01 – Augustus

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Werner Rieß
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Römische Geschichte II: Die Kaiserzeit

01 – Augustus

Im letzten Podcast zur Republik hatten wir uns mit dem politischen und militärischen Aufstieg Octavians zum Alleinherrscher beschäftigt. Wir wollen heute nachvollziehen, warum Octavian, der ab 27 v. Chr. Augustus genannt wurde, an der Macht bleiben konnte und wie er es schaffte, im Laufe der Zeit das politische System der Republik zu einer Monarchie umzubauen und gleichzeitig nicht erfolglos den Anschein erweckte, die Republik wiederhergestellt zu haben.
Vom Krieg nach Hause zurückgekehrt, kümmerte sich Octavian erst einmal um den Senat, weil viele Senatoren in den Kämpfen bzw. in den Proskriptionen ums Leben gekommen waren. Ca. 190 Senataren schloss Octavian aus der noblen Institution aus, angeblich wegen Unwürdigkeit, in Wahrheit wurden politische Gegner kaltgesellt. Andere, Octavians Freunde, erhielten Zugang als Lohn für ihre Verdienste um ihn im Krieg. Schon durch diese Maßnahmen änderte sich die Zusammensetzung des Senats so entscheidend, dass Octavian die beste Show seines Lebens vorbereiten konnte. Wir sprechen vom Staatsakt, der am 13. und 16. Januar 27 v. Chr. stattfand und der umfassend und von langer Hand vorbereitet gewesen sein muss. In der Senatssitzung vom 13. Januar gab Octavian feierlich alle seine Machtbefugnisse, also auch die triumviralen, an Senat und Volk von Rom zurück. Für einen Augenblick also waren Senat und Volk von Rom wieder souverän. Sofort beschworen die Senatoren Octavian, sie und Rom nicht im Stich zu lassen und die schwere Last der Verantwortung für den römischen Staat und das römische Volk zu übernehmen. Nach gespieltem Zögern gab Octavian schweren Herzens nach und entsprach damit den allgemeinen Erwartungen.
Das Erstaunliche ist nun seine verfassungsmäßige Stellung. Er war nicht mehr als Konsul, und das Konsulat musste jährlich erneuert werden. Außerdem hatte er ein imperium proconsulare, eine zehn Jahre währende Befehlsgewalt über sieben wichtige und immer noch nicht befriedete Provinzen, u.a. Spanien, Gallien, Syrien und Ägypten, nicht zufällig die Provinzen, in denen Truppen stationiert waren, um eventuelle Aufstände niederzuschlagen. Diese Provinzen wurden nun, obwohl dort senatorische Statthalter tätig waren, kaiserliche genannt; sie unterstanden also direkt der kaiserlichen Befehlsgewalt, im Gegensatz zu den sogenannten senatorischen Provinzen unter der Schirmherrschaft des Senats, wo fast keine Truppen stationiert waren, da diese Provinzen als befriedet betrachtet wurden. Nach dem Buchstaben des Gesetzes übte Octavian also ein Amt nur für eine begrenzte Zeit aus, eine Aufgabe, die ihm von Senat und Volk anvertraut war. Es ist auch dieser zeitlich limitierte und informelle Charakter dieser Position, welche die Tatsache verschleiern half, dass die Republik nicht mehr existierte und dass stattdessen eine Monarchie etabliert worden war. Angeblich war die Republik sogar wiederhergestellt, auf Latein: res publica restituta! Eine republikanische Fassade wurde also benutzt, um die Realitäten der Macht zu verschleiern.
Die Machtbasis des ersten Mannes war jedoch grundsolide: Das Kommando über die Truppen in den Provinzen, seine finanzielle Macht und seine enorme Klientel im ganzen Reich.
Drei Tage später (16.1. 27 v. Chr.) wurden Octavian besondere Ehren zugestanden: Er bekam den Beinamen Augustus verliehen, was der Erhabene bedeutet. Sein voller Name war jetzt Imperator Caesar Augustus. Über dem Eingang seines Hauses auf dem Palatin wurde ein Eichenkranz befestigt als Zeichen für seine Errettung römischer Bürger, und Lorbeerbäume wurden neben seiner Tür gepflanzt. Diese Ehrungen hoben Augustus in eine höhere, ja sakrale Sphäre. Im Sitzungssaal des Senats wurde ein goldener Schild aufgestellt, auf dem die vier Kardinaltugenden eingraviert waren, die Augustus besonders am Herzen lagen, sie sollten zu kaiserlichen Tugenden avancieren. Eine steinerne Kopie dieses Schildes wurde im südfranzösischen Arles gefunden: Virtus, Tugend im Sinne militärischer Tüchtigkeit, clementia, Gnade, eine Eigenschaft, die Augustus sicher als von Caesar ererbt empfand, iustitita, die Gerchtigkeit, die er gerade als oberster Richter des Reiches brauchte, und pietas, Frömmigkeit, d.h. das korrekte religiöse Verhalten gegenüber Göttern und Menschen und insbesondere gegenüber den eigenen Eltern.
Wie war dieser kometenhafte Aufstieg möglich? Um diese entscheidende Frage zu beantworten, sollten wir uns mit seiner Persönlichkeit, seinem politischen Stil und mit seinen Prinzipien beschäftigen, die seinen Problemlösungen zugrunde liegen.
Meines Erachtens gibt es drei persönliche Eigenschaften, die Augustus mit größtem Geschickt miteinander verband, wozu auch eine Portion Glück gehörte.
Da ist zunächst sein gnadenloser Einsatz von Gewalt. Überraschenderweise hatte Augustus eine schwache persönliche Konstitution, was am Anfang schon ein Handicap gegenüber dem gesunden, starken und erfahrenen Marcus Antonius darstellte. In dieser Hinsicht war der junge Octavian also benachteiligt, und gerade deshalb seine Durchsetzungskraft und sein letztlicher Erfolg umso erstaunlicher. Trotz dieser gesundheitlichen Einschränkung oder vielleicht gerade wegen ihr war Octavian fest entschlossen, Alleinherrscher des Imperiums zu werden. Sein untrüglicher politischer Instinkt und die Rücksichtslosigkeit in der Verfolgung seiner Ziele machten die körperliche Schwäche mehr als wett. Er scheute sich nicht, seine politischen Gegner zu betrügen, Verträge jederzeit zu brechen, wenn es ihm zum kleinsten Vorteil gereichte, oder seine Gegner physisch zu eliminieren, wirkliche und eingebildete gleichermaßen. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Die Proskriptionen von 43 v. Chr., in denen Cicero den Schergen der Triumvirn zum Opfer fiel, und die Unterdrückung der Verschwörung von 23 v. Chr.. Augustus wusste, wie man Widerstand brach. Die Überlebenden lebten in Furcht und wagten es nicht, das neue System und seinen obersten Repräsentanten in Frage zu stellen, dessen Macht immerhin auf einer ihm absolut loyalen Armee beruhte, so dass wir Augustus‘ Herrschaft und die aller römischen Kaiser durchaus auch als Militärdiktaturen bezeichnen könnten.
Typisch für die augusteiche Art und Weise Politik zu betreiben ist zweitens der Umstand, dass Augustus sehr gewissenhaft und immer bereit war, aus der Vergangenheit zu lernen, um die Fehler seiner Vorgänger zu vermeiden. Er beweist dabei ein großes Geschichtsbewusstsein. Anders als Sulla trat er nicht von seiner Macht zurück, nachdem er sie einmal errungen hatte. Anders als Caesar, unternahm er alles, um den Eindruck zu vermeiden, er strebe nach einer lebenslangen Diktatur, nach der Tyrannis oder nach dem Königstitel, den die Römer von Beginn der Republik an so hassten. Caesar zahlte einen hohen Preis für seine Fehler, und Augustus war entschlossen, diese Fehler nicht zu begehen. Augustus‘ größte politische Leistung war es, die Menschen Glauben zu machen, dass er in der Tat die alte Republik wiederhergestellt hatte. Das politische Schlagwort von der wiederhergestellten Monarchie (res publica restituta) funktionierte, weil die Leute an diesen Traum glauben wollten und Augustus der größte Showmaster war, den die Welt bis dahin gesehen hatte, indem er die Propagandamedien, die ihm zur Verfügung standen, meisterhaft beherrschte. Es war unmöglich, zu den alten Tagen der Senatsherrschaft zurückzukehren, weil das Imperium einen starken Mann brauchte, was die Geschichte der vergangenen 100 Jahre auf so dramatische Art und Weise gezeigt hatte. Es gab eigentlich nur eine Lösung: Eine republikanische Fassade mit einem Alleinherrscher dahinter. In dieser Situation konnte Augustus sehr vom römischen Konservativismus profitieren, vom Glauben der Römer, dass alles Althergebrachte irgendwelchen Neuerungen überlegen war. Die alten Standards hochzuhalten, die Sitten und Gebräuche der Vorväter zu pflegen, den sogenannten mos maiorum, war die beste Legitimationsquelle. Dieses konservative politische Modell erforderte Senatstreffen, Magistrate und Wahlen, aber natürlich geschah alles orchestriert nach dem Willen einer einzigen Person.
Und schließlich spielte er, nachdem er alle Formen der Opposition ausgeschaltet und die entscheidenden Fehler vermieden hatte, die moralische Karte, gerade noch rechtzeitig, bevor er als blutdürstiger Tyrann gelten und als solcher in die Geschichtsbücher eingehen würde. Diese moralische Karte bezog sich auf Politik, Religion und persönliche Moralvorstellungen.
Werfen wir zunächst einen Blick auf die politische Ebene: Die Illusion der wiederhergestellten Republik war den Römern aufs höchste willkommen, die die Leiden und Katastrophen, die sie zu erdulden gehabt hatten, auf eine sündhafte Vernachlässigung alter römischer Traditionen zurückführten. Nur die alte Form der Götterverehrung sicherte ein glückliches Leben und bewerkstelligte Sicherheit für Rom. Genau dafür stand Augustus: Die Rückkehr zu den Sitten der Vorväter mit ihm selbst als Über-Vater, als Patron, der sich für alle verantwortlich fühlte, sich um alles kümmerte, wobei er sich auf die existierenden Sozialstrukturen stützte. Am besten drückte sich dies im Titel patronus omnium aus, Patron aller. Am wichtigsten war jedoch sein neuer Titel, er nannte sich nicht rex, König, nicht etwa Diktator, wie Caesar oder Sulla, sondern einfach princeps, erster Mann im Staat. Ein neuer Terminus ohne negative Konnotationen war in die römische Politik eingeführt worden.
Moral und Religion können in einer höchst religiösen Gesellschaft nicht voneinander getrennt werden. Augustus betont in den Res Gestae, seinem Tatenbericht, dass Tempel wieder geöffnet wurden, viele wurden auch restauriert. Er gab vor, die alten italischen Werte zu repräsentieren, den mos maiorum; er wurde nicht müde, die Bedeutung der Religion zu betonen und er erließ sogar Gesetze gegen Ehebruch. Er brachte die Dinge mit vier Schlagworten auf den Punkt, virtus, clementia, iustitia und pietas, um alle kaiserlichen Tugenden bündig zusammenzufassen.
Das sind also die drei Prinzipen der Herrschaft des Augustus: Rücksichtsloser Einsatz von Gewalt, Bereitschaft von der Vergangenheit zu lernen und das Ausspielen der moralischen Karte. Er war klug genug, um zu wissen, dass er seine Macht in den Köpfen der Untertanen verankern musste, indem er die beste Propaganda benutzte, die die vormoderne Welt je gesehen hatte. Auch auf diesem Gebiet war Augustus ein Genie. Voller Kreativität nutzte er alle zur Verfügung stehenden Medien: Inschriften, Tempel, Meilensteine, Gebäude und Statuenprogramme. Rom wurde die augusteische Stadt par excellence, geschmückt mit vielen großartigen Gebäuden. Eines der berühmtesten ist das Pantheon auf dem Marsfeld, den Göttern geweiht und eines der am besten erhaltenen antiken Monumente Roms. Allerdings sehen wir das Gebäude heute im hadrianischen Umbau des frühen zweiten Jahrhunderts n. Chr. Außen prangte die größte Inschrift des Reiches. Innen erwarteten den Besucher Statuen viele Götter sowie Agrippas, Augustus‘ und des vergöttlichten Caesar. Es war eine Art dynastischer Tempel.
Der große Pluspunkt, den der neue Herrscher für sich verbuchen konnte, war, dass er die Bürgerkriege beenden und damit dem Reich Frieden bringen konnte, die berühmte pax Augusta. Zumindest stimmte dieser Anspruch für diejenigen, die das jahrzehntelange Blutvergießen überlebt hatten; sie waren bereit, diesem bemerkenswerten Mann an der Spitze beinahe unbegrenztes Vertrauen einzuräumen. Und warum sollten sie ein Problem damit haben, einem Herrn zu dienen, der Frieden, die öffentliche Ordnung und v.a. die althergebrachte Republik garantieren konnte? Mit Gewalt und Charme, wir würden sagen, mit Zuckerbrot und Peitsche zwang Augustus die Menschen in sein neues System, so dass sie sich rasch einfügten und einige es sogar bewundern lernten. Augustus Propaganda in allen Lebensbereichen war so effektiv, dass sogar noch heute viele Historiker der Meinung sind, dass die ersten beiden Jahrhunderte n. Chr. eine friedliche Epoche waren, was natürlich nur teilweise stimmt.

