Gschnitzer, F., Griechische Sozialgeschichte […]

Gschnitzer, F., Griechische Sozialgeschichte. Von der mykenischen bis zum Ausgang der klassischen Zeit, Stuttgart: Steiner 22013, 150-208.

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Leitfragen

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Josephine Jung
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1) Gschnitzer legt zu Beginn des Textes die theoretische Grundlage seiner Untersuchung. Die klassische athenische Gesellschaft sei in Stände aufgeteilt (Textseite 151). Er beschreibt den Stand der Sklaven (Textseiten 153-156), den der Fremden (Textseiten 156-161) und den der Bürgerschaft (Textseiten 161-163). Erläutern Sie in je zwei Sätzen, deren kennzeichnende Merkmale.

2) Ein Großteil der Ausführungen bezieht sich auf den Faktor Wirtschaft. Nennen Sie die zwei großen wirtschaftlichen Betätigungsfelder im klassischen Athen (Textseiten 161-163) und beschreiben Sie diese in wenigen Worten.

3) Die wirtschaftliche Tätigkeit eines Bewohners von Athen war nicht direkt durch seinen Stand rechtlich vorgeschrieben. Das bedeutete, die Tätigkeiten konnten von allen Ständen ausgeführt werden (Textseiten 163-172). Erläutern Sie konkret an einem Beispiel die Überschneidung, die Ihnen persönlich besonders aufgefallen ist und erklären Sie warum.

4) Zwar ist die Tätigkeit eines freien griechischen Mannes eben nicht per Gesetz vorgeschrieben, aber es herrschte eine moralische Idealvorstellung. Welche nennt Gschnitzer und warum war sie seiner Meinung nach nicht nur ein Ideal, sondern zum Großteil auch Realität (Textseiten 172-178)?

5) Gschnitzer definiert auf der letzten Seite (Textseite 208) nur kurz den Begriff „athenische Demokratie“. Was versteht er Ihrer Meinung nach unter dem Phänomen und inwieweit steht seine Definition in Verbindung zum „System der Stände“ (u.a. Textseite 151) und den jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten der Bewohner Athens?

Kommentar

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Autor_in: Josephine Jung
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Forschungstradition des Autors

Prof. em. Dr. Fritz Gschnitzer († 27. Nov 2008) lehrte an der Universität Heidelberg das Fach Alte Geschichte. Er forschte vor allem zur griechischen Geschichte. Sein Fokus lag u.a. auf der mykenischen Schriftkunde, sogenannte Linear B-Schrift, auf den griechischen Inschriften sowie auf griechischen Staatsverträgen. Er sah den wichtigen Ursprung des antiken Griechenlands in der mykenischen Frühgeschichte, welche er auch in seiner Monographie zur Sozialgeschichte weitreichend erörtert.

Zur Monographie

Mit der 1981 erschienenen Monographie betrat Gschnitzer in der Forschung Neuland. Er nutzte den damals aktuellen soziologischen Zugang basierend auf der Theorie einer Ständegesellschaft bestehend aus Sklaven, Fremden und freien Bürgern. Heute wird die antike Sozialgeschichte von zahlreichen zusätzlichen Perspektiven aus den Sozialwissenschaften ergänzt. Altertumswissenschaft und Soziologie befruchten sich folglich immer noch. Gefragt wird heute nach Aspekten von Geschlecht, Emotionen, Sexualität, Gewalt oder Ritualen. Hervorzuheben ist, dass sein Zugang zur Sozialgeschichte vor allem auch durch eine politische und wirtschaftliche Perspektive geprägt ist. Das Werk ist im Jahr 2013 in einer zweiten, nahezu unveränderten Auflage, die auch hier verwendet wurde, mit einer ergänzenden Bibliographie erschienen. Es ist noch immer ein Standardwerk.

Erläuterung missverständlicher, schwieriger und wichtiger Stellen für das Textverständnis

Zu Anfang seiner Ausführungen weist Gschnitzer inhaltlich auf vorherige Kapitel hin. Das vorliegende Kapitel ist das letzte in der Monographie. Er spricht zu Beginn von einer hohen Anzahl an unfreien Bauern, welche von Solon, einem großen Reformer, befreit wurden (Textseiten 150-151). Er beschreibt damit den Schuldenerlass, die sogenannte Seisachtheia. Athenische freie Bürger hatten sich selbst und ihr Land in letzter Instanz aufgrund sehr hoher Schulden in ein Abhängigkeitsverhältnis zum Gläubiger begeben, um ihre Schulden zu tilgen. Dies war jedoch zumeist aufgrund der Höhe der Schulden nicht möglich. Sie verblieben daher in dieser Schuldknechtschaft. Solon beendete diese Praxis per Gesetz.

Grundsätzlich sollte im Hinblick auf die gesamte Darstellung betont werden, dass Athen als klassischer Stadtstaat in der Forschung vielfach im Vordergrund steht. Auch wenn Gschnitzer beständig auf andere Stadtstaaten wie Theben und natürlich Sparta verweist, so bleibt Athen immer der Hauptbezugspunkt, da Athen für den Historiker die Polis mit der besten Quellenlage ist.

Weiterhin ergänzt Gschnitzer sein Stände-Modell durch antik-griechische soziale Ordnungsprinzipien der wirtschaftlichen Tätigkeit und des Einkommens (Textseiten 161-163). Bezüglich der wirtschaftlichen Tätigkeit werden Handwerk und landwirtschaftliche Tätigkeiten im weitesten Sinne unterschieden. Das Ordnungsprinzip Einkommen wird nicht direkt in Geldwert gemessen, sondern an der Verfügungsgewalt über Grund und Boden. Nicht der wohlhabende freie Bürger, war auch der angesehene und reiche Bürger. Reich war der „Besitzende“, der freie Eigentümer eines Stücks Land, welches er selbst bewirtschaften konnte. Die „Besitzlosen“ waren hingegen arm, völlig unabhängig von der Höhe ihres Einkommens.

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass nicht der vermeintlich gut begüterte Bürger als Handwerker oder Händler reich war, er war ein πένης (penes), ein Mann, der für sein tägliches Auskommen arbeiten musste. Der mit vergleichsweise niedrigem Einkommen lebende freie Bauer mit seinem kleinen Stück Land war hingegen πλούσιος (ploúsios) – reich. Dass diese Darstellung nicht immer mit einem weitreichenden politischen Einfluss deckungsgleich war, betont Gschnitzer (Textseiten 163-178).

Deutlich tritt bei Gschnitzer eine Fragestellung hervor, die Ende des 19. Jahrhunderts im Zuge der Industrialisierung und der damit einhergehenden Verarmung großer Bevölkerungsteile erstmals gestellt wurde. Er stellt fest, dass die Schere zwischen Arm und Reich im 4. Jahrhundert immer weiter aufging und er fragt, warum die Demokratie als Staatsform des Stadtstaates Athen diese Entwicklung nicht verhindern konnte. Er spricht von einem nicht eingesetzten Nivellierungsprozess (Textseiten 179-180). Er meint damit, dass die athenische Demokratie als System der gleichberechtigten Partizipation an der politischen Willensbildung selbst Vermögensunterschiede hätte ausgleichen sollen.

Diese moderne Fragestellung ist selbstverständlich an Gschnitzers Zeithorizont gebunden. Diese Forschungsperspektive ist jedoch nicht mit den Anforderungen der Athener an ihr eigenes politisches System gleichzusetzen. Gschnitzer hebt am Ende seiner Ausführungen selbst deutlich hervor, dass den Athenern die Idee einer finanziell egalitären Demokratie fremd war. Es sind uns keine geplanten Änderungen der ökonomischen und sozialen Strukturen bekannt. Zwar stand es jedem Bürger frei, unabhängig von seinem Vermögen jedes politische Amt bekleiden zu können, jedoch waren die höheren Ämter meist von den Vermögenden und Gebildeten besetzt. Nur sie waren zu diesen Ämtern auch befähigt und in der finanziellen Lage, diese Ämter, zumeist Ehrenämter, zu übernehmen (Textseiten 170, 179-187).

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Gehrke, H.-J., Alexander der Grosse […]

Gehrke, H.-J., Alexander der Grosse, München 62013, 85-101 (Kapitel IV und V).

 

Leitfragen

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Autor_in: Jan Seehusen
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1) Beschreiben Sie, wie Alexander sein Reich nach der Rückkehr vom Indienfeldzug konsolidierte (Textseiten 85-86).

2) Beschreiben Sie die den Ablauf der Massenhochzeit von Susa und erläutern Sie den von Gehrke angesprochenen Symbolcharakter, den die Hochzeit besaß (Textseiten 87-88).

3) Erklären Sie, warum das Dekret Alexanders, die Verbannten in die griechischen Städte zurückkehren zu lassen, für Verwirrung in den griechischen Poleis des Mutterlandes sorgte, und skizzieren Sie die Beziehungen Griechenlands zu Alexander am Ende seines Lebens (Textseiten 89-92).

4) Charakterisieren Sie das Königtum Alexanders (Textseiten 92-94) und gehen Sie besonders auf den persönlichen Zuschnitt der Herrschaft auf Alexander ein. Ziehen Sie ggf. den Podcast „Alexander“ (Hellenismus) heran.

5) Erklären Sie Gehrkes Deutung von Alexanders Persönlichkeit (Textseiten 98-100). Nehmen Sie danach unter Heranziehung eigener Beispiele Stellung zur folgenden These des Autors: „Gerade Alexander ist ein gutes, vielleicht das beste Beispiel dafür, daß in der Tat ganz erhebliche Veränderungen von welthistorischer Bedeutung durch das Handeln eines Individuums möglich sind“ (Textseite 99).

Kommentar

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Forschungstradition des Autors

Prof. Dr. em. Hans-Joachim Gehrke ist für die Erforschung der griechischen Antike einer der führenden Althistoriker im deutschsprachigen Raum. Nach Promotion und Habilitation bei Alfred Heuß in Göttingen wurde Gehrke zunächst auf eine Professur an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, dann an die FU Berlin berufen. Von 1987 bis 2008 hatte er den Lehrstuhl für Alte Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg inne. Zu seinen wichtigsten Monographien zählen neben dem Auszug aus dem vorliegenden Band die ‚Geschichte des Hellenismus‘ und ‚Geschichte der Antike – Ein Studienbuch‘.

Erläuterung missverständlicher, schwieriger und wichtiger Stellen für das Textverständnis

Der vorliegende Textauszug setzt am Ende von Alexanders Leben ein: Nach dem Ende des Indienfeldzuges im Jahre 324 galt es zunächst, das riesige Reich, das sich von Griechenland über Ägypten und Syrien bis nach Indien spannte, zu befrieden. Gehrke schildert zu Anfang die Aufstände der Söldnertruppen und Satrapen, die Alexander rasch und energisch niedergeschlagen habe (Textseite 85-86).

