Mark Aurels Selbstbetrachtungen

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Mark Aurel
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M. Aur. I, 3-12 – Original:

3. Παρὰ τῆς μητρὸς τὸ θεοσεβὲς καὶ μεταδοτικὸν καὶ ἀφεκτικὸν οὐ μόνον τοῦ κακοποιεῖν, ἀλλὰ καὶ τοῦ ἐπὶ ἐννοίας γίνεσθαι τοιαύτης˙ ἔτι δὲ τὸ λιτὸν κατὰ τὴν δίαιταν καὶ πόῤῥω τῆς πλουσιακῆς διαγωγῆς.
[…] 5. Παρὰ τοῦ τροφέως τὸ μήτε Πρασιανὸς ἢ Βενετιανὸς μήτε Παλμουλάριος ἢ Σκουτάριος γενέσθαι˙ καὶ τὸ φερέπονον καὶ ὀλιγοδεές˙ καὶ τὸ αὐτουργικὸν καὶ ἀπολύπραγμον˙ καὶ τὸ δυσπρόςδεκτον διαβολῆς.
6. Παρὰ Διογνήτου τὸ ἀκενόσπουδον˙ καὶ τὸ ἀπιστητικὸν τοῖς ὑπὸ τῶν τερατευομένων καὶ γοήτων περὶ ἐπῳδῶν καὶ [περὶ] δαιμόνων ἀποπομπῆς καὶ τῶν τοιούτων λεγομένοις˙ καὶ τὸ μὴ ὀρτυγοκοπεῖν μηδὲ περὶ τὰ τοιαῦτα ἐπτοῆσθαι˙ καὶ τὸ ἀνέχεσθαι παῤῥησίας˙ καὶ τὸ οἰκειωθῆναι φιλοσοφίᾳ καὶ τὸ ἀκοῦσαι πρῶτον μὲν Βακχείου, εἶτα Τανδάσιδος καὶ Μαρκιανοῦ˙ καὶ τὸ γράψαι διαλόγους ἐν παιδί˙ καὶ τὸ σκίμποδος καὶ δορᾶς ἐπιθυμῆσαι καὶ ὅσα τοιαῦτα τῆς Ἑλληνικῆς ἀγωγῆς ἐχόμενα.
7. Παρὰ Ῥουστίκου τὸ λαβεῖν φαντασίαν τοῦ χρῄζειν διορθώσεως καὶ θεραπείας τοῦ ἤθους˙ καὶ τὸ μὴ ἐκτραπῆναι εἰς ζῆλον σοφιστικόν, μηδὲ τὸ συγγράφειν περὶ τῶν θεωρημάτων, ἢ προτρεπτικὰ λογάρια διαλέγεσθαι, ἢ φαντασιοπλήκτως τὸν ἀσκητικὸν ἢ τὸν εὐεργετικὸν ἄνδρα ἐπιδείκνυσθαι˙ καὶ τὸ ἀποστῆναι ῥητορικῆς καὶ ποιητικῆς καὶ ἀστειολογίας˙ καὶ τὸ μὴ ἐν στολίῳ κατ οἶκον περιπατεῖν μηδὲ τὰ τοιαῦτα ποιεῖν˙ καὶ τὸ τὰ ἐπιστόλια ἀφελῶς γράφειν, οἷον τὸ ὑπ αὐτοῦ τούτου ἀπὸ Σινοέσσης τῇ μητρί μου γραφέν˙ καὶ τὸ πρὸς τοὺς χαλεπήναντας καὶ πλημμελήσαντας εὐανακλήτως καὶ εὐδιαλλάκτως, ἐπειδὰν τάχιστα αὐτοὶ ἐπανελθεῖν ἐθελήσωσι, διακεῖσθαι˙ καὶ τὸ ἀκριβῶς ἀναγινώσκειν καὶ μὴ ἀρκεῖσθαι περινοοῦντα ὁλοσχερῶς μηδὲ τοῖς περιλαλοῦσι ταχέως συγκατατίθεσθαι˙ καὶ τὸ ἐντυχεῖν τοῖς Ἐπικτητείοις ὑπομνήμασιν, ὧν οἴκοθεν μετέδωκεν.
[…] 11. Παρὰ Φρόντωνος τὸ ἐπιστῆσαι οἵα ἡ τυραννικὴ βασκανία καὶ ποικιλία καὶ ὑπόκρισις, καὶ ὅτι ὡς ἐπίπαν οἱ καλούμενοι οǷτοι παῤ ἡμῖν εὐπατρίδαι ἀστοργότεροί πως εἰσί.
12. Παρὰ Ἀλεξάνδρου τοῦ Πλατωνικοῦ τὸ μὴ πολλάκις μηδὲ χωρὶς ἀνάγκης λέγειν πρός τινα ἢ ἐν ἐπιστολῇ γράφειν ὅτι ἄσχολός εἰμι, μηδὲ διὰ τοιούτου τρόπου συνεχῶς παραιτεῖσθαι τὰ κατὰ τὰς πρὸς τοὺς συμβιοῦντας σχέσεις καθήκοντα, προβαλλόμενον τὰ περιεστῶτα πράγματα.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: F. C. Schneider
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Übersetzung:

3. Der Mutter Werk ist es, wenn ich gottesfürchtig und mittheilsam bin; wenn ich nicht nur schlechte Handlungen, sondern auch schlechte Gedanken fliehe; auch dass ich einfach lebe und überhaupt nicht wie reiche Leute.
[…] 5. Mein Erzieher gab nicht zu, dass ich mich an den Wettfahrten betheiligte, weder in Grün noch in Blau, auch nicht, dass ich Ring- und Fechterkünste trieb. Er lehrte mich Mühen ertragen, Wenig bedürfen, selbstthätig sein, mich wenig kümmern um anderer Leute Angelegenheiten und einen Widerwillen haben gegen alles Aufschieben.
6. Diognet bewahrte mich vor allen unnützen Beschäftigungen; vor dem Glauben an das, was Wunderthäter und Gaukler von Zauberformeln, vom Geisterbannen u.s.w. lehrten; davor, dass ich Wachteln hielt, und vor andern solchen Passionen. Er lehrte mich ein freies Wort vertragen; gewöhnte mich an philosophische Studien, schickte mich zuerst zu Bacchius, dann zu Tandasis und Marcian, liess mich schon als Knabe Dialoge verfassen und machte mir Lust zu den Ruhebetten und Pelzdecken, wie sie bei den Lehrern der griechischen Schule Mode sind.
7. Dem Rusticus verdanke ich, dass es mir einfiel, in sittlicher Hinsicht für mich zu sorgen und an meiner Veredlung zu arbeiten; dass ich frei blieb von dem Ehrgeiz der Sophisten; dass ich nicht Abhandlungen schrieb über abstrakte Dinge, noch Reden hielt zum Zweck der Erbauung, noch prunkend mich als einen streng und wohlgesinnten jungen Mann darstellte, und dass ich von rhetorischen, poetischen und stilistischen Studien abstand; dass ich zu Hause nicht im Staatskleid einherging oder sonst so Etwas that, und dass die Briefe, die ich schrieb, einfach waren, so einfach und schmucklos wie der seinige an meine Mutter von Sinuessa aus. Ihm habe ich’s auch zu danken, wenn ich mit denen, die mich gekränkt oder sonst sich gegen mich vergangen haben, leicht zu versöhnen bin, sobald sie nur selbst schnell bereit sind, wiederzukommen. Auch lehrte er mich, was ich las, genau lesen und mich nicht mit einer oberflächlichen Kenntniss begnügen, auch nicht gleich beistimmendem, was oberflächliche Beurtheiler sagen. Endlich war er’s auch, der mich mit den Schriften Epiktets bekannt machte, die er mir aus freien Stücken mittheilte.
[…] 11. Durch Phronto gewann ich die Ueberzeugung, dass der Despotismus Missgunst, Unredlichkeit und Heuchelei in hohem Maasse zu erzeugen pflege, und dass der sogenannte Adel im Allgemeinen ziemlich unedel sei.
12. Alexander der Platoniker brachte mir bei, wie ich nur selten und nie ohne Noth zu Jemand mündlich oder schriftlich äussern dürfe: ich hätte keine Zeit; und dass ich nicht so, unter dem Vorwande dringender Geschäfte, mich beständig weigern sollte, die Pflichten zu erfüllen, die uns die Beziehungen zu denen, mit denen wir leben, auferlegen.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Falk Wackerow
Lizenz: CC-BY-NC-SA

M. Aur. I, 3-12

Leitfragen:

1) Was zeichnete das Kaisertum Mark Aurels aus?

2) Wie ist seine Selbstreflexion zu verstehen?

3) Wie verlief seine Herrschaft?