Die Lösung der drängendsten Probleme, die ersten Maßnahmen

Werfen wir nun einen Blick darauf, wie Augustus seine politischen Prinzipien mit ganz konkreten Maßnahmen in die Tat umsetzte. Zuallererst musste er sein persönliches Regime legalisieren und konsolidieren. Er bewerkstelligte das, indem er seine neue Herrschaft in eine neue Form einkleidete, womit er die Akzeptanz und das Vertrauen der meisten Zeitgenossen gewann. Es ist diese Überschneidung von Alt und Neu, von Kontinuität und Wandel, die so typisch ist für die augusteische Ära. Im Jahr 27 v. Chr. war dieser Prozess jedoch noch nicht abgeschlossen. Da Augustus jedes Jahr Konsul war, was den republikanischen Traditionen widersprach, bedrohte eine höchst gefährliche Verschwörung seine Herrschaft im Jahr 23 v. Chr. Er musste reagieren und gab dem Senat das Konsulat zurück, so dass ein Senator an seiner statt in der Zukunft Konsul sein konnte. Um diesen Machtverlust zu kompensieren, ließ sich Augustus mit der vollen tribunizischen Amtsgewalt auf Lebenszeit ausstatten, inklusive des Rechts, gegen einen Magistraten zu intervenieren, Gesetze zu initiieren und den Senat einzuberufen. Außerdem wurde sein imperium proconsulare über die kaiserlichen Provinzen, also die Provinzen, die direkt seiner Herrschaft unterstanden, erweitert zu einem imperium proconulare maius, also ein größeres, umfassendes Kommando, das ihm auch das Recht verlieh, in senatorischen Provinzen einzugreifen. Die Existenz eines imperium proconsulare maius ist in der Forschung umstritten; der Terminus taucht so in den Quellen nicht auf, aber etwas so Ähnliches muss er gehabt haben.
Zweitens musste er zu einem Ausgleich mit dem Senat kommen. In mehreren Wellen säuberte er die Körperschaft, indem er die Anzahl der Senatoren stark reduzierte, womit er jede Form der Opposition ausschaltete. Nach Actium gab es etwa 1000 Senatoren. Im Jahre 28 wurden nur 190 „unwürdige“ Mitglieder ausgeschlossen, aber im Jahr 18 wurde die Zahl auf 600 verringert, wie in den alten Tagen, eine radikale Maßnahme, die natürlich auf starke Opposition stieß. Aber die verbliebenen Senatoren waren umso stolzer, dem noblen Haus anzugehören und hatten nun noch mehr Grund, ihrem Patron dankbar zu sein.
Gleichzeitig war Augustus auf das Know-how der Senatoren angewiesen. Nur sie verfügten über die Fähigkeiten, die Erfahrung und die Tradition, ein riesiges Imperium zu verwalten. Ohne sie hätte Augustus keinen einzigen Tag regieren können. Daher war es oberste Staatsräson, die neue Regierungsform mit dem traditionellen Denken der Senatoren in Kategorien des Wettbewerbs untereinander zu versöhnen. Augustus bemühte sich, ihre republikanische Denkungsart mit seiner Alleinherrschaft zu verschmelzen und war damit eher der politische Erbe Sullas als Caesars. Aber anders als Sulla restaurierte er nicht nur die alte Ordnung, sondern schuf eine neue; anders als Caesar vernachlässigte er nicht die Senatoren und ihre Vorstellungen von politischer Partizipation. Als junger Mann hatte er gesehen, was mit Caesar passiert war, der die Vorstellungen und Forderungen der aristokratischen Kreise nicht verstanden bzw. nicht verstehen hatte wollen. Augustus jedoch war bereit, aus der Vergangenheit zu lernen und schaffte es, die Senatoren für sich einzunehmen, indem er ihnen konkrete Aufgaben und Pflichten übertrug und sie das Imperium verwalten ließ. Ihre Ambitionen wurden mit vielen Posten in Rom, in Italien und den Provinzen befriedigt. Jeder dieser Posten befand sich in einer Hierarchie, stand also unter oder über einem anderen Posten. Auf diese Weise lebte der alte Wettbewerb unter den führenden Familien in zivilisierter Form unter der Kontrolle des Monarchen weiter. Anstatt also diese mächtige Institution gegen sich zu haben, arbeitete diese Körperschaft, bestehend aus hochgebildeten und fähigen Männern, für Augustus und stellte die beste Legitimationsquelle für seine Herrschaft dar. Das Gleiche gilt für die Ritter, die zweite führende Gruppe in der römischen Gesellschaft. Beide Stände waren mit der Restitution ihrer Ränge und ihren garantierten Privilegien hoch zufrieden.
Drittens musste Augustus nach der langen Periode der Bürgerkriege Italien entmilitarisieren. Viel zu viele Männer befanden sich unter Waffen, so dass Augustus die Zahl der Legionen von mehr als 60 auf 28 reduzierte. Ungefähr 300.000 Mann standen also unter Waffen, von denen er mehr als die Hälfte entließ. Bevor wir auf das Versorgungs- bzw. Abfindungsproblem eingehen, sei ein Blick auf die verbliebenen Truppen gestattet: Um zu verhindern, dass sie im Inneren des Reiches Problem verursachten (Augustus muss unter dem Gespenst eines potentiellen zukünftigen Bürgerkriegs gelitten haben), stationierte er sie an den Grenzen des Reiches, womit er eine Lösung für zwei Probleme fand: Die Verteidigung des Reiches gegen Barbaren und eine geeignete Beschäftigung für seine Soldaten, die die Grenzgebiete gegen jeden Angriff von außen sicherten. Aber wie konnte er Tausende von loyalen Soldaten entlassen, die ihn an die Macht brachten? Als Patron war er für sie verantwortlich. Sie erwarten von ihm, dass er sich um sie kümmere. Er musste sie entlohnen. Er gab den Veteranen entweder Geld oder er gründete Kolonien für sie auf fruchtbarem Land, in Gallien, im mediterranen Teil von Africa, Sizilien, Makedonien, Achaia, Spanien, Asia und Syrien inklusive 28 Kolonien in Italien, ein Prozess, den wir Kolonisierung nennen. Andernfalls wären die Veteranen und die Italiker, die in den Bürgerkriegen alles verloren hatten, in der Hauptstadt geblieben und hätten die Anzahl von Armen und Obdachlosen nach oben schnellen lassen. Um eine solche Konzentration von Massen in der Hauptstadt zu vermeiden, entsandte er auch Arme aus Rom in die neuen Kolonien und ermöglichte ihnen, dort ein Auskommen zu finden.
Aus diesen Maßnahmen wird ersichtlich, dass die Armee, die Bevölkerung Roms (einschließlich der Senatoren und Ritter) und die Italiker die soziale Basis bildeten, auf die Augustus sein Imperium aufbaute. Er fühlte sich als Patron all dieser Gruppen, und sie waren alle seine Klienten, eine urrömische Idee, die ihm und allen Untertanen wohlvertraut war.
Aber es waren nicht nur römische Bürger, die von den Errungenschaften des neuen Regimes profitierten, sondern auch die Bewohner der Provinzen. Augustus betrachtete sich auch als Patron der Provinzen. Bis in die augusteische Zeit hatten die Provinzialen nur unter der Herrschaft Roms gelitten. Die führenden Familien der römischen Aristokratie sahen nur einen Grund für die Eroberung und Unterwerfung fremder Völker: Sie auszubeuten zum Ruhme Roms, v. a. aber auch zu ihrem eigenen. Auch hier lernte Augustus aus den Fehlern der Vergangenheit: Viele Aufstände hatten das Imperium während der Republik erschüttert; die kleinen oligarchischen Kreise von, sagen wir, fünfzehn untereinander konkurrierenden Familien, waren unfähig und auch unwillens, eine effektive Provinzialverwaltung aufzubauen und die Provinzen somit zu einem integralen Teil Roms zu machen. Augustus vertraute seinem politischen Instinkt und rationalisierte die römische Herrschaft im Ausland, indem er die Provinzialen mehr an die römische Kultur heranführte, sie attraktiv für die Unterworfenen machte. Sogar die ersten Senatoren aus den Provinzen kamen unter Augustus in die noble Körperschaft, in einem Wort, ein Prozess, den wir Romanisierung zu nennen gelernt haben, begann zu der Zeit. Und jetzt sehen wir, wie die Dinge ineinander greifen: All dies war nur möglich, weil die Senatoren als kaiserliche Magistrate in den Provinzen handelten und mit konkreten Rechten und Pflichten ausgestattet, kaiserliche Missionen erfüllten.
Der Anbruch einer neuen Ära musste allen auf sichtbarste und dauerhafteste Form gezeigt werden, und so schmückten bald herrliche Gebäude, sakraler und profaner Natur, Städte und Landschaften und zeugten von einem übergeordneten Willen, Recht und Gesetz sowie Frieden und Sicherheit zu garantieren, eine Propaganda, die ihr Ziel erreichte, nämlich die Menschen die blutigen Anfänge der usurpierten Macht vergessen zu machen.
Wenn man die heftigsten Konflikte der späten Republik mit den Maßnahmen des Augustus vergleicht, sieht man, dass die Krise der Republik nicht in erster Linie eine ökonomische oder soziale Krise war. Die römische Gesellschaft und Wirtschaft änderten sich kaum vom ersten vor- zum ersten nachchristlichen Jahrhundert. Es war eher eine politische Krise insofern, als die schiere Größe des Reiches die Kapazitäten des ursprünglich kleinen Stadtstaates und seiner kleinen Herrschaftselite bei weitem überforderte. Die führenden römischen Familien, alle Mitglieder der Nobilität, der herausragenden Gruppe innerhalb des Senats, vermochten es nicht, sich an die völlig veränderte Situation anzupassen. Sie konnten eine Supermacht mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln nicht regieren. Sie kämpften ständig untereinander um die Macht. Das oligarchische Regime glitt ab ins Chaos und rief viele Langzeitkonflikte hervor:
Die Rivalität unter diesen Familien,
Den Ausschluss Ehrgeiziger, die unbedingt den sozialen Aufstieg schaffen wollten,
Das beinahe tragisch zu nennende Verhältnis zwischen Rom und seinen Verbündeten, das schließlich in den Bundesgenossenkrieg mündete,
Die Unterdrückung der Provinzen, welche schwere Aufstände auslöste, weil sie von römischen Gouverneuren nicht nur vernachlässigt, sondern vielmehr brutal ausgebeutet wurden,
Die vollständige Teilnahmslosigkeit der herrschenden Eliten an diesen Katastrophen führte zu endlosen Kriegen und zur Verarmung der römischen Bauern.