Charakteristisch für das Verständnis von Alexander ist die ebenfalls auch von Gehrke betonte Verbindung makedonischer und iranischer Herrschaftsrepräsentation, die sich nach Meinung des Autors besonders in der Massenhochzeit von Susa zeige (Textseite 87). Alexander sei mit etwa neunzig seiner engsten Gefolgsleute und 10.000 Soldaten Ehen mit Frauen aus der persisch-iranischen Spitze eingegangen; die Partnerschaften, die Makedonen bereits mit einheimischen Frauen führten, seien ebenfalls legalisiert worden (Textseiten 87-88). Der Herrscher selbst habe Stateira, die älteste Tochter des Dareios III., und Parysatis, die Tochter des Vorgängers Artaxerxes III., geheiratet. Nach einer genauen sozialen Rangabstufung hätten nun die Gefolgsleute des Herrschers auch Ehefrauen erhalten, so vermählte sich Hephaistion als engster der Hetairoi (Gefährten) mit einer anderen Tochter des Dareios. Entgegen früherer Meinungen deutet Gehrke die Massenhochzeit jedoch nicht als „generelle Verschmelzungspolitik“ (Textseite 88), sondern als „Rekrutierungsreservoir“ (Textseite 88), da die Nachkommen, die aus den Ehen hervorgegangen seien, als „Funktionseliten für Regierung und Militär“ (Textseite 88) dienen sollten.

Die Verbindung makedonischer und iranischer Herrschaftselemente führte sogar zu einer Aufstockung des Heeres mit iranischen Einheiten, die der makedonische Teil des Heeres mit Unbehagen betrachtete (Textseite 88). Dass Alexander seinen Beschluss, weitere Makedonen zu entlassen und als Veteranen anzusiedeln, gegen den entschiedenen Protest des Heeres durchsetzte, verdeutliche nach Gehrke den Zuschnitt der Herrschaft auf die absolute Figur des Königs Alexander (Textseite 89). Im Folgenden erläutert Gehrke dies im Hinblick auf das Königtum Alexanders in einer Art Herrschaftspyramide (Textseiten 92-93): Im Allgemeinen habe Alexander unterschiedliche lokale Traditionen der sehr heterogenen Bevölkerungsgruppen toleriert. Den Zusammenhalt im Reich hätte die makedonisch-iranische Elite garantieren sollen, die eng miteinander und vor allem auch durch freundschaftliche Bande mit dem König verbunden war. Unerreichbar habe an der Spitze jedoch Alexander als König gestanden, der in einer „‘Egokratie‘“ (Textseite 93) unbeschränkt über personelle und materielle Ressourcen verfügen konnte.

Kennzeichnend für Gehrkes Alexanderbild ist die Betonung des pothos, „des inneren Antrieb[s]“ (Textseite 100) des Herrschers, der die Eroberung des riesigen Reiches erst möglich gemacht habe. Alexander sei stets auf das Handeln der Heroen und Götter fixiert gewesen, habe sich selbst zu diesen zugehörig gefühlt und sein Handeln immer wieder auf diese bezogen (vgl. die Textseiten 98-100). Dieser Drang, Großes zu vollbringen und zu schaffen, sei eng mit einer Sachlogik gepaart gewesen, die zu professionellen militärischen Strategien und performativen Inszenierungen wie die Massenhochzeit in Susa geführt habe (vgl. Textseite 99): In dieser Kombination seien erst die Eroberung des Reiches und die vielfältigen Akkulturationsprozesse, die vor allem Alexanders Städtegründungen hervorriefen, möglich gewesen.

Funke, P., Athen in klassischer Zeit […]

Funke, P., Athen in klassischer Zeit, München: Beck ³ 2007, S. 14-29; 58-69.

 

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Autor_in: Josephine Jung
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1) Funke erläutert die neue demokratisch-politische Struktur der athenischen Polis mit einem Schaubild (Textseiten 18-21). Versuchen Sie in wenigen Sätzen zu erklären, was Phylen, Trittyen und Demen sind und warum diese neue Struktur des Stadtstaates demokratischer war als die Vorherige.

2) Geschaffen wird ein neues Verfahren zur Verhinderung von Korruption, Landesverrat und Bestechung – der Ostrakismos -. Worin sehen Sie jeweils den größten Vor- und Nachteil des neuen politischen Machtmittels Ostrakismos (Textseiten 21-23)?

3) Fassen Sie zusammen: Welche politischen Organe werden geschaffen, die ein demokratisches Mitspracherecht der männlichen freien Bürger möglich machen (Textseiten 21-25)?

4) Funke erläutert die genauen Rahmenbedingen für das politische Mitspracherecht bei den Athenern. Nennen Sie die Bedingungen für den Status eines athenischen Vollbürgers und erläutern Sie mindestens drei gesellschaftliche Vorteile für Vollbürger außerhalb der politischen Sphäre (Textseiten 58-61). Vergleichen Sie diese Darstellung vor allem auch mit den Nachteilen für Sklaven und Fremde (Textseiten 63-66).

5) Funke erörtert die besonderen wirtschaftlichen Rechte und Pflichten für Vollbürger (Textseiten 61-62). Worin bestehen für Sie die drei größten Unterschiede zwischen den sozialen und kulturellen Verpflichtungen des deutschen Staates gegenüber seinen Bürgern (z.B. Sozialhilfe, Rente, Straßenbau, Rundfunk, Theater) und den Leiturgien der Athener?

Kommentar

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Forschungstradition des Autors

Prof. Dr. Peter Funke lehrt seit 1988 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster das Fach Alte Geschichte. Es ist Experte für die griechische Geschichte. Er forscht vor allem zur politischen Geschichte sowie zur Verfassungsgeschichte und greift dabei gleichzeitig immer auf die soziale Wirklichkeit zurück. Darüber hinaus ist er der griechischen Epigraphik stark verbunden. Sein Werk ‚Athen in klassischer Zeit‘ ist in der Reihe ‚Wissen‘ vom Beck Verlag bereits in der dritten Auflage erschienen.

Erläuterung missverständlicher, schwieriger und wichtiger Stellen für das Textverständnis

Zu Beginn des Textabschnittes greift Funke auf die vorherige politische Struktur der Tyrannis zurück (Textseiten 15-16). Er erläutert, in welcher Weise die Tyrannis den Weg für die Demokratie geebnet hatte. Die athenische Tyrannis, die Vorherrschaft eines Mannes vor allen anderen adligen Familien in Athen, ermöglichte eine lange Friedenszeit seit der Mitte des 6. Jhs. v. Chr. Der Tyrann Peisistratos veränderte die bestehenden politischen Strukturen für die freien Bürger und die Adligen nicht. Er hatte lediglich eine Vormachtstellung. Diese Friedenszeit war jedoch an einen charismatischen Herrscher gebunden, der die Machtkämpfe der Adligen in die richtigen Bahnen zu lenken wusste. Die Söhne des Peisistratos Hippias und Hipparchos konnten diese Herrschaft des Vaters nicht behaupten. Sie wurden für die Bevölkerung Athens zum Sinnbild des machthungrigen Tyrannen.

Der zweigeteilte Textausschnitt behandelt zunächst die politischen Entwicklungen Athens während des Umbruchs zur Demokratie mit dem Ende des 6. Jhs v. Chr. Funke erläutert detailliert die besondere Bedeutung der veränderten politischen Organisation der athenischen Bürger (Textseiten 17-20). Wichtig ist es hervorzuheben, dass das alte politische Ordnungssystem, das gentilizische, auf großen Familien- bzw. Ahnenverbänden basierte. Funke behauptet, dieses System sei fiktiv (Textseite 17). Er meint damit, dass sich ein Familienverband, gemeint ist hier eine sehr große Gruppe an Menschen zu mehreren 1000 Personen, über einen bestimmten fiktiven Ahnvater oder eine Familie definierte. Die neue Ordnung, die von Kleisthenes eingeführt wurde, durchbricht diese Strukturen indem neue territoriale Ordnungssysteme geschaffen wurden, die nicht zwingend auf lokaler Nähe beruhten, sondern vor allem die gleiche Anzahl an Vollbürgern für jede Verwaltungseinheit garantieren sollten (Textseiten 20-22)

In diesem Zusammenhang kann auch die Veränderung der politischen Strukturen bereits unter Solon im frühen 6. Jh. v. Chr. näher erläutert werden. Solon wurde dazu berufen, grundlegende Reformen durchzuführen. Am politischen System des frühen Athens änderte er, wie Funke kurz erwähnt, die Möglichkeit der Teilhabe an der Polis. Solon knüpft sie an das Vermögen der Bürger (Textseite 17). Er teilte die Bürger in vier Vermögensklassen ein, wobei er bereits auf vorherige Strukturen zurückgriff. Solon gab jedoch jedem Bürger, abgestuft nach Einkommen, ein politisches Mitspracherecht. Die größte Gruppe unter der Bevölkerung war die vierte, die der Theten. Diese Gruppe hatte das Recht an den Vollversammlungen teilzunehmen, dort selbstverständlich abzustimmen und Richter zu sein. Weitere Ämter waren ihnen jedoch verwehrt. Durch Kleisthenes‘ Reformen hatten alle Bürger mehrere Vertreter ihrer Gemeinde im Rat, die für sie sprechen konnten (Textseite 23). Zuvor konnte sich jeder nur durch seine eigene Stimme selbst in der Vollversammlung vertreten.

Funke führt anschließend die Rechte und Pflichten der athenischen Bürger aus. Er nennt den Besuch des Theaters ein Privileg des athenischen Bürgers (Textseiten 60-61). Das Besondere am Thea-terbesuch war im 4. Jahrhundert jedoch nicht der gewährte Zutritt, sondern die Besoldung für den Besuch. Der athenische Vollbürger musste also für seinen Besuch keinen Eintritt zahlen, sondern die Polis subventionierte die Teilhabe. Es handelte sich gewissermaßen um eine politische Erziehung und einen Dienst am Gemeinwesen.
Weiterhin erläutert Funke auf Textseite 62, dass die Leiturgien, die Finanzierung von verschiedenen öffentlichen Aufgaben durch wohlhabende Bürger und Fremde, immer teurer wurden. Eine einzige Leiturgie, zum Beispiel die Finanzierung eines Festes, teilweise für die gesamte Polis, wurde so aufwendig und teuer, dass ein einzelner Bürger oder Fremder, trotz seines hohen Vermögens, diese Last nicht mehr tragen konnte. Das sogenannte Symmorien-System des 4. Jahrhunderts, welches Funke nennt, fing dieses Ungleichgewicht auf. Eine Symmorie bestand aus einer festen Anzahl von Bürgern mit jeweils unterschiedlich hohem Vermögen. Als Gruppe verfügten sie aber über das gleiche Vermögen wie alle anderen Symmorien. Lasten wurden somit gleichmäßiger verteilt.

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Flaig, E., Politisierte Lebensführung […]

Flaig, E., Politisierte Lebensführung und ästhetische Kultur: eine semiotische Untersuchung am römischen Adel, in: Historische Anthropologie 1, 1993, 193-217.

 

Zum Artikel

Der folgende Artikel markiert in herausragender Weise die Wende zur Kulturanthropologie in der Alten Geschichte und wurde deshalb ausgewählt. Später musste der Autor nach einem Forschungsdiskurs, der sich um diesen Artikel entspann, jedoch einige Hypothesen zurücknehmen. Die Ergebnisse dieser Forschungsdiskussionen schlugen sich nieder in folgender Publikation: Flaig, E., Ritualisierte Politik: Zeichen, Gesten und Herrschaft im Alten Rom, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2004

Leitfragen

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1) Fassen Sie in höchstens fünf Sätzen das Thema des Aufsatzes zusammen, das E. Flaig im ersten Kapitel beschreibt (1. Politisches System und plebeischer Gehorsam, Textseiten 193-197).

