Gelzer, M., Cicero […]

Gelzer, M., Cicero. Ein biographischer Versuch. Mit einer Einleitung von W. Riess, Stuttgart: Steiner 2014², 9-27, 67-96.

 

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Matthias Gelzer stellte sich mit seinen Forschungen zu Cicero erstmals gegen das durch Theodor Mommsen rein negativ geprägte Urteil über Cicero. Gelzer analysierte unter zur Hilfenahme aller verfügbaren Quellen Cicero sowohl als Philosoph als auch als Redner und Politiker. Insbesondere den Briefen von Cicero an seinen Bruder Atticus und den philosophischen Schriften schenkte Gelzer neben Ciceros Reden große Aufmerksamkeit. Gelzer trug maßgeblich zum heute noch vorherrschenden Bild Ciceros bei. Der Redner und Philosoph Cicero, als die am besten bekannte Persönlichkeit der Antike, wird durchweg positiv bewertet. In den zahlreichen Biographien und Spezialabhandlungen wird hingegen noch heute sein politisches Schaffen kontrovers diskutiert.
Leitfragen

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Josephine Jung
Lizenz: CC-BY-NC-SA

1) Rieß erläutert im Vorwort drei große Forschungstendenzen zur Person Cicero, die rein negative, die abwägende und die überhöhende Forschungspostion (Textseiten XV-XXVII). Fassen Sie den Inhalt der drei Tendenzen in wenigen Stichpunkten zusammen. Nennen Sie dabei für jede Tendenz mindestens einen Autor und ein Beispiel.

2) Rieß erläutert, dass Ciceros Karriere immer an der von Caesar gemessen wird (u.a. Textseiten, XII-XV). Erläutern Sie, warum Ihrer Meinung nach insbesondere diese beiden Personen einander permanent gegenüber gestellt werden.

3) Nennen Sie drei wichtige politische Auseinandersetzungen, denen sich Cicero während seines Konsulats stellen musste. Nennen Sie den Streitpunkt und die Akteure.

4) Beschreiben Sie Ciceros Konfliktlösung der Catilinarischen Verschwörung in wenigen Sätzen (Textseiten 76-96).

5) Was war nach Gelzer Ciceros größter Fehler während seines Konsulats (Textseiten 93-96)? Teilen Sie die Meinung von Gelzer? Erläutern Sie Ihre Position!

Kommentar

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Forschungstradition des Autors

Prof. em. Dr. Matthias Gelzer (*1886; †1974) lehrte in Greifswald, Straßburg und von 1919 bis 1955 an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/M.. Er habilitierte sich zu den Treueverhältnissen und dem Klientelwesen der späten Republik. Gelzer erforschte 1912 damit erstmals die Funktionsweise der römischen Republik unter dem Blickpunkt von Personenkreisen und nicht von Einzelpersönlichkeiten.

Erläuterung missverständlicher, schwieriger und wichtiger Stellen für das Textverständnis

Rieß fasst in der forschungsgeschichtlichen Einleitung die Kritikpunkte von Gelzer an Cicero als Politiker und Staatsmann zusammen (Textseite XXVII). Im vorliegenden Kapitel widmet sich Gelzer dem Höhepunkt einer Karriere als römischer Politiker, dem Konsulat. Das Konsulat Ciceros zeichnet Gelzer als ein beständiges Abwägen und Gegeneinaderausspielen von Interessen. Wichtig war es immer, nicht nur als Konsul, über Informationen und Kontakte zu verfügen, um die politischen Bemühungen anderer Politiker zu verhindern oder zu unterstützen.

Ein Beispiel von vielen ist ein erneutes Ackergesetz, rogatio agraria, eingebracht 64 v. Chr. von Servilius Rullus. Es sollte von den Volkstribunen in der Volksversammlung, dem zweiten großen gesetzgebenden Organ in der Römischen Republik, durchgesetzt werden. Gezler schildert jedoch geheime Absprachen und Manipulationen des republikanischen Systems, um die eigentliche Intention des Gesetzes vor der Öffentlichkeit und dem Senat zu verschleiern (Textseiten 67-70). Das Gesetz war dem äußeren Anschein nach zur Versorgung von Veteranen mit Ackerland gedacht. Großgrundbesitzern sollte zu einem fairen Preis Land abgekauft werden, ohne, dass es einer Enteignung gleich käme. Hinter diesem Gesetz stand jedoch nach Gelzer ein großer Plan von Ciceros Gegenspieler Caesar, der dann 59 v. Chr. nach dem Scheitern des Gesetzes, selbst ein Gesetz, die lex Iulia agraria, im Senat durchbrachte. Ziel war es, durch staatliche Mittel die eigene Anhängerschaft, die zum großen Teil aus einem Heer bestand, zu sichern. Die große militärische Schlagkraft, über die Caesar, Pompeius und Crassus verfügten, machten diese Personen einerseits gefährlich, aber andererseits für die Sicherheit der Republik auch unabdingbar.

Vor allem an einer Entscheidung wird Cicero bis heute gemessen. Die sogenannte Catilinarische Verschwörung schildert Gelzer ganz aus den chronologischen Ereignissen (Textseiten 77-96). Lucius Sergius Catilina war einer der vielen jungen Aristokraten, die in der Politik das oberste Amt erreichen wollten. Cicero hatte Glück, er wurde gleich beim ersten mal zum Konsul gewählt. Catilina war jedoch, nach mehrmaligen Misserfolgen bei den Wahlen verzweifelt, denn ohne das Amt des Konsuls war eine politische Karriere nie vollendet. Catilina griff zu militärischen Mitteln und bemühte sich um eine eigene Armee. Er plante zunächst einen Putsch oder zumindest wollte er damit drohen; ein Krieg war nicht zwingend erforderlich. Catilina sah in Cicero jedoch einen sehr ernsten Gegner und wollte ihn und einige weitere daher ermorden lassen.

Die Reaktion Ciceros auf den Anschlag, d.h. die Hinrichtung Catilinas und seiner Anhänger ohne Gerichtsverfahren, machte Cicero angreifbar und schwächte dauerhaft seine politische Handlungsfähigkeit. Catilina und seine Mitverschwörer entstammten hoch angesehen Familien. Sie waren Adlige, die nicht ohne weiteres zur Todesstrafe hätten verurteilt werden dürfen. Zwar stimmte der Senat der Hinrichtung zu, jedoch ersetzte dies im Fall der Todesstrafe für einen adligen Römer keinesfalls ein Gerichtsverfahren.

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