Vergegenwärtigt mach sich nun die augusteischen Maßnahmen, dann sieht man sofort, dass Augustus weder die Gesellschaft noch ihre Wirtschaft veränderte. Seine Ideen und Taten stellten sich als geeignete Maßnahmen zur Lösung der mannigfachen Konflikte heraus. Die noblen Familien durften weiterhin um Posten konkurrieren, innerhalb des hierarchisch gegliederten Rahmens, den Augustus vorgab. Auf diese Weise wurden die Ambitionen vom ersten Prinzeps streng kontrolliert. Menschen aus unteren gesellschaftlichen Schichten konnten unter gewissen Umständen und mit Einverständnis des Kaisers die Karriereleiter emporklettern in einem genau fest gelegten Schema an Posten. Die Italiker wurden mit Geschenken und weiterer Urbanisierung versöhnt. Die Provinzen wurden besser als jemand zuvor verwaltet, weil viele senatorische Posten Aufgaben außerhalb Roms waren. Und weil die Kriege geendet hatten, konnte die Sicherheit im Grunde wieder garantiert werden. Die Infrastruktur erholte sich allmählich, so dass ein stabiles monetäres System, die Anlage von Straßen und Häfen, der Fernhandel und groß angelegte Bauprogramme zu einem höheren Lebensstandard beitrugen. Es war eher durch Instinkt als durch intentionales Planen, dass Augustus Antworten auf die drängendsten Fragen seiner Zeit fand. Dieser Instinkt für die Nöte der Untertanen liegt Augustus‘ Ideen und Konzepten zu Grunde, die er über die langen Jahrzehnte seiner Herrschaft entwickeln konnte und die das Antlitz des römischen Reiches für Jahrhunderte prägen sollten. Seine Nachfolger konnten von den großen Bahnen, die Augustus vorgezeichnet hatte, nicht abweichen, und so blieben die meisten seiner Maßnahmen bis ins 3. Jh. Chr. hinein in Kraft. Diese Regularien betreffen die Aussöhnung mit dem Senat, die darin bestand, dass die Reichsadministration der altehrwürdigen Körperschaft anvertraut wurde, die Rolle und die Einsatzgebiete der Armee, die humanere Behandlung der Provinzen und am nachhaltigsten: Die Errichtung einer neuen Regierungsform.

II. Zusammenfassung

Abschließend möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf drei Punkte lenken:

Augustus war nicht von Anfang an Augustus. Die Situation war ziemlich lang offen. Erst nach Actium, nach der Ausschaltung von Marc Anton und Kleopatra, war er Alleinherrscher. Von diesem Moment an konnte er die Dinge nach seinen Vorstellungen gestalten, aber es gab noch kein Konzept, keine konsistente Ideologie, keine systematische Etablierung einer neuen Verfassung. Er brauchte vielmehr ein Leben, um diese neuen Konzepte zu entwerfen und zu verfeinern und v.a. um sie in die Tat umzusetzen. Er war erfolgreich aufgrund seiner hohen Intelligenz, Grausamkeit und Flexibilität und, nicht zu vergessen, er hatte das Glück, sehr lange zu leben. Kreativität in verfassungsrechtlichen Fragen, seine Großzügigkeit, seine Eroberungen, finanzielle Potenz und sein für andere unerreichbares Prestige trugen zur festen Konsolidierung seiner Herrschaft bei.
Die augusteische Zeit ist einer der besten Testfälle, an denen man die Interaktion und Interdependenz zwischen Struktur und Person untersuchen kann, ein wichtiger Faktor beim historischen Denken und bei der historischen Quelleninterpretation. Augustus ist nicht denkbar ohne die Krise der römischen Republik, die Bemühungen, sie zu lösen und deren letztliches Scheitern. Er muss also in einem größeren Kontext gesehen werden. Einerseits kann sein Denken und Handeln nicht ohne ein vertieftes Verständnis römischer Verhaltens- und politischer Handlungsmuster verstanden werden. Andererseits schuf er Strukturen auch selbst, die zum Teil Jahrhunderte Bestand hatten. Wenn wir als heutige Historiker eine rein biographische Geschichtsschreibung vermeiden wollen, müssen wir eher die langlebigen Folgen seiner Herrschaft und ihrer Errungenschaften analysieren als seine Persönlichkeit, so faszinierend und unerklärlich sie uns auch scheinen mag.
Ganz eindeutig steht fest: Dieser sensible und brutale Mann, dieser Mann von höchster Kultur und bösartigstem Misstrauen, ausgestattet mit einem untrüglichen Sinn für Macht, ist eine der größten politischen Figuren der Weltgeschichte. Er legte die Grundlagen für das, was das römische Reich und die römische Kaiserzeit werden sollten, auf den Gebieten der Politik, der Verwaltung, der Armee und der Kultur und formte so ganz entscheidend die damals bekannte Welt für Jahrhunderte.

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Quellen-Hinweise
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Augustus Staatsakt

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Autor_in: Cassius Dio
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Cassius Dio 53,11,4-53,12,3 – Original