Kommentar:

Marcus Aurelius gilt gemeinhin als der „Philosophenkaiser“ und letzter Stoiker. Seine Identifikation mit der Lehre der Stoa, die sich im Unterschied zum Epikureismus vor allem durch Selbstdisziplin und Bodenständigkeit auszeichnete, wollte er auch auf seine Herrschaft (161-180 n. Chr.) als Staatsoberhaupt projizieren. Wie er selbst in seiner Selbstbetrachtung schreibt, wurde er seit frühester Kindheit sowohl von seinem Urgroßvater und seiner Mutter, als auch von zahlreichen Lehrern unterrichtet. Diese hätten ihn dahingehend geprägt, nach der Lehre der Stoa zu leben. Dies bedeutete, ein gutes Leben zu führen, indem man die Götter ehrte und bescheiden blieb, selbst in so gehobener Position. Die Abgrenzung vom dekadenten Leben der Reichen ebenso wie von Massenspektakeln wie Wagenrennen gehörten ebenso zur Lehre wie persönlicher Verzicht und Fleiß. Gewissermaßen ist das Werk als eine Art Tugendkatalog anzusehen, der jedoch kaum auf Mark Aurels eigenen Gedanken, sondern vielmehr denen seiner Lehrer und anderer, älterer Stoiker beruht. Aberglauben und Leichtgläubigkeit sollten vermieden, stattdessen der Geist mit schriftlicher und mündlicher Rhetorik geschult werden. Diese Reden sollten jedoch stets praktischen Zwecken dienen und nicht der Unterhaltung oder dem Eigenlob. Politische Herrschaft solle sich durch Milde auszeichnen und keine despotischen Züge annehmen. Man solle sich Zeit nehmen für die Menschen und deren Anliegen. Es sind dies auch keine Beschwerden über Mark Aurel bekannt, er gilt als einer der „guten“ Kaiser. Außenpolitisch fiel seine Regierungszeit mit einer Reichskrise zusammen, denn sowohl gegen die Parther im Osten als auch verschiedene germanische Stämme im Norden des Reiches, vor allem gegen die Markomannen, wurden Verteidigungskriege geführt. Die Erinnerung an letztere Feldzüge hat sich auf der noch heute in Rom stehenden Mark-Aurel-Säule erhalten. Eine weitere Schwierigkeit, mit der Mark Aurel während seiner Herrschaft konfrontiert wurde, war die sogenannte Antoninische Pest, wahrscheinlich eine Form der Pocken. Die siegreichen Legionäre hatten sie aus Mesopotamien mitgebracht, woraufhin sie sich rasend schnell im gesamten Reich verbreitete. Auch der Mitkaiser Mark Aurels, sein Adoptivbruder Lucius Verus, fiel möglicherweise dieser Seuche zum Opfer. Mit der Ernennung seines leiblichen Sohnes Commodus zum Thronfolger endete die Ära der Adoptivkaiser auf einem Höhepunkt des Römischen Reiches.

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Die Regierungszeit des Antoninus Pius

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Autor(en) der Historia Augusta
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H. A. III, 5,3-7,12 – Original:

3 Factus imperator nulli eorum quos Hadrianus provexerat successorem dedit fuitque ea constantia ut septenis et novenis annis in provinciis bonos praesides detineret. 4 per legatos suos plurima bella gessit. nam et Britannos per Lollium Urbicum vicit legatum alio muro caespiticio summotis barbaris ducto, et Mauros ad pacem postulandam coegit, et Germanos et Dacos et multas gentes atque Iudaeos rebellantes contudit per praesides ac legatos. 5 in Achaia etiam atque Aegypto rebelliones repressit. Alanos molientis saepe refrenavit.

6. procuratores suos et modeste suscipere tributa iussit et excedentes modum rationem factorum suorum reddere praecepit, nec umquam ullo laetatus est lucro, quo provincialis oppressus est. 2 contra procuratores suos conquerentes libenter audivit. 3 Iis quos Hadrianus damnaverat in senatu indulgentias petiit, dicens etiam ipsum Hadrianum hoc fuisse facturum. 4 imperatorium fastigium ad summam civilitatem deduxit, unde plus crevit, recusantibus aulicis ministris, qui illo nihil per internuntios agente nec terrere poterant homines aliquando nec ea quae occulta non erant vendere. 5 senatui tantum detulit imperator quantum, cum privatus esset, deferri sibi ab alio principe optavit. 6 patris patriae nomen delatum a senatu, quod primo distulerat, cum ingenti gratiarum actione suscepit. 7 tertio anno imperii sui Faustinam uxorem perdidit, quae a senatu consecrata est delatis circensibus atque templo et flaminicis et statuis aureis atque argenteis; cum etiam ipse hoc concesserit, ut imago eius cunctis circensibus poneretur. 8 statuam auream delatam a senatu positam suscepit. 9 M. Antoninum quaestorem consulem petente senatu creavit. 10 Annium Verum, qui postea dictus est Antoninus, ante tempus quaestorem designavit. 11 neque de provinciis neque de ullis actibus quicquam constituit, nisi quod prius ad amicos rettulit, atque ex eorum sententia formas composuit. 12 visus est sane ab amicis et cum privatis vestibus et domesticis quaedam gerens.

7. Tanta sane diligentia subiectos sibi populos rexit ut omnia et omnes, quasi sua essent, curaret. provinciae sub eo cunctae floruerunt. 2 quadruplatores exstincti sunt. 3 publicatio bonorum rarior quam umquam fuit, ita ut unus tantum proscriberetur adfectatae tyrannidis reus, 4 hoc est Atilius Titianus, senatu puniente, a quo conscios requiri vetuit, filio eius ad omnia semper adiuto. periit et Priscianus reus adfectatae tyrannidis, sed morte voluntaria. de qua coniuratione quaeri vetuit.

5 Victus Antonini Pii talis fuit ut esset opulentia sine reprehensione, parsimonia sine sordibus, et mensa eius per proprios servos, per proprios aucupes piscatores ac venatores instrueretur. 6 balneum, quo usus fuisset, sine mercede populo exhibuit nec omnino quicquam de vitae privatae qualitate mutavit. 7 salaria multis subtraxit, quos otiosos videbat accipere, dicens nihil esse sordidius, immo crudelius, quam si rem publicam is adroderet qui nihil in eam suo labore conferret. 8 unde etiam Mesomedi lyrico salarium inminuit. rationes omnium provinciarum adprime scivit et vectigalium. 9 patrimonium privatum in filiam contulit, sed fructus rei publicae donavit. 10 species imperatorias superfluas et praedia vendidit et in suis propriis fundis vixit varie ac pro temporibus. 11 nec ullas expeditiones obiit, nisi quod ad agros suos profectus est et ad Campaniam, dicens gravem esse provincialibus comitatum principis, etiam nimis parci. 12 et tamen ingenti auctoritate apud omnes gentes fuit, cum in urbe propterea sederet, ut undique nuntios, medius utpote, citius posset accipere.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: David Magie
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung:

3 After his accession to the throne he removed none of the men whom Hadrian had appointed to office, and, indeed, was so steadfast and loyal that he retained good men in the government of provinces for terms of seven and even nine years. 4 He waged a number of wars, but all of them through his legates. For Lollius Urbicus, his legate, overcame the Britons and built a second wall, one of turf, after driving back the barbarians. Through other legates or governors, he forced the Moors to sue for peace, and crushed the Germans and the Dacians and many other tribes, and also the Jews, who were in revolt. 5 In Achaea also and in Egypt he put down rebellions and many a time sharply checked the Alani in their raiding.

6. 1 His procurators were ordered to levy only a reasonable tribute, and those who exceeded a proper limit were commanded to render an account of their acts, nor was he ever pleased with any revenues that were onerous to the provinces. 2 Moreover, he was always willing to hear complaints against his procurators. 3 He besought the senate to pardon those men whom Hadrian had condemned, saying that Hadrian himself had been about to do so. 4 The imperial pomp he reduced to the utmost simplicity and thereby gained the greater esteem, though the palace-attendants opposed this course, for they found that since he made no use of go-betweens, they could in no wise terrorize men or take money for decisions about which there was no concealment. 5 In his dealings with the senate, he rendered it, as emperor, the same respect that he had wished another emperor to render him when he was a private man. 6 When the senate offered him the title of Father of his Country, he at first refused it, but later accepted it with an elaborate expression of thanks. 7 On the death of his wife Faustina, in the third year of his reign, the senate deified her, and voted her games and a temple and priestesses and statues of silver and of gold. These the Emperor accepted, and furthermore granted permission that her statue be erected in all the circuses; 8 and when the senate voted her a golden statue, he undertook to erect it himself. 9 At the instance of the senate, Marcus Antoninus, now quaestor, was made consul; 10 also Annius Verus, he who was afterwards entitled Antoninus, was appointed quaestor before the legal age. 11 Never did he resolve on measures about the provinces or render a decision on any question without previously consulting his friends, and in accordance with their opinions he drew up his final statement. 12 And indeed he often received his friends without the robes of state and even in the performance of domestic duties.

7. 1 With such care did he govern all peoples under him that he looked after all things and all men as if they were his own. As a result, the provinces all prospered in his reign, 2 informers were abolished, 3 the confiscation of goods was less frequent than ever before, and only one man was condemned as guilty of aspiring to the throne. 4 This was Atilius Titianus, and it was the senate itself that conducted his prosecution, while the Emperor forbade any investigation about the fellow-conspirators of Atilius and always aided his son to attain all his desires. Priscianus did indeed die for aspiring to the throne, but by his own hand, and about his conspiracy also the Emperor forbade any investigation. 5 The board of Antoninus Pius was rich yet never open to criticism, frugal yet not stingy; his table was furnished by his own slaves, his own fowlers and fishers and hunters. 6 A bath, which he had previously used himself, he opened to the people without charge, nor did he himself depart in any way from the manner of life to which he had been accustomed when a private man. 7 He took away salaries from a number of men who held obvious sinecures, saying there was nothing meaner, nay more unfeeling, than the man who nibbled at the revenues of the state without giving any service in return; 8 for the same reason, also, he reduced the salary of Mesomedes, the lyric poet. The budgets of all the provinces and the sources of revenue he knew exceedingly well. 9 He settled his private fortune on his daughter, but presented the income of it to the state. 10 Indeed, the superfluous trappings of royal state and even the crown-lands he sold, living on his own private estates and varying his residence according to the season. 11 Nor did he undertake any expedition other than the visiting of his lands in Campania, averring that the equipage of an emperor, even of one over frugal, was a burdensome thing to the provinces. 12 And yet he was regarded with immense respect by all nations, for, making his residence in the city, as he did, for the purpose of being in a central location, he was able to receive messages from every quarter with equal speed.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Falk Wackerow
Lizenz: CC-BY-NC-SA

H. A. III, 5,3-7,12

Leitfragen:

1) Was kennzeichnete die Herrschaft des Antoninus Pius?

