Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Augustus
Lizenz: CC-BY-NC-SA
res.gest.div.Aug. 34 – Original:
In consulatu sexto et septimo, postquam bella civilia exstinxeram, per consensum universorum potitus rerum omnium, rem publicam ex mea potestate in senatus populique Romani arbitrium transtuli. Quo pro merito meo senatus consulto Augustus appellatus sum et laureis postes aedium mearum vestiti publice coronaque civica super ianuam meam fixa est et clupeus aureus in curia Iulia positus, quem mihi senatum populumque Romanum dare virtutis clementiaeque et iustitiae et pietatis caussa testatum est per eius clupei inscriptionem. Post id tempus auctoritate omnibus praestiti, potestatis autem nihilo amplius habui quam ceteri qui mihi quoque in magistratu conlegae fuerunt.
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: Marion Giebel
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Übersetzung:
In meinem sechsten und siebten Konsulat habe ich, nachdem ich die Flammen der Bürgerkriege gelöscht hatte und mit der einmütigen Zustimmung der gesamten Bevölkerung in den Besitz der staatlichen Allgewalt gelangt war, das Gemeinwesen aus meiner Machtbefugnis wieder der Ermessensfreiheit des Senats und des römischen Volkes überantwortet. Für dieses mein Verdienst wurde mir auf Beschluß des Senats der Name Augustus gegeben. Die Türpfosten meines Hauses wurden auf staatlichen Beschluß mit Lorbeer geschmückt, und ein Bürgerkranz wurde über meinem Tor angebracht. Ein goldener Schild wurde in der Curia Julia aufgestellt, den mir der Senat und das römische Volk geweiht haben wegen meiner Tapferkeit und Milde, meiner Gerechtigkeit und Hingabe, wie es die Aufschrift auf diesem Schild bezeugt. Seit dieser Zeit überragte ich alle übrigen an Autorität, an Amtsgewalt aber besaß ich nicht mehr als die anderen, die auch ich im Amt zu Kollegen hatte.
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Nathalie Klinck
Lizenz: CC-BY-NC-SA
res.gest.div.Aug. 34
Leitfragen:
1) Was sind die Res Gestae und was ist das Besondere an dieser Inschrift?
2) Was deckt der Text inhaltlich ab?
3) Mit welcher Intention wurde sie aufgestellt?
Kommentar:
Theodor Mommsen (1817-1903) hat die Res Gestae divi Augusti einmal zutreffend als „Königin der antiken Inschriften“ tituliert. Kaum eine andere uns überlieferte Inschrift ist so umfangreich und eindrucksvoll, wie der Tatenbericht des vergöttlichten Augustus. Dabei handelt es sich um einen vom Princeps eigenhändig verfassten Bericht über seine Regierungszeit, der seine Verdienste, seine Ehrungen und seine Taten aufzählt. Augustus war durch den Sieg in der Schlacht bei Actium 31. v. Chr. gegen Antonius de facto zum Alleinherrscher des Imperium Romanum geworden. Nach diesem Sieg stand er allerdings vor der schweren Aufgabe zu entscheiden, in welcher Form er seine Herrschaft weiter ausüben wollte; wie bereits das Schicksal seines Adoptivvaters Caesar gezeigt hatte, war die Annahme des Königstitels und/oder die Etablierung einer hellenistisch orientierten Monarchie keine Option für das Römische Reich.
Augustus endschied sich – auch durch Erfahrung der vorhergegangenen Bürgerkriege und aufgrund des Verlangens des römischen Volkes nach Frieden – dafür, 27 v.Chr. in einer großen Geste alle außerordentlichen Vollmachten, die er während der letzten Jahre des Triumvirats erhalten hatte, zurückzugeben. Im Gegenzug erhielt er vom Senat diverse Ehrungen, wie das Cognomen Augustus (vorher nannte er sich Gaius Iulius Caesar Octavianus), die Bürgerkrone, corona civica, einen Ehrenschild in der Curia und Lorbeerbäume, die vor seinem Haus gepflanzt wurden. Im vorliegenden Textausschnitt betont Augustus deutlich, dass er zu diesem Zeitpunkt keine außerordentlichen Amtsgewalten mehr innegehabt hatte und alle Ehrungen auf deutliche Aufforderung des Senats zurückzuführen sind. Es versteht sich von selbst, dass dies nicht die ganze Wahrheit war; zum einen nahm er durch die Auszeichnungen des Senats und seiner Anhänger eine soziale Sonderrolle ein, zum anderen hatte er immer noch die wichtigsten Provinzen und deren Truppen sowie die wichtigsten Ämter inne. Nach außen gab er demnach dem Volk die alte res publica (restituta) zurück und propagierte das Bild von sich als primus inter pares – Erster unter Gleichen, im Inneren liefen jedoch alle machtpolitischen Fäden auf ihn zu.
Ursprünglich war die Inschrift auf zwei Bronzepfeilern vor dem Mausoleum Augusti angebracht und somit allen Bürgern Roms zugänglich. Das Grabmal ließ der Princeps bereits kurz nach seinem Herrschaftsantritt auf dem Marsfeld errichten. Es wurde später Teil eines größeren Baukomplexes zur Verehrung des Kaisers, welches neben dem Mausoleum auch den Friedensaltar, die Ara Pacis und das Solarium Augusti umfasste. Die Bronzepfeiler mit dem Originaltext, wie Augustus sie in seinem Testament nennt, sind uns nicht erhalten geblieben, dafür aber diverse Abschriften des Textes aus den Provinzen, von denen das Monumentum Ancyranum die wohl umfangreichste Überlieferung – sowohl auf Latein, als auch auf Griechisch – darstellt. Der Text wurde ohne Frage mit der Intention aufgestellt, die Herrschaft des Augustus zu legitimieren und stellt in keinem Fall eine akkurate Version der historischen Ereignisse dar. Ganz im Gegensatz dazu ist der Bericht gefärbt von „propagandistischen“ Zügen, Euphemismen und Verharmlosungen der eigentlichen Ereignisse. Dennoch ist der Text eine einzigartige Quelle für das sog. Saeculum Augustum, welches dort in den Worten des Princeps beschrieben wird.