[4] οὔτ᾽ ἀπιστήσαντες διαβαλεῖν τε αὐτὸν καὶ ἐλέγξαι ἐτόλμων, οἱ μὲν ὅτι ἐφοβοῦντο, οἱ δ᾽ ὅτι οὐκ ἐβούλοντο. Ὅθενπερ καὶ πιστεύειν αὐτῷ πάντεςοἱ μὲν ἠναγκάζοντο οἱ δὲ ἐπλάττοντο. Καὶ ἐπαινεῖν αὐτὸν οἱ μὲν οὐκ ἐθάρσουνοἱ δ᾽ οὐκ ἤθελον, ἀλλὰ πολλὰ μὲν καὶ μεταξὺ ἀναγιγνώσκοντος αὐτοῦ διεβόωνπολλὰ δὲ καὶ μετὰ τοῦτο, μοναρχεῖσθαί τε δεόμενοι καὶ πάντα τὰ ἐςτοῦτο φέροντα ἐπιλέγοντες, μέχρις οὗ κατηνάγκασαν δῆθεν αὐτὸν αὐταρχῆσαι. [5] Καὶ παραυτίκα γε τοῖς δορυφορήσουσιν αὐτὸν διπλάσιον τὸν μισθὸν τοῦ τοῖς ἄλλοις στρατιώταις διδομένου ψηφισθῆναι διεπράξατο, ὅπως ἀκριβῆ τὴν φρουρὰν ἔχῃ. Οὕτως ὡς ἀληθῶς καταθέσθαι τὴν μοναρχίαν ἐπεθύμησε. [12, 1] τὴν μὲν οὖν ἡγεμονίαν τούτῳ τῷ τρόπῳ καὶ παρὰ τῆς γερουσίας τοῦ τε δήμου ἐβεβαιώσατο, βουληθεὶς δὲ δὴ καὶ ὣς δημοτικός τις εἶναι δόξαι, τὴν μὲν φροντίδα τήν τε προστασίαν τῶν κοινῶν πᾶσαν ὡς καὶ ἐπιμελείας τινὸς δεομένων ὑπεδέξατο, οὔτε δὲ πάντων αὐτὸς τῶν ἐθνῶν ἄρξειν, [2] οὔθ᾽ ὅσων ἂν ἄρξῃ, διὰ παντὸς τοῦτο ποιήσειν ἔφη, ἀλλὰ τὰ μὲν ἀσθενέστερα ὡς καὶ εἰρηναῖα καὶ ἀπόλεμα ἀπέδωκε τῇ βουλῇ, τὰ δ᾽ἰσχυρότερα ὡς καὶ σφαλερὰ καὶ ἐπικίνδυνα καὶ ἤτοι πολεμίους τινὰς προσοίκους ἔχοντα ἢ καὶ αὐτὰ καθ᾽ [3] ἑαυτὰ μέγα τι νεωτερίσαι δυνάμενα κατέσχε, λόγῳ μὲν ὅπως ἡ μὲν γερουσία ἀδεῶς τὰ κάλλιστα τῆς ἀρχῆς καρπῷτο, αὐτὸς δὲ τούς τε πόνους καὶ τοὺς κινδύνους ἔχῃ, ἔργῳ δὲ ἵνα ἐπὶ τῇ προφάσει ταύτῃ ἐκεῖνοι μὲν καὶ ἄοπλοικαὶ ἄμαχοι ὦσιν, αὐτὸς δὲ δὴ μόνος καὶ ὅπλα ἔχῃ καὶ στρατιώτας τρέφῃ.
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Cassius Dio 53,11,4-53,12,3

Leitfragen:

1) Welche neuen Regelungen trifft Augustus in dieser Senatssitzung?

2) Warum teilt Augustus die Provinzen des Reiches so auf, wie es Cassius Dio beschreibt?

3) Welche Informationen bietet die Quelle für das Verhältnis zwischen Senat und Augustus?

Kommentar:

Cassius Dio, ein aus Bithynien stammender Senator und Konsul aus severischer Zeit (geb. 164 n. Chr.), beschreibt uns in diesem Abschnitt seiner römischen Geschichte den berühmten Staatsakt Octavians aus dem Jahre 27 v. Chr., der als eines der politischen Meisterstücke des Princeps gilt.

Er hält eine lange Rede vor dem Senat, in der er diesem alle Kompetenzen, die er im Bürgerkrieg auf sich vereint hatte, zurückgibt und seine großen Taten für das römische Volk preist. Der Senat hat, berechtigterweise, Angst vor dem Mann, dem alle Armeen des Reiches direkt unterstehen und spielt das abgekartete Spiel mit, auch wenn eine Reihe von Senatoren Zweifel hat. Augustus lässt sich in diesem Staatsakt vom Senat die Alleinherrschaft „aufnötigen“ und kann somit später so tun, als wäre das nicht sein Ziel gewesen.

Dass alles von Anfang an geplant war, wird jedoch an den ersten Regelungen deutlich, die Cassius Dio überliefert. Zuerst sichert Octavian sich eine aufgrund doppelten Soldes höchst loyale Leibwache, was auch Cassius Dio als Merkmal der Monarchie ansieht. Im Anschluss daran teilt er die Provinzen des Reiches auf: Wo Probleme sind, übernimmt er die Macht, wo Frieden herrscht, gibt er die Provinzen in die Hände des Senates. Dies ist ebenfalls ein höchst geschickter Schachzug, denn so kann er behaupten, er habe sich doch selbst aller Probleme angenommen und die lukrativen Provinzen dem Senat abgetreten, während er in Wirklichkeit auf diese Weise weiterhin alle Truppen kontrolliert, denn die stehen in den umkämpften Grenzprovinzen, nicht in den befriedeten. Das persönliche Interesse der Senatoren wird ebenfalls deutlich: Bereicherung. Die Provinzen, die ihnen übertragen werden, sind die wohlhabendsten des Reiches, darunter Asia Minor. Es handelt sich um die Provinzen, in denen sie über das rücksichtslose Steuerpachtsystem enorme Summen von den Provinzialen erpressen können, ohne wirklich fürchten zu müssen, dafür belangt zu werden.

Dennoch, die Vorteile dieser Abmachung liegen eindeutig auf Augustus‘ Seite, und es ist offenkundig, dass der Senat aufgrund der militärischen Lage keine andere Wahl hatte als bei dieser Farce mitzuspielen.

Es ist dhttps://emanualaltegeschichte.blogs.uni-hamburg.de/wp-admin/post.php?post=526&action=editeutlich, dass Octavian kluge Schlüsse aus den Bürgerkriegen zog: Er gab die Truppen nicht aus der Hand, kam aber dem Senat in anderen Punkten entgegen. Er begrenzte vorgeblich diese Regelung auf zehn Jahre, ließ sie aber immer wieder erneuern; so verhinderte er den Eindruck, wie Cäsar eine lebenslange Diktatur/Alleinherrschaft anzustreben. Auch wenn jedem klar sein musste, dass dies sein Ziel war, musste man sich nicht, wie noch bei Cäsar, schlicht unterwerfen: Augustus bot dem Senat einen gesichtswahrenden Weg an, denn er wollte nicht das Schicksal seines Adoptivvaters teilen. Einen zweiten Marcus Antonius wusste er ebenfalls zu verhindern, indem er (dies erwähnt Cassius Dio später) den Senatoren den Besuch der kornreichen Provinz Ägypten untersagte. Diese lebenswichtige Provinz konnte er nur handverlesenen Leuten anvertrauen, den ritterlichen praefecti Aegypti; nicht ohne Grund war der praefectus Aegypti in der Kaiserzeit das höchste Amt der ritterlichen Laufbahn.

Im Staatsakt von 27 v. Chr. wird die ganze politische Raffinesse des ersten Princeps deutlich sowie seine Fähigkeit, aus den Fehlern der Vorgänger (Pompeius, Caesar, Marcus Antonius) zu lernen.

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Podcast-Hinweise
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Vergleiche zu seinem Verhältnis zum Senat auch die Umstrukturierung des Senates sowie die Verschwörung von 23 v. Chr. und zum Umgang der Statthalter mit ihren Provinzen das Edikt von Kyrene.

Augustus Prima Porta

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Augustus von Prima Porta

Leitfragen:

1 ) Wer sind die Adressaten der Statue?

2) Welche Botschaften möchte Augustus dem Betrachter mit der Statue übermitteln und was für Erkenntnisse kann man daraus über die Situation zur Zeit ihrer Herstellung gewinnen?

3) Welche Rückschlüsse lassen sich aus der Akzentsetzung der Statue auf die Gedankenwelt und Kultur der intendierten Betrachter ziehen?

Kommentar:

Beim Augustus von Prima Porta handelt es sich um eine der bekanntesten Statuen der Antike. Legt man ihren Hauptzweck, nämlich die Versinnbildlichung des Systems der augusteischen Propaganda, zu Grunde, kann man durchaus von einem langfristigen Erfolg sprechen. Dargestellt ist ein stehender, barfüßiger Augustus in Rüstung und Feldherrenmantel, neben seinem Bein ist ein kleiner Cupido auf einem Delphin abgebildet. Die Statue soll dem Betrachter eine Reihe von Botschaften übermitteln:

Erstens die Botschaft, dass Augustus von göttlicher Abstammung und beinahe selbst ein Gott ist. Der kleine Cupido auf seinem Delphin ist ein Hinweis auf seine Mutter, Venus, die gleichzeitig als mythische Ahnherrin der Familie der Julier fungiert, zu der Augustus nach seiner Adoption durch Julius Caesar gehört. Weiterhin ist er barfüßig dargestellt, dies ist gewöhnlich nur bei Götterstatuen der Fall.

Zweitens wird auf Augustus‘ militärischen Ruhm verwiesen, ein Ruhm den der oft kränkliche Princeps nicht selbst erwarb; bei seinem großen Sieg in Actium lag er höchstwahrscheinlich krank im Zelt. Er ist in Rüstung dargestellt und mit Feldherrenmantel über dem Arm, den rechten Arm in der Geste eines Feldherrn ausgestreckt, der zu seinen Truppen spricht. Links und rechts auf dem Brustpanzer finden sich die Darstellungen von Frauen, die Personifikationen Spaniens und Galliens, der neu unterworfenen Provinzen.

Drittens wird der größte diplomatische Erfolg des Princeps ins Zentrum der Darstellung gerückt. In der Mitte des Brustpanzers sieht man einen Parther, der einem Römer Legionsfeldzeichen überreicht. Es handelt sich dabei um die Feldzeichen, die die Parther im Jahre 53 v. Chr. nach der Schlacht von Carrhae erbeutet hatten. Bis zur Rückgabe der Feldzeichen war ihr Verlust eine „nationale“ Schmach für die Römer, die sie nicht vergessen konnten. 20 v. Chr. gelang es Augustus, die friedliche Rückgabe der Feldzeichen zu erwirken, was auch auf zahlreichen seiner Münzen geprägt wurde.

