Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Diodor
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Diodor 12,4,4-6 – Original:
[4] Ἀρταξέρξης δὲ ὁ βασιλεὺς πυθόμενος τὰ περὶ τὴν Κύπρον ἐλαττώματα, καὶ βουλευσάμενος μετὰ τῶν φίλων περὶ τοῦ πολέμου, ἔκρινε συμφέρειν εἰρήνην συνθέσθαι πρὸς τοὺς Ἕλληνας. ἔγραψε τοίνυν τοῖς περὶ Κύπρον ἡγεμόσι καὶ σατράπαις, ἐφ᾽ οἷς ἂν δύνωνται συλλύσασθαι πρὸς τοὺς Ἕλληνας. [5] διόπερ οἱ περὶ τὸν Ἀρτάβαζον καὶ Μεγάβυζον ἔπεμψαν εἰς τὰς Ἀθήνας πρεσβευτὰς τοὺς διαλεξομένους περὶ συλλύσεως. ὑπακουσάντων δὲ τῶν Ἀθηναίων καὶ πεμψάντων πρέσβεις αὐτοκράτορας, ὧν ἡγεῖτο Καλλίας ὁ Ἱππονίκου, ἐγένοντο συνθῆκαι περὶ τῆς εἰρήνης τοῖς Ἀθηναίοις καὶ τοῖς συμμάχοις πρὸς τοὺς Πέρσας, ὧν ἐστι τὰ κεφάλαια ταῦτα: αὐτονόμους εἶναι τὰς κατὰ τὴν Ἀσίαν Ἑλληνίδας πόλεις ἁπάσας, τοὺς δὲ τῶν Περσῶν σατράπας μὴ καταβαίνειν ἐπὶ θάλατταν κατωτέρω τριῶν ἡμερῶν ὁδόν, μηδὲ ναῦν μακρὰν πλεῖν ἐντὸς Φασήλιδος καὶ Κυανέων: ταῦτα δὲ τοῦ βασιλέως καὶ τῶν στρατηγῶν ἐπιτελούντων, μὴ στρατεύειν Ἀθηναίους εἰς τὴν χώραν, ἧς βασιλεὺς ἄρχει. [6] συντελεσθεισῶν δὲ τῶν σπονδῶν Ἀθηναῖοι τὰς δυνάμεις ἀπήγαγον ἐκ τῆς Κύπρου, λαμπρὰν μὲν νίκην νενικηκότες, ἐπιφανεστάτας δὲ συνθήκας πεποιημένοι. συνέβη δὲ καὶ τὸν Κίμωνα περὶ τὴν Κύπρον διατρίβοντα νόσῳ τελευτῆσαι.Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: C. H. Oldfather
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Übersetzung:
[4] Artaxerxes the king, however, when he learned of the reverses his forces had suffered at Cyprus, took counsel on the war with his friends and decided that it was to his advantage to conclude a peace with the Greeks. Accordingly he dispatched to the generals in Cyprus and to the satraps the written terms on which they were permitted to come to a settlement with the Greeks. [5] Consequently Artabazus and Megabyzus sent ambassadors to Athens to discuss a settlement. The Athenians were favourable and dispatched ambassadors plenipotentiary, the leader of whom was Callias the son of Hipponicus; and so the Athenians and their allies concluded with the Persians a treaty of peace, the principal terms of which run as follows: All the Greeks cities of Asia are to live under laws of their own making; the satraps of the Persians are not to come nearer to the sea than a three days‘ journey and no Persian warship is to sail inside of Phaselis or the Cyanean Rocks; and if these terms are observed by the king and his generals, the Athenians are not to send troops into the territory over which the king is ruler. [6] After the treaty had been solemnly concluded, the Athenians withdrew their armaments from Cyprus, having won a brilliant victory and concluded most noteworthy terms of peace. And it so happened that Cimon died of an illness during his stay in Cyprus.
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Agnes von der Decken
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Diodor 12,4,4-6
Leitfragen:
1) Worin bestand der Kallias-Frieden?
2) Warum wurde der Kallias-Frieden geschlossen?
3) Hat es den Kallias-Frieden wirklich gegeben?
