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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA
Res gestae Divi Augusti, 5,22,34-35
Leitfragen:
1) Welche Ehrungen besaß Augustus zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Inschrift?
2) Wie viel Macht besaß der Princeps durch diese Ehrungen im Staat?
3) Warum ließ Augustus gerade diese Ehrungen in einer großen Inschrift an einem Tempel in Ancyra anbringen?
Kommentar:
Die res gestae Divi Augusti, also der Tatenbericht des ersten römischen Kaisers, sind eine sehr wertvolle Quelle für die Historiker, da wir hier die Selbstdarstellung eines Herrschers finden und viele Informationen zu seiner Herrschaft erhalten. Diese sind außerdem nicht durch Überlieferungsprobleme beeinflusst, da die Inschrift so erhalten ist, wie sie um 14 n. Chr. abgefasst wurde.
Welche Titel und Ehrungen nennt Augustus? Zuerst einmal sind hier die tatsächlichen Ämter zu nennen. Zum einen der Konsulat, den er dreizehnmal bekleidete, sowie die cura annonae, die Aufsicht über die Getreideversorgung der Hauptstadt, die er nach eigenen Angaben in wenigen Tagen abschloss. Die Zahl seiner Konsulate wäre für republikanische Verhältnisse unmöglich gewesen, besonders weil man dieses Amt erst mit 43 antreten konnte – Augustus trat sein erstes Konsulat mit 19 Jahren an! Die Getreideversorgung war ein extrem wichtiges Amt, denn über sie konnte der Princeps sich die Dankbarkeit der städtischen Bevölkerung sichern. Andere Ämter lehnte er demonstrativ ab, darunter den dauerhaften Konsulat und die Diktatur auf Lebenszeit, hier hatte er aus dem Beispiel seines ermordeten Adoptivvaters Caesar gelernt. Als zweite Gruppe von Ehrungen nennt er die Spiele, die er ausrichten durfte, weit mehr, als es in der Republik möglich gewesen wäre. Öffentliche Spiele, insbesondere in der hier beschriebenen Größenordnung, begeisterten das Volk und sicherten dem jeweiligen Stifter Rückhalt und Beliebtheit. Die dritte Gruppe schließlich sind die interessantesten Ehrungen, denn sie sind die, die seiner Rolle als Princeps am ehesten entsprechen: Er überragt alle an Ehre, aber (angeblich) nicht an Amtsgewalt. Die Bürgerkrone und die Quadriga auf dem (von ihm erbauten) Forum, sind traditionell republikanische Ehrungen, die für besondere Verdienste um den Staat selten verliehen wurden. Die Quadriga ist jedoch insofern besonders, als dass meistens „nur“ ein Reiterstandbild verliehen wurde und kein ganzer Streitwagen mit vier Pferden. Der Lorbeer um seine Tür weist auf den Lorbeerkranz des Triumphators, des siegreichen Feldherren, hin, jedoch verewigt Augustus diesen Ruhm: Während republikanische Triumphatoren nur einmalig geehrt wurden, blieb sein Ruhm dauerhaft erhalten. Der Ehrenschild in der Senatshalle macht allen Senatoren immer wieder deutlich, wie groß Macht und Einfluss des Princeps tatsächlich waren. Die Krönung der Ehrungen ist sein neuer Name, Augustus, der Erhabene. Durch diesen Namen wurde er in jeder Anrede ein wenig aus dem Kreis normalsterblicher Menschen herausgehoben und seine Machtstellung in der alltäglichen Praxis gezeigt.
Waren einzelne dieser Ehren auch aus der Republik bekannt, so stellte ihre Ansammlung in den Händen eines Mannes eine so herausragende Stellung dar, dass kein anderer im Staat auch nur annähernd an ihn heranreichen konnte. Anders als Caesar, der auf direkte Machtausübung durch die Amtsgewalt eines Diktators gesetzt hatte und damit gescheitert war, setzte Augustus auf subtilere Methoden. Durch alle diese Ehrungen musste der Senat sich stets der Meinung des Princeps anschließen, insbesondere sein Tugendschild in der Senatshalle mahnte ständig an seine Stellung. De iure mag Augustus nicht mehr Macht besessen haben als andere, de facto ging alle Macht von ihm aus, insbesondere, da das gesamte Heer auf ihn vereidigt war und den wichtigsten Teil seiner Klientel darstellte.
Durch die Anbringung dieser Monumentalinschrift an einem großen Tempel der Provinz machte Augustus für alle Bürger des Reiches seine Stellung noch einmal deutlich.
Für den Tugendschild des Augustus vergleiche den entsprechenden Text, für die Propaganda auch den Augustus von Prima Porta, ebenso die beiden anderen Texte aus den res gestae (I; II). Außerdem zu ähnlichen Themen der Staatsakt des Augustus, sowie sein Verhältnis zum Senat, ausgedrückt im Senatsumbau.