Viertens wird die Ära dauerhaften Friedens, die unter Augustus angeblich im Reich herrschte, auf dem Brustpanzer symbolisch geschickt präsentiert. Nach der Schlacht von Actium 31 v. Chr. waren zwar die inneren Bürgerkriege vorbei, aber damit herrschte mitnichten im gesamten Reich Frieden, denn vor allem in Germanien wurden Schlachten geschlagen, die berühmteste davon ist die Varusschlacht im Jahre 9 n. Chr., in der drei römische Legionen vernichtet wurden. Auf der Statue wird jedoch ein dauerhafter Frieden in Wohlstand präsentiert. Am unteren Ende des Panzers finden sich die Erdgöttin Tellus mit dem Füllhorn und zwei Kleinkinder, den Zeichen für Wohlstand und Fruchtbarkeit. Über allem thront oben Saturn, der symbolisch für ein vergangenes, goldenes Zeitalter steht, das durch Augustus erneuert wurde. Horaz hat 17 v. Chr. in seinem carmen saeculare zur Feier des neuen Jahrhunderts das neue goldene Zeitalter des Augustus ebenfalls gepriesen. Neben Saturn befinden sich Sol, Aurora und Luna, die Götter der Sonne, der Morgenröte und des Mondes, deren ewiger Kreislauf auf die ebenfalls ewige Dauer dieser goldenen Zeit und des römischen Reiches verweist.

Alle diese Aspekte und noch weitere sind in der Statue kondensiert, die wohl in der Villa der Livia, der Frau des Augustus, in Prima Porta stand, wo Besucher sie bestaunen konnten. Es wird davon ausgegangen, dass eine Bronzeversion dieser Statue Bestandteil der großen Säkularspiele von 17 v. Chr. war.

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Vergleiche zur Propaganda des Augustus auch den Tugendschild, die Textbeispiele aus den res gestae (I; II; III) sowie seine Münzprägungen und zum Thema des eben nicht dauerhaften Friedens im Reich auch den Bericht über die Gründung von Augusta Praetoria, den Bericht zu Varusschlacht und den Grabstein eines Gefallenen der Schlacht.

Augustus-Inschrift von Kyrene

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Übersetzung: Johannes Stoux und Leopold Wenger
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Übersetzung

Imperator Caesar Augustus, Pontifex Maximus, Inhaber der tribunizischen Amtsgewalt das neunzehnte Mal verkündet:
Folgenden Senatsbeschluß, gefaßt im Jahre der Konsuln C. Calvisius und L. Passienus in meiner Gegenwart und mit Unterschrift auch meines Namens, welche die Sicherung der Bundesgenossen und des römischen Volkes betrifft, habe ich, um ihn allen, denen unsere Fürsorge gilt, bekannt zu machen, beschlossen in die Provinzen zu senden und unter Verkündigung (die Autorität meines Ediktes) zu stelle, Daraus wird allen Bewohnern der Provinz offenbar sein, welche Fürsorge ich und der Senat darauf verwenden, daß keiner unserer Untertanen wider die Billigkeit etwas (ein Unrecht) zu erleiden hat oder einer Betreibung ausgesetzt ist.
Senatsbeschluß:
[…] Unsere Vorfahren haben Klagen wegen Rückforderung (erpreßter) Gelder durch Gesetz geschaffen, damit die Bundesgenossen um so leichter wegen erlittenen Unrechts gerichtlich vorgehen und als Opfer einer Erpressung ihr Geld wieder erlangen könnten. Weil aber die Sonderart dieser Gerichte unter Umständen besonders beschwerlich und lästig ist für diejenigen, um derentwillen doch das Gesetz gegeben wurde, da aus weit entlegenen Provinzen als Zeugen arme gelegentlich auch durch Alter oder Krankheit geschwächte Personen herangeschleppt werden mußten, so bestimmt der Senat: Wenn Bundesgenossen inskünftig nach Zustandekommen dieses Senatsbeschlusses Gelder, die ihrem Gemeinwesen oder Privaten durch Erpressung genommen wurden, zurückverlangen wollen, ohne jedoch den, der sie genommen hat, mit einem Kapitalprozess zu verfolgen, und von dieser Forderung (als Kläger) auftretend einem der Magistrate, der die Befugnis zur Einberufung des Senates besitzt, Anzeige erstatten,dann soll sie der Magistrat so bald als möglich vor den Senat führen und ihnen einen Fürsprecher stellen, der für sie vor dem Senat das Wort führen wird, und zwar den, den sie selbst sich ausbitten. Wider seinen Willen soll keiner, dem auf Grund der Gesetze das Recht zur Ablehnung dieser Leistung zusteht, Fürsprecher sein.
Worüber sie im Senate Anschuldigungen vorbringen, damit sie darüber (des nähern) vernommen werden, soll der Magistrat, der ihnen den Zugang zum Senate verschaffte, am gleichen Tage noch in Anwesenheit des Senates, und zwar in Mindestzahl von 200 Mitgliedern eine Losung vornehmen: [Es folgt ein langer Abschnitt über das Losverfahren. Abgelehnt werden sollen alle, die Blutsverwandte oder Feinde des Klägers sind.] Die bestellten Richter sollen ausschließlich in Bezug auf die Gelder Gehör geben und erkennen, deretwegen einer angeklagt wird als Erpresser an Gemeinden oder Privaten; und sie sollen genau die Summe Geldes, von der die Ankläger nachweisen können, daß sie ihnen, sei es dem Gemeinwesen oder Privaten, entrissen worden ist, zurückzuerstatten Befehl geben, unter der Auflage, daß die Richter innerhalb von 30 Tagen ihren Spruch fällen. […] Ferner beschließe der Senat, daß der Magistrat, der die Losung der Richter vorgenommen habe, oder im Falle seiner Behinderung, von den Konsuln der die Geschäfte Führende, den Vorsitz in diesem Verfahren habe und die Befugnis erteile, Zeugen zu laden, nur solche, die sich in Italien aufhalten, und unter der Bedingung, daß er demjenigen, der aus privater Schädigung etwas einklagt, nicht mehr als fünf, denen die aus Schädigung der Gemeinde klagen, nicht mehr als zehn zu laden verstatte. Desgleichen bestimme der Senat, daß die Richter, die auf Grund dieses Senatsbeschlusses zur Auslosung kommen, das Urteil, das sich ein jeder von ihnen bildet, öffentlich Kund geben, und daß, was die Mehrzahl kund getan, Geltung habe.“

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Inschrift vom Marktplatz von Kyrene

Leitfragen:

1) Welche konkreten Veränderungen werden vom Senat beschlossen und welche Rückschlüsse lässt dies auf die vorherige Situation zu?

2) Inwieweit verbessert sich die Situation der Provinzialen tatsächlich?

3) Warum ordnet Augustus diese Maßnahmen an?

Kommentar:

Die vorliegende Inschrift datiert in das Jahr 5/4 v. Chr. Sie ist an der Zählung der tribunizischen Amtsgewalt des Herrschers genau zu datieren: Augustus erhielt diese im Jahre 23 v. Chr., daher fällt sein neunzehntes Tragen dieser Amtsgewalt entweder in das Jahr 5 oder 4 v. Chr.

Aufgestellt wurde sie auf dem Marktplatz von Kyrene, gut sichtbar für alle Bewohner. Sie ist auf Griechisch abgefasst, in der Standardsprache der Osthälfte des Reiches.

Es handelt sich um die Bekanntgabe eines Senatsbeschlusses, der sich mit der Situation der Provinzialen befasst. Seit der Entstehung der Provinzen hatte es immer wieder berechtigte Beschwerden über ihre rücksichtslose Ausplünderung durch die römischen Statthalter gegeben. Der bekannteste Fall wird der des Gaius Lucius Verres sein, Statthalter in Sizilien und von Cicero 70 v. Chr. seiner Verfehlungen im Amt wegen angeklagt und für seine Plünderungen ins Exil geschickt. Aber er war beileibe nicht die Ausnahme, sondern eher der Regelfall. Von Caesar wissen wir, dass er beim Antritt seiner Statthalterschaft in Spanien im Grunde bankrott und hochverschuldet war, danach hatte er nicht nur seine Schulden getilgt, sondern kam als reicher Mann wieder.

Das vorliegende Edikt des Senates verbessert die Situation der Provinzialen bedeutend. Zwar werden sie weiterhin regelmäßig von ihren Statthaltern und Magistraten ausgebeutet, was der Senat mit seinem Beschluss gar nicht verhindern will. Es werden auch keine besonderen Strafen genannt, die den der Erpressung überführten Magistrat erwarten; er muss lediglich die Summe zurückzahlen, die er erpresst hat, von einer Strafzahlung oder gar dem Exil ist hier keine Rede.

Warum ist dieser Senatsbeschluss dennoch eine Verbesserung für die Provinzialen? Im Gegensatz zur Situation vorher, haben sie immerhin eine wesentlich verbesserte Möglichkeit, überhaupt gegen ausbeuterische Magistrate zu klagen. Das durften sie vorher zwar auch, aber sie mussten als Ankläger mit allen ihren Zeugen nach Rom kommen. Außer für besonders reiche Provinziale war es damit den meisten Reichsbewohnern faktisch unmöglich zu klagen, da sie weder die Mittel für die Reise aufbringen noch den Verdienstausfall möglicherweise eines ganzen Jahres in Kauf nehmen konnten. Ferner war ihre Aussicht auf Erfolg gering, weil die Senatoren ungerne ihre Standesgenossen aufgrund von Vergehen verurteilten, die sie selbst praktizierten. Diese Schwierigkeiten hatte schon Cicero in seinen Verres-Reden deutlich gemacht. Mit dem neuen Senatsbeschluss können die Ankläger jedoch einen Vertreter vor Gericht benennen, der für sie spricht – ebenfalls ein großer Vorteil für die breiteren Schichten, die keine rhetorische Ausbildung besaßen. Der Beschluss besagt, dass jeder Magistrat, der den Senat einberufen darf, als Vertreter fungieren kann, weshalb sich die Provinzialen ab diesem Zeitpunkt auch direkt an Augustus wenden konnten. Ebenso vorteilhaft war die Möglichkeit, nun einige der zuvor ausgelosten Richter ablehnen zu können.

Außerdem war es den Senatoren nicht mehr möglich, den Prozess ewig zu verschleppen, da das Gericht binnen 30 Tagen ein Urteil fällen musste, was die Verdienstausfälle für die Provinzialen besser kalkulierbar machte.

Auch wenn dieser Beschluss das Problem der Provinzausplünderung durch die Magistrate nicht beseitigte, so milderte er die Situation zumindest ab. Augustus hatte scheinbar erkannt, dass man den Menschen in den besetzten Gebieten entgegen kommen musste, um Aufstände zu verhindern. Die Fürsorge, die er zu Beginn anspricht, entspricht seiner Rolle als Patron der gesamten Reichsbevölkerung. 