2) Beschreiben Sie, wie ein römischer Adliger in der Öffentlichkeit stets seine Toga zu tragen hatte und erläutern Sie, inwiefern die Toga seitens der römischen Adligen ein „semiotisches Angebot an die Unterschichten“ (S. 202) war (Textseiten 202-203).

3) Definieren Sie das römische Klientel wie seine Besonderheiten (Textseite 210) und stellen Sie die ersten zwei Konsequenzen dar, die sich für den Patron im Umgang mit dem Beherrschten ergeben (Textseite 211).

4) Auf der Basis der römischen Klientel stellt Flaig sieben verschiedene Verhaltensweisen dar, mit denen der römische Adel sich das Wohlwollen der Plebs sichern und zu militärischen Opfern anspornen konnte (Textseiten 211-213). Beschreiben Sie die Verhaltensweisen unter 4., 5. und 6. und erklären Sie, wie diese Verhaltensweisen den Adligen zum Wohlwollen der Plebs verhalfen.

5) Viele Forscher sprechen davon, dass sich das Militärwesen in der Zeit der Krise der Römischen Republik entscheidend veränderte: Feldherren rüsteten besitzlose Proletarier zu Soldaten aus, sicherten deren Versorgung und wurden demnach zu deren Patronen, die Proletarier wiederum zur Klientel der Feldherren (vgl. Podcast V: Sulla und die Bürgerkriege). Erläutern Sie vor dem Hintergrund des Aufsatzes von E. Flaig die Auswirkungen, die diese Veränderung des Militärwesens für die Interessen der Feldherren mit sich brachte. Nennen Sie danach ein Beispiel für eine solche Beziehung in der Krise der Römischen Republik.

 

Kommentar

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Forschungstradition des Autors

Prof. Dr. em. Egon Flaig war bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2014 auf dem Lehrstuhl für Alte Geschichte an der Universität Rostock tätig. Kennzeichnend für Flaigs Forschung ist insbesondere sein interdisziplinäres Arbeiten, das Theorien aus der Soziologie und Anthropologie für die Alte Geschichte fruchtbar zu machen sucht. Aufgrund von Flaigs Beschäftigung mit der politischen Geschichte im Römischen Reich wird seine Herangehensweise daher auch als ‚politische Anthropologie‘ bezeichnet. Flaig nimmt neben seiner fachlichen Arbeit äußerst rege an öffentlichen Diskursen teil; beispielhaft sei an dieser Stelle nur sein Essay ‚Der Islam will die Welteroberung‘ genannt, der die Öffentlichkeit polarisierte.

Im vorliegenden Aufsatz ist von großer Bedeutung, dass der Verfasser das Konzept der Semiotik (d.h. der Zeichenlehre) auf die Epoche der Römischen Republik anwendet. Wie können bestimmte politische Handlungsweisen des Römischen Adels als zeichenhaft, d.h. symbolisch, verstanden werden? Der Autor erhofft sich durch die Anwendung dieser Theorien ein tieferes Verständnis der politischen Kommunikation und römischen Kultur (vgl. Textseite 193).

Erläuterung missverständlicher, schwieriger und wichtiger Stellen für das Textverständnis

Als Ausgangspunkt einer Erklärung für die militärische Opferbereitschaft der Plebs fokussiert Flaig sich auf ‚Performanzen‘ des Adels, d.h. dessen öffentliche Inszenierung, die das Ziel hatte, die Plebs von der Rechtmäßigkeit der adligen Herrschaft zu überzeugen und die Opferbereitschaft für die militärischen Unternehmungen des Adels aufrecht zu erhalten (Textseite 197). Im Folgenden betrachtet Flaig pro Kapitel verschiedene Felder dieser Performanzen, welche die Zeichenhaftigkeit der politischen Kultur in der Römischen Republik verdeutlichen.

Voraussetzungsreich ist dabei das Kapitel ‚2. Agonalität und Rangklassensystem‘, in dem man den Unterschied zwischen dem griechischen und römischen Adel verstehen muss. Der griechische Adel war im Gegensatz zum römischen von der Archaik an durch ‚Agonalität‘ geprägt, d.h. durch die Konkurrenz der Adelsmitglieder in verschiedenen Bereichen (Kampf, Sport, musische Künste). Da sich ein römischer Adliger nicht durch diese Agonalität, sondern durch das von ihm innegehabte Amt im Zuge der Ämterlaufbahn (cursus honorum) qualifizierte, meint Flaig, dass sich „Konkurrenz, Rivalität und Streit“ (S. 198) in Rom auf die politischen Ämter beschränkt hätten und damit von Anfang an stärker limitiert gewesen seien als in Griechenland.

Flaig versucht auch in den anderen Kapiteln, Unterschiede zwischen dem antiken Griechenland und Rom und die daraus folgende Zeichenhaftigkeit der Inszenierung des römischen Adels deutlich werden zu lassen. Nachfolgend wird auf einzelne Kapitel verwiesen: Römische Kleidung sei im Gegensatz zu griechischer differenzierter gewesen und habe auf den sozialen Status und das politische Amt ihres Trägers hingedeutet (Kapitel 3); darüber hinaus sei die römische Ahnenverehrung im Gegensatz zum griechischen Totenkult durch den Vergleich eines römischen Adligen mit seinen Vorfahren geprägt gewesen (Kapitel 4). Im Rahmen dessen wurde der römische Adlige seitens der römischen Aristokratie und der Plebs an seinen Verdiensten um die res publica, d.h. den römischen Staat, im Vergleich mit seinen Vorfahren gemessen. Das Bemühen der adligen Nachfahren, es ihren Verwandten gleichzutun, inszenierte den römischen Adel in den Augen der Plebs als Träger einer umfassenden politischen Fürsorge wie Verantwortung für die Gemeinschaft (Textseiten 203-207).

Das Kernstück von Flaigs Artikel ist das römische Klientelwesen, auf dessen Definition der Autor nur kurz zu sprechen kommt (Textseite 210), welches aber für das Verständnis der römischen Gesellschaft von eminent wichtiger Bedeutung ist. Das zentrale Merkmal des römischen Klientelwesens ist das wechselseitige Nah- und Treuverhältnis zwischen einem Patron und einem Klienten. Der Patron (Schirmherr) wahrte die Interessen seines Klienten, z.B. vor Gericht, während der Klient sich zu Dienstleistungen, wie dem leiblichen Schutz des Patron, verpflichtete. Flaig meint nun, in sieben verschiedenen „charakteristischen Gesten“ (S. 211) des römischen Adels, die im oben genannten Sinne als zeichenhaft zu verstehen sind, zeige sich das römische Klientelwesen. Diese sieben Gesten erläutert er auf den Folgeseiten (Textseiten 211-213).

Christ, K., Sulla. Eine römische Karriere […]

Christ, K., Sulla. Eine römische Karriere, München: Beck 42011, 122-155. (V. Diktatur und VI.I Wirkung. Die Destruktion der sullanischen Ordnung)

 

Leitfragen

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Jan Seehusen
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1) Fassen Sie in höchstens vier Sätzen das Ziel, die Motivation und den Charakter des Sullanischen Gesetzeswerkes zusammen, das der Diktator um 80 v. Chr. erließ (Textseiten 122-124).

2) Skizzieren Sie im Folgenden das Reformwerk Sullas im Hinblick auf den Senat, die Magistrate, die Ritter, die Plebs, die Volkstribune, die Gerichtshöfe und die römische Religion (Textseiten 124-130). Erläutern Sie anschließend, inwiefern diese zu einer Stärkung der senatorischen Macht führten.

3) Schildern Sie die Lage nach Sullas Tod und gehen Sie dabei besonders auf die Rolle des Pompeius ein (Textseiten 140-145). Erläutern Sie dann, in welchen Bereichen das Sullanische Gesetzeswerk zurückgenommen wurde (Textseiten 146-147) und in welchen es Bestand hatte (Textseite 154).

4) Christ geht in dem vorliegenden Auszug ebenfalls darauf ein, dass spätere Feldherrn und Lenker der späten Römischen Republik ähnlich wie Sulla handelten. Der Autor schreibt: „Sullas Handeln wurde dann in den neuen Bürgerkriegssituationen von 49 und 43 v. Chr. in erschreckender Weise wiederholt oder zumindest geplant“ (Textseite 154). Beurteilen Sie dieses Zitat im Zusammenhang mit den Protagonisten, die Sie aus dieser Zeit kennen. Ziehen Sie bei Unsicherheiten ggf. den Podcast 6 (Römische Republik) zu Rate.

Kommentar

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Forschungstradition des Autors

Prof. Dr. Karl Christ (†) war Professor für Alte Geschichte an der Universität Marburg. Nach dem Studium und der Promotion in Tübingen und Zürich habilitierte er sich 1959 in Marburg, wo er danach den Lehrstuhl für Alte Geschichte innehatte. Trotz Rufen an die Universitäten Aachen und Zürich forschte und lehrte er dort bis zu seiner Emeritierung 1988.

Christs großes Vermächtnis, das er der Alten Geschichte hinterlassen hat, besteht vor allem in der Veröffentlichung von Standardwerken wie der ‚Römischen Geschichte‘, die bis heute in Studium, Forschung und Lehre Eingang finden. Christ, der vor seinem Studium bis 1944 im Kriegsdienst war und danach in sowjetische Gefangenschaft geriet, beschäftigte sich ebenfalls mit der Geschichte des Nationalsozialismus; sein akademischer Schüler Volker Losemann wurde über die Rolle des Fachs Alte Geschichte im Nationalsozialismus promoviert.

Erläuterung missverständlicher, schwieriger und wichtiger Stellen für das Textverständnis

Karl Christ widmet sich in seinem vorliegenden Buchauszug einer prominenten Gestalt der späten Römischen Republik, deren Handeln für andere Potentaten dieser Zeit wegweisend werden sollte: Lucius Cornelius Sulla. Als römischer Konsul stieg Sulla im cursus honorum der Republik auf und konnte sich gegen den popularen Politiker und Feldherrn Marius durchsetzen, um den Oberbefehl im Krieg gegen Mithridates VI. zu erhalten. Für Sullas Handeln ist erstens sein erster Marsch auf Rom von Bedeutung, den er vollzog, um sich dieses Oberbefehls zu versichern und politische Gegner kaltzustellen. In einer bisher beispiellosen Grausamkeit fanden die ersten Proskriptionen statt: die Verfolgung und Ermordung politischer Gegner, deren Vermögen daraufhin eingezogen wurde.