2) Warum ist so wenig über ihn bekannt?

3) Wie wurde seine Regierungszeit rezipiert?

Kommentar:

Antoninus Pius (86-161 n. Chr.) entstammte einer Senatorenfamilie aus dem transalpinen Gallien. Als Sohn eines Senators von konsularem Rang wurde er früh mit der Politik vertraut gemacht und verdiente sich seine Sporen in der Ämterlaufbahn. Der steile Aufstieg seiner Karriere begann, als Kaiser Hadrian ihn aus den Männern von konsularem Rang, die für die Verwaltung Italiens zuständig waren, auswählte, Aufsicht über den Landstrich mit den kaiserlichen Gütern zu üben. Später, nachdem er von Hadrian als Statthalter nach Kleinasien geschickt worden war, diente er als Berater am kaiserlichen Hof. Selbst an die Macht kam Antoninus Pius durch Zufall: Der designierte Thronfolger, Hadrians Adoptivsohn Aelius Verus, starb, und so adoptierte der Kaiser kurzerhand den altgedienten und in Politik und Administration erfahrenen Senator. Hadrian verband die Adoption mit der Bedingung, dass Antoninus Pius wiederum die Neffen seiner Frau zu Thronfolgern bestimmte. Diese sollten nach seinem Tod auch tatsächlich als Aelius Verus und Marcus Aurelius regieren. Die überdurchschnittlich lange Regierungszeit von 23 Jahren war weder durch große Skandale, tiefgreifende Reformen noch militärische Bedrohungen geprägt, was wahrscheinlich der Grund für die dürftige Überlieferung ist. Im Vergleich zur Hadriansvita in der Historia Augusta ist diejenige des Antoninus Pius nur etwa halb so lang. Auch Parallelquellen existieren mit Ausnahme einiger Fragmente des Cassius Dio sowie einem kurzen Abschnitt in Mark Aurels Selbstbetrachtungen kaum. Wichtige Vorkommnisse hätten sich wohl in den Quellen niedergeschlagen, weswegen davon auszugehen ist, dass die Regierungszeit weitgehend ereignislos verlief. Die in der Historia Augusta aufgezählten Kriegszüge sind wohl in ihrer Bedeutung übertrieben und eher als Abwehr vereinzelter Angriffe anzusehen. Ohnehin lag Antoninus Pius aufgrund seiner großen Erfahrung die Verwaltung näher. Er beließ Männer auf ihren Posten, die sich unter seinem Vorgänger verdient gemacht hatten und unternahm auch sonst keine großen Veränderungen im Regierungssystem des Reiches. Übereifrige Steuereintreiber und Provinzvorsteher ließ er bestrafen, was ihm bei der Bevölkerung zu Ansehen verhalf. Gleichzeitig reduzierte er den Prunk am Hof auf das Allernötigste und gab sich zumindest nach außen bescheiden. Er wurde dafür gelobt, ein offenes Ohr für die Anliegen und Beschwerden seiner Untertanen insbesondere in den Provinzen zu haben und zeigte Milde gegenüber den durch Hadrian Verurteilten. Möglicherweise orientierte sich Mark Aurel später an dieser Herrschaftsauffassung seines Vorgängers. Insgesamt gesehen war die Regierungszeit des Antoninus Pius einer der ruhigsten und an Krisen ärmsten Abschnitte der römischen Geschichte, weswegen er zwar als guter Kaiser, jedoch nicht als herausragender Princeps in Erinnerung blieb.

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Der Bau des Hadrianswalls


Abb. 1: Überreste des Hadrianswalls (spätere Bauphase) beim Kastell Banna in Cumbrien

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Falk Wackerow
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Der Bau des Hadrianswalls

Leitfragen:

1) Was führte zur Einrichtung des britannischen Limes?

2) Was war der Zweck der Grenzanlage und erfüllte sie ihn?

3) Wie war sie aufgebaut?

Kommentar:

Kaiser Hadrian (117-138 n. Chr.) wich von der Außenpolitik seines Vorgängers Trajan insoweit ab, als dass er keine weitere Expansion anstrebte, sondern stattdessen die Grenzen des Imperiums sichern wollte. Gerade die Provinz Britannia Inferior litt seit ihrer Gründung unter ständigen Einfällen der kriegerischen Stämme aus dem Gebiet des späteren Schottland, der Caledonier, Skoten, Pikten und anderer, die schon in der Antike meist unter dem Sammelbegriff Britonen zusammengefasst wurden. Trotz wiederholter Feldzüge und Strafexpeditionen, die im Bau des Antoninuswalles ihren Höhepunkt fanden, gelang es den Römern nicht, die Gebiete nördlich der Linie Firth of Forth – Firth of Clyde dauerhaft zu kontrollieren. Daher entschloss sich Hadrian zum Bau einer festen Mauer, ähnlich wie dem Limes in Germanien, mit Kastellen und Straßen, die diese verbanden. Ganz wie seine festländischen Pendants war der britannische Limes nicht als unüberwindliches Bollwerk angelegt, sondern eher als eine Art Hindernis, das kleinere Übergriffe ganz verhinderte und größere so lange verzögerte, bis die Verteidiger aus den Kastellen herbeigeeilt waren. Laut der spätantiken Historia Augusta sollte die Befestigung die Römer von den Barbaren trennen. Im Großen und Ganzen erfüllte der Hadrianswall seine Bestimmung über mehrere Jahrhunderte recht gut. Erst mit dem Abzug der Garnisonstruppen während der Usurpation des Magnus Maximus Ende des vierten Jhdts. n. Chr. begann die römische Kontrolle über den Limes und damit über ganz Britannien zu bröckeln.

Im Jahre 122 n. Chr. besuchte der Kaiser Britannien. Dort verlieh er sämtlichen Besatzungssoldaten und deren Familienmitgliedern den Status römischer Bürger. In den Quellen ist von 50 Einheiten die Rede. Nie zuvor und auch danach sollten so viele Auxiliare auf einmal dieses Privileg erhalten. Dieser Schritt bekundet den Willen Hadrians, die Provinz zu halten und zu romanisieren. Zur Sicherung des Territoriums ordnete er an, an der schmalsten Stelle Britanniens eine steinerne Mauer zwischen Segedunum (Wallsend) im Osten und Maia (Bowness) im Westen zu errichten. Entlang der Westküste verliefen die Befestigungsanlagen noch etwa 120 km Richtung Süden, gesichert von drei zusätzlichen Küstenkastellen, vermutlich gegen Bedrohung zur See aus Richtung Norden und Westen. Grabungen und Schriftquellen zufolge hatte die Mauer eine Breite von ca. drei Metern und eine Höhe von etwa 4,20 m. Davor lag ein neun Meter breiter und 2,70 m tiefer Graben. Jeweils eine römische Meile voneinander entfernt wurden Kastelle angelegt, zwischen diesen jeweils zwei Türme zur Signalgebung. Die Außenmauer bestand dabei aus behauenen Steinen, die ohne Mörtel aufeinandergefügt waren, der Zwischenraum wurde mit Geröll und Lehm aufgefüllt. Anschließend wurde die Mauer verputzt und weißgekalkt. Somit war sie besonders im Sonnenlicht bereits von weitem zu sehen. Straßen und Brücken ermöglichten eine effektive Verbindung der Kastelle untereinander und (Handels-) Verkehr in Richtung Süden. Nicht nur mit dem Bau der Befestigung, auch mit der Durchsetzung der militärischen disciplina und der Ordnung in den Provinzen ging Kaiser Hadrian in die Geschichte ein.

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Verwaltung einer Provinz

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Plinius
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Plin. ep. 10,17a-18 – Original:

C. Plinius Traiano Imperatori
Sicut saluberrimam navigationem, domine, usque Ephesum expertus ita inde, postquam vehiculis iter facere coepi, gravissimis aestibus atque etiam febriculis vexatus Pergami substiti. [2] Rursus, cum transissem in orarias nauculas, contrariis ventis retentus aliquanto tardius quam speraveram, id est XV Kal. Octobres, Bithyniam intravi. Non possum tamen de mora queri, cum mihi contigerit, quod erat auspicatissimum, natalem tuum in provincia celebrare. [3] Nunc rei publicae Prusensium impendia, reditus, debitores excutio; quod ex ipso tractatu magis ac magis necessarium intellego. Multae enim pecuniae variis ex causis a privatis detinentur; praeterea quaedam minime legitimis sumptibus erogantur. [4] Haec tibi, domine, in ipso ingressu meo scripsi.

Quinto decimo Kal. Octob., domine, provinciam intravi, quam in eo obsequio, in ea erga te fide, quam de genere humano mereris, inveni. [2] Dispice, domine, an necessarium putes mittere huc mensorem. Videntur enim non mediocres pecuniae posse revocari a curatoribus operum, si mensurae fideliter agantur. Ita certe prospicio ex ratione Prusensium, quam cum maxime tracto.