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Vergleiche zur Rolle des Augustus als pater patriae auch den Bericht zur Veteranenansiedlung sowie die Statue des Augustus aus Prima Porta.

Clipeus Virtutis

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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Tugendschild des Augustus

Leitfragen:

1) Welche Botschaften lassen sich der Inschrift auf dem Tugendschild entnehmen?

2) Wieso stellt der Senat Augustus diesen Ehrenschild in seinem Sitzungssaal auf?

3) Welche Bedeutung hat der Tugendschild für die Propaganda des Augustus?

Kommentar:

Das vorliegende Objekt ist nur als Kopie auf uns gekommen. Das Original, ein im Sitzungssaal des Senates aufgestellter, goldener Schild ist verloren gegangen, erhalten hat sich jedoch eine Kopie aus Stein, die in Gallien gefunden wurde und sich heute im Museum von Arles befindet. Auch einige Darstellungen auf Münzen sind gefunden worden.

Die Inschrift des clipeus virtutis (Tugendschild) sollte jedem Senator beständig eine Reihe wichtiger Botschaften übermitteln, die eine zentrale Rolle in Augustus‘ Propaganda spielten.

Das Wichtigste ist der Beginn der Inschrift: SENATUS POPULUSQUE ROMANUS […] DEDIT CLIPEUM (Der Senat und das römische Volk gaben diesen Schild…). Hiermit drückt sich der Grundgedanke des Prinzipates aus: Angeblich liegt die Macht im Staat immer noch, bzw. wieder bei Senat und Volk, das dem Princeps Augustus aus freien Stücken wegen seiner Verdienste diese Ehrungen zuteil werden lässt. Dass die Macht de facto alleine bei Augustus lag, lässt sich ebenfalls erahnen, nämlich in den Titeln, die ihm zugewiesen wurden: IMP CAESARI DIVI F AUGUSTO COS VIII (dem Imperator Cäsar, dem Sohn des vergöttlichten Cäsars, Augustus, Konsul zum 8. Mal). Er ist nicht nur Imperator, also oberster Feldherr, sondern auch Nachkomme eines vergöttlichten Menschen, seines Adoptivvaters Julius Caesar. Außerdem trägt er den Titel, unter dem ihn heute die Allgemeinheit kennt: Augustus, der Erhabene. Nicht rex, dictator oder tyrannus, nicht einmal princeps, er nennt sich Augustus und deutet damit die subtile Art seiner Machtstellung an. Allerdings sieht man auch ganz konkrete Machtbefugnisse auf dem Schild, die deutlich machen, dass die Grundsätze der Republik mitnichten wiederhergestellt wurden: Augustus ist zu diesem Zeitpunkt zum 8. Mal Konsul. Eigentlich durfte dieses Amt erst mit 43 Jahren angetreten werden, er ist mit 36 nun schon acht Mal Konsul gewesen, obwohl eigentlich auch immer mindestens ein Jahr zwischen den Konsulaten liegen sollte.

Die wichtigste Propagandabotschaft dieses Ehrenschildes ist jedoch der Grund für seine Verleihung. Es ist der CLUPEUM VIRTUTIS CLEMENTIAE IUSTITIAE PIETATIS ERGA DEOS PATRIAMQUE (der Schild der Tapferkeit, Milde, Gerechtigkeit und Frömmigkeit gegenüber den Göttern und dem Vaterland). Alle diese Tugenden weisen deutlich auf den idealen Adligen der hohen Republik hin: Tapfer auf dem Schlachtfeld, mild dort, wo es nützt, gerecht, fromm und heimatliebend. Augustus werden alle diese Tugenden zugeschrieben und mehr noch: Durch den prominenten Aufstellungsort vor Augen der versammelten Nobilität im Senatssaal und seiner prächtigen, goldenen Erscheinung, wird jedem deutlich, dass Augustus diese Tugenden in einem Ausmaß repräsentiert, das von den normalen nobiles nicht erreicht werden kann. Er ist eindeutig Augustus, der Erhabene, und kein gewöhnlicher Mensch mehr.

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Vergleiche zur Propaganda des Augustus auch seine Münzprägungen, die Textbeispiele aus seiner Autobiographie (res gestae I; II; III) und die Statue des Augustus von Prima Porta. Zu seinem Verhältnis zum Senat ferner die Beschreibung des Staatsaktes und der Senatsumstrukturierung.

Res Gestae zu den Bürgerkriegen

 

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Res gestae Divi Augusti, 1-3

Leitfragen:

1) Wie stellt Augustus seine Rolle in den Bürgerkriegen dar?

2) Inwiefern ist sein Vorgehen rechtmäßig?

3) Wieso stellt Augustus in einer Monumentalinschrift diesen Teil seiner Autobiographie dar?

Kommentar:

Die res gestae Divi Augusti, also der Tatenbericht des ersten römischen Kaisers, sind eine sehr wertvolle Quelle für die Historiker, da wir hier die Selbstdarstellung eines Herrschers finden und viele Informationen zu seiner Herrschaft erhalten. Diese sind außerdem nicht durch Überlieferungsprobleme beeinflusst, da die Inschrift so erhalten ist, wie sie um 14 n. Chr. abgefasst wurde.

Augustus stellt hier eine Rechtfertigung seiner Teilnahme an der Bürgerkriegen dar, und wir müssen uns bei der Lektüre dieser Quelle immer vor Augen halten, dass wir hier Geschichtsschreibung aus der Hand des Siegers vor uns haben.

Seine eigene Rolle stellt er in ein sehr positives Licht. Er beschloss, dem bedrohten Staat zu helfen, stellte aus seinem Vermögen ein Heer auf, wurde in die ordnungsgemäßen Ämter gewählt, besiegte die Mörder seines Vaters, die Staatsfeinde, und richtete sie nach rechtmäßigen Prinzipien hin.

Soweit klingt alles relativ positiv, aber ein genauerer Blick fördert ein anderes Bild zu Tage. Nimmt man chronologisch den Anfang, so setzen die Ereignisse mit der Ermordung seines Adoptivvaters Caesar im Jahre 44 v. Chr. ein. Octavian stellt sie als ein Verbrechen dar, die Mörder Caesars sahen sich jedoch als Tyrannenmörder und Befreier des Staates von einer Diktatur und wurden so auch von nicht wenigen im Staat gesehen. Es beginnt dann ein Bürgerkrieg zwischen den Caesarmördern und den Nachfolgern des Diktators, Marcus Antonius und Octavian; die Schuld dafür schiebt Octavian vollkommen den Gegnern zu, ein beliebter Topos in der Geschichte. Man muss bedenken: Hätten die Caesarmörder bei Philippi gewonnen, dann würde heute möglicherweise eine Inschrift kursieren, die die Hinrichtung des Diktators Octavian preist – der Sieger schreibt hier, wie in vielen Fällen, die Geschichte.

Besonders interessant ist an dieser Quellenstelle, dass Augustus erwähnt, wie er sein Heer aufstellte. Ein Privatmann, der aus dem reichen Erbe Caesars und seinen Veteranen eine Armee formt, kann auch durchaus als Putschist gesehen werden – er stellt sich hier als Held dar. Er erwähnt nicht, dass niemand eine andere Wahl hatte, als ihn nach dem Tod der beiden Konsuln zum Konsul zu wählen, da er mit einem großen Heer vor Rom stand. Wer hätte ihm diesen Titel verweigern sollen, den er sich mit handfesten Drohungen holte? Noch zynischer ist die Behauptung, dass das zweite Triumvirat bestehend aus ihm, Marcus Antonius und Lepidus, rechtmäßig gewesen sei: Auch hier konnte niemand den drei Männern, die alle größeren Armeen befehligten, irgendetwas abschlagen. Ebenso unerwähnt bleibt, dass die „Rettung“ des Staates neben den erwähnten Schlachten durch groß angelegte Proskriptionen von Statten ging, also der Ermordung einer Vielzahl von politisch missliebigen Menschen. Darunter waren auch Republikaner wie Cicero, also Repräsentanten der staatlichen Ordnung, die Octavian angeblich rettete.

Die Gründe für die Erstellung dieser Inschrift liegen auf der Hand. Augustus möchte damit versuchen, die Kontrolle über die Darstellung der Bürgerkriege zu erlangen. Jahrzehnte nach ihrem Ende lebte ohnehin kaum noch jemand, der sie direkt miterlebt hatte und erst recht niemand, der Augustus‘ Version widersprochen hätte – diese gehörten alle zu den „inneren und äußeren Feinden“, die er beseitigt hatte. 

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Vergleiche zu Augustus Autobiographie auch die beiden anderen besprochenen Abschnitte aus den res gestae (I; II). Zu seiner Propaganda vergleiche auch seine Münzprägung. Zu den moralischen Gründen des Bürgerkriegs aus Sicht des Sallust vergleiche den entsprechenden Abschnitt.

Res Gestae zu den Ehrungen des Augustus

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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Res gestae Divi Augusti, 5,22,34-35

Leitfragen:

1) Welche Ehrungen besaß Augustus zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Inschrift?

2) Wie viel Macht besaß der Princeps durch diese Ehrungen im Staat?

3) Warum ließ Augustus gerade diese Ehrungen in einer großen Inschrift an einem Tempel in Ancyra anbringen?

Kommentar:

Die res gestae Divi Augusti, also der Tatenbericht des ersten römischen Kaisers, sind eine sehr wertvolle Quelle für die Historiker, da wir hier die Selbstdarstellung eines Herrschers finden und viele Informationen zu seiner Herrschaft erhalten. Diese sind außerdem nicht durch Überlieferungsprobleme beeinflusst, da die Inschrift so erhalten ist, wie sie um 14 n. Chr. abgefasst wurde.