Der vorliegende Textauszug setzt nach dem Krieg gegen Mithridates (auch der 1. Mithridatische Krieg) ein. Als Sulla sich in erneuten Schlachten und einem zweiten Marsch auf Rom gegen weitere politische Oppenenten durchgesetzt hatte, erließ er sein Gesetzeswerk, das Althistoriker bis heute beschäftigt. Kennzeichnend für die sogenannten leges Corneliae ist Sullas Handeln als Optimat, d.h. als konservativer Politiker der Senatorenschicht. Sullas Gesetze, denen seine Stellung als vom Senat offiziell ernannter Diktator zugrunde gelegen habe (Textseite 122), seien nicht mit dem Ziel zur Errichtung einer „absoluten Monarchie“ (Textseite 122), sondern zur Restitution der aristokratischen Machtstellung (v.a. des Senats) erlassen worden (Textseite 122). Dementsprechend seien ebenfalls alte Traditionen respektiert und beibehalten, aber auch ergänzt worden (Textseite 123). Insgesamt lasse sich deutlich erkennen, dass es keine „Summe von Einzel- oder Fallentscheidungen“ (Textseite 123), die Sulla traf, sondern dass die Gesetze Teil eines umfassenden Corpus mit der eben erläuterten Motivation waren (Textseiten 123-124).

Dies soll an ausgewählten Stellen deutlich gemacht werden, die Christ bespricht. Der Senat sei die bedeutendste Institution unter Sulla geworden; Christ verdeutlicht dies daran, dass die Zahl der Senatsmitglieder auf 600 erhöht worden sei (Textseite 124). Alle 20 Quaestoren, d.h. die Magistrate mit dem niedrigsten Amt, seien nach dem Ablauf ihrer einjährigen Amtszeit automatisch in die Körperschaft aufgenommen worden (Textseite 124). Der Konsulat sei unter dem Diktator ebenfalls gestärkt worden: Allein die Zunahme der Kompetenzen des Senats, den der Konsul leitete, verdeutliche dies (Textseite 126). Wichtige weitere Maßnahmen Sullas seien ebenfalls die Beschneidung des Volkstribunats, das vor Sulla ein Vetorecht für die Gesetze des Senats besaß, und die ausschließliche Besetzung der Gerichtshöfe für Straftatbestände mit Senatoren gewesen (Textseite 128-129).

Christ ist deutlich um eine differenzierte Beurteilung der Sullanischen Reformen bemüht und wendet sich etwa gegen die in der Forschung verbreitete Meinung, das Volkstribunat sei durch Sulla „völlig kupiert“ (Textseite 128) worden. Dennoch kann er nicht umhin auszuführen, dass Sullas Handeln von seinen Nachfolgern vielfach kopiert und so der Fall der Republik beschleunigt wurde (Textseiten 152-153). Führt man sich bekannte Beispiele vor Augen, steht an vorderster Stelle die Überquerung des Rubicon durch Caesar und dessen Marsch auf Rom im Jahre 49 v. Chr., als der Senat vom Feldherrn die Niederlegung seines Konsulates und die Auflösung seines Heeres forderte. Was die unter Sulla erstmals durchgeführten Proskriptionen betrifft, so ist vor allem auf den Terror des Zweiten Triumvirats, bestehend aus Marcus Antonius, Octavian und Lepidus, hinzuweisen, dem als berühmteste Figur Cicero 43 v. Chr. zum Opfer fiel.

 

 

Alföldy, G., Römische Sozialgeschichte […]

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1) Alföldy beginnt in dem hier wiedegegebenen Auszug damit, den Strukturwandel innerhalb der Römischen Gesellschaft im zweiten Jahrhundert v. Chr. zu beschreiben. Stellen Sie in eigenen Worten die Führungsposition des römischen Adels (Textseiten 63-67), den zunehmenden Einfluss der römischen Ritter (Textseiten 68-70), den Niedergang des römischen Bauerntums (Textseiten 71-73) und die Lage der römischen Sklaven (Textseiten 75-79) dar.

2) Auf den Folgeseiten (79-82) wird der Weg in die Krise der Römischen Republik skizziert. Nennen und erläutern Sie mindestens drei der Hauptfaktoren, die in die Krise führten.

3) In der heutigen althistorischen Forschung wird kaum noch von einer ‚Revolution‘ als Bezeichnung für die kontinuierlichen Bürgerkriege Roms zwischen 133-30 v. Chr. gesprochen. Der Begriff ‚Krise‘ hat sich dahingegen vielfach etabliert. Beschreiben Sie in Bezug auf Alföldys Darstellung (Textseiten 85-87), warum sich der Begriff ‚Revolution‘ nicht zu eignen scheint.

4) Nennen Sie die vier Haupttypen der Konflikte während der Krise der Römischen Republik (Textseite 87). Begründen Sie anschließend, warum der vierte Haupttyp die meisten und blutigsten Konflikte der Römischen Republik auslöste (Textseiten 88-89). Ziehen Sie bei Unsicherheiten ggf. den Podcast 4 (Römische Republik) zu Rate.

5) Zählen Sie die Sklavenkriege Roms (Textseiten 90-92) und die Konflikte Roms mit der unterdrückten Bevölkerung aus den Provinzen (Textseiten 93-94) auf. Erläutern Sie dann, warum diese Aufstände keine Veränderungen innerhalb des römischen Gesellschaftssystems hervorriefen.

6) Alföldy schreibt:

„Ferner wurde der soziale Inhalt der Konflikte zwischen Optimaten und Popularen immer stärker in den Hintergrund gedrängt, während die Bedeutung der Frage nach der politischen Macht auf Schritt und Tritt zunahm, bis am Schluss nur noch um die Herrschaft einzelner politischer Gruppierungen und vor allem ihrer Führer gerungen wurde.“ (Textseite 88)

Erklären Sie dieses Zitat im Hinblick auf die im Textauszug weiter hinten geschilderten politischen Konflikte der Römischen Republik ab den Heeresreformen des Marius (Textseiten 100-107).

Kommentar

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Jan Seehusen
Lizenz: CC-BY-NC-SA

Forschungstradition des Autors

Prof. Dr. Géza Alföldy (†) zählt zu den herausragenden Forschern der Alten Geschichte aus den letzten Jahrzehnten. Nach Professuren in Bonn und Bochum war er von 1975-2002 Professor für Alte Geschichte an der Universität Heidelberg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählten unter anderem die Römische Epigraphik und die Römische Sozial-, Heeres- und Verwaltungsgeschichte. Alföldy wirkte in vielfacher Hinsicht für die Alte Geschichte, neben der Vielzahl der betreuten Promotionen und Habilitationen ist der Aufbau der Epigraphischen Datenbank Heidelberg hervorzuheben (http://edh-www.adw.uni-heidelberg.de/home?lang=de), die über 70.000 lateinische Inschriften aus den Provinzen des Römischen Reiches beinhaltet. Zu Alföldys breitem literarischen Œuvre, das mehrere Standardwerke beinhaltet, zählt die ‚Römische Sozialgeschichte‘, aus der der folgende Auszug entnommen ist.

Erläuterung missverständlicher, schwieriger und wichtiger Stellen für das Textverständnis

Alföldy widmet sich in diesem Textauszug einem vielbeachteten Themenkomplex der althistorischen Forschung; der sogenannten ‚Krise‘ der Römischen Republik, die eine lange Kette von Bürgerkriegen im Zeitraum von 133-30 v. Chr. beschreibt und politisch in der Etablierung des römischen Kaisertums unter Augustus, dem ersten römischen Kaiser, mündet. Al-földy beschreibt an dieser Stelle, inwiefern die Krise aus dem Zusammenhang zwischen den römischen Expansionen in Ost und West, insbesondere nach dem Zweiten Punischen Krieg (218-201 v. Chr.), sowie den sozialen Verschiebungen innerhalb der römischen Schichten und den daraus resultierenden Konflikten zu erklären ist.

Zentral für das Verständnis der Krise sind dabei die Strukturmerkmale, die nach Alföldy die verschiedenen römischen Schichten im zweiten Jahrhundert v. Chr. aufweisen. Innerhalb des römischen Adels habe die Nobilität, eine Elite von ungefähr 25 Familien, hartnäckig die höchsten Ämter der Römischen Republik, die Prätur und den Konsulat, in ihrer Hand behalten; Rittern sei ein Aufstieg zu diesen Ämtern kaum möglich gewesen (Textseiten 63-65). Neben diesem Reibungspotenzial, das zu Unzufriedenheit wirtschaftlich mächtiger, aber politisch machtloser Familien geführt habe (Textseiten 65-67), hätten die Mitglieder der Nobilität selbstverständlich auch untereinander um die Macht im Staat konkurriert.

Der wirtschaftliche Aufstieg des Ritter- und Senatorenstandes ging laut Alföldy allerdings zulasten der Unterschichten, von denen hier exemplarisch die Lage der Bauern geschildert wird (Textseiten 71-79). Infolge des Zweiten Punischen Krieges habe sich die Lage der Bauern erheblich verschlimmert: Der Blutzoll im Krieg gegen Hannibal sei riesig gewesen und die Kriegsjahre hätten zu einer Zerstörung der landwirtschaftlichen Geräte und zur Schlachtung des Viehs geführt (Textseiten 71-72). Hinzu kam eine ganz eigene Entwicklung, auf die Alföldy mehrfach zu sprechen kommt, da sie von entscheidender Bedeutung ist: Großgrundbesitzer kauften mit ihren finanziellen Mitteln die Agrarflächen der Bauern auf, worauf diese ihrerseits ihrer Existenzgrundlage beraubt waren und in großer Zahl nach Rom strömten oder sich als Tagelöhner auf den riesigen Latifundien der Großgrundbesitzer verdingten (Textseiten 72-73). Die Präsenz der besitzlosen Bauern in Rom sowie die Bildung eines dortigen Proletariats habe seinerseits für großen Sprengstoff innerhalb der Hauptstadt des Reiches gesorgt.

 

Unter anderem die Frage, wie mit der Lage der Bauern umzugehen war, führte schließlich dazu, dass sich ab 133 eine Bewegung um die Brüder Tiberius und Gaius Gracchus bildete, um die aufgetretenen Probleme durch Reformen zu lösen. Ein Hauptanliegen der Brüder war es, die Agrarfrage zu lösen und ein Agrargesetz zu verabschieden, das niemandem eine größere Agrarfläche als 500 Joch zusprach und verelendeten Bauern ein Grundstück von 30 Joch zuteilt (Textseiten 97-99). Beide Brüder wurden jedoch aus konservativen Kreisen des römischen Adels ermordet, und in der Folge etablierte sich als Haupttyp der Konflikte während der Krise der Römischen Republik die Auseinandersetzung zwischen den Popularen, reformbereiten Politikern, und Optimaten, konservativen Oligarchen.

Weder die Sklavenaufstände, die blutig niedergeschlagen wurden und durch das Fehlen eines einheitlichen Interesses und einer revolutionären Ideologie gescheitert seien (Textseiten 89-91), noch die Auseinandersetzungen mit den Italikern, die durch die Verleihung des Bürgerrechts an alle Italiker (89 v. Chr.) beendet wurden (Textseiten 94-95), hätten Rom dermaßen in den Strudel von Bürgerkriegen gezogen wie die Konflikte mächtiger Potentaten aus diesen Kreisen. Entscheidend ist, und das betont Alföldy an mehreren Stellen (beispielsweise Textseite 88), dass sich die Konflikte der Popularen und Optimaten am Anfang, wie das Beispiel der Gracchen veranschaulicht, um die Lösung der sozialen Probleme drehten, später jedoch lediglich das militärische Ringen um politische Macht im Vordergrund stand.