Traianus Plinio
Cuperem sine querela corpusculi tui et tuorum pervenire in Bithyniam potuisses, ac simile tibi iter ab Epheso ei navigationi fuisset, quam expertus usque illo eras. [2] Quo autem die pervenisses in Bithyniam, cognovi, Secunde carissime, litteris tuis. Provinciales, credo, prospectum sibi a me intellegent. Nam et tu dabis operam, ut manifestum sit illis electum te esse, qui ad eosdem mei loco mittereris. [3] Rationes autem in primis tibi rerum publicarum excutiendae sunt; nam et esse eas vexatas satis constat. Mensores vix etiam iis operibus, quae aut Romae aut in proximo fiunt, sufficientes habeo; sed in omni provincia inveniuntur, quibus credi possit, et ideo non deerunt tibi, modo velis diligenter excutere.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: J. B. Firth
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung:

To Trajan
Though I had a very favourable passage by sea as far as Ephesus, Sir, when I started from that city and began to make my way along by land carriage I was greatly troubled by the intense heat and some slight attacks of fever, and halted at Pergamum. Then again, when I embarked on coasting vessels, I was detained by contrary winds and did not reach Bithynia until considerably later than I had expected – that is to say, until the 17th of September. However, I cannot complain of the delay, for I was enabled after all, most luckily, to be able to celebrate your birthday in the province. I am now engaged in examining into the expenditure, revenue, and debts of the people of Prusa, and the more I look into them the more necessary I find it. For a number of sums of money are being detained on various pretexts by private individuals, and certain of the items paid out of the public funds are far from being legitimate. I am writing this. Sir, immediately upon my entry.

To Trajan
I entered the province, Sir, on September l7th, and I found the people as obediently and loyally disposed towards you as you deserve that the whole human race should be. You might consider, Sir, whether you think it necessary to send a public surveyor, for I think that considerable sums of money might be recovered from the contractors for the public works, if an honest survey were made. I am convinced of that from the public accounts of the people of Prusa, which I am examining with the greatest care.

Trajan to Pliny.
I wish it had been possible for you and your companions to reach Bithynia without the slightest inconvenience or illness, and that you could have had as pleasant a journey by water from Ephesus as you had as far as that city. However, I have learned from your letters, my dear Pliny, the date of your arrival in Bithynia, and I trust the people of the province will understand that I have had an eye to their interests, for you too will do what you can to make it clear to them that you were specially selected to be sent to them as my representative. The examination of their public accounts must be one of your first duties, for it is fairly evident that they have been tampered with. I have scarcely enough surveyors for the public works which are in progress at Rome or the immediate district, but surely there are trustworthy persons to be found in every province, and therefore you too will be able to find some, provided you take the trouble to make a careful search.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Falk Wackerow
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Plin. ep. 10,17a-18

Leitfragen:

1) Welches Verhältnis bestand zwischen Trajan und Plinius d. J.?

2) Welche Aufgaben übernahm Plinius als Provinzstatthalter?

3) Weshalb ist diese Quelle wichtig?

Kommentar:

Gaius Plinius Caecilius Secundus, zu deutsch der Jüngere, war der Neffe des beim Ausbruch des Vesuvs 79 n. Chr. gestorbenen Flottenpräfekten und Naturforschers Plinius dem Älteren. Er machte zunächst Karriere als Anwalt, bevor er sich den Ämtern des cursus honorum zuwandte und unter anderem in Syrien einen Kommandoposten übernahm. Das wohl folgenreichste Amt seiner Laufbahn übernahm er im Jahre 98, als er zum praefectus aerarii, dem Verwalter der Staatskasse, ernannt wurde. Da er sich bei dieser Aufgabe bewährte, entsandte ihn Kaiser Trajan 111 als Statthalter mit Sondervollmachten in die Provinz Bithynia et Pontus im nördlichen Kleinasien. In den folgenden Jahren entwickelte sich der berühmte Briefwechsel, in dem Plinius meist eine Problemstellung schilderte, mit der er in seiner Amtsführung konfrontiert war und den Kaiser um Rat fragte. Allerdings überließ dieser häufig seinem Untergebenen die Vorgehensweise, nur selten gab er konkrete Anweisungen. Die vorliegenden Briefe handeln von der Ankunft des Plinius in Kleinasien und seiner ersten Amtshandlung, einer Untersuchung der Finanzen der Einwohner der Stadt Prusia. Offensichtlich hatten diese nicht ordnungsgemäß gewirtschaftet und Schulden angehäuft. Einige Privatleute, also nicht mit Ämtern Betraute, hielten Gelder zurück, so Plinius‘ Feststellung. Außerdem seien Teile der öffentlichen Mittel nicht zweckmäßig ausgegeben worden. Wir haben hier also einen antiken Fall von Steuerbetrug und Steuerverschwendung. Da Plinius insbesondere bei öffentlich geförderten Bauten Misswirtschaft und Korruption vermutete, bat er den Kaiser im zweiten Brief um die Entsendung eines Baumeisters als Sachverständigem. In seiner Antwort weist Trajan die Schuld an der finanziellen Belastung der Provinzbewohner von sich. Es sei bekannt, dass die Rechnungen der öffentlichen Hand fehlerhaft seien. Auch der Kaiser vermutete folglich Korruption in Teilen der Verwaltung als Wurzel des Übels. Auch in diesem Beispiel verspricht der Kaiser seinem Statthalter keine konkrete Hilfe, weist ihn jedoch auf das Vorhandensein fähiger und ehrlicher Baumeister hin. Damit werden in diesem kurzen Briefwechsel sowohl die vorrangigen Aufgaben als auch das schwerwiegendste Problem jedes römischen Statthalters umschrieben. Die in allen Teilen des Imperiums grassierende Korruption, besonders bei der Finanzierung teurer Tempel und anderer öffentlicher Bauten war eine der größten Schwierigkeiten im Reich, deren Bekämpfung den Statthaltern oblag. Häufig genug waren diese jedoch ein Teil des Problems, da sie Provinzen auspressten und die verarmte Bevölkerung sich an den Kaiser wenden musste. Weiterhin gehörten zum Aufgabenbereich eines Provinzvorstehers vor allem die Verteidigung und die Rechtsprechung.

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Trajans Dakerfeldzüge


Abb. 1: Überquerung einer Pontonbrücke CC BY-NC-SA 3.0


Abb. 2: Versorgung von Verwundeten CC BY-NC-SA 3.0

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Falk Wackerow
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Trajans Dakerfeldzüge

Leitfragen:

1) Was ist auf der Trajanssäule zu sehen?

2) Welche Erkenntnisse lassen sich aus der Untersuchung der Säule gewinnen?

3) Wie verliefen die Dakerfeldzüge unter Trajan?

Kommentar:

Die sogenannte Trajanssäule ist das zentrale Monument auf dem noch heute zugänglichen Trajansforum in Rom. Sie wurde zur Ehrung des damaligen Kaisers 112/3 n. Chr. vom Senat gestiftet und veranschaulicht in einem aufwendigen Rundrelief die Taten Trajans und vor allem die unter ihm geführten Dakerkriege. Die aufwendigen und detailreichen Arbeiten zeigen römische Soldaten bei den unterschiedlichsten alltäglichen Aufgaben, von der Anlage eines Marschlagers über die oben zu sehende Überquerung einer Brücke bis hin zum Sturm auf eine feindliche Befestigung in Schildkrötenformation. Dabei sind nicht nur Legionäre, sondern auch vielerlei unterschiedliche Hilfstruppen, wie z. B. sarmatische Reiter und syrische Bogenschützen zu sehen. Besonders aufschlussreich für Militärhistoriker ist neben dem Einblick in den Alltag der Soldaten ihre Ausrüstung, von der ansonsten häufig nur wenige Überreste vorhanden sind. So zeigen die Reliefs unter anderem Pferdepanzer (Kataphrakten), Schienenplattenpanzer (loricae segmentatae), Feldartillerie sowie verschiedene Werkzeuge wie Hacken und Beile, mit denen beispielsweise Bäume für Brücken bearbeitet wurden. Auch die medizinische Versorgung der Verwundeten, mehrere Ansprachen des Kaisers an seine Männer und die Einschiffung der Truppen sind abgebildet, sodass sich ein umfassendes Bild der Feldzüge ergibt. Im Jahre 101 n. Chr. marschierten Trajans Soldaten nach groß angelegten Rüstungen in Dakien ein. Nach dem Brückenschlag über die Donau kam es zu einem Gefecht bei Tapae, das die Römer für sich entscheiden konnten. Der dakische Gegenangriff weiter östlich scheiterte, sodass Trajans Truppen vorrücken und einen Großteil Dakiens unter ihre Kontrolle bringen konnten. Die nächsten zwei Jahre blieb es ruhig an der Front, bis 105 n. Chr. etwa zeitgleich die Daker und die Römer einander angriffen. Trotz einiger Anfangserfolge hatten die Daker unter ihrem König Decebalus der im Vergleich zum ersten Feldzug verdoppelten römischen Truppenstärke nicht viel entgegenzusetzen. Eine Festung nach der anderen fiel, Decebalus schließlich gab sich in aussichtsloser Lage den Freitod. Daraufhin wurde das Gebiet nördlich der Donau zur römischen Provinz Dacia. Der erfolgreiche Feldzug und die Sicherung des rohstoffreichen Territoriums trugen viel zur Legitimation Trajans bei, dessen Thronfolge durch Adoption bisher von einigen als Makel gesehen worden war.