Welche Titel und Ehrungen nennt Augustus? Zuerst einmal sind hier die tatsächlichen Ämter zu nennen. Zum einen der Konsulat, den er dreizehnmal bekleidete, sowie die cura annonae, die Aufsicht über die Getreideversorgung der Hauptstadt, die er nach eigenen Angaben in wenigen Tagen abschloss. Die Zahl seiner Konsulate wäre für republikanische Verhältnisse unmöglich gewesen, besonders weil man dieses Amt erst mit 43 antreten konnte – Augustus trat sein erstes Konsulat mit 19 Jahren an! Die Getreideversorgung war ein extrem wichtiges Amt, denn über sie konnte der Princeps sich die Dankbarkeit der städtischen Bevölkerung sichern. Andere Ämter lehnte er demonstrativ ab, darunter den dauerhaften Konsulat und die Diktatur auf Lebenszeit, hier hatte er aus dem Beispiel seines ermordeten Adoptivvaters Caesar gelernt. Als zweite Gruppe von Ehrungen nennt er die Spiele, die er ausrichten durfte, weit mehr, als es in der Republik möglich gewesen wäre. Öffentliche Spiele, insbesondere in der hier beschriebenen Größenordnung, begeisterten das Volk und sicherten dem jeweiligen Stifter Rückhalt und Beliebtheit. Die dritte Gruppe schließlich sind die interessantesten Ehrungen, denn sie sind die, die seiner Rolle als Princeps am ehesten entsprechen: Er überragt alle an Ehre, aber (angeblich) nicht an Amtsgewalt. Die Bürgerkrone und die Quadriga auf dem (von ihm erbauten) Forum, sind traditionell republikanische Ehrungen, die für besondere Verdienste um den Staat selten verliehen wurden. Die Quadriga ist jedoch insofern besonders, als dass meistens „nur“ ein Reiterstandbild verliehen wurde und kein ganzer Streitwagen mit vier Pferden. Der Lorbeer um seine Tür weist auf den Lorbeerkranz des Triumphators, des siegreichen Feldherren, hin, jedoch verewigt Augustus diesen Ruhm: Während republikanische Triumphatoren nur einmalig geehrt wurden, blieb sein Ruhm dauerhaft erhalten. Der Ehrenschild in der Senatshalle macht allen Senatoren immer wieder deutlich, wie groß Macht und Einfluss des Princeps tatsächlich waren. Die Krönung der Ehrungen ist sein neuer Name, Augustus, der Erhabene. Durch diesen Namen wurde er in jeder Anrede ein wenig aus dem Kreis normalsterblicher Menschen herausgehoben und seine Machtstellung in der alltäglichen Praxis gezeigt.

Waren einzelne dieser Ehren auch aus der Republik bekannt, so stellte ihre Ansammlung in den Händen eines Mannes eine so herausragende Stellung dar, dass kein anderer im Staat auch nur annähernd an ihn heranreichen konnte. Anders als Caesar, der auf direkte Machtausübung durch die Amtsgewalt eines Diktators gesetzt hatte und damit gescheitert war, setzte Augustus auf subtilere Methoden. Durch alle diese Ehrungen musste der Senat sich stets der Meinung des Princeps anschließen, insbesondere sein Tugendschild in der Senatshalle mahnte ständig an seine Stellung. De iure mag Augustus nicht mehr Macht besessen haben als andere, de facto ging alle Macht von ihm aus, insbesondere, da das gesamte Heer auf ihn vereidigt war und den wichtigsten Teil seiner Klientel darstellte.

Durch die Anbringung dieser Monumentalinschrift an einem großen Tempel der Provinz machte Augustus für alle Bürger des Reiches seine Stellung noch einmal deutlich.

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Für den Tugendschild des Augustus vergleiche den entsprechenden Text, für die Propaganda auch den Augustus von Prima Porta, ebenso die beiden anderen Texte aus den res gestae (I; II). Außerdem zu ähnlichen Themen der Staatsakt des Augustus, sowie sein Verhältnis zum Senat, ausgedrückt im Senatsumbau.

Res Gestae zur Außenpolitik

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Res gestae Divi Augusti, 25-33

Leitfragen:

1) Welche außenpolitischen Erfolge führt Augustus hier auf?

2) Welcher grundlegende Plan des Augustus lässt sich in diesen Maßnahmen erkennen?

3) Wie erfolgreich ist die augusteische Außenpolitik zu bewerten und wie groß war der eigene Anteil des Augustus daran?

Kommentar:

Die res gestae Divi Augusti, also der Tatenbericht des ersten römischen Kaisers, sind eine sehr wertvolle Quelle für die Historiker, da wir hier die Selbstdarstellung eines Herrschers finden und viele Informationen zu seiner Herrschaft erhalten. Diese sind außerdem nicht durch Überlieferungsprobleme beeinflusst, da die Inschrift so erhalten ist, wie sie um 14 n. Chr. abgefasst wurde.

In dem hier behandelten Abschnitt der res gestae beschreibt Augustus die Erfolge seiner Außenpolitik. Diese lassen sich in mehrere Kategorien einteilen: Beendigung der Bürgerkriege, Arrondierung des römischen Territoriums, Beseitigung von Fremdherrschaften innerhalb der Grenzen und diplomatische Erfolge. In die erste Kategorie fällt der Eid, den ganz Italien und das Heer auf ihn leisteten – mit diesem Eid machte sich der Princeps gewissermaßen zum Patronus der gesamten Bevölkerung. Bei Actium beendete er die Bürgerkriege dann als Sieger, was er auch erwähnt. Die Arrondierung des Territoriums fällt besonders ins Auge. In Germanien, Gallien und Spanien schob Augustus die Grenzen des Reiches bis an den Ozean vor, was die Grenzsicherung ebenso stark vereinfachte wie die Verwaltung. Ägypten und Kyrene fallen ebenfalls in diese Kategorie, denn sie schließen die römische Herrschaft über das Mittelmeer ab, es ist nun wirklich ein Mare Nostrum der Römer geworden. Besonders Ägypten als Kornkammer des Mittelmeeres ist für Rom überlebenswichtig, nicht ohne Grund verbieten Augustus und seine Nachfolger den Senatoren, diese Provinz zu betreten: Sie wollen verhindern, dass jemand noch einmal Rom so mit Nahrungsmittelembargos unter Druck setzt wie Sextus Pompeius von Sizilien aus. Zur Beseitigung von „Fremdherrschaften“ innerhalb der Grenzen zählen die erwähnten Seeräuber, die Aufstände entlaufener Sklaven auf Sizilien und keltische Alpenstämme. Offenbar ist es Augustus ein Anliegen, die Kontrolle Roms über seine Provinzen zu vertiefen. Zu den diplomatischen Erfolgen gehören neben der Etablierung eines abhängigen Klientelkönigtums Armenien als Pufferstaat zum Partherreich auch die Rückgabe der verlorenen Feldzeichen auf diplomatischem Wege. Der Verlust dieser Feldzeichen, insbesondere der, die Crassus 54 v. Chr. bei Carrhae an die Parther verloren hatte, stellten eine „nationale“ Schande dar, die Augustus nun ausmerzte, was beispielsweise auch auf Münzen gefeiert wurde.

Augustus scheint ein kluges Programm verfolgt zu haben, indem er die Grenzen des Reiches zwar erweiterte, aber durch die Arrondierung gleichzeitig den Aufwand für die Grenzsicherung verminderte. Die Beseitigung innerer Feinde und Rivalen sorgte für den Bestand der vielbeschworenen pax Augusta. Kriege und Konflikte mit Großmächten wie den Parthern vermied der Princeps, stattdessen wurden kleinere Feinde bekämpft und besiegt. Auch war er nicht immer darauf aus, Provinzen um jeden Preis einzurichten, wie man an den Beispielen Armenien und Dakien sieht.

Auf den ersten Blick ist diese Liste an Erfolgen beeindruckend. Absichtlich werden die entlegensten Gebiete (Germanien und die Arabia Felix beispielsweise) angeführt, zu denen Augustus die Macht ausgedehnt habe. Aber nicht alles ist so erfolgreich, wie er es hier beschreibt. Zum einen wurde weder in der Arabia Felix, noch in Dakien, Armenien oder dem jenseitigen Germanien eine dauerhafte Herrschaft oder Kontrolle eingerichtet. Zum anderen fehlt der Hinweis darauf, dass Augustus nicht nur Feldzeichen zurückgewann, sondern auch welche verlor, nämlich in der Varusschlacht, der größten Katastrophe seiner Amtszeit. Insgesamt war die Außenpolitik des ersten Princeps jedoch höchst erfolgreich, auch weil er sich seine Gegner ebenso klug aussuchte wie seine Generäle, denn Augustus‘ eigenes militärisches Geschick war gering; viele seiner Siege, so beispielsweise der bei Actium, wurden von Agrippa erkämpft, ohne den die Liste der „augusteischen“ Erfolge sicher bescheidener ausgefallen wäre.

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Siehe zu den internen Kriegen auch den Bericht der res gestae zum Bürgerkrieg, den Suetons zu den Bürgerkriegen und den Strabons zur Ansiedelung von Veteranen. Zur Friedenspropaganda des Augustus siehe auch den Augustus von Prima Porta und die Münzen des Augustus.

Romanisierung unter Augustus

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
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ILN III 243-245

Leitfragen:

1) Welche Informationen über die bestatteten Personen lassen sich aus römischen Grabinschriften wie diesen entnehmen?

2) Was kann man über den gesellschaftlichen Status der Bestatteten und ihre Einstellungen aus den Quellen erfahren?

3) Ist es legitim, diese drei Grabsteine aus der (wahrscheinlich) nachaugusteischen Zeit als Beleg für eine „Romanisierung“ unter Augustus zu sehen und falls ja, warum?

Kommentar:

Diese drei Grabsteine, die zu einem Monument aus der Gallia Narbonensis gehören und in die frühe Kaiserzeit zu datieren sind, liefern uns einige wesentliche Informationen über den frühen, augusteischen Ansatz dessen, was früher „Romanisierung“ genannt wurde. Ein Teil lässt sich aus den römischen Namen erfahren. Demnach haben wir es mit römischen Bürgern zu tun; sie sind in einen Stimmbezirk (Tribus) eingegliedert, haben die drei typischen römischen Namen (tria nomina) (Lucius Domitius Celer zum Beispiel). Aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Familie der Domitier kann man annehmen, dass ihnen das Bürgerrecht von einem Mitglied dieser Familie verliehen wurde.