Grundlage dieses Ringens war die Heeresform des popularen Politikers Marius 103 v. Chr., die Alföldy am Ende dieses Auszugs schildert (Textseite 100). Während römische Soldaten zuvor aus dem Bauernstand rekrutiert wurden, der seine Ausrüstung auf eigene Kosten stellte, rüstete Marius nun besitzlose Proletarier auf Staatskosten aus und war sowohl für ihren Sold als auch für die Zuteilung von Land als spätere Veteranen zuständig (Textseiten 100-101). Diese Reform machte Schule: Die Folge war, dass die Bindung zwischen Feldherrn und Soldaten so sehr gestärkt wurde, dass sich mächtige Feldherrn Privatarmeen aufstellen konnten, die sie als sogenannte ‚Klientel‘ nutzten, um eigene Interessen durchzusetzen (vgl. auch Podcast Römische Republik V: Sulla und das Zeitalter der Bürgerkriege): Weder der Auftritt mächtiger Gestalten des ersten Jahrhunderts v. Chr. wie Sulla und Caesar, deren Biographien Alföldy auf den Textseiten 102-103 schildert, noch der Aufstieg des jungen Octavian zum Kaiser Augustus lässt sich ohne diese Reform erklären.

Alföldy, G., Augustus […]

Leitfragen

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
Modul [optional]:
Autor_in: Josephine Jung
Lizenz: CC-BY-NC-SA

1) Alföldy beschreibt die Funktion der Inschriften unter den veränderten Herrschaftsbedingungen des Prinzipats durch Kaiser Augustus. Nennen Sie die unterschiedlichen Formen von Inschriften, die Alföldy in seinem Aufsatz unter den Gliederungspunkten zwei bis sechs untersucht.

2) Definieren Sie in eigenen Worten in je einem Satz die jeweilige Art von Inschrift, die Sie eben unter erstens genannt haben.

3) Geben Sie jeweils ein Beispiel und nennen Sie die Besonderheiten, die nach Alföldy die epigra-phische Gestaltung der Inschrift unter Augustus von der vorherigen Gestaltung in der Römischen Republik unterscheiden.

4) Alföldy stellt an den Beginn seines Aufsatzes zwei leitende Fragestellungen (Textseite 202). Er fragt als erstes nach der Bedeutung der Inschriften für den Kaiser als Politiker. Versuchen Sie, diese Frage für die eben genannten Inschriften zu beantworten.

Kommentar

Projekttitel: eManual Alte Geschichte
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Autor_in: Josephine Jung
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Forschungstradition des Autors

Prof. Dr. Géza Alföldy (†) zählt zu den herausragenden Forschern der Alten Geschichte aus den letz-ten Jahrzehnten. Nach Professuren in Bonn und Bochum war er von 1975-2002 Professor für Alte Geschichte an der Universität Heidelberg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählten unter ande-rem die Römische Epigraphik und die Römische Sozial-, Heeres- und Verwaltungsgeschichte. Alföldy wirkte in vielfacher Hinsicht für die Alte Geschichte, neben der Vielzahl der betreuten Promotionen und Habilitationen ist der Aufbau der Epigraphischen Datenbank Heidelberg hervorzuheben (http://edh-www.adw.uni-heidelberg.de/home?lang=de), die über 70.000 lateinische Inschriften aus den Provinzen des Römischen Reiches beinhaltet. Zu Alföldys breitem literarischen Œuvre, das meh-rere Standardwerke beinhaltet, zählt die ‚Römische Sozialgeschichte‘, aus der der folgende Auszug entnommen ist.

Erläuterung missverständlicher, schwieriger und wichtiger Stellen für das Textverständnis

Alföldy widmet sich in seinem Aufsatz einer der großen Persönlichkeiten der römischen Antike. Die Erforschung des ersten Kaisers des Römischen Reiches hat eine weitreichende Tradition in der Alten Geschichte. Dem modernen Forscher des 21. Jhs. erscheint es oft so, dass zu „großen“ Personen der Geschichte, wie Caesar, Pompeius, Cicero oder eben Augustus nichts Neues mehr gesagt werden könnte. Alföldy zeigt jedoch, dass eine Quellengattung kaum systematisch untersucht worden war. Die Inschriften, die später z.B. von Kolb als Kommunikationsmedien bezeichnet und untersucht wurden, waren 1991 nicht ins Zentrum der Beobachtung geraten.

Alföldy sieht sich selbst als ein kritischer Historiker der Nachkriegszeit. Von dem verklärten Au-gustus-Bild des deutschen Faschismus distanziert er sich und fragt einerseits nach der Bedeutung der Inschriften als Medium für das politische Programm des Augustus. Andererseits fragt Alföldy, ob die Inschriftenkulutur des Augustus weitreichenden Vorbildcharakter für das gesamte Reich hat-te. Folglich sieht Alföldy Augustus nicht als einen später ideologisch verklärten Alleinherrscher, sondern in einem moderneren Sinne als Politiker.

Bezüglich der ersten Fragestellung ist es wichtig zu klären, was grundsätzlich unter einem politi-schen Programm des Augustus verstanden werden kann. Inwieweit kann man von Augustus tatsäch-lich als Politiker sprechen?

Grundsätzlich ist zu sagen, dass sich der „Beruf“ des Politikers einerseits erst in der späten Römi-schen Republik etablierte. Andererseits gab es erste Entwicklungen bereits im 3. Jh. v. Chr. Die Fa-milie der Scipionen war erstmals über Generationen hinweg immer wieder in den höchsten politi-schen Ämtern vertreten. Erste namhafte Persönlichkeiten der späten Republik waren u.a. Tiberius Sempronius Gracchus, sein Bruder Gaius Sempronius Gracchus und Lucius Cornelius Sulla Felix. Wohlhabende römische Bürger waren sowohl finanziell als auch durch ihre finanziellen Mittel durch Schulbildung intellektuell dazu befähigt, den cursus honorum, die römische Ämterlaufbahn zu ab-solvieren. Bezahlt wurden Sie für ihre Dienste von Staats wegen jedoch nicht. Dahingehend unter-scheidet sich der moderne vom antiken Politiker.

Innerhalb dieses Systems der Römischen Republik, welches vor allem auf kurzen Amtszeiten basier-te, war es für den Inhaber eines Amtes sehr schwierig, ein wirkliches Programm zu verfolgen. Ein-zelne größere Reformen, wie die Gracchische Reform, bei der es um Landverteilung ging, waren möglich, aber auch nur als einzelne Aktionen. Die Politik der Römischen Republik bestand vor allem in der Spätzeit des 2. bis 1. Jhs. v. Chr. vielmehr aus einem Wechselspiel von persönlichen Bindun-gen und Abhängigkeiten sowie der Suche nach dem eignen Vorteil.

Augustus etablierte eine Politik, die er vor allem durch Kunst (Textseite 292) und Architektur, das „Bauprogramm“ des Augustus, zum Ausdruck brachte (u.a. Textseite 293-294, 306). Er konnte durch seine herausragenden dauerhaften Ämter seine eigene Agenda durchsetzen, die jedoch grund-sätzlich von modernen politischen Programmen zu unterscheiden ist. Das Programm beinhaltete letztlich vor allem die Legitimation seiner Stellung und die Machterhaltung (Textseite 323), jedoch hatte es auch darüber hinausgehende inhaltliche Schwerpunkte. Folgende Aspekte sind hervorzuhe-ben: 1. Augustus als Friedenstifter, der nach dem Bürgerkrieg in der Spätphase der Republik ein stabiles politisches System ermöglichte (Textseiten 305-312); 2. Augustus als Eroberer, der das Rö-mische Reich massiv vergrößerte (Textseiten 299-302); 3. Augustus als Wahrer der Sitten und Moral. Der letzte Faktor spielt jedoch für Alföldy keine weitreichende Rolle.

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Glossarliste

  • Achaimeniden: Persische Herrscherdynastie, die von ca. 550 v. Chr. bis 330 v. Chr. den persischen Großkönig stellte. Angehörige dieser Dynastie waren unter anderem Dareios I. und Xerxes I., Großkönige während der Perserkriege, und Dareios III., der den Krieg gegen Alexander verlor.
  • Ädil: Zweitniedrigstes Amt der römischen Ämterlaufbahn (cursus honorum). Ädilen sind zuständig für die Getreideversorgung der Stadt Rom, die Sicherheit in der Stadt und die Ausrichtung diverser religiöser Festspiele.
  • Adyton: Allerheiligstes eines antiken Tempels, beinhaltet meist das Kultbild und ist nur einem exklusiven Personenkreis, meist den Priestern, zugänglich.
  • Akklamation: Ausrufung eines Mannes zum Herrscher, meist verwendet im Bezug auf die Ausrufung eines Feldherren zum römischen Kaiser durch das Heer in der Kaiserzeit.
  • Alabastron: Antikes Parfümgefäß, meist aus Ton, Edelmetall oder Glas.
  • album decurionum: Weiße Bekanntmachungstafel aus der Spätantike, auf der die Mitglieder der Dekurionenschicht, also der örtlichen Aristokratie, für jede Stadt aufgezeichnet waren.
  • Alkmeoniden: Athenische Aristokratenfamilie aus der archaischen und klassischen Zeit, angeblich verflucht wegen des Kylonischen Frevels. Bekannte Mitglieder sind u.a. Perikles, Kleisthenes und Megakles.
  • Amanzonomachie: Kampf der mythologischen Amazonen, bekannt aus der Ilias. Beliebte bildliche Darstellung an Gebäuden, beispielsweise am Parthenontempel in Athen.
  • Anabasis: Griech. „Hinaufmarsch“, Titel eines gleichnamigen Werkes des Xenophon. Beschreibt in der Regel einen Feldzug nach Kleinasien und Indien, so den des Kyros, des Alexander oder auch Antiochos III.
  • Annalistik: Untergattung der Geschichtsschreibung, die sich an der Zählung der Jahre chronologisch orientiert und jedes Jahr (lat. annus) für sich behandelt.
  • Archontat: Bezeichnung für Amt und Amtszeit eines Archons (meist) im klassischen Athen. Da die Jahre nach den Archonten benannt wurden häufig bei Datumsangaben zu finden.
  • Argeaden: Makedonische Herrscherdynastie von etwa 510 bis 323, berühmte Mitglieder sind unter anderem Philipp II. und Alexander der Große. Leiten ihre Herkunft über Temenos von Herakles her.
  • Arianismus: Von der katholischen Kirche in der Antike als Häresie betrachtete christliche Lehre. Geht im Gegensatz zur katholischen Doktrin nicht davon aus, dass Christus mit Gott wesensgleich, also selbst göttlich ist.
  • Centurio: Römischer Militärrang, Berufsoffizier. Kommandiert jeweils eine Kohorte von 80 Legionären.
  • Clarissimat: Bezeichnung für den höchsten Rang der senatorischen Schicht in der Spätantike. Die viri clarissimi gehörten zu den wichtigsten Personen im römischen Reich.

  • Comes: Lat. “Begleiter”. Seit Konstantin Titel diverser hochrangiger Hofbeamter und Heerführer.