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Alltag der Stadtbevölkerung

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Iuvenal
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Iuv. 3,190-210 – Original:

Quis timet aut timuit gelida Praeneste ruinam
aut positis nemorosa inter iuga Volsiniis  aut                              190
simplicibus Gabiis aut proni Tiburis arce?
nos urbem colimus tenui tibicine fultam
magna parte sui; nam sic labentibus obstat
vilicus et, veteris rimae cum texit hiatum,                                      195
securos pendente iubet dormire ruina.
vivendum est illic, ubi nulla incendia, nulli
nocte metus. iam poscit aquam, iam frivola transfert
Ucalegon, tabulata tibi iam tertia fumant:
tu nescis; nam si gradibus trepidatur ab imis,                               200
ultimus ardebit quem tegula sola tuetur
a pluvia, molles ubi reddunt ova columbae.
ultimus ardebit quem tegula sola tuetur
a pluvia, molles ubi reddunt ova columbae.
lectus erat Cordo Procula minor, urceoli sex
ornamentum abaci, nec non et parvulus infra
cantharus et recubans sub eodem marmore Chiron,                   205
iamque vetus Graecos servabat cista libellos
et divina opici rodebant carmina mures.
nil habuit Cordus, quis enim negat? et tamen illud
perdidit infelix totum nihil. ultimus autem
aerumnae cumulus, quod nudum et frusta rogantem                 210
nemo cibo, nemo hospitio tectoque iuvabit.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: G. G. Ramsay
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung:

„Who at cool Praeneste, or at Volsinii amid its leafy hills, was ever afraid of his house tumbling down? Who in modest Gabii, or on the sloping heights of Tivoli? But here we inhabit a city propped up for the most part by slender flute-players: for that is how the bailiff patches up the cracks in the old wall, bidding the inmates sleep at ease under a roof ready to tumble about their ears. No, no, I must live where there are no fires, no nightly alarms. Ucalegon below is already shouting for water and shifting his chattels; smoke is pouring out of your third-floor attic above, but you know nothing of it; for if the alarm begins in the ground-floor, the last man to burn will be he who has nothing to shelter him from the rain but the tiles, where the gentle doves lay their eggs. Codrus possessed a bed too small for the dwarf Procula, a marble slab adorned by six pipkins, with a small drinking cup, and a recumbent Chiron below, and an old chest containing Greek books whose divine lays were being gnawed by unlettered mice. Poor Codrus had nothing, it is true: but he lost that nothing, which was his all; and the last straw in his heap of misery is this, that though he is destitute and begging for a bite, no one will help him with a meal, no one offer him board or shelter.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Nathalie Klinck
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Iuv. 3,190-210

Leitfragen:

1) Wie werden die Wohnverhältnisse in Rom von Iuvenal beschrieben?

2) Wie stellt sich der Wohnalltag in Rom dar?

3) Welche Probleme gab es in einer Stadt wie Rom?

Kommentar:

Bei der hier dargestellten Quelle handelt es sich um einen Auszug aus den Satiren des Iuvenal. Bei diesen handelt es sich um das einzig überlieferte Werk des Iuvenal, die auf ironische Weise einen Einblick in das Alltagsleben Roms am Ende des 1. Jh. n. Chr. geben. Über das Leben des kaiserzeitlichen Literaten ist nur sehr wenig bekannt. Die dritte von insgesamt sechzehn Satiren, aus welchem auch der vorliegende Ausschnitt stammt, beschäftigt sich vor allem mit dem Großstadtleben. Das Siedlungsgebiet Roms war aufgrund seiner geographischen Eigenschaften stark räumlich eingeschränkt. Während die Stadtelite meistens in größeren sog. Atriums- oder Peristylhäusern gelebt hat, die mehrere Räume mit unterschiedlichen Funktionen aufwiesen und oftmals über eine große Eingangshalle sowie einen Lichthof verfügten, verfügte die soziale Mittel- und Unterschicht über einen wesentlich geringeren Wohnluxus. Ein Großteil der römischen pleps wohnte in sog. Insulae. Bei diesen handelte es sich um mehrstöckige Wohnhäuser für mehrere Mietparteien, deren Außenwände auf allen Seiten von Straßen umgeben waren, was den Eindruck einer „Wohninsel“ machte.

In der frühen Kaiserzeit führte der vermehrte Zuzug von Menschen aus der Umgebung Roms in die Urbs zu einer Wohnraumverknappung, die wiederum dazu führte, dass viele Einzelhäusern in Mietshäuser respektive Insulae umgewandelt wurden und somit das Stadtbild (einiger Stadtteile) maßgeblich prägten. Die Problematik dieser Wohnform, auf die auch Iuvenal eingeht, war, dass die Vermieter sich vielfach nur in geringem Maße an die Bauvorschriften hielten. Dies betraf den eigentlichen Zustand der Bausubstanz, der oftmals Mängel aufwies, die nur notdürftig behoben wurden. Zudem wurde allzu oft wesentlich höher gebaut als eigentlich erlaubt war, was zu Einstürzen der Bauwerke führen konnte. Die Wohnungen in den oberen Stockwerken waren aufgrund dieses Risikopotentiales und wegen ihrer geringeren Ausstattung – vielfach vielleicht auch wegen ihres illegalen Bestehens gegen die Bauvorschriften – wesentlich günstiger als die ebenerdigen Wohnräume, die oft zusätzlich noch kleine Ladengeschäfte einschlossen. Dies hatte auch zur Folge, dass aufgrund der überaus engen Bauweise und der vielfachen Verwendung von leicht brennbaren Materialien, wie Holz, Rom immer wieder von gefährlichen Bränden heimgesucht wurde, die nicht selten ganze Stadtteile verheerten – erst unter dem Principat des Augustus wurde eine Art Feuerwehr eingeführt.

Über eigene Wasseranschlüsse, um diesen Bränden entgegenzuwirken, aber auch für den privaten Verbrauch verfügten nur die wenigsten Privathäuser, die meisten Bewohner werden ihre tägliche Wasserversorgung über die zahlreichen öffentlichen Brunnen gedeckt haben. Es darf nicht unterschätzt werden, dass das römische Stadtbild, neben den prächtigen öffentlichen Bauwerken aus Marmor eben auch durch diese Mietshäuser geprägt war. Die engen Gassen, das wenige Licht, welches aufgrund der hohen Häuser durchkam und der allgegenwärtige Lärm, den die Bewohner der Hauptstadt mit sich brachten, prägten den Alltag der Bevölkerung maßgeblich und versorgten die Schriftsteller mit reichlich Stoff für Satiren und Spottgedichte über das (arme) Stadtleben. Wenn man sich also diese Zustände Roms, des caput mundi vorstellt, kann man Iuvenal nur zustimmen, der an anderer Stelle sagte „difficile est saturam non scibere“ – es ist schwierig, keine Satire zu schreiben.

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Umbruch/Neuerungen Principat


Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Nathalie Klinck
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Augustus als Pontifex maximus

Leitfragen:

1) Was verändert sich durch das Principat des Augustus?

2) Was war der ursprüngliche Aufgabenbereich des Pontifex maximus?

3) Ab welchem Zeitpunkt wird dieser Titel auf den Bischof Roms angewandt?

Kommentar:

Während des Principats wurde zwar in vielen Aspekten versucht, zumindest nach außen hin das Bild einer res publica restituta aufrechtzuerhalten, dennoch gab es einschneidende Veränderung in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens – insbesondere in der Religion. Ein wichtiges Merkmal, welches die Herrschaft von Augustus zeitlebens prägen sollte, war der Rückbezug auf die mos maiorum, die Sitten der Alten. Bereits in den Tagen der späten Republik wurden der allgemeine Sittenverfall und die Vernachlässigung der Tempel beklagt. Augustus nahm sich dieses Problems schon am Beginn seiner Regierungszeit im Rahmen eines umfassenden Programmes an.

Die paganen Kulte und Riten gehörten als Teil des religiösen Lebens untrennbar zum Alltag der antiken Zeitgenossen. Der hohe Stellenwert, den der Kult insbesondere in der römischen Gesellschaft innehatte, wird besonders anhand des Amtes des pontifex maximus deutlich. Ursprünglich handelte es sich bei diesem um den Vorsteher des Priesterkollegiums in Rom, der mit der Aufsicht aller sakraler Angelegenheiten beauftragt war. Dies schloss die Oberaufsicht über sämtliche öffentliche Kulthandlungen und die verschiedenen Kollegien – auch der Vestalinnen, die ansonsten streng unter sich blieben – mit ein. Dieses Amt wurde, wie die meisten öffentlichen Ämter in republikanischer Zeit, gewählt. Im Gegensatz zu den Ämtern des cursus honorum war dieses allerdings nicht auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt, sondern wurde auf Lebenszeit vergeben.

Auch Caesar hatte dieses Amt inne und nach ihm Lepidus; mit dessen Tod ging es auf Octavian über, der es auch nach seiner endgültigen Machtergreifung behielt. Von diesem Zeitpunkt an war der Aufgabenbereich des obersten Priesters fester Bestandteil des Verantwortungsbereichs des Kaisers. Der Titel des Pontifex wurde in die kaiserliche Titulatur aufgenommen (z.B. Imperator Caesar Divi Filius Augustus, Pontifex Maximus, Consul XII, Tribinicia Potestas XXXVII, Pater Patriae). Diese Nennung der Amtsbezeichnung in offiziellen Dokumenten, Inschriften und auf Münzen – meistens abgekürzt – im Titel des Kaisers macht noch einmal den hohen Stellenwert dieser Position deutlich. In den folgenden Jahren wurde diese Titulatur nur noch um besondere Verdienste im Krieg o.ä. ergänzt.

