Hölkeskamp, K.-J., Politische Kultur. Karriere eines Konzepts. Ansätze und Anwendungen am Beispiel der Republik, in: Libera Res Publica. Die politische Kultur des antiken Rom. Positionen und Perspektiven, Stuttgart: Steiner 2017, S.73-106.
Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Josephine Jung
Lizenz: CC-BY-NC-SA
1) Erklären Sie in eigenen Worten das Thema von Hölkeskamps Aufsatz: „es geht um die diskursi-ven und performativen Dimensionen einer spezifischen historischen politischen Kultur“ (Textseite 74). Nutzen Sie dabei die Ausführungen von Hölkeskamp auf den Textseiten 74-78.
2) Nennen Sie fünf Beispiele für Sphären politischer Kultur in der Antike. Gehen Sie von den Bei-spielen Hölkeskamps für selbstorganisierte Formen politischer Auseinandersetzung aus und erwei-tern Sie auf dieser Basis Ihr Blickfeld für Beispiele (Textseiten 75, 91-105). Wählen Sie Beispiele aus dem antiken Rom oder den Poleis in Griechenland.
3) Erläutern Sie die drei Aspekte des Modells einer politischen Kultur von Hölkeskamp (Textseiten 88-90) in Form eines selbst gewählten Schaubildes.
4) Wählen Sie eines Ihrer Beispiele von Frage drei und erläutern Sie die drei Elemente einer politi-schen Kultur nach Hölkeskamp (analog bei Hölkeskamp siehe Textseiten 79-80, S.91-105).
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Forschungstradition des Autors
Prof. Dr. Karl-Joachim Hölkeskamp lehrte zunächst 1994 und 1995 an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald als ordentlicher Professor. Von 1995 bis 2019 lehrte er das Fach Alte Ge-schichte an der Universität zu Köln. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Mentalitäts- und Kulturgeschichte der Römischen Republik. Hölkeskamp beschäftigt sich vor allem mit der republi-kanischen Aristokratie und der politischen Kultur der Römischen Republik. Er ist zusammen mit seiner Frau apl. Prof. Dr. Elke Stein-Hölkeskamp Trägerin des Karl-Christ-Preises, welcher herausra-gende wissenschaftliche Verdienste für die Alte Geschichte prämiert und auszeichnet.
Erläuterung missverständlicher, schwieriger und wichtiger Stellen für das Textverständnis
Bei diesem Text von Hölkeskamp handelt es sich um eine Abhandlung zum methodischen Arbeiten in der Alten Geschichte. Dieser sehr theoretische Text ist voller Rückgriffe auf methodische Kon-zepte verschiedener Geisteswissenschaftler des letzten Jahrhunderts: Piere Bourdieu – Soziologe (Textseite 83); Clifford Geertz – Ethnologe (Textseite 91); Max Weber – Soziologe (Textseite 82). Weiterhin greift Hölkeskamp aktuelle Methoden und Forschungsergebnisse auf und entwickelt sie weiter. Hölkeskamp baut seinen neuen Ansatz der Erforschung der „politischen Kultur in der Anti-ke“ folglich auf einem breiten Fundament an geschichtswissenschaftlicher, politikwissenschaftlicher und soziologischer Forschung auf. Die historische Genese seines Ansatzes basiert zum Teil auf un-terschiedlichen „turns“ in verschieden Bereichen der Wissenschaft. Hölkeskamp übersetzt den Be-griff „turns“ schlicht als „Wenden“ und meint damit bedeutende Richtungswechsel in der For-schung. Er selbst will seine eigenen Forschungen jedoch nicht als vollständig neue Wende verstan-den wissen, sondern er sieht seine Forschungen als Erweiterung eines bereits bestehenden ge-schichtswissenschaftlichen Repertoires.
In der Abhandlung legt Hölkeskamp sein theoretisches Konstrukt dar, wobei er sich auf die histori-sche Entwicklung seiner Methodik, einen theoretischen Einblick und ein Beispiel begrenzt. Seine drei Aspekte von politischer Kultur (Textseite 88-90, 93) sowie die Anwendung derer auf die rö-misch-republikanischen Politikkultur der späten Republik (Textseiten 102-105) machen die Metho-dik für den Leser greifbar.
Beispiele für Untersuchungsobjekte einer politischen Kultur gibt Hölkeskamp zu Beginn auf Textsei-te 74 und am Ende auf den Textseiten 102-105. Untersucht werden können politische Institutionen, die sowohl als strukturelle Einheit als auch als Gruppe von einzelnen Individuen betrachtet werden können. Wie bei den Schalen einer Zwiebel analysiert Hölkeskamp die Institutionen der Römischen Republik vom großen Ganzen bis in die einzelnen Schichten; er erörtert die drei großen Versamm-lungen der Römischen Republik: comitia centuria (Versammlung des römischen Volkes als Heer, dh.