  • Curia: Sitzungshaus des Senates auf dem Forum Romanum. Seit Julius Cäsar die Curia Julia.

  • Dardaner: Andere Bezeichnung für die Trojaner, die sich von Dardanos, dem liebsten Sohn des Zeus herleitet. Die Dardaner sind daneben auch ein antiker Stamm, der auf der südlichen Balkanhalbinsel lebte und mit den Illyrern in Verbindung gebracht wird. Die antike Mythologie setzt Trojaner und das genannte Balkanvolk gelegentlich miteinander in Beziehung.

  • Donatistenstreit: Langwieriger theologischer Konflikt des Christentums im 4. Jahrhundert. Entbrennt über die Frage, ob Christen, die sich während der Verfolgungen vom Christentum losgesagt hatten (sog. Lapsi) wieder in die Kirche aufgenommen werden konnten.
  • Dynameia: Bezeichnung für den kulturellen Einfluss einer Kultur auf andere.
  • Elegie: Gedicht im elegischen Versmaß (Hexameter und Pentameter im Wechsel), besonders bekannt sind Liebeselegien. Bekannte Vertreter der Gattung sind u.a. Kallimachos und Ovid.
  • Ephebe: Im griechischen Bereich die Altersstufe zwischen Kind und Mann, meist von 12-18. Müssen im klassischen Athen den Ephebendienst leisten.
  • Ephebeion: Hauptraum eines griechischen Gymnasions, bestimmt für Turnübungen.
  • Ephebendienst: Von den Epheben im klassischen Athen zu verrichtender Dienst, besteht neben Bildung aus militärischen Training und Dienst sowie diversen Kulthandlungen.
  • Epigramm: Griechisch „Aufschrift“. Bezeichnung für Kurzdichtungen von wenigen Versen Länge. Häufig auf Grabsteinen als Inschrift zu finden.
  • Epigraphik: Inschriftenkunde. Wissenschaft, die sich mit der Edition, Übersetzung und Interpretation antiker Inschriften, bspw. auf Grabsteinen oder an Gebäuden, befasst.
  • Epistolographie: Das Verfassen von Briefen an Freunde, Familie oder wichtige Persönlichkeiten in einer bestimmten Form, die meist für die spätere Veröffentlichung gedacht waren.
  • Epitom: Kurzfassung schriftlicher Werke, u.a. bekannt aus der Geschichtsschreibung.
  • Epos: Bekannteste Form der antiken Großdichtung. In der Regel im Versmaß des Hexameters abgefasst behandelt das Epos mythologische oder historische Großereignisse. Bekannte Beispiele sind die Ilias und die Odyssee.
  • Essener: Von den Römern aufgrund ihres Widerstandes verfolgte jüdische Sekte aus der Zeit um Christi Geburt. Möglicherweise stammen die Qumranrollen z.T. von ihnen.
  • Exemplum: Moralisches Beispiel oder Vorbild im römischen Bereich. Exempla sind meist mythologischer Natur und sollen Grundtugenden beschreiben und fördern.
  • Fellache: Mitglied der armen, aber freien ägyptischen Kleinbauernschicht seit der Ptolemäerzeit.
  • Foederat: Mitglied eines mit Rom verbündeten Stammes, meist gotischer oder germanischer Abstammung. In der Regel wurden die Foederaten auf römischem Gebiet angesiedelt, das sie dann gegen andere Stämme verteidigen sollten.
  • Foedus: Lateinisch für Vertrag. Bezeichnet („völker-“)rechtlich bindende Verträge zwischen Staaten, Völkern oder Stämmen. Oft angewendet in der Spätantike für Bündnisse zwischen Rom und einzelnen Germanen- oder Gotenstämmen.
  • Forum Romanum: Zentraler Markt-, Diskussions- und Gerichtsplatz im antiken Rom, besonders bedeutend in republikanischer Zeit. Standort des Senatsgebäudes und diverser wichtiger Tempel.
  • Hastati: Erste Schlachtreihe des römischen Heeres der Republik, wohl mit Wurfspeeren, Schwert und Schild ausgerüstet. In der Regel die jüngsten Mitglieder des Heeres.
  • Heliasteneid: Eid der Richter im athenischen Gerichtshof der Heliaia.
  • Helot: Mitglied der abhängigen Bevölkerungsgruppen unter spartanischer Herrschaft. Ob die Heloten Sklaven oder eingeschränkt Freie waren, ist nicht abschließend geklärt.
  • Heros: Griechisch für „Held“, bezeichnet Halbgötter (bspw. Achill) in der Mythologie, wird aber auch häufig in historischer Zeit besonders verehrten Menschen, in der Regel nach ihrem Tod, als Ehrentitel verliehen, besonders für Gründung oder Rettung einer Stadt. Empfangen Opfer und einen Kult.
  • Hethiterreich: Antikes Großreich, das unter der Herrschaft Hattusas im 2. Jahrtausend vor Christus Kleinasien, Nordsyrien und Teile Mesopotamien beherrschte.
  • Historiographie: Griechisch: Geschichtsschreibung. Seit Herodot eine eigene Gattung der Literatur, wird in der Antike in der Regel von Mitgliedern der Oberschicht betrieben.
  • Hoplit: Schwerbewaffneter Speerkämpfer in der griechischen Phalanx, der seine Ausrüstung selbst finanziert. Sind stets die Bürger einer Polis und in manchen Fällen ist nur Bürger, wer als Hoplit dient, d.h. sich die Ausrüstung leisten kann.
  • Hybristes: Griechische Bezeichnung für einen Mann, der, meist gewaltsam, die Rechte eines anderen in arroganter Weise missachtet und ihn somit erniedrigt. In Athen ein eigener Straftatbestand.
  • Hyparchie: Verwaltungseinheit in hellenistischen Reichen und im Perserreich, kleinere Form der Satrapie.
  • hypertroph: Überspannt oder überzogen.
  • Interpretatio Christiana: Uminterpretation nichtchristlicher Ideen und Konzepte in christliche Terminologie und Gedankenwelt. Beispielsweise vorgekommen bei der Uminterpretation der beliebten Göttin Isis, Mutter des Horus, in Maria.
  • Interpretatio Graeca: Uminterpretation nichtgriechischer Ideen und Konzepte in griechische Terminologie und Gedankenwelt. Ein Beispiel ist die Gleichsetzung des ägyptischen Gottes Thot mit dem griechischen Hermes.
  • Katharsis: Bezeichnung für das Gefühl moralisch-spiritueller Reinigung am Ende eines antiken Dramas, welches durch die vom Zuschauer vorgenommene Verortung der Botschaft des Stückes in der eigenen Lebenswelt entstehen sollte.
  • Katöke: Einwohner einer Polis, dem nicht das volle Bürgerrecht verliehen wurde. Im Seleukidenreich eine Art Wehrbauer, der eine Landparzelle (kleros) innehat und für den Notfall als Reservist dient. Wenn katoikoi gemeinsam siedeln, heißen ihre Militärsiedlungen katoikiai.
  • Kentauromachie: Mythologisch überlieferte Schlacht zwischen den Kentauren (Mischwesen aus Mensch und Pferd) und dem thessalischen Stamm der Lapithen, die mit der Niederlage der Kentauren endete.
  • Kilikische Pforte: Engpass im Tauros-Gebirge der heutigen Türkei, der als militärstrategisch wichtige Grenze zwischen Anatolien und Syrien antiken wie mittelalterlichen Heeren zum Durchmarsch diente.
  • Kleruche
  • Besitzer eines Landstücks zur agrarischen Nutzung, der in der Polis Athen oft mit anderen Kleruchen in einer Kolonistengemeinschaft zusammenlebte. In hellenistischer Zeit Dienstpflichtige, oft im militärischen Kontext.
  • Klientel: Weit verbreitetes Abhängigkeitsverhältnis im römischen Reich zwischen einem patronus und einem cliens, das ursprünglich einem freien Abhängigen, dem Klienten, den rechtlichen Schutz seines Herrn zusicherte, der seinerseits vom Klienten auf das Forum begleitet wurde oder durch dessen Anwesenheit geschützt wurde. Die sog. militärische Klientel, also das Abhängigkeitsverhältnis römischer Legionen zu ihrem Feldherrn, führte zur Konzentration erheblicher militärischer Macht auf einzelne Potentaten und trug zum Ende der Römischen Republik bei.
  • Kommunion: Der Erhalt von Brot und Wein im christlichen Gottesdienst, die für viele Christen den Leib und das Blut Christi darstellen. Zwischen und innerhalb der unterschiedlichen christlichen Konfessionen gibt es Diskussionen um das Verständnis dieses zentralen Elements des christlichen Glaubens.
  • Konsul: Höchster regulärer öffentlicher Amtsträger in der Römischen Republik. Die Konsuln waren jährlich (Prinzip der Annuität) und in zweifacher Besetzung (Prinzip der Kollegialität) gewählte Magistrate, die umfassende militärische, juristische und religiöse Kompetenzen besaßen.
  • Koptisch („koptische Kirche“): An das Altgriechische angelehnte Sprache aus Ägypten, die vor allem in religiösen und biblischen Kontexten von 300 n. Chr. bis in das Mittelalter verwendet wurde.
  • Krypta: Unterirdischer Raum unter dem Altar oder dem Chor einer christlichen Kirche, der als Ort für Gräber dient, in der Spätantike oft für Heilige, also christlich herausragende Persönlichkeiten wie Bischöfe, Asketen und Jungfrauen.
  • Kulturelles Gedächtnis: Theoriekonzept von J. und A. Assmann, das die Kanonisierung, Erinnerung und fortgesetzte Rückbeziehung auf traditionswürdig erachtete Texte, Bilder und Bräuche innerhalb einer Gesellschaft bezeichnet. Die Theorie des Kulturellen Gedächtnisses erfuhr eine große Rezeption und ist in den Geisteswissenschaften weit verbreitet.
  • legatus Augusti pro praetore: In der Kaiserzeit vom Prinzeps eingesetzter senatorischer Statthalter, der eine Provinz im Auftrag des Prinzeps verwaltet. Legati Augusti pro praetore gab es sowohl in prätorischem als auch konsularem Rang.
  • Libation: Trankopfer, das zur Ehre einer Gottheit durch das Ausgießen einer Flüssigkeit dargebracht wird (insbesondere Wein, aber auch Honig, Öl, Milch oder Wasser).
  • Liktor: Amtsdiener eines römischen Amtsträgers, dessen mitgeführten fasces (Rutenbündel mit Beil) die Macht des Magistraten repräsentierte. Die Zahl der lictores schwankte je nach Rang des Magistraten.
  • Lustralbecken: Für religiöse Handlungen vorgesehene Einlassung im Boden, die nur über Treppen erreicht werden konnte.
  • Lydier: Bewohner von Lydien, eines Landstrichs in Kleinasien, dem heutigen Westteil der Türkei.
  • magister militum: Militärischer Befehlshaber in der Spätantike, der das Recht zum militärischen Oberbefehl, zur Rekrutierung von Heeren sowie zur Strafgewalt über diese besaß. Vor allem im fünften Jahrhundert wurden magistri militum im römischen Westen so mächtig, dass sie ohne Abstimmung mit dem Kaiser agierten.
  • Mantik: Kunst des Wahrsagens.
