Troizen-Inschrift

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Meiggs/Lewis Nr. 23

Leitfragen:

1) Welche Maßnahmen werden in diesem Beschluss angeordnet?

2) Was sagt die Struktur des Beschlusses über das Prozedere der Beschlussfassung in Athen aus?

3) Welche Rückschlüsse kann man aus den Details der Inschrift auf die strategische Lage Athens ziehen?

Kommentar:

Die vorliegende Inschrift, abgefasst 480 v. Chr., ist eine wichtige Quelle für die Zeit der Perserkriege und stellt einen Zufallsfund dar, denn erst im 20. Jahrhundert fand ein Bauer diesen Stein auf seinem Feld. Es handelt sich um den aus den literarischen Quellen zuvor bekannten „Evakuierungsbefehl“ des Themistokles.

In dem Antrag des Themistokles, den die Volksversammlung beschloss, ist die Strategie zur Abwehr der persischen Armee festgelegt. Die Stadt wird vollkommen evakuiert, von einigen Priestern auf der Akropolis abgesehen. Die Aufteilung ist klar: Die alten Menschen und die materiellen Güter werden auf die Insel Salamis, Frauen und Kinder nach Troizen gebracht. Alle waffenfähigen Bürger bemannen die Schiffe, beziehungsweise befehligen sie. Um die Streitkräfte zu erhöhen, werden sogar Exilierte zurückgerufen. Die athenische Flotte von 200 Trieren soll sich sodann mit den griechischen Verbündeten zusammenschließen und die Insel Salamis beschützen. Die Stadt selbst wird nicht verteidigt. Schließlich werden noch Opfer angeordnet, womit der erhaltene Teil der Inschrift schließt.

Neben anderen Informationen bietet uns dieses Volksversammlungsdekret auch wichtige Informationen zur Funktionsweise der Polis Athen, zuerst einmal, dass das Volk über die Beschlüsse auch schriftlich informiert wird – in diesem Fall sogar in Stein gemeißelt. Das bedeutet, dass ein guter Teil der Bevölkerung zumindest lesen konnte, da sonst der Aufwand kaum gelohnt hätte. In der Inschrift wird auch das Prozedere beleuchtet: Ein Athener, in diesem Fall Themistokles, stellt einen Antrag an die Ekklesia, diese berät und beschließt ihn dann.

Über die strategische Lage Athens können wir hier einige wichtige Informationen gewinnen. Zuerst einmal sah man es offenbar als aussichtslos an, sich gegen das riesige persische Landheer an Land widersetzen zu wollen, selbst hinter den Stadtmauern. Die Stadt wird aufgegeben, die Bewohner bringt man in Sicherheit, in dem Wissen, dass man die Stadt wiederaufbauen würde können. Das Dekret zeigt aber auch deutlich die Verzweiflung der Athener, denn sie gaben damit auch alle ihre Ackerflächen dem Feind preis, besonders die Olivenhaine, deren erneuter Anbau Jahrzehnte dauern würde. Auf die verzweifelte Lage der Stadt weist auch der Passus über die Verbannten hin: Wenn selbst diese aus der Verbannung geholt werden sollten, dann musste die Lage düster gewesen sein. Die Tempel und ihre Schätze vertraute man den Göttern an, man glaubte, die Perser würden sie nicht zerstören – unter Griechen war es zumindest so üblich. Die Perser zerstörten sie allerdings, was eineinhalb Jahrhunderte später noch Alexander als Begründung für seinen Persienfeldzug nutzen würde. Im Vertrauen auf die maritime Stärke der Polis setzte man ganz auf die Flotte, das Ergebnis, der Sieg bei Salamis, sollte Themistokles recht geben.

Text zum downloaden

Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Die athenische Demokratie“. Um einen breiteren Einblick in die griechische Klassik  zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Griechische Geschichte II – Klassik“.
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Siehe zu Themistokles auch den Abschnitt über seine Verbannung, zur Volksversammlung auch die Rede Kleons und die Abstimmung über Mytilene.