Ganz offensichtlich gehören diese drei Männer, wahrscheinlich Brüder, zur lokalen Oberschicht. Sie haben nicht nur das Geld, sich diese aufwändigen Grabsteine fertigen zu lassen, sondern sind offenbar reich genug, um Mitglieder des Ritterstandes zu sein, für den man einen Mindestzensus von 400.000 Sesterzen aufweisen musste.

Beide haben außerdem Karriere nach römischer Art gemacht, sie haben beide beim römischen Militär gedient, Celer war zusätzlich noch der Anführer der Pioniere seiner Truppe (praefectus fabrum) und Macer hat, wahrscheinlich nach Dienstende, das Amt des örtlichen Pontifex, also ein Priesteramt bekleidet.

An diesen Brüdern kann man eindeutig erkennen, dass Teile der gallischen Oberschicht sich nicht nur schnell mit der Provinzeinrichtung ab 118 v. Chr. abfanden, sondern sich integrieren wollten, nach römischer Art Karriere machten und schon früh das Bürgerrecht erhielten. Da ihr Vater und sogar der Vater ihrer Mutter bereits das Bürgerrecht hatten, kann man davon ausgehen, dass auch sie wohl im Heer gedient und dafür mit dem Bürgerrecht entlohnt wurden. Denkbar ist auch, dass die Familie schon um 100 v. Chr. romfreundlich war und möglicherweise von Cn. Domitius Ahenobarbus selbst, dem Begründer der provincia Narbonensis, das Bürgerrecht erhielt. Damit wären diese Brüder bereits in der dritten oder vierten Generation römische Bürger gewesen, erstaunlich früh, da es sich um Inschriften aus der frühen Kaiserzeit handelt.

Und offensichtlich sind sie nicht ohne Stolz diesen Ämterweg gegangen, den sie auf ihre Grabsteine schreiben lassen, die zu Lebzeiten (VIVOS) aufgestellt wurden.

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Siehe zu römischen Grabsteinen aus augusteischer Zeit auch den des Marcus Caelius und zum Umgang Augustus‘ mit den Provinzen auch das Edikt von Kyrene.

Senatsumbau des Augustus

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Cassius Dio
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Cass. Dio. 52, 42, 1-7 – Original

καὶ μετὰ ταῦτα τιμητεύσας σὺν τῷ Ἀγρίππᾳ ἄλλα τέ τινα διώρθωσε καὶ τὴν βουλὴν ἐξήτασε. Πολλοὶ μὲν γὰρ ἱππῆς πολλοὶ δὲ καὶ πεζοὶ παρὰ τὴν ἀξίαν ἐκτῶν ἐμφυλίων πολέμων ἐβούλευον, ὥστε καὶ ἐς χιλίους τὸ πλήρωμα τῆς γερουσίας αὐξηθῆναι.[2] τούτους οὖν ἐκκρῖναι βουληθεὶς αὐτὸς μὲν οὐδένα αὐτῶν ἀπήλειψε, προτρεψάμενος δέ σφας ἐκ τοῦ συνειδότος τοῦ τε γένους καὶ τοῦβίου δικαστὰς ἑαυτοῖς γενέσθαι τὸ μὲν πρῶτον πεντήκοντά που ἔπεισεν ἐθελοντὰς ἐκστῆναι τοῦ συνεδρίου, ἔπειτα δὲ καὶ ἄλλους ἑκατὸν καὶ τεσσαράκοντα μιμήσασθαί σφας ἠνάγκασε.[3] Καὶ αὐτῶν ἠτίμωσε μὲν οὐδένα, τὰ δ᾽ ὀνόματατῶν δευτέρων ἐξέθηκε: τοῖς γὰρ προτέροις, ὅτι μὴ ἐχρόνισαν ἀλλ᾽ εὐθὺς ἐπει θάρχησάν οἱ, ἀφῆκε τὸ ὀνείδισμα, ὥστ᾽ αὐτοὺς μὴ ἐκδημοσιευθῆναι. Οὗτοιμὲν οὖν ἑκούσιοι δῆθεν ἰδιώτευσαν, Κύιντον δὲ δὴ Στατίλιον καὶ πάνυ ἄκοντα τῆς δημαρχίας, ἐς ἣν ἀπεδέδεικτο, εἶρξεν. [4] Ἑτέρους τέ τινας βουλεύειν ἐποίησε,καὶ ἔς γε τοὺς ὑπατευκότας δύο ἄνδρας ἐκ τῶν βουλευόντων, Κλούουιόν τέτινα καὶ Φούρνιον Γαΐους, ἐγκατέλεξεν, ὅτι προαποδεδειγμένοι οὐκἠδυνήθησαν, ἄλλων τινῶν τὰς ἀρχὰς αὐτῶν προκαταλαβόντων, ὑπατεῦσαι.
[5] τό τε τῶν εὐπατριδῶν γένος συνεπλήθυσε, τῆς βουλῆς οἱ δῆθενἐπιτρεψάσης τοῦτο ποιῆσαι, ἐπειδὴ τό τε πλεῖστόν σφων ἀπωλώλει ῾οὐδὲν γὰρ οὕτως ὡς τὸ γενναῖον ἐν τοῖς ἐμφυλίοις πολέμοις ἀναλίσκεταἰ καὶ ἐς τὴν ποίησιν τῶν πατρίων ἀναγκαῖοι ἀεὶ εἶναι νομίζονται. [6] Ταῦτά τε οὖν ἔπραξε, καὶπροσαπεῖπε πᾶσι τοῖς βουλεύουσι μὴ ἐκδημεῖν ἔξω τῆς Ἰταλίας, ἂν μὴ αὐτός τινι κελεύσῃ ἢ καὶ ἐπιτρέψῃ. Καὶ τοῦτο καὶ δεῦρο ἀεὶ φυλάσσεται: πλὴν γὰρ ὅτι ἔς τε τὴν Σικελίαν καὶ ἐς τὴν Γαλατίαν τὴν περὶ Νάρβωνα, οὐδαμόσε ἄλλοσε βουλευτῇ ἀποδημῆσαι ἔξεστιν. [7] Ἐκεῖσε γὰρ διά τε τὸ σύνεγγυς καὶ διὰ τὸ ἄοπλον τό τε εἰρηναῖον τῶν ἀνθρώπων δέδοται τοῖς γέ τι κεκτημένοις αὐτόθι καὶ ἄνευ παραιτήσεως,ὁσάκις ἂν ἐθελήσωσιν, ἀπιέναι.

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Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Tobias Nowitzki
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Cass. Dio. 52, 42, 1-7

Leitfragen:

1) Welche Maßnahmen ergreift Augustus, um den Senat nach seinen Vorstellungen neu zu strukturieren?

2) Welche Rückschlüsse lassen sich aus der Quelle auf die Situation im Senat vor der Umgestaltung durch Augustus ziehen?

3) Inwiefern geht Augustus bei der Senatsumstrukturierung anders vor als Sulla oder Cäsar, die es bereits im großen Maßstab getan hatten?

Kommentar:

Augustus ist nicht der erste, der den Senat umstrukturierte, das hatten vor ihm in republikanischer Zeit bereits Sulla und Cäsar getan. Mit Augustus jedoch entsteht der Senat des Prinzipates. Der Senat, den er vorfindet, ist ein anderes Gremium als das, von dem noch Cicero etwa 15 Jahre zuvor gesprochen hatte. Die meisten Mitglieder der alten republikanischen Familien waren ermordet worden oder im Kampf gefallen. Dennoch war der Senat vor Augustus‘ Eingreifen mit 1000 Mitgliedern weit zahlreicher als mit den 600 zur Zeit Ciceros. Der Grund dafür liegt auf der Hand, denn in den Bürgerkriegen waren diverse Günstlinge der jeweiligen Machthaber in den Senat gekommen, beispielsweise durch Pompeius, Cäsar oder Marcus Antonius. Unter diesen waren, so Cassius Dio, auch viele, die die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Senat nicht erfüllten, da sie als Ritter, oder, schlimmer noch für die Senatoren, Gemeine, den nötigen Steuerzensus nicht erfüllten. Diese siebt Augustus als erstes aus, wobei scheinbar wenig Rücksicht darauf genommen wird, ob sie nicht vielleicht fähigere Senatoren abgegeben hätten als manch anderer, der nur durch seinen Reichtum diesem Gremium angehörte. Er ersetzt sie sogleich mit eigenen Günstlingen, womit er sich einen hörigen Senat schafft, denn die 190, die er aus dem Gremium entfernt, werden mit Sicherheit auch viele seiner Gegenspieler und Feinde eingeschlossen haben.

Gleichzeitig gibt er dem Senat etwas, das ihm enorm wichtig ist: Er gibt dem Gremium das Selbstwertgefühl als „Adel“ des Reiches zurück. Als Zensor ist es seine Amtsaufgabe, den Senat zu überprüfen und er wird bei den Entlassungen auf schlechten Lebenswandel oder niedere Herkunft der Personen hingewiesen haben. So konnten die übrigen Senatoren sich selbst wieder als die Aristokratie sehen, die endlich von in ihren Augen unwürdigen Elementen befreit war. Dass die alte republikanische Oberschicht im Wesentlichen ausgelöscht war, spielte dabei eine eher untergeordnete Rolle.

Mit der Verleihung des Rederechtes gewesener Konsuln an die zwei genannten Personen lenkt Augustus auch das Prozedere des Senates wieder in geordnete Bahnen und gibt ihm einen republikanischen Anstrich: Wer Konsul gewesen war, redete zuerst in der Debatte!

Anders als Cäsar oder Sulla gibt Augustus seinen Maßnahmen einen verharmlosenden Anstrich, mit dem er kaschiert, dass er nichts anderes als seine Vorgänger tut, wenn er den Senat nach eigenem Gutdünken umbaut und mit Personen besetzt, die ihm zu Dank verpflichtet sind.

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Podcast-Hinweise
Sehen Sie zu dieser Quelle auch den Podcast „Augustus“. Um einen breiteren Einblick in die Römische Kaiserzeit zu erhalten, sehen Sie auch die Podcastreihe „Römische Geschichte II – Kaiserzeit“.
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Siehe zum Verhältnis zwischen Augustus und Senat auch den Staatsakt, den Tugendschild, sowie den Bericht zur Verschwörung von 23 v. Chr. und das Edikt von Kyrene.