Kommentar:
Diodors Bericht über das Zustandekommen des sogenannten Kallias-Friedens findet sich im zwölften Buch seines aus 40 Büchern bestehenden Geschichtswerks Bibliotheke, einer Universalgeschichte von der Entstehung der Welt bis ins 1. Jh. v. Chr. Diodor berichtet hier über einen Vertrag zwischen Athen und Persien, der nach dem daran federführend beteiligten Athener Kallias benannt ist. In der Quelle heißt es, dass der persische Großkönig Artaxerxes I. sich dazu entschied, Frieden mit den Griechen zu schließen und dafür ein Treffen mit athenischen Gesandten arrangierte. Die Athener willigten ein und unter der Führung des Kallias wurde 449/448 v. Chr. (diese Zeitangabe von Diodor geht der obigen Quellenpassage voraus) Frieden zwischen Athen mit seinen Bundesgenossen und Persien geschlossen. Aus der Quelle erfahren wir zudem, welche Vertragsbedingungen bei dem Kallias-Frieden ausgehandelt wurden: 1) Die griechischen Poleis in Kleinasien bleiben autonom 2) Persische Streitkräfte dürfen sich der kleinasiatischen Küste nur bis auf drei Tagesmärsche nähern 3) Persische Kriegsschiffe dürfen die Ägäis zwischen den Chelidonischen Inseln im Süden und den Eingang am thrakischen Bosporus im Norden nicht befahren 4) Den Athenern ist es verboten, Angriffe auf persische Gebiete zu unternehmen.
Dem Kallias-Frieden gingen die in der ersten Hälfte des 5. Jh. v. Chr. geführten Kämpfe zwischen den Persern und den Griechen voraus. Persien versuchte seit Beginn des 5. Jh. durch verschiedene gewaltsame Unternehmungen, Griechenland in sein Reich einzugliedern. Dieses Vorhaben der truppenmäßig überlegenen Perser scheiterte jedoch wiederholt an dem von Sparta und Athen geleiteten Bündnis vereinter griechischer Heere. In mehreren Schlachten, wie etwa der von Marathon, Plataiai und Salamis, unterlagen die Perser den Griechen. Die Niederlagen der Perser führte im Umkehrschluss zu einer Verschiebung der griechischen Verteidigungslinie nach Osten und zu aggressiven Unternehmungen der Griechen gegen die Perser unter dem Vorwand der Rache. Nach einer Offensive gegen Persien unter dem Athener Kimon um 450 v. Chr. auf Zypern und einem Sieg gegen Verbündete der Perser bei Salamis auf Zypern kam es laut Diodor 449/448 zum oben beschriebenen Kallias-Frieden. Bei Diodor heißt es, Artaxerxes habe es für gut befunden, mit den Athenern Frieden zu schließen. Nach dieser Schilderung scheinen die Perser nach den bedeutenden Niederlagen gegen die Griechen also ein ernsthaftes Interesse an den Friedensverhandlungen gehabt zu haben. Dies könnte auch die starke Verhandlungsposition der Athener begründen. Diodors Bericht nach zu urteilen sind die Perserkriege mit dem Kallias-Frieden endgültig beigelegt. Allerdings sind die Datierung und Existenz dieser Vereinbarung in der modernen Forschung umstritten.
Die Frage der Historizität des Kallias-Friedens wird in der Forschung nach wie vor diskutiert. Zu dieser Debatte hat etwa die Tatsache geführt, dass Autoren erst ab dem 4. Jh. v. Chr. beginnen, über den (vermeintlich) im 5. Jh. v. Chr. geschlossenen Friedensvertrag zu berichten. Zeitgenössische Autoren wie Herodot und Thukydides erwähnen den Kallias-Frieden gar nicht. Andere Autoren, wie Kallisthenes oder Theopomp, leugnen den Kallias-Frieden sogar. Grundsätzlich ist auch nicht einleuchtend, weshalb die athenische Führung einer Einigung mit Persien überhaupt zustimmen sollte, da die Macht der Athener aus dem Seebund erwuchs, der einzig der Abwehr der Perser diente. Und so wird neben der Frage nach der korrekten Datierung des Friedensvertrages auch die Frage nach der Existenz des Kallias-Friedens gestellt. Auch wenn diese Fragen hier nicht im Detail erörtert werden können, soll dennoch davon ausgegangen werden, dass es zumindest ein informelles Abkommen gegeben haben muss, das die Kämpfe zwischen den Persern und den Griechen beendet hat. Mit diesem Abkommen haben die Athener de facto die Vorherrschaft in der Ägäis erreicht und konnten sich nun vermehrt der angespannten Situation in Griechenland widmen, wo es zu zunehmenden Auseinandersetzungen mit Sparta kam. Nach dem Doppelschlag bei Salamis gegen die Perser hat es jedenfalls faktisch tatsächlich und auf lange Zeit keine Kämpfe mehr zwischen Persern und Griechen gegeben.