πεφύασιν.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: A. T. Murray
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung

“Thence we sailed on, grieved at heart, and we came to the land of the Cyclopes, an overweening and lawless folk, who, trusting in the immortal gods, plant nothing with their hands nor plough; but all these things spring up for them without sowing or ploughing, [110] wheat, and barley, and vines, which bear the rich clusters of wine, and the rain of Zeus gives them increase. Neither assemblies for council have they, nor appointed laws, but they dwell on the peaks of lofty mountains in hollow caves, and each one is lawgiver [115] to his children and his wives, and they reck nothing one of another. “Now there is a level isle that stretches aslant outside the harbor, neither close to the shore of the land of the Cyclopes, nor yet far off, a wooded isle. Therein live wild goats innumerable, for the tread of men scares them not away, [120] nor are hunters wont to come thither, men who endure toils in the woodland as they course over the peaks of the mountains. Neither with flocks is it held, nor with ploughed lands, but unsown and untilled all the days it knows naught of men, but feeds the bleating goats. [125] For the Cyclopes have at hand no ships with vermilion cheeks, nor are there ship-wrights in their land who might build them well-benched ships, which should perform all their wants, passing to the cities of other folk, as men often cross the sea in ships to visit one another— [130] craftsmen, who would have made of this isle also a fair settlement. For the isle is nowise poor, but would bear all things in season. In it are meadows by the shores of the grey sea, well-watered meadows and soft, where vines would never fail, and in it level ploughland, whence [135] they might reap from season to season harvests exceeding deep, so rich is the soil beneath; and in it, too, is a harbor giving safe anchorage, where there is no need of moorings, either to throw out anchor-stones or to make fast stern cables, but one may beach one’s ship and wait until the sailors‘ minds bid them put out, and the breezes blow fair. [140] Now at the head of the harbor a spring of bright water flows forth from beneath a cave, and round about it poplars grow.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Niklas Rempe
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Hom. Od. 9.105-141

Leitfragen:

1) Geben Sie die Lebensweise der Kyklopen wieder.

2) Warum besiedeln die Kyklopen die nahe gelegene Insel nicht?

3) Interpretieren Sie aus der Lebensweise der Kyklopen und der Beschreibung der Insel, was über die Voraussetzung der archaischen Zivilisation ausgesagt werden kann.

Kommentar:

Odysseus und seine Männer sind nach den erfolgreichen Kämpfen in Troja auf ihrem Weg in die Heimat. Diese durch göttliche Fügung bedingte zehn Jahre währende Reise – die Odyssee – lässt ihr Schiff in die Länder der Kyklopen kommen. Man erfährt, dass diese ein überhebliches und rechtloses Volk sind. Weder betreiben sie Ackerbau, noch haben sie überhaupt das Werkzeug dafür. Nichtsdestoweniger scheinen sie ausreichend Nahrung zu haben: Weizen, Gerste und sogar Trauben für Wein. Sie scheinen in diesen Belangen den Göttern zu vertrauen, zumal die Kyklopen an anderer Stelle auch als einäugige und riesige Kinder des Poseideon beschrieben werden, und der reichliche von Zeus gesandte Regen scheint dieses Vertrauen zu rechtfertigen. Die schon erwähnte Rechtslosigkeit wird deutlich, wenn sie als ein Volk dargestellt werden, welches weder Versammlungen noch Satzungen kennt – dafür leben Sie auch zu verstreut in Höhlen auf unzugänglichen Berggipfeln und kümmern sich nicht um Ihresgleichen. Allein innerhalb der Familie scheint es eine Ordnung zu geben, wenn das männliche Oberhaupt Regeln für seine Frau und die Kinder aufstellt.

Der Darstellung des Volks der Kyklopen folgt eine Beschreibung einer nahe gelegenen Insel. Große Waldflächen werden in diesem Zuge erwähnt und ebenso scheint die Insel Ziegen zu beherbergen, die sich durch den ausgebliebenen Kontakt mit den Menschen unkontrolliert und reichlich vermehren konnten. Auch ein paradiesisches Bild von ausgedehnten Weiden und fruchtbaren Böden wird gezeichnet. Nichtsdestoweniger haben die Kyklopen sich hier nicht angesiedelt. Der Grund dafür ist der Mangel an Schiffen, die sie benutzen könnten, um auf die Insel überzusetzten. Es wird deutlich, dass die Kyklopen nicht einmal die Fähigkeit haben Schiffe zu bauen bzw. bauen zu lassen, geschweige denn zu bemannen und zu fahren.

Die Darstellung des Volks der Kyklopen, ihrer Heimat und der nahe gelegenen noch unbesiedelten Insel kann gute Einblicke in die Vorstellung von Zivilisation im frühen Griechenland geben. Insbesondere die Kyklopen sollten als Gegenbeispiel zu den Menschen aufgefasst werden und so lässt sich durch Umkehrschlüsse feststellen, dass das geordnete gesellschaftliche Zusammenleben in größeren Gruppen die Basis jeglicher Zivilisation darstellt. Geordnet bedeutet hier, dass Satzungen (thesmoi) und generell soziale Normen das Miteinander der Menschen regeln und durch Institutionen, wie einer Versammlung oder einem Rat (boule) gefestigt werden. Überhaupt ist dafür ein Ballungsraum von Nöten, in bzw. um den eine größere Gruppe von Menschen lebt und leben kann. Ein Leben in vereinzelten und disparaten Gebirgshöhlen, wie es die Kyklopen führen, schließt dies aus. Entsprechend reicht es auch nicht, wenn allein die Familienoberhäupter das Leben ihres Hausstands (oikos) reglementieren – um sich von den unzivilisierten Kyklopen abzugrenzen, muss derartiges auf mehrere Familien ausgebreitet werden.

Weiterhin wird durch die Beschreibung der Fauna und Flora der Insel deutlich, wie abhängig die Griechen der archaischen Epoche von der Natur und den entsprechenden Begebenheiten waren. Große und fruchtbare Weidelandschaften und die damit einhergehende Ziegenherde werden beschrieben und auch die perfekten landwirtschaftlichen Bedingungen werden betont. Die Kyklopen als unzivilisiertes Volk können mit dieser paradiesischen Insel nichts anfangen – sie können sie ja nicht einmal erreichen. Den Menschen hingegen steht der Wasserweg offen und man erkennt den großen Wert dieser Art der Fortbewegung für die Menschen der Archaik. Zusammengefasst zeigt die Gegenwelt der Kyklopen demnach, dass das zivilisierte Miteinander durch soziale und rechtliche Normen reglementiert sein muss. Dafür wiederum muss eine land- und viehwirtschaftliche Grundlage bestehen, welche die Lebensmittelversorgung einer Vielzahl von Menschen gewährleistet. Das Schiff und der Pflug sind hierfür die beiden prägnantesten und auch in der Quelle erwähnten Hilfsmittel.

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