  • Militärdiplom: Abschriften kaiserlicher Bürgerrechtserlasse, die römischen Auxiliarsoldaten nach Ende ihrer 25 Jahre währenden Dienstzeit das Bürgerrecht und das conubium, also die Möglichkeit zur rechtmäßigen Eheschließung, verliehen. Die Einführung dieser Praxis geht auf Kaiser Claudius zurück.
  • Milizheer: Bezeichnung für das römische Heer in der Republik bis zur Heeresreform des Marius (um 100 v. Chr.). Das römische Heer bestand bis zur Heeresreform aus wehrfähigen Bauern, die ihre Ausrüstung selbst zu stellen hatten. Marius veränderte diese Heeresstruktur, indem er Proletarier auf Staatskosten ausrüstete und allein als Feldherr für die Versorgung der Soldaten mit Sold und der Veteranen mit Landzuteilungen zuständig war.
  • Mittelplatonismus: Die mittlere Epoche der platonischen Philosophie von 69 v. Chr. bis 270 n. Chr., die von einem Aufblühen der platonischen Philosophie sowohl im schulischen Unterricht als auch in der Publikation philosophischer Abhandlungen gekennzeichnet ist.
  • mos maiorum: Übersetzt heißt diese Phrase „Sitte der Vorfahren“ und ist ein zentraler Begriff des römischen Selbstverständnisses. In nahezu allen römischen Lebensbereichen – Religion, Alltag, Politik usw. – war es üblich, den althergebrachten Bräuchen zu folgen, die als Maßstab für das eigene Handeln galten und von den Zeitgenossen als solcher reflektiert wurden.
  • Munifizenz: Freigebigkeit, die im griechisch-römischen Kontext mit dem Begriff des Euergetismus verbunden ist. Reiche Adelige finanzierten aus ihrem eigenen Vermögen Wohltaten für die Öffentlichkeit (z.B. die Ausrichtung von Spielen), woraufhin ihnen von Seiten der Gemeinschaft Dank in Form von Ehrungen (z.B. Statuen auf öffentlichen Plätzen) zuteil wurde.
  • Munizipalaristokratie (auch ordo decurionum): Die Lokaleliten der Städte des Römischen Reiches, die die Mitglieder der Stadträte stellten. Um Teil des Stadtrates zu werden, musste man städtische Wahlämter (honores) bekleiden. Ein wesentliches Kennzeichen der Munizipalaristokratie war der Euergetismus (siehe ‚Munifizenz‘).
  • Mysten: Angehörige von Mysterienkulten, auch Eingeweihte genannt. Die Aufnahme in die Mysterienkulte erfolgte mithilfe einer Initiation, deren Abläufe wir heute nicht mehr kennen; vermutlich wird es aber zu einer inszenierten Peripetie gekommen sein, die Jubel, Tanz und Licht auf Fasten, sexuelle Enthaltsamkeit und Schatten folgen ließ.
  • Mysterienfrevel: Ein religiöses Verbrechen in Athen im Sommer 415 v. Chr., das die Verballhornung der Eleusinischen Mysterien, eines religiösen Kultfestes der Demeter und Kore, in den Privathäusern athenischer Bürger bezeichnet. Da sich Athen zu dieser Zeit im Peloponnesischen Krieg befand, wurde die Begehung dieses Verbrechens als böses Omen für die anstehende Sizilienexpedition der Athener interpretiert. Als einer der Urheber des Verbrechens wurde Alkibiades, der berühmte athenische Stratege, beschuldigt.
  • Neuplatonismus: Philosophische Strömung vom dritten bis fünften Jahrhundert n. Chr., die die Philosophie Platons aufnimmt und weiterentwickelt. Hauptvertreter dieser Strömung ist der Philosoph Plotin, der in Rom eine Schule für den Neuplatonismus gründete.
  • Notabeln: Begriff für besonders angesehene Persönlichkeiten in der griechisch-römischen Antike, der sich auf die Angehörigen der städtischen Oberschichten bezieht.
  • Offenbarung: In verschiedenen Religionen präsente Erfahrung eines Gläubigen, die Gegenwart von Göttern oder eines Gottes zu erfahren. Dazu zählen direkte Botschaften des Transzendenten, aber auch Visionen oder Erleuchtungen.
  • Optimaten: Konservative römische Politiker aus Adelskreisen, die sich zur Zeit der späten Römischen Republik (ab 133 v. Chr.) gegen politische Reformen aussprachen, etwa die von den Brüdern T. und G. Gracchus angestrebte Agrarreform. Sie standen im Gegensatz zu den Popularen, die denselben Kreisen angehörten, aber Reformen befürworteten. Im weiteren Verlauf der Krise der Römischen Republik geriet dieser Antagonismus zur Fassade der sich bekämpfenden Parteien aus den Adelskreisen.
  • oral poetry-Forschung: Forschungsrichtung, die sich mit der mündlichen Weitergabe von Erzählgut befasst. Für vormoderne Gesellschaften ist die mündliche Tradierung vergangener Mythen, Geschichten und Gegebenheiten von großer Bedeutung, da nur so das kulturelle Erbe den nächsten Generationen zugänglich gemacht werden kann. Die homerischen Epen erfuhren so nach J. Latacz ihre Verbreitung, bevor sie ca. 800 v. Chr. schriftlich fixiert wurden.
  • Paidonomos: Griechische Amtsträger, die in Gymnasien die Ausbildung und Erziehung überwachen und in dieser Tätigkeit vor allem für Sparta und Kreta überliefert sind.
  • Panegyricus: Festrede, die im griechischen Bereich zu allgemeinen Anlässen, etwa bei den Olympischen Spielen, gehalten wurde. Im Laufe der Spätantike entwickelte sich der Begiff panegyricus hingegen zur Lobrede, die mit viel rhetorischem Schmuck die Tugenden des Kaisers herausstellte.
  • Panhellenismus: Ideal, das die gesellschaftliche, soziale und religiöse Einigkeit und Gemeinschaft der Griechen im Gegensatz zu den Nicht-Griechen hervorhebt. Alexander der Große war während seines Zuges gegen das Perserreich stark von dieser Idee beeinflusst.
  • Peneste: „Hörige“ Unfreie im antiken Thessalien, die von der herrschenden Schicht geschieden waren. Möglicherweise wurden die Penesten von den einwandernden Dorern im Laufe der Archaik in dieses Abhängigkeitsverhältnis gedrängt.
  • Performanz: Zurschaustellung des eigenen ökonomischen, kulturellen oder sozialen Kapitals in der Öffentlichkeit. Das antike Rom und Griechenland waren stark durch eine präsente Öffentlichkeit gekennzeichnet, in der sich Einzelne durch performative Handlungen hervorzuheben suchten (z.B. prächtige Bauwerke, das Halten einer rhetorisch besonders wertvollen Rede).
  • Periöke: Unterworfene und „hörige“ Bevölkerungsgruppe in Griechenland, die verschiedene Landstriche Griechenlands bewohnte. Die Periöken in Sparta bewohnten die Berg- und Küstenstriche Lakoniens und besaßen weniger Rechte als die Vollbürger.
  • Peripetie: Umschlagspunkt in einem Drama, nach welchem die Handlung einen anderen Verlauf nimmt als vorher angenommen. Die eingeführte Problematik in der Exposition, dem Beginn des Dramas, wird nach der Peripetie in einer Katastrophe oder Lösung zu Ende geführt.
  • Phalanx:Schlachtordnung, die ehemals in der griechischen Archaik eingeführt wurde. Die Phalanx unterscheidet sich vom Einzelkampf und anderen Schlachtordnungen dadurch, dass die Soldaten in enger Formation nebeneinander stehen und mit dem Rundschild am linken Arm ihren linken Nachbarn schützen, während der rechte Arm die Lanze trägt.
  • Pharisäer: Gruppe von schriftgelehrten Juden im antiken Israel, die sich im eigenen Verständnis durch eine besonders gesetzestreue Auslegung der überlieferten religiösen Gesetze auszeichneten. Die Pharisäer führten viele Streitgespräche mit Jesus von Nazareth.
  • Philaiden: Altaristokratisches Geschlecht , das aus Attika stammte. Bedeutende Vertreter des Geschlechtes sind Miltiades, der um 550 als Tyrann regierte, und Miltiades III., der Feldherr der Griechen in ihrer Feldschlacht gegen die Perser bei Marathon 490 v. Chr.
  • Phoros-Zahlung: Tributzahlungen, die unterworfene Staaten zu erbringen hatten. Besonders bekannt sind die Zahlungen der Mitgliedsstaaten des Attisch-Delischen Seebunds, eines unter der Hegemonie Athens gegründetes Bündnisses verschiedener Poleis im fünften Jahrhundert v. Chr., an Athen.
  • Phyle: Ordnungseinheit innerhalb einer Polis, die die Bürgerschaft in drei oder mehr Teile unterteilt. In Athen stellten die zehn Phylen ab Kleisthenes je 50 Abgesandte für den Rat der 500, der ein politisches Organ der Athenischen Demokratie darstellte.
  • Pithos: Größtes Vorratsgefäß im antiken Griechenland, das zur Lagerung von Wein, Olivenöl und Getreide diente.
  • Plebs: Besitzlose freie Bevölkerung des römischen Reiches, die entweder als Bauern auf dem Land (plebs rustica) oder Handwerker und Tagelöhner in Rom (plebs urbana) arbeitete.
  • Polis: Bezeichnung für den antiken Stadtstaat, der sich in der griechischen Archaik herausbildete. Poleis (pl.) waren durch einen zentralen Marktplatz (Agora), Tempelanlagen, politische Institutionen und Magistrate mit festgelegten Kompetenzen gekennzeichnet.
  • Pomerium: Heilige Stadtgrenze Roms, innerhalb dessen keine Toten begraben werden und keine Truppen unter Waffen stehen durften.
  • pontifex maximus: Amt des höchsten Priesters in Roms, der einem Priesterkollegium vorsaß und die Aufsicht über die Vestalinnen ausübte. Ab der Kaiserzeit wurde dieses Amt von den römischen Kaisern übernommen.
  • Popularen: Politiker aus dem römischen Adel, die angesichts der sozialen Probleme in der Krise der Römischen Republik (133-30 v. Chr.) politische Reformen durchzuführen gewillt waren. Sie standen im Gegensatz zu den Optimaten, die die politische Ordnung beibehalten wollten. Zwischen beiden Parteien kam es zunehmend zu militärischen Konflikten.
  • praefaectura praetorii: Größte administrative Einheit des Römischen Reiches, welche aus der Regierungszeit des Konstantin I. stammte und bis ins 7. Jahrhundert fortbestand. Die praefaectura praetorio Galliarum, praefaectura praetorio per Illyricum, praefaectura praetorio per Orientem und praefaectura praetorio Italiae et Africa bilden gemeinsam die vier praefaectura praetorii.
  • praefaectus praetorio: Im Prinzipat Befehlshaber der Garde des römischen Kaisers; in der Spätantike (4. – 7. Jahrhundert werden die Prätorianerpräfekten militärisch entmachtet. Ihnen kommen stattdessen zivile Aufgaben im Rahmen der praefaectura praetorii zu.