Die Statue zeigt Augustus als Togatus im Typus capite velato, wahrscheinlich hatte er noch eine Opferschale in der Hand. Der Princeps verweist damit auf seine besondere Frömmigkeit, denn das verhüllte Haupt war ein wichtiger Bestandteil bei jeglichen Opferritualen im römischen Raum. Dieser Figurentyp war besonders in den Provinzen weit verbreitet und nahm eine Rolle zwischen Kultstatue und Kaiserdarstellung ein. Die Rückbesinnung auf die alten Kulte prägte das Leben der kaiserzeitlichen Gesellschaft im höchsten Maße. Die Annahme des Titels des pontifex maximus zeigt zudem einmal mehr das politische Kalkül, welches hinter dem Handeln des Augustus steckte, indem er auch nach der offiziellen Rückgabe aller außerordentlichen Ämter die wichtigsten behielt oder sich zumindest deren Amtsgewalt übertragen ließ. Mit der Etablierung des Christentums in der Spätantike verlor der Titel des pontifex maximus an Bedeutung, bis schließlich Kaiser Gratian diesen 328 n. Chr. ganz ablegte. Erst im 5. Jh. n. Chr. taucht der Titel wieder bei der Erklärung Leos des Großen zum ersten Patriarchen in Rom auf. Erst von diesem Zeitpunkt an kann von einer deutlich herausragenden Position des Bischofes von Rom als Papst und Stellvertreters Christi gesprochen werden.

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Rolle der Sklaven/liberii in der Gesellschaft

Original und Übersetzung zum downloaden

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Nathalie Klinck
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Cena Trimalchionis

Leitfragen:

1) Was ist ein libertus (Freigelassener)?

2) Welches Bild eines Freigelassenen gibt der Text?

3) Welche Stellung in der Gesellschaft hatten diese?

Kommentar:

Die hier dargestellte Quelle zeigt einen Ausschnitt aus dem antiken Roman Satyricon, welcher im 1. Jh. n. Chr. von Petronius (ca. 14-66 n. Chr.) verfasst wurde. Dieser war ein Zeitgenosse und enger Vertrauter Kaiser Neros. Petronius, der als römischer Aristokrat die Ämterlaufbahn des cursus honorum bis zum Konsulat durchlaufen hatte, war später allerdings vor allem für seine literarischen Werke und seinen Müßiggang bekannt. Von diesen Werken hat sich lediglich das Satyricon fragmentarisch überliefert, denn von den ursprünglich 16 Büchern dieses Romans haben sich nur zwei erhalten. Glücklicherweise ist die Szene um die Cena Trimalchionis, dem Gastmahl des Trimalchio, fast vollständig auf uns gekommen. Der Text gilt durch seine Stilistik als eine wichtige Quelle zum Alltagsleben der Kaiserzeit, der als eines der wenigen Beispiele einen Einblick in das allgemein gesprochene Vulgärlatein dieser Zeit gibt.

Bei den Protagonisten dieses Werkes handelt es sich um den griechischen Freigelassenen Encopius und seine Gefährten Ascyltos und Giton, die alle aus der sozialen Mittelschicht stammen. Diese werden von ihrem gemeinsamen Bekannten Agamemnon zu dem Gastmahl eines gewissen Trimalchio in Puetoli eingeladen, ein neureicher Emporkömmling, der versucht, seine Gäste durch außergewöhnliche Speisen und Darbietungen zu beeindrucken. Dies manifestiert sich in den hier dargestellten Beschreibungen der Vorkehrungen für seinen Tod. Er beschreibt ausführlich die Großzügigkeiten, die er seinen eigenen Sklaven wird zukommen lassen und die Vorkehrungen, die für sein ausgesprochen prunkvolles Grabmal veranlasst werden sollen – dabei stellt er vor allem seine Geschmacklosigkeit und sein Halbwissen zur Schau. Was Petronius hier ins Lächerliche zieht, ist das Verhalten wohl nicht weniger Freigelassener (liberti), die auf irgendeine Weise zu Gelde gekommen waren.

Grundsätzlich gehörten Sklaven zur untersten sozialen Schicht im Römischen Reich. Dabei handelte es sich in keinem Fall um eine homogene Gruppe; wertvollen Sklaven, wie z.B. griechischen Privatlehrern, erging es wesentlich besser als den Sklaven, die in den Bergwerken arbeiten mussten. Die Freilassung eines Sklaven war in der antiken Gesellschaft durchaus üblich. Dies konnte auf verschiedenen Wegen passieren; z.B. per vindictam (vor dem Magistraten), inter amicos / per convivium (unter Zeugen) und per testamentum (durch testamentarischen Beschluss). Zusätzlich zu diesen Möglichkeiten konnten sie sich durch ein angespartes Privatvermögen selbst freikaufen. Die wohl gängigste Form der Freilassung, war die von Trimalchio beschriebene Freilassung durch testamentarischen Beschluss, die nicht nur in seinem Fall mit der Intention gefasst wurde, durch diese große Geste seine Sklaven zu motivieren.

Sklaven erhielten nach ihrer Freilassung das römische Bürgerrecht mit einigen Einschränkungen, die vor allem die Teilhabe am öffentlichen-politischen Leben betrafen und wurden damit (zum Großteil) akzeptierter Teil der römischen Gesellschaft. Die Einschränkungen bezogen sich auf die Ämterlaufbahn, so schlug Trimalchio, wie er in seiner künftigen Grabinschrift andeutet, die Dekurionenlaufbahn keineswegs aus, er durfte ihnen als Freigelassener schlicht nicht angehören.Die Kinder Freigelassener wurden als vollwertige Römische Bürger ohne rechtliche Einschränkungen angesehen. Viele Sklaven blieben auch nach ihrer Freilassung im Klientelverhältnis zu ihrem Patron. Nach dem Sozialprestige ihres Patrons richtete sich dann auch der soziale Status der liberti. Dieses Klientelverhältnis wird auch in der Übernahme des Prae- und Gentilnomens deutlich. Ihren Sklavennamen behielten sie dabei als Cognomen (z.B. wurde Tiro, der Sklave von Cicero, nach seiner Freilassung Marcus Tullius Tiro genannt). In seiner „Sittensatire“ stellt Petronius geschickt die unterschiedlichen sozialen Gruppen und die Unsitten seiner Zeit dar, was diese Quelle zu einem wertvollen Zeugnis für die Mentalitätsgeschichte der Kaiserzeit macht.

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Reisebeschreibungen

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Nathalie Klinck
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Tabula Peutingeriana

Leitfragen:

1) Was wird auf der Tabula Peutingeriana dargestellt?

2) Welche Funktion hatte die Karte?

3) Welchen Stellenwert hatte das Reisen in der Antike?

Kommentar:

Bei der hier dargestellten Quelle handelt es sich um einen (äußerst kleinen) Ausschnitt aus einem antiken Itinerar; der Tabula Peutingeriana. Diese kartographische Darstellung stammt aus einer mittelalterlichen Abschrift aus dem 12. Jh. n. Chr. und lässt sich wahrscheinlich auf eine ältere Abbildung oder Beschreibung des Römischen Reichs um das Jahr 300 n. Chr. – inklusive seines Straßennetzes und den verschiedenen Pferdewechselstationen (mansiones) – zurückführen. Dabei sind die Städte Rom, Antiochia und Konstantinopel durch besondere Stadtvingetten hervorgehoben. Die Karte zeigt die den Römern bekannte oikumene in stark gestauchter Form auf ca. 14 Pergamentstücken (670 x 33 cm), wovon nur die Teile 4-14 erhalten sind. Der hier gezeigte Segment VII der Tabula Peutingerina zeigt Teile der Provinzen Makedonien, Dalmatien, Italien und Afrika. Deutlich zu erkennen sind die „Stiefelspitze“ Italiens und die davor liegende Insel Sizilien. Die roten Linien stellen das Straßensystem dar, welches die unterschiedlichen Städte und Orte verbunden hat. Dies führte dazu, dass Entfernungsangaben oftmals lediglich in Rastplätzen angegeben wurden, wobei diese durchaus in unterschiedlicher Entfernung zueinander liegen konnten; so konnte die Entfernungsangabe von drei Rastplätzen in einem dichtbesiedelten Gebiet, wie Italien eine sehr kurze Strecke beschreiben, während es in einem weniger erschlossenem Gebiet eine sehr weite Entfernung ausmachen konnte. Es gab keine maßstabsgetreuen Karten.

Mobilität und Reisen waren schon immer wichtige Bestandteile für die zivilisatorische Weiterentwicklung und damit auch wichtige Faktoren für den Handel, die Kolonialisierung und schließlich auch für den kulturellen Austausch. Für die Römer begann mit der Kaiserzeit eine Blütezeit des Reisens; dabei begünstigten besonders die innerpolitisch friedlichen Perioden die verschiedenen Reisevorhaben. Menschen brachen aus ganz unterschiedlichen Gründen zu Reisen auf; es gab politisch motivierte Reisen, zum Beispiel von Gesandtschaften, aber auch Bildungsreisen oder Reisen, um Verwandte oder Freunde zu besuchen. Eine wichtige Kategorie machten natürlich auch religiöse Reisen zu bestimmten heiligen Stätten, Heiligtümern und Orakeln aus. Dieser Mobilitätsdrang spiegelt sich auch in der Literatur in den diversen Reisebeschreibungen, z.B. bei Pausanias oder den ethnographischen Beschreibungen des Strabon wider.