Versammlung aller römischer Bürger im wehrdienstfähigen Alter) comitia tributa (Versammlung der römischen Bürger zur Wahl verschiedener Ämter), concilium plebis (Versammlung der Plebejer unter Ausschluss der Patrizier als gesetzgeberisches Gegengewicht zum Senat). Er untersucht dabei nicht die Verfassungsstruktur der Versammlungen, z.B. den festgeschriebenen Ablauf einer Wahl. Viel-mehr sind die Grundlagen seiner Analyse einerseits die „drei Aspekte einer politischen Kul-tur“ (Textseite 88-90). Andererseits fokussiert er den Faktor „Macht“ für die jeweilige Institution. Bevor die „drei Aspekte einer politischen Kultur“ kurz erläutert werden sollen, wird ein kurzer Überblick über Hölkeskamps Verständnis von politischer Macht gegeben.
Der Begriff „Macht“ ist bei Hölkeskamp verständlicher Weise direkt mit dem Begriff „Politik“ ver-bunden. Er sieht es als zentral an, das „Politische“ als „Medium der Macht“ zu betrachten (Textseite 77). Er betrachtet die Politik, das „Politische“, jedoch nicht als reine Aneinanderreihung von Ent-scheidungen und Handlungen sowie deren Folgen und Hintergründe, sondern er beurteilt Politik als medialen Raum der Handlung und Kommunikation. Politik ist für ihn nicht länger nur Ereignisge-schichte gepaart mit der Analyse von Selbstdarstellung und Machtausübung. Sie ist nicht länger nur die Geschichte von Feldherrn und Magistraten (Textseite 91). Es geht Hölkeskamp vielmehr darum, die Machtmechanismen zur Durchsetzung von Herrschaft und damit auch die Legitimation von Herrschaft zu untersuchen und dabei nicht auf der Ebene der Entscheidung selbst stehen zu bleiben, sondern nach den Weltbildern oder Wertvorstellungen zu fragen, die dahinter stehen.
Die „drei Aspekte politischer Kultur“, erläutert auf den Textseiten 88-90, bilden den theoretischen Kern der Abhandlung. Um eine „politische Kultur“ für die Forschung fassbar zu machen, bedient sich Hölkeskamp verschiedener methodischer Zugänge, die er als Teile eines Puzzles am Ende zu-sammenführen will. Das Puzzle besteht nach Hölkeskamp erstens aus der ritualtheoretischen Analy-se von Institutionen, zweitens aus der Analyse der Sprache, der Wortwahl etc., drittens aus der Ana-lyse von Bildern und Symbolen, aus dem symbolhaften rituellen Akt der Handlungen. Alle drei Elemente, die Institution, die Sprache und das Bild werden vor dem Hintergrund einer spezifischen Form von Staatlichkeit betrachtet, welche für jede Form einer politischen Kultur individuell gestal-tet sein kann (Textseiten 95-101). Die Form römischer Staatlichkeit weicht dabei stark von griechi-schen Poleis ab und zeigt den stets individuellen Charakter einer politischen Kultur auf.
Den individuellen Charakter der politischen Kultur Roms beschreibt Hölkeskamp als „Ensemble von Ensembles“ (Textseite 91). Der Begriff „Ensemble“ wird nicht direkt erläutert, sondern nur um-schrieben. Grundsätzlich kann hier mit der Grundbedeutung gearbeitet werden: ein Ensemble ist eine aufeinander abgestimmte Gruppe (Musik, Kunst, Sport etc.). In Bezug auf die politische Kultur ist das Ensemble für Hölkeskamp eine Gruppe von verschiedenen antiken Texten, die uns überliefert sind. Die Texte sind gleichzeitig das Medium für fassbare Institutionen wie die Volksversammlun-gen in Rom, von denen wir nur aufgrund der Texte Kenntnisse haben. Die Institution ist wiederum selbst ein Ensemble. Als Beispiel kann der Leidenszug, die pompa funebris dienen. Es handelt sich dabei um einen Beerdigungszug zu Ehren von hochrangigen Römern. Dieser Zug ist für Hölkes-kamp ein Zusammenspiel, ein Ensemble, von Sprache, Ritual und Symbol (Textseiten 92-93). Der Begriff „Ensemble“ dient Hölkeskamp folglich der Charakterisierung der politischen Kultur Roms, da er die drei Aspekte der politischen Kultur als theoretische Methodik greifbar und variabel macht.
Sehen Sie in diesem Zusammenhang auch den Beitrag zum Sammelband.