  • praeses/praesides: In der Kaiserzeit und Spätantike Titel für den Statthalter einer römischen Provinz.
  • Prätor: Eines der höheren Ämter des cursus honorum. Die Prätoren waren die höchsten Richter des Staates und die Prätur somit ein begehrtes Amt.
  • Prätorianer: Angehöriger der Prätorianergarde (praetoriae cohortes), deren Aufgabe daran bestand den Kaiser zu schützen. Vorläufer lassen sich bereits in republikanischer Zeit in Form von Schutztruppen finden. Augustus etablierte die Prätorianergarde schließlich als dauerhaften Bestandteil des römischen Heeres. Die Garde umfasste ursprünglich neun Kohorten à 500 Mann.
  • Prätorianerpräfekt: Oberbefehlshaber der Prätorianergarde. Zwei gleichrangige Prätorianerpräfekten (praefecti praetorio), welche dem Ritterstand angehörten, teilten sich die Position.
  • Principes: Bis zur zweiten Heeresreform waren Principes Glieder der ersten Schlachtformation. Die Ausrüstung ähnelte der der griechischen Hopliten.
  • Proconsul: Statthalter, welche in den Provinzen des Reiches als Vertreter der römischen Herrschaft gegenüber den Einwohnern fungierten. Zu ihren Aufgaben zählten das Kommando über stationierte Truppen, die zivile Verwaltung und Rechtsprechung, sowie die Einziehung der Steuern.
  • Propraetor: Praetor, der nach Absolvierung der Praetur (und noch keines Konsulates) als Statthalter in eine Provinz ohne militärisches Kommando entsandt wurde.
  • Quästor: Niedrigstes Amt des cursus honorum. In ihrer ursprünglichen Form waren die Quästoren (quaestores) Untersuchungsrichter. Später wurde ihr Aufgabenbereich erweitert und zwei Quästoren wurden von den Konsulen ernannt, um die Staatsgelder zu verwalten.
  • quaestor sacri palatii: Der Quästor des heiligen Palastes, kurz QSP, war eine Art „Justizminister“ innerhalb des kaiserlichen Hofstaates. Seine Aufgabe war es, die kaiserlichen Erlasse zu formulieren. Das Amt des QSP war innerhalb des kaiserlichen Hofstaates das zweithöchste nach dem magister officiorum.
  • Rezeptionsästhetik: Die Rezeptionsästhetik fragt nach der gedanklichen und emotionalen Wahrnehmung künstlerischer Werke und inwieweit sie bereits im Gegenstand angelegt ist bzw. erst im Prozess der Rezeption entsteht.
  • Ritter: Bezeichnet keine militärische Position, sondern einen sozialen Stand innerhalb der römischen Gesellschaft. Als Ritter wurden meist Adelige bezeichnet, die sich ein Pferd leisten konnten und für das Volk in der Politik sprechen sollten. Daraus bildete sich mit der Zeit ein Stand, der hinter den Senatoren, der 2.Stand im Staat war.
  • Romanisierung: Prozess, der die Übernahme der lateinischen Sprache und die kulturelle Anpassung der eigenen Kultur an die römische Zivilisation bezeichnet. Oft geschah dies innerhalb von unterworfenen Völkern und/oder wurde von ehemaligen Veteranen oder Auxiliartruppen angeleitet.
  • Sacrum consistorium: Beratungsgremium unter der Regierung des Diokletian und des Konstantin. Zu den Mitgliedern des Gremiums gehörten alle wichtigen Offiziere des Reiches. Ihnen wurden feste Rollen innerhalb des Gremiums zugeteilt. Konstantin nannte das Gremium Sacrum Consistorium, um es von dem Consilium Principis zu unterscheiden.
  • Sadduzäer: Gruppe des Judentums in Israel zur Zeit des Zweiten Tempels.
  • Satrap: Altpersische Bezeichnung für den Statthalter einer größeren Provinz (Satrapie).
  • Satyricon: Ein in Teilen erhaltener, satirischer Roman von Titus Petronius Arbiter (um 14–66 n. Chr.). Der Roman ist in lateinischer Sprache verfasst und erschien zu Zeit des Nero.
  • Schatz des Priamos: Depotfund, der von Heinrich Schliemann während seiner Ausgrabungen in Troja entdeckt und nach dem König Priamos benannt wurde. Der Schatz wird auch als Golf von Troja oder Priamosschatz bezeichnet und umfasst rund 8000 Gegenstände. Der Priamosschatz befindet sich heute in Russland.
  • Scheffel: Altes Raummaß, welches zur Messung von Schüttgütern (z. B. Getreide) benutzt wurde und deshalb auch Getreidemaß genannt wurde. Die Größe eines Scheffels war sehr unterschiedlich und umfasste zwischen 17,38 und 310,25 Liter.
  • Schola: Bezeichnet die Anhänger eines bestimmten Philosophen/einer Philosophie oder auch die zur Philosophie nötige Muße und Ruhe.
  • Senat: Wichtigste Institution des römischen Staates, die bis in die ausgehende Spätantike bestand. Die Rechte des Senats und die Rechtskraft seiner Beschlüsse wurden nie niedergeschrieben und dennoch bestimmte er bis in die Zeit Augustus die römische Politik.
  • Senator: Mitglied des römischen Senats. Bedeutende und im Reich allgemein anerkannte Person.
  • seviri Augustales: Die Sodales Augustales war eine, nach der Vergöttlichung des Augustus von seinem Nachfolger Tiberius gegründete Vereinigung, deren Aufgabe darin bestand, den Opferkult zugunsten des vergöttlichten Kaisers zu vollziehen. Diejenigen Männer, die diese priesterlichen Pflichten außerhalb Roms aber innerhalb von Gemeinden, die dem römischen Recht unterstanden, übernahmen wurden als seviri Augustales bezeichnet.
  • Sichelwagen: Ein mit Pferden bespanntes, meist einachsiges Militärfahrzeug, das auch zu Repräsentations- und Wettkampfzwecken diente.
  • Sitz im Leben: Fachterminus der Formgeschichte, der die mutmaßliche ursprüngliche Entstehungssituation bzw. Funktion eines Textes bezeichnet. Der Sitz im Leben muss bei der Interpretation des Textes für sein Verständnis mitberücksichtigt werden.
  • Souverän: Inhaber der Staatsgewalt. In demokratischen Republiken und parlamentarisch-demokratischen Monarchien ist der Souverän das Staatsvolk, in absoluten und konstitutionellen Monarchien das Staatsoberhaupt.
  • Stasis: Bürgerkriege und bürgerkriegsähnliche Zustände in antiken griechischen Stadtstaaten (poleis).
  • Stoa: Philosophieschule der Stoiker. Weiterhin bezeichnet der Begriff eine Säulenhalle.
  • Suprematie: Vorherrschaft in einem Staat. Der sogenannte Supremat besitzt der Führungsanspruch eines politischen oder religiösen Staates.
  • Symbolisches Kapital: Eine der von Pierre Bourdieu geprägten Kapitalsorten (ökonomisch, kulturell, sozial und symbolisch), welche eine übergeordnete Rolle trägt. Der Begriff bezeichnet die Chancen, die zur Gewinnung und Erhaltung jeglicher Form von gesellschaftlicher Anerkennung und sozialem Prestige führen.
  • Symmachos: Verbündeter oder Alliierter. Entspricht dem lateinischen Socius.
  • Symposion: Der altgriechische Ausdruck bezeichnet gemeinsames, geselliges Trinken, bei dem zumeist auch philosophiert wurde. Von diesem Begriff leitet sich der heutige Begriff „Symposium“ (wissenschaftliche Konferenz) ab.
  • Synkretismus: Synthese religiöser Ideen der Philosophien zu einem neuen System oder Weltbild.
  • Thora: Erster Teil des Tanach, der hebräischen Bibel. Das Wort „Thora“ oder „Tora“ wird jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch oft als pars pro toto für den gesamten Tanach verwendet.
  • Toparchie: Regionaler Verwaltungsbezirk im hellenistischen und römischen Ägypten.
  • Triarii: Die Triarier (lat. Triarii -> die Dritten) waren die Elite der römischen Legion. Sie kämpften erst, wenn sowohl die Velites, die Hastati und die Principes in der Schlacht versagten.
  • Tribus: Abteilung der Bürgerschaft in der römischen Königszeit und römischen Republik, welche sich in fünf centuriae seniorum und fünf centuriae iuniorum gliederte. Jeder Vollbürger musste in eine Tribus eingeschrieben sein.
  • Trittye: Untergliederung der Phyle, einer antiken Verwaltungseinheit im ionischen Siedlungsgebiet. Die Trittyen dienten der politischen, vor allem aber der militärischen Gliederung.
  • Trojanischer Krieg: Krieg um die Stadt Troja zwischen den Griechen und Trojanern. Der Auslöser des Krieges war die Entführung der Helena. Die Belagerung der Stadt dauerte ca. 10 Jahre und wurde erst durch eine Intrige der Griechen mit dem Trojanischen Pferd beendet. Der Kriegszeitraum wird auf das 12. oder 13. Jahrhundert v. Chr. Geschätzt, die Historizität ist umstritten.
  • Tumulus: Besser bekannt als Hügelgrab oder Grabhügel, in dem sich Grablegen oder andere Vorzeitmonumente befinden. Die Tumuli können verschiedene Formen haben (gestreckt, oval, rund).
  • uxor legitima: Rechtlicher Begriff in Rom für die rechtmäßige Ehefrau.
  • Vestalinnen: Römische Priesterin der Göttin Vesta. Die Priesterschaft der Vestalinnen bestand aus sechs bzw. in der Spätantike sieben Priesterinnen. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, das Herdfeuer im Tempel der Vesta zu hüten, dass niemals erlöschen durfte. Während ihrer Dienstzeit waren die Vestalinnen zur Keuschheit verpflichtet. Bei Verstoß konnten die Vestalin lebendig begraben werden, da dieser als unheilverkündendes Vorzeichen für das römische Gemeinwesen galt.
  • vir illustrissimus: Höchster senatorischer Rangtitel im spätantiken Römischen Reich.
  • Zeloten: Eine von Judas dem Galiläer und einem Priester mit Namen Zadok im Jahre 6 n. Chr. gegründete paramilitärische Widerstandsbewegung der Juden gegen die römische Besatzung. Die Zeloten glaubten, dass die römische Unterwerfung einem Abfall von Gott gleichkam und daher die Befreiung Israels gewaltsam erreicht werden müsse.
  • Zenturiatskomitien: Volksversammlungen der nach dem Vermögen in Klassen und Zenturien eingeteilten waffenfähigen römischen Bürger. Insgesamt wurde die Regierungsgewalt der res publica auf drei Zenturiatskomitien verteilt, die Comitia Centuriata, die Comitia Populi Tributa und das Concilium Plebis.
  • Zeugite: Angehöriger der Zeugiten, der dritten von vier Zensusklassen nach der solonischen Verfassung aus dem Jahr 594 v. Chr. Die Zeugiten waren Bauern und dienten im Krieg als Hopliten.Autoren: Tobias Nowitzki, Elisabeth Schick, Jan Seehusen