Fast das gesamte Reich war durch die öffentlichen, gut ausgebauten Straßen und die staatliche Sicherheit innerhalb der Grenzen des Imperiums gut – zu Land und zu Wasser – zu bereisen. Die Tabula Peutingeriana zeigt genau dieses Straßensystem. Neben bildlichen Darstellungen, wie der Tabula – die aufgrund ihres unhandlichen Formats wahrscheinlich nie für die praktische Nutzung gedacht war – wurden Itinerarien in Listenform verwendet, die die einzelnen Stationen zwischen einem bestimmten Start- und Zielpunkt unter der Angabe der zurückzulegenden Meilen auflisteten. Zudem gab es Meilensteine, die an den wichtigsten Knotenpunkten im Reich aufgestellt waren; außerdem hat es möglicherweise hölzerne Wegweiser gegeben, die sich allerdings nicht überliefert haben. Nichtsdestotrotz wurden die meisten Informationen, die für eine Reise benötigt wurden, wahrscheinlich mündlich weitergegeben. Im Vorweg einer Reise wird es das einfachste gewesen sein, Informationen von Menschen einzuholen, die die Reisestrecke bereits kannten. So konnte die Planung des Hinweges und einer ungefähren Reiseroute vorgenommen werden. Vor Ort angekommen war es unverzichtbar auf ortskundige Reiseführer zurückzugreifen. Der Quellenausschnitt macht deutlich, dass die Römer nicht nur eine genaue Vorstellung von ihrem imperium sine fine hatten, sondern dass sie sich in diesem auch relativ problemlos bewegen konnten, indem sie den Itinierarien – im wahrsten Sinne des Wortes – Schritt für Schritt folgten.

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Briefliteratur

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Plinius der Jüngere
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Plin.epist. 6,20 – Original:

(1) Ais te adductum litteris, quas exigenti tibi de morte avunculi mei scripsi, cupere cognoscere, quos ego Miseni relictus – id enim ingressus abruperam – non solum metus verum etiam casus pertulerim. Quamquam animus meminisse horret, incipiam.
(2) Profecto avunculo ipse reliquum tempus studiis – ideo enim remanseram – impendi; mox balineum cena somnus inquietus et brevis. (3) Praecesserat per multos dies tremor terrae, minus formidolosus, quia Campaniae solitus; illa vero nocte ita invaluit, ut non moveri omnia sed verti crederentur. (4) Irrupit cubiculum meum mater; surgebam invicem, si quiesceret excitaturus. Resedimus in area domus, quae mare a tectis modico spatio dividebat. (5) Dubito, constantiam vocare an imprudentiam debeam – agebam enim duodevicensimum annum – : posco librum Titi Livi, et quasi per otium lego atque etiam, ut coeperam, excerpo. Ecce amicus avunculi, qui nuper ad eum ex Hispania venerat, ut me et matrem sedentes, me vero etiam legentem videt, illius patientiam securitatem meam corripit. Nihilo segnius ego intentus in librum.
(6) Iam hora diei prima, et adhuc dubius et quasi languidus dies. Iam quassatis circumiacentibus tectis, quamquam in aperto loco, angusto tamen, magnus et certus ruinae metus. (7) Tum demum excedere oppido visum; sequitur vulgus attonitum, quodque in pavore simile prudentiae, alienum consilium suo praefert, ingentique agmine abeuntes premit et impellit. (8) Egressi tecta consistimus. Multa ibi miranda, multas formidines patimur. Nam vehicula, quae produci iusseramus, quamquam in planissimo campo, in contrarias partes agebantur, ac ne lapidibus quidem fulta in eodem vestigio quiescebant. (9) Praeterea mare in se resorberi et tremore terrae quasi repelli videbamus. Certe processerat litus, multaque animalia maris siccis harenis detinebat. Ab altero latere nubes atra et horrenda, ignei spiritus tortis vibratisque discursibus rupta, in longas flammarum figuras dehiscebat; fulguribus illae et similes et maiores erant. (10) Tum vero idem ille ex Hispania amicus acrius et instantius ‚Si frater‘ inquit ‚tuus, tuus avunculus vivit, vult esse vos salvos; si periit, superstites voluit. Proinde quid cessatis evadere?‘ Respondimus non commissuros nos, ut de salute illius incerti nostrae consuleremus. (11) Non moratus ultra proripit se effusoque cursu periculo aufertur. Nec multo post illa nubes descendere in terras, operire maria; cinxerat Capreas et absconderat, Miseni quod procurrit, abstulerat. (12) Tum mater orare, hortari, iubere, quoquo modo fugerem: posse enim iuvenem, se et annis et corpore gravem bene morituram, si mihi causa mortis non fuisset. Ego contra salvum me nisi una non futurum; dein manum eius amplexus addere gradum cogo. Paret aegre incusatque se, quod me moretur.
(13) Iam cinis, adhuc tamen rarus. Respicio: densa caligo tergis imminebat, quae nos torrentis modo infusa terrae sequebatur. ‚Deflectamus‘ inquam ‚dum videmus, ne in via strati comitantium turba in tenebris obteramur.‘ (14) Vix consideramus, et nox – non qualis illunis aut nubila, sed qualis in locis clausis lumine exstincto. Audires ululatus feminarum, infantum quiritatus, clamores virorum; alii parentes alii liberos alii coniuges vocibus requirebant, vocibus noscitabant; hi suum casum, illi suorum miserabantur; erant, qui metu mortis mortem precarentur. (15) Multi ad deos manus tollere, plures nusquam iam deos ullos aeternamque illam et novissimam noctem mundo interpretabantur. Nec defuerunt, qui fictis mentitisque terroribus vera pericula augerent. Aderant, qui Miseni illud ruisse illud ardere falso sed credentibus nuntiabant. (16) Paulum reluxit, quod non dies nobis, sed adventantis ignis indicium videbatur. Et ignis quidem longius substitit; tenebrae rursus cinis rursus, multus et gravis. Hunc identidem assurgentes excutiebamus; operti alioqui atque etiam oblisi pondere essemus. (17) Possem gloriari non gemitum mihi, non vocem parum fortem in tantis periculis excidisse, nisi me cum omnibus, omnia mecum perire misero, magno tamen mortalitatis solacio credidissem.
(18) Tandem illa caligo tenuata quasi in fumum nebulamve discessit; mox dies verus; sol etiam effulsit, luridus tamen qualis esse, cum deficit, solet. Occursabant trepidantibus adhuc oculis mutata omnia altoque cinere tamquam nive obducta. (19) Regressi Misenum curatis utcumque corporibus suspensam dubiamque noctem spe ac metu exegimus. Metus praevalebat; nam et tremor terrae perseverabat, et plerique lymphati terrificis vaticinationibus et sua et aliena mala ludificabantur.
(20) Nobis tamen ne tunc quidem, quamquam et expertis periculum et exspectantibus, abeundi consilium, donec de avunculo nuntius.
Haec nequaquam historia digna non scripturus leges et tibi scilicet, qui requisisti, imputabis, si digna ne epistula quidem videbuntur. Vale.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Übersetzung: J.B. Firth
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Übersetzung:

