Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Nathalie Klinck
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Relief auf dem Titusbogen
Leitfragen:
1)Was ist ein Triumphbogen?
2)Was wird auf dem Relief dargestellt?
3)Wie kam es zu der dargestellten Szene?
Kommentar:
Bei dem hier dargestellten Monument handelt es sich um einen sog. Ehrenbogen, der Ende des 1. Jh. n.Chr. zu Ehren von Kaiser Titus (39 -81 n.Chr.) errichtet wurde. Der eintorige Bogen wurde aus pentelischem Marmor errichtet und ist ca. 14,5 m hoch und 13,5 m breit. Er befindet sich auf der Velia (einer Anhöhe nordöstlich des Palatins). Der Bogen findet in den überlieferten literarischen Quellen keine Erwähnung, kann allerdings aufgrund einer Inschrift an der Ostseite zweifelsfrei Kaiser Titus zugeordnet werden:
SENATUS
POPULUSQUE ROMANUS
DIVO TITO DIVI VESPASIANI F(ILIO)
VESPASIANO AUGUSTO
Der Senat
und das römische Volk (haben diesen Bogen errichtet)
dem vergöttlichten Titus Vespasianus Augustus
dem Sohn des vergöttlichten Vespasian.
Generell kann gesagt werden, dass diese Bogenmonumente nicht als Tore oder Durchgänge dienten. Sie konnten zwar in Portikenkomplexe eingebunden sein, mussten dies allerdings nicht zwingend. In keinem Falle fungierten diese Monumente als Stadt- oder Eingangstore. Triumph- respektive Ehrenbögen wurden eingedenk bestimmter Siege oder Taten für einzelne Personen errichtet. Zudem führte der damit verbundene Triumphzug in Rom durch eben diese Bogenmonumente. Der Titusbogen war im eigentlichen Sinne kein Triumphbogen mehr, sondern ein reiner Ehrenbogen, da er erst im Jahre 81 n.Chr. – 10 Jahre nach dem Tod von Kaiser Titus – errichtet wurde.
Ähnlich den Säulenmonumenten – wie z.B. der Trajanssäule – diente die Ausgestaltung der Bauwerke durch komplexe Dekorationen, wie Bildreliefs in erster Linie dazu, den Ruhm des geehrten Herrschers in vielfältigen Szenen zu erläutern. An unterschiedlichen Stellen des Titusbogens wird aus diesem Grund auf die militärischen Erfolge des Titus im Krieg über die Juden 71 n.Chr. verwiesen. Auch das hier dargestellte Relief spielt auf diesen Sieg an.
Der Konflikt zwischen Teilen der jüdischen Bevölkerung der römischen Provinz Judäa und der Hauptstadt brodelte am Ende des 1. Jh. schon länger. Nach den Wirren der Bürgerkriege des Vierkaiserjahres hatte sich schließlich 69 n.Chr. Vespasian durchgesetzt. Dieser musste sich im Jahre 70 n.Chr. allerdings zuvörderst um die Machtkonsolidierung und die Probleme im Gesamtreich kümmern, wodurch er in Rom unabkömmlich war. Aus diesem Grund stattete er seinen Sohn Titus – der auch die dynastische Nachfolge der Regierung Vespasians antreten sollte – mit dem Oberkommando gegen die jüdischen Aufständischen in Judäa aus. Anfänglich waren die Juden in der Lage gewesen, kleinere Siege für sich zu verzeichnen und die römische Besatzung damit massiv unter Druck zu setzen. Schließlich wurde die Stadt Jerusalem im Frühjahr des Jahres 70 n.Chr. von Titus eingeschlossen und letztendlich nach einer langen und blutigen Belagerung gestürmt.
Der größte Schlag für die jüdische Bevölkerung war die Zerstörung des von Herodes erbauten Jahwe-Tempels und der Abtransport seiner Reichtümer nach Rom. Dies hatte zur Folge, dass der bisher auf den Tempel ausgerichtete jüdische Opferkult zu einem Ende kam und die Jüdische Diaspora eingeleitet wurde.
Das südliche Bildrelief des Titusbogens zeigt einen Ausschnitt aus jener Prozession respektive jenem Triumphzug 71 n.Chr. anlässlich des Sieges im Jüdischen Krieg. Das Relief ist an einigen Stellen stark zerstört, zeigt allerdings deutlich ca. 14 Figuren, die sich als Gruppe in Richtung der linken Bildhälfte bewegen und dabei unterschiedliche Gegenstände tragen. Die Figuren sind allesamt männlich und aufgrund ihrer Kleidung als Römer zu identifizieren. Die gemeinsame Blickrichtung und die Komposition der Personen und Gegenstände lässt auf die Darstellung eines Triumphzuges oder einer Prozession schließen, wie sie auch auf einem Siegesmonument zu erwarten wäre – die Alternative wäre der Schlüsselmoment der militärischen Auseinandersetzung oder die Vorbereitung zu dieser.
Die Teilnehmer der Prozession tragen unterschiedliche Beutestücke aus dem Tempel in Jerusalem durch das Siegestor. Dargestellt sind hier der siebenarmige Leuchter, die Menora, sowie die Silbertrompeten. Eine zeitgenössische Beschreibung dieses Triumphzuges und der Ereignisse im Jüdischen Krieg finden wir bei Flavius Josephus (ca. 37/8 -100 n.Chr.) in seinem Werk De bello Judaico (Ios. bell. Iud. 7,3).
Der Titusbogen und sein Reliefschmuck sind in dem Sinne herausragend, als sie den einzigen Triumphzug auf einem Siegesmonument zeigen, der anlässlich eines Sieges über einen Aufstand in einer römischen Provinz gefeiert worden ist.
Er diente allerdings nicht nur als Ehrenmonument für diesen Sieg, sondern ist auch eine Darstellung zur Festigung der Flavischen Dynastie im Bild der Öffentlichkeit, die mit Vespasian ihren Anfang nahm, insbesondere in Abgrenzung zur Herrschaft Neros. Titus wurde der Nachfolger von Vespasian, allerdings starb er bereits nach zwei Regierungsjahren. Ihm folgte sein Bruder Domitian. Die Auswahl des Bildthemas des Reliefs stellt den siegreichen Ausgang des Konflikts durch die Darstellung des Triumphzuges in den Mittelpunkt der Betrachtung, nicht die militärische Auseinandersetzung. Daraus kann auf das Bestreben geschlossen werden, die legitime „Friedens“-Politik der Flavier in den Vordergrund zu stellen. Weitere Monumente in Rom, die direkt oder indirekt auf den Jüdischen Krieg verweisen sind der Templum Pacis (Friedenstempel), der auch die Beutestücke aus dem Jerusalemer Tempel enthielt, und das Kolosseum.