You say that the letter which I wrote to you at your request, describing the death of my uncle, * has made you anxious to know not only the terrors, but also the distress I suffered while I remained behind at Misenum. I had indeed started to tell you of these, but then broke off. Well, „though my mind shudders at the recollection, I will essay the task“. **
After my uncle had set out I employed the remainder of the time with my studies, for I had stayed behind for that very purpose. Afterwards I had a bath, dined, and then took a brief and restless sleep. For many days previous there had been slight shocks of earthquake, which were not particularly alarming, because they are common enough in Campania. But on that night the shocks were so intense that everything round us seemed not only to be disturbed, but to be tottering to its fall. My mother rushed into my bedchamber, just as I myself was getting up in order to arouse her if she was still sleeping. We sat down in the courtyard of the house, which was of smallish size and lay between the sea and the buildings. I don’t know whether my behaviour should be called courageous or rash – for I was only in my eighteenth year – but I called for a volume of Titus Livius, and read it, as though I were perfectly at my ease, and went on making my usual extracts. Then a friend of my uncle’s, who had but a little time before come to join him from Spain, on seeing my mother and myself sitting there and me reading, upbraided her for her patience and me for my indifference, but I paid no heed, and pored over my book.
It was now the first hour of the day, but the light was still faint and weak. The buildings all round us were beginning to totter, and, though we were in the open, the courtyard was so narrow that we were greatly afraid, and indeed sure of being overwhelmed by their fall. So that decided us to leave the town. We were followed by a distracted crowd, which, when in a panic, always prefers someone else’s judgment to its own as the most prudent course to adopt, and when we set out these people came crowding in masses upon us, and pressed and urged us forward. We came to a halt when we had passed beyond the buildings, and underwent there many wonderful experiences and terrors. For although the ground was perfectly level, the vehicles which we had ordered to be brought with us began to sway to and fro, and though they were wedged with stones, we could not keep them still in their places. Moreover, we saw the sea drawn back upon itself, and, as it were, repelled by the quaking of the earth. The shore certainly was greatly widened, and many marine creatures were stranded on the dry sands. On the other side, the black, fearsome cloud of fiery vapour burst into long, twisting, zigzag flames and gaped asunder, the flames resembling lightning flashes, only they were of greater size. Then indeed my uncle’s Spanish friend exclaimed sharply, and with an air of command, to my mother and me, „If your brother and your uncle is still alive, he will be anxious for you to save yourselves; if he is dead, I am sure he wished you to survive him. Come, why do you hesitate to quit this place?“ We replied that we could not think of looking after our own safety while we were uncertain of his. He then waited no longer, but tore away as fast as he could and got clear of danger.
Soon afterwards the cloud descended upon the earth, and covered the whole bay ; it encircled Capri and hid it from sight, and we could no longer see the promontory of Misenum. Then my mother prayed, entreated, and commanded me to fly as best I could, saying that I was young and could escape, while she was old and infirm, and would not fear to die, if only she knew that she had not been the cause of my death. I replied that I would not save myself unless I could save her too, and so, after taking tight hold of her hand, I forced her to quicken her steps. She reluctantly obeyed, accusing herself for retarding my flight. Then the ashes began to fall, but not thickly: I looked back, and a dense blackness was rolling up behind us, which spread itself over the ground and followed like a torrent. „Let us turn aside,“ I said, „while we can still see, lest we be thrown down in the road and trampled on in the darkness by the thronging crowd.“ We were considering what to do, when the blackness of night overtook us, not that of a moonless or cloudy night, but the blackness of pent-up places which never see the light. You could hear the wailing of women, the screams of little children, and the shouts of men ; some were trying to find their parents, others their children, others their wives, by calling for them and recognising them by their voices alone. Some were commiserating their own lot, others that of their relatives, while some again prayed for death in sheer terror of dying. Many were lifting up their hands to the gods, but more were declaring that now there were no more gods, and that this night would last for ever, and the end of all the world. Nor were there wanting those who added to the real perils by inventing new and false terrors, for some said that part of Misenum was in ruins and the rest in flames, and though the tale was untrue, it found ready believers.
A gleam of light now appeared, which seemed to us not so much daylight as a token of the approaching fire. The latter remained at a distance, but the darkness came on again, and the ashes once more fell thickly and heavily. We had to keep rising and shaking the latter off us, or we should have been buried by them and crushed by their weight. I might boast that not one groan or cowardly exclamation escaped my lips, despite these perils, had I not believed that I and the world were perishing together – a miserable consolation, indeed, yet one which a mortal creature finds very soothing. At length the blackness became less dense, and dissipated as it were into smoke and cloud ; then came the real light of day, and the sun shone out, but as blood-red as it appears at its setting. Our still trembling eyes saw that everything had been transformed, and covered with a deep layer of ashes, like snow. Making our way back to Misenum, we refreshed our bodies as best we could, and passed an anxious, troubled night, hovering between hope and fear. But our fears were uppermost, for the shocks of earthquake still continued, and several persons, driven frantic by dreadful prophecies, made sport of their own calamities and those of others. For our own part, though we had already passed through perils, and expected still more to come, we had no idea even then of leaving the town until we got news of my uncle.
You will not read these details, which are not up to the dignity of history, as though you were about to incorporate them in your writings, and if they seem to you to be hardly worth being made the subject of a letter, you must take the blame yourself, inasmuch as you insisted on having them. Farewell.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Nathalie Klinck
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Plin.epist. 6,20

Leitfragen:

1) Wie beschreibt Plinius den Ausbruch des Vulkans?

2) Welche Charakteristika der antiken Briefschreibung werden deutlich?

3) Welche Funktion hatte die Briefschreibung in der Antike inne?

Kommentar:

Bei der vorliegenden Quelle handelt es sich um einen Brief (lat. epistula) von Plinius d.J. (ca. 62-114 n. Chr.) aus dem 1. Jh. n. Chr., in welchem er als Augenzeuge über die Begebenheiten beim Ausbruch des Vesuvs 79 n. Chr. berichtet. Briefe wurden in der Antike in der Regel auf Holztäfelchen oder auf Papyrus verfasst und waren oftmals eine Sache des öffentlichen Lebens. Sie wurden mit Freunden, der Familie und dem Bekanntenkreis geteilt und bei verschiedenen Gelegenheiten verlesen oder sogar kopiert. Dabei ist die literarische Gattung der Briefschreibung eine schwer zu greifende, denn Briefe umfassten amtliche und öffentliche Schreiben, wie Gesetzte und offizielle Erlasse, private Korrespondenzen von Individuen untereinander, Lehr- oder Kunstbriefe, Geschäftsbriefe, Widmungsbriefe zu versendeten literarischen Werken, (Privat)Briefe, die mit der Absicht zur Publikation verfasst wurden etc. In diese letzte Kategorie fällt wahrscheinlich auch der hier dargestellte Brief. Bereits in der Antike wurden teilweise ganze Briefsammlungen ediert und herausgegeben – unter Umständen hat auch Plinius d.J. seine Briefe mit der Intention zur Veröffentlichung verfasst.

Plinius d.J. war römischer Aristokrat und durchlief eine Ämterlaufbahn im Sinne des cursus honorum. Er gibt in der Einleitung des Briefes an, dass er das Schreiben auf Nachfrage des Empfängers verfasst hätte. Es wird deutlich, dass er diesen in einem vorausgegangenen Bericht bereits über den Tod seines Onkels Plinius d.Ä. informiert hatte. Dieser kam bei dem Vulkanausbruch nahe der Stadt Pompeji ums Leben. Dabei war sein wissenschaftlicher Forschungsdrang wohl ein nicht zu unterschätzender Faktor für sein Ableben, denn er war in seiner Funktion als Naturforscher – schließlich ist der auch Verfasser der Naturalis historia bekannt – in Richtung des Vulkans aufgebrochen, um diesem Phänomen auf den Grund zu gehen.

Plinius d.J. selbst befand sich in den Tagen kurz vor dem Ausbruch gemeinsam mit seinem Onkel und seiner Mutter in Misenum, einer Stadt, die ebenfalls am Golf von Neapel situiert war. An dem in dem Brief beschriebenen Tag verblieben seine Mutter und er in ihrer Landvilla und wurden von dort aus Zeugen der Eruption des Vulkans. Diese kündigte sich durch äußerst starke Erdbeben an, gefolgt von einer gewaltigen Aschewolke, die aus dem Krater aufstieg und von Gesteinsexplosionen durchzogen war. Diese besonders explosive Art des Vulkanausbruchs, der mit einem außerordentlich großen Ascheregen einhergeht wurde in der modernen Forschung auch bei anderen Vulkanen beobachtet und aufgrund dieser ersten schriftlichen Überlieferung als plinianische Eruption bekannt.

Plinius d.J. und seine Mutter entschlossen sich die Stadt zu verlassen, da sich der Ascheregen unaufhaltsam näherte und begann sich über das Land und die See zulegen. Deutlich wird in der Beschreibung dieser Katastrophe zum einen das Chaos, welches in der Stadt entstand, zum anderen die Schnelligkeit mit der dies passierte. Er beschreibt, dass sie so schnell von dem schweren Ascheregen eingeschlossen wurden, dass sie sich nur durch ständiges Abschütteln des vulkanischen Materials davor retten konnten, lebendig begraben zu werden. Diese Beschreibung erklärt auch die archäologischen Funde von menschlichen Überresten in Pompeji und Herkulaneum, die quasi eine Momentaufnahme der Menschen zu ihrem Todeszeitpunkt darstellen. Im Gegensatz dazu löste sich allerdings die Aschwolke über Misenum bald auf, wahrscheinlich weil der Wind drehte, und ließ eine allesüberdeckende weiße Schicht aus Asche und Menschen in Panik zurück. Plinius d.J. und seine Mutter kehrten, immer noch in Sorge um den Onkel, in die Villa zurück. Erst nach und nach werden die Ausmaße dieser Katastrophe bekannt geworden sein und auch erst nach dieser bangen Nacht werden Plinius d.J. und seine Mutter sich sicher geworden sein, dass der Onkel im Hause eines Freundes umgekommen ist.

Neben diesen historisch hoch interessanten Informationen gibt Plinius d.J. allerdings auch einen Einblick in die Typologie der antiken Briefschreibung. Diese war geprägt von diversen Stilmitteln, wie Metaphern und dem Rückgriff auf wörtliche Rede. Nicht zuletzt waren Briefe immer auch – insbesondere, dann wenn diese einem größeren Adressatenkreis dienten – ein literarisches Aushängeschild der rhetorischen Fähigkeiten des Verfassers. Der Inhalt war demnach oftmals nicht nur von einer beeindruckenden Stilistik geprägt, sondern auch immer im Bewusstsein der Selbstdarstellung des Autors verfasst. Deutlich wird dies in den verwendeten literarischen Topoi, wie sie Plinius d.J. beispielsweise im Schlusswort aufgreift.

Briefe dienten demnach nicht einfach nur als Medium der Informationsweitergabe, sondern konnten abhängig von dem jeweiligen (Brief)Genre als private oder öffentliche Korrespondenz fungieren, die oftmals vor allem der Selbstdarstellung des Verfassers diente. Es ist demnach kaum verwunderlich, dass insbesondere die Briefkorrespondenzen von antiken Autoren, wie Plinius d.J. oder Cicero, die Autoren der Frühen Neuzeit und der Renaissance beeindruckten und diese die Stilistik der Schriften nachahmten. Für die heutige Forschung sind die überlieferten Briefe ein wichtiges Zeugnis für das (alltägliche) Leben und die Gedankenwelt der Menschen in der Antike.

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